Altstraßen und Trebur – Teil III – der Süden
Es ist fast ironisch, dass die älteste, reine Straßenkarte von 15751 uns in Fragen Trebur überhaupt nicht hilft . Es sieht aus als wolle man Trebur bestrafen, denn es gibt keinen Weg hin, keinen Weg weg… Dies ist aber Wohl der Thematik der Karte in einem Rechtsstreit geschuldet. Die nächste verwendbare Karte stammt dagegen aus dem Jahr 15612 . Auf dieser Karte, deren Besonderheit es ist den Landgraben vor dem Ausbau zur heutigen Form zu zeigen, ist zu erkennen das der spätere Landgraben noch immer Wasserführend ist und als „Wallerstädter Bach“ bezeichnet wird. Zwei Straßen und ein Weg an einer Senke werden gezeigt, die nach Süden aus dem Ort führen. Dieser Weg wird keine Rolle spielen. Er sollte etwa dem heutigen Verlauf des Landgrabens folgen, entlang der Senke eines Altarms des Rheins.
Römische Periode
Die römische Straße, die als Weg noch bis zur Flurbereinigung bestand hatte, ist der Mainzer Weg. Er zog durch Trebur überquerte den Schwarzbach und verließ Trebur in der Gemarkung Vogtei. In der Landschaft ist davon heute mit bloßem Auge kaum etwas zu erkennen, aber auf LIDAR Scans zeigt sich sein Verlauf, vor allem in Richtung des Landgrabens sehr deutlich. Er führte zunächst zum römischen Lager Wallerstädten. Hier konnte zwischen zwischen dem Weg nach Geinsheim, bzw. dem Lager und Rheinübergang Kornsand und dem ersten Weg nach Gernsheim gewählt werden. Mit Entstehung des Lagers und Vicus auf Esch führte der Weg auch weiter dorthin. Auch von Esch gab es dann eine Anbindung an Gernsheim.
Zwar verlor dieser Mainzer Weg mit Aufgabe des Wallerstädter Lagers an Bedeutung, scheint aber nie ganz aufgegeben worden zu sein. Zu römischer Zeit wurde er zweitweise durch die Steinerne Straße, die östlich an Trebur vorbei lief, direkt auf Esch zielend, ersetzt.
Die mittelalterlichen Wege
Wollte man Trebur im Frühmittelalter bzw. im frühen Hochmittelalter nach Süden verlassen So genügte es nicht einfach die Brücke über den Schwarzbach zu überqueren. Es folgten ein paar Meter Straßendamm und dann stand man in der Siedlung um die Flur Vogtei, die Wirtschaftssiedlung. Die musste erst durchquert werde in Richtung Osten, vorbei an der St. Albanskirche und im Südosten, wahrscheinlich wieder über eine Brücke, verließ man nun den Ort, da wo etwa der Hundeplatz liegt.
Und sobald man den Ort verlassen hat teilt sich der Weg in drei Richtungen. Und je nach Zeitstellung ändert sich die Bedeutung der Wege. Der westlichste Weg führt nach Geinsheim, der mittlere nach Wallerstädten und der östliche Weg nach Groß-Gerau.
Fangen wir mit dem westlichsten Weg an.
Der Weg nach Geinsheim und darüber hinaus
Es ist der Weg der nach Geinsheim führt. Die heutige Straße nach Geinsheim liegt 200m weiter westlich. Die Brücke über den Landgraben, den die heutige Straße nimmt war etwa der gleichen Stelle ein. Die Straße verlief also in einer wesentlich stärkeren Richtung von Nord-Ost nach Süd-West als heute. Auf LIDAR Aufnahmen kann man ihren Verlauf noch gut als dammartige Struktur erkennen.
Den Buxbaumkarten folgend teilt sich der Weg nach dem Landgraben Der östliche Teil führt Richtung Wallerstädten. Er endet auf Höhe des Wallerstädter Wäldchens und führt ab dorrt nach Süden. Hat er die heutige Landstraße überquert trug der Weg den Namen Gernsheimer Straße, welche tatsächlich ausgebaut war. Dieser Abschnitt ist wahrscheinlich neueren Datums ( ca. 18. – 19. Jahrhundert ). Und auch wenn er den Namen Gernsheimer Straße trug, so gab es doch einen besseren Weg dorthin.
Im weiteren Verlauf lief der Weg verlief fast identisch mit der heutigen Landstraße, verlief jedoch im Bereich der Abzweigung auf die heutige Hessenaue weiter westlich auf einer kleinen Schwemmsanderhebung eines lange schon verlandeten Altarmes des Rheins.
In Geinsheim erreichte man die Straße die entweder in Richtung Wallerstädten führte oder an den Kornsand zur Fähre über den Rhein. Diese Wegstrecke war schon in römischer Zeit entstanden und spätestens seit dieser Zeit gab es hier auch einen Rheinübergang, der auch in karolingischer Zeit und später durchgehend genutzt wurde.
Die Buxbaumkarten, die nach Angabe des Hessischen Staatsarchives den Zustand zw. 1830 und 1860 zeigen, zeigen den Weg nach Geinsheim nur als Schleifweg, d.h. ein nicht ausgebauter Weg der quer über Felder verläuft. Dagegen zeigt eine Karte von 18013 bereits den neuen Weg, der auf den Buxbaumkarten noch vollständig fehlt, bzw. als in Planung ausgewiesen ist. Die Buxbaumkarte scheint in diesem Fall auf eine ältere Vorlage zurückzugreifen. Aber noch 1877 existierte der Weg über die Vogtei, während der heutige Weg, obwohl kürzer, nur einen Feldweg darstellte. Auf einer Manöverkarte von 1901 ist die neue Straße nach Geinsheim dann erstmals eingezeichnet. Der Weg über die Vogtei war schon lange nicht mehr notwendig. Die neue Straße verlief über den östliche der Landstraße liegenden Parkplatz/ Zufahrt zum Hundeplatz, dessen südlicher Teil, der nach Geinsheim führte, heute durch Betonpoller für den Verkehr gesperrt ist. Erst mit der Flurbereinigung wurde der alte Knick, der heute den Parkplatz bildet, abgeschnitten und die Straße begradigt.
Warum aber der Weg als Schleifweg dargestellt ist und wie sich der Weg möglicherweise entwickelte macht es nötig einen Blick in die Geschichte zu werfen.
Als der Fiskalbezirk um Trebur herum entstand, war wahrscheinlich Geinsheim noch ein Teil davon, so zumindest Prof. Jörg W. Busch in einem Vortrag. So wie später Langen, wurde auch Geinsheim zum Teil an das Kloster Lorsch vergeben, später an das Kloster Jakobsberg. Dies stellte kein Problem für das Reisen aus dar. Auch wenn Geinsheim zu Lorsch gehörte, gab es für Trebur jede Möglichkeit das Gebiet zu passieren, die Fähre zu nutzen usw.
Im Hochmittelalter änderte sich aber die Situation. Während Trebur an Katzenelnbogen fiel, wurde Geinsheim Isenburgisch. Und Isenburg und Katzenelnbogen waren Konkurrenten um die Vorherschafft. Wer also von Trebur nach Geinsheim, oder umgekehrt reisen wollte musste eine Grenze passieren. Da das katzenelnbogische Trebur nicht zwingend auf den Rheinübergang nach Oppenheim angewiesen war, bot doch die Nackenheimer Schwelle eine Übergangsmöglichkeit, wurde der „Grenzverkehr“ auf ein Minimum heruntergefahren. Der Weg wurde kaum genutzt und verschwand nahezu. Auch wenn mit der mit dem Großherzogtum Hessen die Situation zu Ende war brauchte es noch Jahre bis eine ordentliche Straße entstanden war. Ich würde nach einigem Nachdenken sogar noch weiter gehen. Noch mein Vater, obwohl er am Kornsand lebte, lief Gefahr „aufs Maul zu bekommen“ wenn er nach Trebur ins Kino wollte, weil er als Geinsheimer galt. Genauso wenig konnte man sich als Treburer in Geinsheim blicken lassen. Manche Mauern in Köpfen sind einfach nur schwer einzureißen!
Der Mainzer Weg nach Wallerstädten
Vom mittleren der drei Wege ist heute auch nichts mehr zu sehen, aber wie schon beim Weg nach Trebur ist auch er zumindest in Teilen, auf LIDAR Aufnahmen zu erkennen. Es ist der älteste der drei Wege. Schon die Römer hatten ihn genutzt um ihr Wallerstädter Lager zu erreichen und noch 1901 ist er auf einer Karte verzeichnet, fiel jedoch der Flurbereinigung zum Opfer.
Doch nahm man diesen Weg, erreichte man, bevor man nach Wallerstädten kam im Mittelalter in den heute wüsten Weiler Prangenheim nördlich des Landgrabens an einer Altneckarschleife gelegen. Nach der Querung des Landgrabens erreichte man dann Wallerstädten. Während die Römer noch Wallerstädten etwa im Verlauf des Apfelpfad, oder Am Osterbruch in Richtung „Auf Esch“ verließen, war für die Menschen des Frühmittelalters der süd-östliche Ausgang, der heute über einen Feldweg nach Berkach führt, attraktiver. Dort fand sich, dem Verlauf der heutigen B44 folgend, die alte Römerstraße, die Hochwassergeschützt nach Süden führte. Über sie gelange man nach Gernsheim und in letzter Konsequenz zum Kloster Lorsch oder nach Worms.
Der Groß-Gerauer Weg
Dem Niedergang Treburs folgend, kam es zum Aufstieg Groß-Geraus als erster Zentralort Katzenelnbogens in Südhessen. Und so wie der Weg nach Geinsheim an Bedeutung verlor, kam es zum Aufstieg des Weges nach Groß-Gerau.
Aber schon auf einer Karte von 1850 ist der Weg nicht verzeichnet, was nicht bedeutet das er nicht existierte, sondern kein Hauptweg mehr war. So ist er auch auf der Manöverkarte von 19014 Und so zeigt auch die Entfernungskarte von 1907 zwar noch die alten Wege nach Geinsheim und Groß-Gerau als Alleen an, den Mainzer Weg nach Wallerstädten, als Feldweg, nicht jedoch als offizielle Straße.
Gerade das Verschwinden dieser Straße nach Groß-Gerau als offizielle Straße zeigt den Bedeutungsverlust Treburs. Gingen zu Zeiten Treburs als Zentralort noch die Wege sternförmig von Trebur aus, war dieser Weg die Verbindung zum neuen Zentralort. Der neue Zentralort Groß-Gerau war irgendwann selbst nicht mehr auf Trebur angewiesen und der Weg wurde zumindest offiziell aufgegeben. Auch als die Bahn gebaut wurde, fand Trebur keine Berücksichtigung. Trebur lag abseits des Zentralortes und dessen Zentralwege. So abseits das der Historische Verein, als er 1899 Trebur besuchte zunächst mit der Bahn nach Nauheim fahren und anschließen 45 Minuten zu Fuß nach Trebur laufen musste.
https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_hstad_2.html#SH1575__ID_23_3_2017_11_23_13_674 ↩
https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_hstad_2.html#TREB1561__ID_29_2_2021_8_1_36_20 ↩
https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_hstad.html#landgr1801__ID_25_8_2016_15_21_28_176 ↩
https://langen.ykom.de/serverlocal/diys_static/hessen_hstad.html#SH1901hstad__ID_14_7_2016_12_11_29_358 ↩
Daß die Karte von 1575 Trebur ignoriert, muss dich nicht grämen. Die Karte ist halt aus Sicht des aufstrebenden Darmstadt gezeichnet. Es ging um das Geleit-Recht, somit um Macht und Geld. Alles, was an Darmstadt vorbei geführt hat, war somit eher nicht erwähnenswert.
Ich hatte die Karte auch schon mal bei mir im Blog: https://leicht.ykom.de/beitrag/P1493034423p
Och da hab ich keinen Gram. Im Gegenteil, ist ja eigentlich genau das was den Teil ausmacht. Man sieht den Bedeutungsverlust der ab dem 12. Jahrhundert immer weiter zunimmt bis Trebur nur noch ein Dorf am Ende der Welt ist…