Ein Blick auf karolingische Burgen
Ich war zwei Wochen in Urlaub, doch zuvor hatte ich einige Fingerübungen im Rendern gemacht und auf Facebook gestellt. Es handelte sich um eine Gesamtansicht der karolingischen Kesterburg auf dem Christenberg. Dies löste wiederum die Frage auf wie denn eigentlich so eine karolingische Burg aussah. Also werde ich mal einen kleinen Blick darauf werfen.
Zunächst einmal ist anzumerken das ich hier nicht von den kleineren Anlagen wie Burg Broich spreche, die gegen die Nordmänner den Rhein sicherten. Vielmehr soll es um die großen Anlagen des Sachsenkriegs gehen, wobei diese zeitliche Einteilung, wie sich zeigen wird, fast unerheblich ist für die auch Begriffe wie Großburg oder Kastell verwendet werden.
Zunächst einmal blicken wir auf die Anlagen des Sachsenkriegs. Da ich sie recht gut kenne kommt hier als Beispiel die Kesterburg auf dem Christenberg zum tragen. Es handelt sich, und das gilt auch für die anderen Anlagen, um Anlagen auf abgeflachten Bergkegeln, die gute Fernsicht bieten, eine große Freifläche besitzen und meist auf mindestens zwei, eher aber drei Seiten steil abfallen und somit gut zu verteidigen sind. Leicht angreifbare flachere Seiten der Anlagen werden über mindestens einen Wall mit Graben, oftmals aber auch über ein mehrfaches Wall-Grabensystem geschützt.
Die eigentlichen Anlagen sind meist von Holz-Erde-Befestigungen umgeben. Die Kesterburg besaß dagegen eine 2m starke, zweischalige Mauer. Dies hatte sie mit der wiederaufgebauten Pfalz Paderborn gemein und bildete eher die Ausnahme.1
Die Kesterburg auf dem Christenberg wurde in einer späteren, karolingischen Bauphase nochmals nach Osten erweitert, wodurch sich die ältere, ursprüngliche Ostmauer durch den östlichen Bereich zieht.
Dennoch gibt es des öfteren zwei Teilungen von Anlagen, so etwa in den Höfen Dreihausen. Diese Aufteilung wurde oftmals als Curtis und Curticula bezeichnet (Siehe hierzu hier und hier zu Görich und seiner Curtistheorie) , also Hof und Vorhof. Man könnte aber auch genauso gut von Burg und Vorburg sprechen. Wahrscheinlich wurde bei diesen Anlagen ein Herrschaftsbezirk von einem profanen Bezirk abgetrennt.
Oftmals ist es aber schwierig einen direkten Herrschaftsbezirk zu definieren. Bei dem Beispiel Kesterburg etwa ist zu vermuten, dass sich dieser westlich der Kirche befand (Auf dem Plan mit A markiert). Die heutige Martinskirche mit romanischem Langhaus geht auf einen karolingischen Vorgänger zurück, der in Teilen ergraben wurde.Westlich davon konnten zwei Gebäude festgestellt werden, der Großteil der im fraglichen Bezirk liegenden Fläche ist jedoch von einer Ausflugsgaststätte bebaut.
An der Ostmauer der Kesterburg wurden einige Grubenhäuser festgestellt. Die restliche Fläche des Areals war dicht mit Häusern bebaut, von denen einige Pfostensetzungen im Süden festgestellt wurden (Nicht auf dem Plan eingezeichnet). Die zentrale Fläche konnte nicht untersucht werden, da diese als Friedhof genutzt wird.
Zugänglich war die Anlage über zwei Tore. Eines im Norden als Zangentor gestaltet, sowie eine großer Torturm im Süden, der bis in die ottonische Zeit hinein immer wieder ausgebaut wurde. Bastionen besaß sie bereitsin karolingischer Zeit, diese wurden jedoch immer mächtiger.
Diese Art der Anlagen war aber keine neue Erfindung der Karolinger für den Sachsenkrieg. Schon im Lütticher Raum hatten die Franken solche Burgen zur Sicherung ihrer Besitzungen genutzt2 . Auch die Sachsen selbst nutzten nahezu identische Anlagen,3 , ebenso die Alamannen. Und selbst Franken, Alamannen und Sachsen waren nicht die ersten. Auch die Kelten hatten schon nahezu identische Anlagen benutzt, genauso wie die Michelsberger Kultur (z.B. Kapellenberg Wiesbaden) und alle möglichen anderen Gruppen auch. Und wie sollte es auch anders sein, auf dem Christenberg befand sich ein keltisches Oppidum. Genauso wie der Glauberg ein keltisches Oppidum beherbergte und später ebenfalls als fränkische Burg wieder genutzt zu werden.
Auch kamen diese Anlagen nicht mit dem Ende der Sachsenkriege aus der Mode. Frühe ottonenzeitliche Anlagen, wie etwa das wahrscheinlich konradinische Alte Gronauer Schloss bedienen sich dem gleichen Bauschema. Auch die Heinrichsburgen der Zeit der Ungarneinfälle nutzen große, bäuerlich genutzte Fluchtburgen.
Die Größe der karolingischen Anlagen zeigt aber auch bereits, dass es sich nicht nur um reine militärische Anlagen handelte. Die hier stationierten Truppen waren gekommen, um zu bleiben. Sie hatten ihre Familien bei sich und sollten hier siedeln und das Christentum etablieren. (vgl. hier den Begriff der scara als Siedler Link) Sie waren Keimzellen für die spätere Besiedlung der Region. So war Martinskirche auf dem Christenberg lange Zeit Sitz des dortigen Dekanats und noch heute wird der Friedhof um die Kirche genutzt, ebenso wie die Kirche noch die Hauptkirche des Kirchsprengels ist.
Da nun die Burgen als Grenzbefestigungen in den Sachsenkriegen bezeichnet werden, wird der Eindruck erweckt, sie könnten Teile einer fixen Grenze sein. Ähnlich der Limeskastelle der Römer. Doch befanden sich die Burgen in aller Regel in bereits eroberten Gebiet, weit hinter den feindlichen Linien, die es mit sicher so auch gar nicht gab. Von modernen Stellungskriegen sind wir hier weit entfernt.
Vergleichbar sind die Anlagen der karolingischen Burgen eher mit dem “Ring of Iron”, dem Burgen Ring Edward I. Longshanks von England, der Wales mit einem Ring von Burgen umgab, um das bereits eroberte Wales gegen Aufstände zu sichern.
Es zeigt sich also das karolingische Burgen des Sachsenkrieges weit mehr als nur Burgen sind. Es sind Siedlungkeime, Fluchtburgen und Herrschaftssitze in eroberten Gebieten. Sozusagen eine befestigte Kreisstadt mit integrierter Militärgarnison.
R. Atzbach Die Höfe bei Ebsdorfergrund Dreihausen und das Ende der karolingischen Großburgen in Nordhessen in Burgenforschung und Burgendenkmalpflege in Hessen Band I 2010 S19 ↩
vgl. M. Werner , Der Lütticher Raum in frühkarolingischer Zeit ↩
H.-W Heine, Frühe Burgen und Pfalzen in Niedersachsen S45 ↩
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…
Cooler Gag. Aber ich lese immer bis zum Schluss un fang dann an zu recherchieren