Betrachtungen frühmittelalterlicher Fahnen
Einleitung
Da ich in letzter Zeit immer mal wieder gefragt wurde, wie es sich mit Fahnen bei den Karolingern, bzw. im Frühmittelalter verhält, möchte ich mich einmal mit dem Thema befassen. Wie so oft ist das auch purer Eigennutz, ich will mir nämlich auch seit Ewigkeiten eine machen.
Ich werde zeitlich etwa bis in das Jahr 1000 gehen, auch um ein wenig eine mögliche Entwicklung zu verfolgen.
Überblick
Das es Banner, Flaggen, Pennons, was auch immer gab, steht außer Frage. Das Amt des Bannerträgers und Bannerherrn war den Karolingern durchaus bekannt und von hoher Bedeutung. So erscheint Suppo, ein Verwandter Kaiserin Angilbertas, am italienischen Hof als primus concafanariorum, also oberster Bannerträger.1. Auch ein Graf Gerold wird in einer Überlieferung des 11. Jahrhunderts als signifert et consiliarius (Bannerträger und Berater) bezeichnet2 Auch sollten Truppen, deren eigentlicher Heerführer nicht beim Kampf anwesend war, etwa bei Bischöfen, durch einen Bannerträger vertreten wurde , der dann auch die Funktion des Heerführers übernahm.3 Dies zeigt sich auch wenn Arnulf von Kärnten bei dem Angriff der Franken auf das Lager der Nordmänner, bei dem man gezwungen ist zu Fuß anzugreifen, nach den Fuldaer Annalen beim Angriff das Banner vorweg trage und dies auch in seiner überlieferten Ansprache ans Heer betont.
Ebenso findet sich im Fränkischen der Begriff gundfano (auch chundfano, chundfanum, guntfanonem ), der als Kriegsfahne und Feldzeichen übersetzt wird. Von ihm leitet sich Gonfanon ab, das für die Kirchenbanner (vexillum) und für die italienischen Stadtbanner verwendet wird.
Dementsprechend sind die Siegelabbildungen, die die Könige und Kaiser mit Lanze und Banner zeigen, als gundfano zu werten, die Herrscher entsprechend als Bannerträger bzw. Bannerherr.
Zu den Verwendeten Begrifflichkeiten muss ich aber kurz anmerken, dass sie ein wenig schwer zu definieren scheinen. Während auf deutschen vexiologischen Seiten das Pennon immer Dreieckig, mit oder ohne Schwalbenschwanz ist, ist dasselbe anderswo eine Standarte. Mit drei Spitzen am Ende ist einmal ein Pennon, dann wieder ein Banner. Die Flaggen auf dem Teppich von Bayeux sind mal Pennons, mal Banner, mal Standarten usw. Dies liegt unter anderem daran dass sich Definition und Begriffe über die Jahrhunderte veränderten, aber scheinbar auch einem generellen Difinitionschaos. Ich bleibe eigentlich immer bei Pennon und gebe die Anzahl der Spitzen daran als “Wimpel” an.
Beginne wir zunächst einmal in römischer Zeit.
Das Vexillum
Das Vexillum begegnet uns zunächst in römischer Zeit. Es war das Feldzeichen der römischen Legionen und deren Einheiten, war also deren Standarte. An einer lanzenähnlichen Stange befand sich ein Querbalken an dem wiederum ein quadratisches, oder rechteckiges Stück Tuch an dessen unterem Ende sich Fransen befanden.
In der Vita Constantini des Eusebius wird ein solches beschrieben:
Ein langer Speer, umhüllt von Gold, mit einer Querstange ( in der Form eines Kreuzes) (…) Von der Querstange, die an dem Speer befestigt war, hing ein Stück Leinen (…) Dieses kleine Segel, das von der Querstange hing, hatte einen Umriss von gleicher Länge und Breite.
Zitiert nach M.E.V. Schmöger, The Roman vexillum
Lediglich ein einziges römisches Vexillum konnte gefunden werden. Es soll aus Ägypten stammen, auch wenn der genaue Fundort nicht mehr bekannt ist und befindet sich heute im Puschkin Museum in Moskau. Es zeigt auf rotem Grund die mit Tempera aufgemalte Siegesgöttin Nike mit Palmzweig und Lorbeerkranz.
In Rom wurde bei Ausgrabungen einige Lanzen und Szepter gefunden, die Kaiser Maxentius zugeschrieben wurden. Diese sollen wohl im Zusammenhang der Schlacht um die Milvische Brücke versteckt worden sein. Möglicherweise fanden sich dabei auch Fragmente eines imperialen Vexilliums bei dem auch Seide zum Einsatz kam. Dabei ist nicht ganz klar ob es eine Leinen Seide Mischung war, oder das Leinen zum Einwickeln eines Seidenvexilliums genutzt wurde, denn ursprünglich war das Textil wohl fein säuberlich aufgerollt worden.4
Das Vexillum in karolingischer Zeit
Das Vexillum taucht auch in einer karolingischen Abbildungen auf. In den Allegoriae et Hymni der Sammelhandschrift Latin 8318 ist ein Herrscher (Christus als siegreicher Herrscher über das Böse?) zu sehen, der ein Vexillum in der linken Hand hält.
Jedoch wirft die Darstellung wieder mal Fragen auf. Zunächst ist wie bei allen Prudentius auf eine antike Vorlage zurückgegriffen worden. Dies zeigt der Muskelpanzer des Herrschers der jedoch Lillienkrone. trägt und hinter dem ein karolingischer Rundschild abgebildet sind. Das Vexillum ist jedoch falsch dargestellt, was möglicherweise auf die Originalgröße der Vorlage zurückzuführen ist. Das eigentliche Flaggentuch befindet sich auf gleicher Höhe, bzw. hinter der Lanzenspitze und nicht darunter. Da die Linien des Tuchs sich durch die Spitze ziehen ist zu vermuten das zunächst das Flaggentuch gemalt wurde, um im Anschluss festzustellen das der Raum auf dem Pergament nicht ausreichen würde um die Lanzenspitze darüber zu platzieren und die Spitze daher auf das Tuch gemalt wurde. Andererseits wäre es allerdings auch möglich das das Tuch nicht als Vexillum gedacht ist, sondern lediglich wie ein Rahmen die Lanzenspitze betonen sollte (vgl. hl. Lanze)
Und auch wenn diese Darstellung fraglich ist, wurde doch das Vexillum bis in die Gegnwart verwendet. Noch heute nutzen kirchliche Prozessionsfahnen das Vexillum. Auch Kriegsbanner, auch solche die von der Kirche verwendet wurden, waren Vexillien.
Pennons, Banner und Wimpel in karolingischen und ottonischen Illuminationen
Nun werde ich mich den Abbildungen von Flaggen in karolingischen und ottonischen Illuminationen widmen. Im Grunde haben alle eine wimpelarte Form, wären also ein Pennon. Meist haben sie einen quadratischen Anfang und laufen dann in zwei oder mehr Wimpel aus. Die Aufzählung versucht eine gewisse Dhronologie einzuhalten.
Der zwischen 842 und 869 entstanden Psalter Karls des Kahlen weist bei seinen Illuminationen keine Fahnen auf, jedoch sind auf dem erhaltenen original Einband mit Elfenbeinschnitzerei zwei Pennons mit jeweils 3 Wimpeln erhalten, die von Engeln getragen werden. Befestigt sind sie an Stangen, die jedoch ein Kreuz statt am Ende statt einer Lanzenspitze aufweisen.Geschmückt sind die Pennons mit Punkten die vertikale Linien bilden. (Abb1)
Im Prudentius in Sammelhandschrift Latin 8318 fol 52v (drittes Viertel des 9. Jahrhunderts) gibt es neben dem obskuren Vexillum, das bereits angesprochen wurde, auch eine Darstellung von drei Pennons an Lanzen. Sie laufen in 2 langen Wimpel aus, scheinen fast aus einem Punkt zu entspringen. Jedoch ist an der mittleren Fahne zu erkennen, dass dies nicht der Fall ist. (Abb 2)

Auf Folio 423R, dem Widmungsbild der Vivian Bibel, trägt eine der Kreti und Pleti sympobolisierenden Wachen eine Lanze an der ein rotes Textil befestigt befestigt ist. Es wirkt wie ein Tuch das um die Lanze gebunden ist und dessen Enden in eine Richtung weisen. Wahrscheinlicher ist jedoch das es sich um einen Pennon mit zwei Wimpeln handelt, wie auch schon in der Prudentius Handschrift. (Abb 3) Gleiches gilt für Kreti und Pleti als Wache Davids fol. (215v). Hier haben beide Soldaten diese Art des Wimpels an ihren Lanzen. Diese decken sich optisch mit ähnlichen Fahnen, bei ebensolchen Wachen, im byzantinischen Chludov Psalter (Psalm 62). Dabei will ich nicht unerwähnt lassen das der Chludov Psalter bei Psalm 59 noch einen Pennon mit zwei Wimpeln besitzt, dessen oberer Teil rot, der untere gelb ist. (Abb. 4)

Möglicherweise wurde hier, wie auch schon bei der vorangegangenen Sammelhandschrift auf eine gemeinsame , oder zumindest ähnliche Vorlage zurückgegriffen. Es ist bekannt das die Vivan Bibel, der Chludov Psalter und die die Prudentius Handschriften ohnehin auf spätantike Vorlagen zurückgriffen.
Neben der Darstellung einer Dracostandarte auf p140 im Goldenen Psalter von St. Gallen wird bei Jobs Truppen auf p141 (Psalm 59 bzw. 60 ) ein Bannerherr gezeigt. Er trägt einen Pennon mit drei Wimpeln, die scheinbar in “Quasten” auslaufen. Der Pennon ist an drei Punkten mit dem Lanzenschaft verbunden. Oberer und unterer Wimpel sind Blau dargestellt, die Hauptfläche und der mittlere Winkel sind rot, wobei sich auf der Hauptfläche noch ein wenig gelbe Farbe zeigt. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass der Bannerherr andere Kleidung zu tragen scheint. Zumindest wird diese aber nicht als Rüstung dargestellt, auch wenn er einen Helm trägt. (Abb 5)
Um 900 entstand im Bodenseeraum der heute in Bern Verwahrte Prudentius (Cod. 264) . Auf p62 Wird ein Reiter mit Penon gezeigt. An dieser Fahne sind drei Wimpel, die jedoch eingerückt erscheinen, also zwischen den Wimpeln raum lassen. an den Enden der Wimpel scheinen sich Quasten zu befinden. Die Fläche des Pennons wir von vorn einem vertikalen Streifen geschmückt, auf dem sich eine Reihe von Punkten befindet. (Abb 6)

Die in Brüssel unter der Nummer 10066-77 verwahrte Handschrift ist eine im 10. Jahrhundert entstanden Kopie einer älteren Psychomachia ( Die Datierung ist nicht wirklich genau, ich fand Angaben vom 9.Jh. bis Ende des 10, Jh. , die angefügten Glossen stammen aus dem 11. Jahrhundert etc) In ihr finden sich die bekannten Darstellung die aus der Psychomachia üblich sind und wieder nach römischer Vorlage gestaltete Muskelpanzer zeigen, aber auf derselben Seite auch die personifizierte Tugend im kurzen, geschlitzten Kettenhemd statt Muskelpanzer.5
Die Handschrift zeigt aber auch eine Vielzahl von Pennons. Sie laufen meist in drei Wimpeln aus. Einer jedoch in 5. Bemerkenswert ist dabei, dass es sich wieder um eine der wenige Darstellung handelt in der mehr als die Form der Fahne erkennbar ist. so zeigt einer der Pennons einen rötlichen, vertikalen Streifen am Beginn der Wimpel, also nicht auf der Hauptfläche wie zuvor. Ein weiterer hat Punkte, die ebenfalls Streifen andeuten könnten. Ein anderer hat wiederum horizontale Streifen auf den Wimpeln, an am Ende der Wimpel noch einmal vertikale Streifen mit Punkten und angedeutete Fransen am Ende der Wimpel. (Abb 7 )

Der Leidener Makkabäer, der als ottonisch gewertet wird, das Buch entstand Ende des 9. Jahrhunderts in St. Gallen und der Reichenau zunächst in Textform und erhielt um 925 Illumination, zeigt ebenfalls einige Flaggen. Nämlich auf fol. 15v, dem Zusammentreffen zweier Heere. Jede Gruppe Reiter besitzt einen Pennon, der in drei Wimpeln ausläuft und nach links weht. Besonders interessant erscheinen hier drei kleine Striche, die jeweils an der Stelle liegen, an denen die Wimpel aus der Basis des Pennons entstehen. Es scheint, als wäre hier eine kleine Naht angebracht, die das Ausreißen des Stoffes verhindern soll. Damit wäre der Pennon aus einem Tuch geschnitten und die Wimpel nicht etwa separat angenäht. (Abb 8 )
Der um 1000 erstandene Psalter von St. Bertin (fol 29v) zeigt erstmalig eine dreieckig gestaltete Flagge mit 4 Wimpeln, die an einem Querbalken von der Lanze befestigt ist. Träger ist hier der Siegreiche Christus als König. Die Fahne erscheint wie ein Rabenbanner der Nordmänner. Nicht ganz verwunderlich, denn St. Bertin liegt im Norden Frankreichs bei Calais und könnte Beeinflussung durch die nahen Normannen erfahren haben. (ohne Abb. )
Aus ähnlich später Zeitstellung (998-1018) stammt die Darstellung eines Herrschers, der von einem Bischof ein Pennon erhält. (Eggerton 3763 fol 121v ) Es ist die Übergabe eines imperialen Banners, das zuvor für den Kampf geweiht wurde. Das Pennon besitzt drei Wimpel, wobei diese eher wie kleine Quasten erscheinen, was durchaus möglich ist. (Abb 9 ) (Das Bild ist übrigens auch noch aus anderem Grund interessant und damit ich die Info nicht vergesse, weise ich kurz darauf hin. Der Helm besitzt ein Nasal mit Haken! Jedoch ist so gedreht, dass das Gesicht voll sichtbar ist und in den Haken ist die Kette scheinbar nicht eingehängt! Man hat damals etwas ganz ähnlich wie bei heutigen Historienfilmen gemacht: Das Gesicht des Helden wurde gezeigt und daher das Nasal zur Seite gedreht. Bei Karolingern wird deswegen auch fast nie ein Nasal gezeigt!)

Pennons und Wimpel auf Siegelbildern
Auf den mir zur Verfügung stehenden Abbildungen von Siegeln6 zeigt sich die Lanze mit Pennon erstmalig bei Karl III. Hier ist zwei Mal ein Pennon mit 3 Wimpel zu erkennen. Ein solches zeigt auch ein Siegel Konrad I. Eine weitere Variante scheint ein Pennon zu sein, der scheinbar nur 2 Wimpeln besetzt ist und die Stelle, an der der mittlere Wimpel angebracht wäre, frei lässt. Weitere Varianten die in Osprey “Armies of the Dark Ages 600-1066” angegeben sind für Konrad I konnte ich auf meinen Abbildungen nicht verifizieren.
Honorable Mentions
Bewusst habe ich Oriflamme, Montjoie und das Vexillum St. Martini weggelassen (sieh dazu http://www.tribur.de/blog/2017/02/16/vexillum-sancti-martini-das-banner-der-franken/ ) Auch das Banner das Karl der Große von Papst Leo bekommt in der Darstellung auf dem Tricliniums Mosaik habe ich weggelassen. Nach allgemein akzeptier Meinung der Forschung handelt es sich hierbei um das Stadtbanner Roms, das der Papst Karl als Beschützer der Stadt übergab.
Die nun folgenden Fahnen fallen aus meinem Schema heraus, sollen aber der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Auch um Missverständnissen vorzubeugen.
Die sogenannte Kriegsfahne der Gerberga
In der Domschatzkammer des Kölner Doms wird eine etwa quadratisches besticktes Stück Stoff verwahrt, das den klangvollen Namen “Kriegsfahne der Gerberga” trägt. Gerberga war die Schwester Otto I, Tochter Heinrichs I. , Herzogin von Lothringen und schließlich als Ehefrau Ludwig IV. Westfränkische Königin.
Die “Kriegsfahne” ist ein etwa quadratisches (ca. 33cm ) besticktes Stück Tuch beschriftet mit einem umlaufenden Psalmentext, zwei Engeln, zwei Heiligen in Medaillons, eine Person mit Kreuz in der Mitteund zwei weiteren Personen, einer sich niederwerfenden Person und und dem Text: Gerberga me fecit.
Die Bezeichnung als “Kriegsfahne” ist eigentlich falsch.7
Das Textil zeigt nach neuster Forschung wahrscheinlich Graf Ragenold von Riucy8 . Es besteht aus ehemals roter Seide, mit Gold und Seide bestickt. Im oberen Bereich sind die Erzengel Michael und Gabriel dargestellt, darunter Personifikationen von Sonne und Mond und darunter wiederum zwei Heilige die als St. Baso und St Larius (wahrscheinlich gemeint St. Hilarius). In der Mitte ist Christus abgebildet und darüber (kaum erkennbar) die Hand Gottes. Darunter liegt „Ragenardus comes“und der Text „Gerberga me fecit“. Gerahmt wird das Ganze von einem Textauszug aus Psalm 144.
Das Tuch Entstand wahrscheinlich als Dank für die Dienste Ragenolds und nicht wie vielfach angenommen der unterworfene Graf Reginar III. von Henngau9 , denn der Graf trägt noch sein Schwert und hat sich somit nicht unterworfen, sondern stellt sich in den Dienst Gottes. Die Darstellung ähnelt daher eher, dem Psaltern Ludwigs des Deutschen und Karl des Kahlen oder dem Gebetbuch Otto III.
Das Textil kam nach Köln, möglicherweise da Gerbergas Bruder Bruno Bischof von Köln war. In die Kriegsfahne wurde dann die Gebeine des hl. Gregor von Spoleto eingewickelt und im 12. Jahrhundert landeten sie im Drei Königs Schrein wo sie dann 1864 entdeckt wurde.
Das Stück ist als eher als Andenken und Dankgeschenk an die Kirche zu verstehen. Ähnlich wie später der Teppich von Bayeux. Wenn es flaggenähnlich, vielleicht in einer Prozession, gezeigt wurde, dann wahrscheinlich wie ein Vexillum, oder es sollte Einfach an die Wand gehängt werden. Eine Schlacht hat die Kriegsfahne wahrscheinlich nie gesehen.
Ich danke an dieser Stelle Fraser McNair von der DFG-Kolleg-Forschungsgruppe „Migration und Mobilität in Spätantike und Frühmittelalter“, der mir so freundlich war sein Paper zum Kriegsbanner zur Verfügung zu stellen.
Das Killiansbanner
Zum Abschluss möchte ich aber dann doch noch auf eine erhaltene echte Kriegsfahne hinweisen, die wie eine Vexillum in die Schlacht getragen wurde. Es handelt sich um das Kiliansbanner, auch Killiansfahne genannt. Sie ist dem Heiligen des Würzburger Doms geweiht. Es wurde 1266 bei der Cyriakus Schlacht auf einem Fahnenwagen von den Truppen des Würzburger Domkapitels mit sich geführt. Diese Funktion hatte es auch noch bei späteren SchlachtenDas Banner misst ca. 7 x 5m (!) und besteht aus einem grau weißen Leinenstoff und Temperafarbe. Es war vexillumsartig auf einem Wagen montiert. Das Banner kann man sich heute im Würzburger Frankenmuseum ansehen. (hier eine Abbildung https://wuerzburgwiki.de/wiki/Datei:Kiliansbanner.jpg )
Reiterstein von Hornhausen Fragment4
Durch Zufall fand ich bei der Ottonenzeit noch einen Hinweis auf ein Fragment, das zum Reiterstein von Hornhausen gehört, bzw. zu den anderen Steinen die zum Reiterstein gehören. Es könnte sich dabei um die Darstellung einer Fahne handeln. Eines Pennons mit drei Wimpeln und einem Kreuz auf der Hauptfläche. ( Link: https://blog.ottonenzeit.de/archives/333 )
Zusammenfassende Gedanken
Die Fahnen die uns in karolingischer Zeit begenen sind in aller Regel Pennons, meist mit 3 Wimpeln. Wenn Verzierungen erkennbar sind, dominiert die Vertikale. Dies kann man auch auf einigen Abbildung auf dem Teppich von Bayeux erkennen ( Zusammenfassende Abbildung http://www.vikingage.org/wiki/index.php?title=File:Bayeux_Tapestry_Banners.jpg&mobileaction=toggle_view_desktop )
Auch scheinen Fahnen zum Teil “umgebaut” worden zu sein. Ich denke hier an die Darstellungen des Päpstlichen Banners auf dem Teppich von Bayeux. Wenn die Flotte los segelt, ist das Banner mit dem Kreuz, wie ein Vexillum /Gonfanon am Mast des Flaggschiffs Mora befestigt. Wenn es Eustache de Bologne in der Schlacht führt, ist es nun wie ein Pennon an der Lanze befestigt und besitzt drei lange Wimpel. Wenn man darüber nachdenkt, stellt dies auch kein Problem dar: Ich löse die drei Befestigungsbändchen, machs von meiner horizontalen Stange, vom vexillum ab, und binde es an die Lanze, fertig ist die Laube! Funktioniert aber nur wenn ich keine Bildliche Darstellung habe, denn die wäre nun um 90° gedreht. Aber in dieser Abbildung ist es nur ein Kreuz.
Das päpstliche Banner, das Willhelm der Eroberer mit sich geführt hatte, wird auch farblich und in seiner Form beschrieben beschrieben: ein quadratisches weißes Banner mit goldenem Kreuz in blauem Rahmen. Und tatsächlich konnten Fahnenmaler, zumindest bei späteren Fahnen die mit Ölfarbe gemalt wurden, Blattgold applizieren.
Auch auf dem Teppich zeigt sich übrigens Willhelm der Eroberer als Bannerherr. Nämlich wenn er seinen Helm lupft um zu zeigen das er am Leben ist. ( Die Universität Chicago hat einen netten kleinen Artikel über die Flaggen des Teppichs von Bayeux https://penelope.uchicago.edu/~grout/encyclopaedia_romana/britannia/anglo-saxon/flowers/gonfanon.html )
Weiterhin wissen wir das es kirchliche Banner, auch Kriegsbanner, schon vor dem Killiansbanner gab. Wir wissen, dass in der Schlacht am Lechfeld ein kirchliches Michaelsbanner mitgeführt wurde. Noch bekannter ist aber ein ganz besonderes Banner der Franken. Das “Vexillum Sancti Martini” (ich hatte hier ausführlich drüber geschrieben http://www.tribur.de/blog/2017/02/16/vexillum-sancti-martini-das-banner-der-franken/ ) Von diesem könnte man ausgehen das es eben wie ein Vexillum gezeigt wurde.
Als Material für die dargestellten Pennons ist Leinen anzunehmen. Zwar wäre Seide auch denkbar, aber viel zu kostbar und für den kleineren Grafen des 9. Jahrhunderts und für einen Gebrauchsgegenstand wie eine Fahne kaum denkbar. Was wir an Banner und Fahnen haben, ist in früher Zeit in aller Regel mit Tempera bemalt. Andersfarbige Textilien sind nur selten auf dem Träger aufgenäht. Öl Farbe kam für Fahnenmaler erst ca. im 14. Jahrhundert auf.
S. Hellmann , Die Heiraten der Karolinger S92 ↩
H. May, Reichsbanneramt und Vorstreitrecht in hessischer Sicht in Festschrift Edmund E. Stengel. Zum 70. Geburtstag S320 ↩
S.Coupland The carolingian Army and the Struggle against the vikings S53 ↩
C. Panella , I segni del potere ↩
Link zum Digitalisat : https://uurl.kbr.be/1332800 ↩
O.Posse Die Siegel der Deutschen Kaiser und Könige von 751 bis 1806 ↩
A. Dierkens La «chemise» de saint Landry : une scèned’hommage à un souverain du siècle? in Reliques et châsses de la collégiale de Soignies S206 ↩
Fraser McNair, The Kriegsfahne of Queen Gerberga and the Liudolfing Ascendency in the West ↩
z. B. A. Altstatt, ‘And lastly, one for Saint Blaise’: bishops, widows and patronage in a lost Office of Reginold of Eichstätt S20 ↩
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