Karl des Großen Arkosolgrab?
Viele Theorien wurden über das ursprüngliche Grab Karls des Großen angestellt. Viele sind in den letzten Jahren widerlegt worden und nur noch wenige Varianten blieben übrig. Die von mir favorisierte ist das Arkosolgrab das Joseph Buchkremer erstmalig ins Spiel brachte.
Buchkremers Theorie
Joseph Buchkremer, ab 1917 Münsterbaumeister zu Aachen, veröffentlichte 1907 in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Band 29 einen Aufsatz, der erstmals diese Theorie ins Spiel brachte.
Ihm war im Süd-Östlichen Joch des Oktogons, also rechts vom Chor, ein Stelle an der Wandfläche bei einer Untersuchung aufgefallen. Hier zog sich vom Pfeiler kommen ein blauer Bogen in Richtung der Mitte der Wandfläche. Zwar brach dieser kurz unterhalb des Fensters ab, da man hier im Barock eine Nische für einen Beichtstuhl eingeschlagen hatte, aber Buchkremer konnte eine Breite von 215cm für die Blaue Fläche, Rekonstruieren. Diese setzte ab einer Höhe vom 135cm über dem Boden ein, wobei beim Anlegen immer wieder Nasen feuchter Farbe herunter gelaufen sein müssen.
Auf der noch vorhanden blauen Fläche fand Buchkremer 25 goldene Sterne mit feinen roten Strichen verziert. Die blaue Farbe fand sich direkt auf dem original, weißen karolingischen Putz, so Buchkremer.
Buchkremer stellte zunächst fest, dass er die Reste der sogenannten Karlsmemorie gefunden hatte. Einem Denkmal für Karl den Großen in das bis 1794 der Proserpina Sarkophag fest eingemauert war. Dieser war dort durch einen Holzverschlag nach vorne abgedeckt und vor dem blauen Feld fand sich eine Figur Karls des Großen die wohl in das 14. Jahrhundert datierte. 1794 wurde Aachen durch französische Truppen besetzt, das Denkmal entfernt und der Sarg entfernt und nach Paris gebracht, von wo er 1815 wieder zurückkehrte.
Buchkremer hatte sogar eine Fotografie eines Gemäldes aufgetan, das die Memorie andeutungsweise zeigt. Das Bild selbst, von Hedrick van Steenwyck dem Älteren zeigt aber lediglich an der Stelle einen Kasten oder Altar. Möglicherweise der Kasten der den Proserpina Sarg barg1 . Von der Memorie selbst gibt es wohl keine Bilder, auch der Ausstellungskatalog Karl der Große -Orte der Macht schreibt das es keine Bilder davon existieren.
Eine Beschreibung jedoch lieferte Antonio de Beati in einem Bericht über eine Aachenreise des Kardinals Luigi d´Aragon 1517/18. Dieser notierte:
Hier (gemeint ist die Marienkirche) ruht Karls Leib unter einem kleinen Bogen in einer Mauer zur rechten Seite des Hochaltars, in einem Kasten aus Marmor, auf dessen sichtbarer Vorderseite Figuren und Pferde in einer sehr vollendeter erhabener Arbeit dargestellt sind, Soweit man urteilen kann ist er antik,. Er ist sieben Spannen lang und etwa vier hoch, mit zwei Gittern davor von oben bis unten, swoweit der Bogen geht. Über diesem sarg steht die Büste Karls des Großen mit einem Kreuze in der einen und dem Reichsapfel in der anderen Hand, dem anscheinen nach aus hözernen Stoff, aber, wie mir gesagt wurde, nicht aus natürlichem Holz2
Bemerkenswert ist an diesem Zitat das nicht der Karlsschrein, sondern der Proserpina Sarg als Ruhestätte der Gebeine Karls genannt wird
Weiter ging Buchkremer davon aus, dass es sich hierbei um das ursprüngliche Grab Karls des Großen gehandelt haben sollte. Die Farbe war noch vor dem ottonischen Putz angebracht, der Sarg mehr oder minder fest eingemauert und nur der Deckel fehlte. Und auch die Beschreibung der Geschichte rund um das Grab, das wohl wegen der Normanneneinfällte getarnt wurde und erst durch Otto III. wieder entdeckt wurde konnte auf die Nische zutreffen.
Man hätte nur die Nische zumauern müssen (Buchkremer ging davon aus das die ganze Wandfläche abgemauert wurde, was aber nicht der Fall war und das Nischengrab/Arkosolgrab wirklich nur als vorgebaute Nische in der Wand sichtbar war ) und etwas zur Ablenkung davor stellen müssen. Etwa einen weiteren Altar.
Als Otto III dann die Wand aufbrechen lies, wäre vielleicht das erste was er sah die Sitzfigur Karls in einem Gewölbe, nämlich dem Bogen.
Teichmanns Gegenrede
Eduard Teichmann widersprach Buchkremer 1915. Er hatte an Untersuchungen im Dom teilgenommen und hatte sich auch Buchkremers favorisierte Stelle angesehen und begutachtet. Dabei stellte er fest das sich Buchkremer bei der Länge des Proserpina-Sargs vermessen hatte. Dieser war keine 215cm, sondern 219,5cm lang. Er hätte somit nicht in die 215 breite Nische gepasst. Was allerdings beide übersehen hatten, waren die Marmorplatten mit denen man bis 1902 den Dom ausgeschmückt hatte und die noch heute dominierend sind. Ohne diese Platten am Pfeiler passt der Sarg nämlich wieder exakt in die Nische!

Teichmans weiteres Argument war der Bereich über dem blauen Halbrund. Da er hier keine Veränderung des Mauerwerks vorfand, ging er davon aus das hier kein Bogen existiert haben könne, denn dieser müsse mit dem Mauerwerk verzahnt gewesen sein. Statt einer Verzahnung aber fand er Holzstifte, bzw. Holzdübel, im Mauerwerk.
Was zu dieser Zeit nicht bekannt war, war die Bauweise mit Stuck, die in karolingischer Zeit existierte. So waren die lebensgroßen Figuren im Westwerk von Corvey aus Stuck gefertigt und mit Holzdübeln an der Wand befestigt. Auch die Karlsfigur im Kloster Müstair ist aus Stuck gefertig. Bedenkt man nun, dass Einhard laut seiner Karlsbiographie nur in größter Eile das Grabmal errichten konnte, scheint es für ihn am einfachsten gewesen sein, mit Stuck zu arbeiten, anstatt das Mauerwerk aufzustemmen und Verzahnungen herzustellen.
Teichman vertrat übrigens die Ansicht des Zwei-Kaiser-Grabes: Otto II. hätte sich im Grab Karls des Großen beisetzten lassesn, so dass beide in einem Grab ruhten und es nur ein Grab gäbe. Ein These die heute als nicht haltbar angesehen wird.
Zuletzt vertrat Clemens M.M. Bayer mit seinem Aufsatz “Das Grab Karls des Großen” in “Die Aachener Marienkirche. Aspekte ihrer Archäologie und frühen Geschichte” 2014 und in “Karl der Große – Orte der Macht“ ebenfalls die These des Arkosolgrabes.
Die Quellen zur Graböffnung durch Otto III

Und was sagen die Quellen außer Einhard zum Karlsgrab? Tatsächlich sagen sie gar nicht einmal sehr viel. Gegeben scheint zu sein, dass die Lage des Karlsgrabes nach 186 Jahren unbekannt war. Annahme dazu ist ist in der Zeit der Normanneneinfälle unkenntlich gemacht oder getarnt wurde um es vor Plünderungen geschützt zu sein.
Es sind die Hildesheimer Annalen und Thietmar von Merseburg die zeitnah von der Graböffnung durch Otto III berichteten. Thietmars Chronik entstand 1012 bis 1018, die Graböffnung fand im Jahr 1000 statt. Thietmar war zu diesem Zeitpunkt noch Domschüler in Magdeburg und bei den Geschehnissen nicht anwesend.
Otto III hielt sich zuvor in Gnesen bei Herzog Boleslaw Chrobry auf. Mit ihm und großem Gefolge reiste er von Gnesen über Magdeburg, Quedlinburg ,wo er Ostern feierte, und Trebur (!) nach Aachen wo er im Mai 1000 eintrifft.
Thietmar schreibt dazu in Latein:
Karoli cesaris ossa ubi requiescerent, cum dubitaret, rupto clam pavimento, ubi ea esse putavit, fodere, quousque haec in solio inventa sunt regio, iussit. Crucem auream, quae in collo eius pependit, cum vestimentorum parte adhuc imputribilium sumens caetera cum veneratione magna reposui.
Dies kann man übersetzten mit:
Da der Kaiser darüber im Zweifel war, wo die Gebeine Karls ruhten, ließ er da, wo er sie vermutete, heimlich das Pflaster aufbrechen und graben, bis sie auf einem königlichen Thronsitze gefunden wurden. Er nahm das goldene Kreuz, welches dem Leichnam am Halse hing, nebst einem Teil der Kleider, die noch unverwest waren, und legte das Übrige mit großer Ehrfurcht zurück.“
Zwei Worte allerdings sind austauschbar. pavimento, das Pflaster, kann auch Estrich oder Verputz bedeuten. Und solio bedeutet nicht nur Thron, sondern auch Wanne oder Grab. Und ein steinerner Sargophag war auch nichts anderes als eine Wanne.
Dies würde bedeuten, nicht auf einem Sitz fand er die Mumie Karls, sondern im Sarg, nachdem er den Estrich irgendwo abschlagen lies.
Die Hildesheimer Annalen (um 1040 )berichten über die Öffnung des Grabes und sehen darin eine Grabschändung die den frühen Tod Ottos III auslöste:
Pfingstfest verbrachte der Kaiser in angemessener Demut in Aachen. Dort ordnete er dann aus Gründen der Verehrung an, die Gebeine des großen Kaisers Karl entgegen den Bestimmungen der heiligen Religion auszugraben. In einem verborgenen Grab fand er dann eine wundersame Vielzahl von Dingen. Aber dafür zog er, wie sich später herausstellte, die Strafe des ewigen Rächers auf sich. Der vorgenannte Kaiser erschien ihm nämlich nach der so großen Freveltat und sagte es ihm voraus.
Adamar von Chabannes berichtet in seiner Chronik aus der Zeit um 1028/29 auf das Ereignis der Graböffnung. Dieser Bericht findet sich jedoch in der Redaktion C, die wiederum erst zwischen 1165 und 1184 entstand und ist wohl im Kontext der Kanonisierung Karls als Heilgem zu verstehen3
Und nachdem ein dreitägiges Fasten abgehalten worden war, wurde er (Karl) an jenem Ort, den der Kaiser (Otto III.) durch seine Vision kannte, aufgefunden, sitzend auf einer goldenen Kathedra innerhalb einer gewölbten Gruft in der Basilika Mariens, bekrönt mit einer Krone aus Gold und Edelsteinen, ein Szepter und ein Schwert aus reinstem Gold haltend, und der Leib selbst wurde unversehrt aufgefunden. Dieser ist nach seiner Erhebung den Volksscharen gezeigt worden.(…)Der Leib Karls des Großen wurde im rechten Schiff seiner Basilika, hinter dem Altar des heiligen Johannes des Täufers beigesetzt, und ein wunderbares goldenes Gewölbe wurde über ihm (dem Leib Karls) hergestellt, und er begann, durch viele Zeichen und Wunder zu erstrahlen.”
Die Chronik verwendet den Begriff der cathedra, des Bischofsstuhls und lässt also keinen Zweifel an einem Thronsitz und verleiht dem Ganzen einen sakralen Charakter, in dem hier der Begriff verwendet wird, der auch für den Bischofssitz verwendet wird. Nach Adamar wurde Karl wieder im rechten Teil der Kirche, als nach Süden unter einem goldenen Gewölbe beigesetzt, wobei tatsächlich das Wort crypta verwendet wird.Das Wort Krypta muss aber nicht zwingend ein Gewölbe in Form einer Unterkirche bedeuten. Es ist lediglich etwas, das etwas anderes überpannt, also etwa ein Bogen. Das goldene Gewölbe würde somit die Beschreibung Einhards aufgreifen, der das Grab mit einem goldenen Bogen schmücken ließ.
In der Chronik Adamars findet sich auch eine Zeichnung des Karlsgrabes. Die Zeichnung hat aber a) nichts mit dem Text zu tun, und b) ist sie wohl eher symbolisch. Ich hielt die Zeichnung für ein Bild des Doms mit dem Oktogon zur Linken und den Turm rechts hielt ich für den Westbau. Allgemein wird aber angenommen das links die Kirche steht, dazwischen der Verbindungsgang und rechts der Granusturm der die Aula verdeckt. Und während im Text steht das man Karl in der Kirche am Johhannesaltar bestattet hatte, steht hier eine geschmückte Platte vor der Kirche.
Der nächste Bericht stammt aus der Chronik von Novalese und wird aus der Sicht Pfalzgrafen Otto von Lomello schrieben der als oberster Schwerträger sich im Gefolge Ottos III bei der Gnesenfahrt befand. Er schrieb den Text jedoch nicht und die Chronik und diese entstand auch erst 1027-1050.
Wir traten bei Karl ein, (…) denn er lag nicht, wie die Körper anderer Verstorbener, sondern er saß auf einer Kathedra, als lebe er. Er war mit goldener Krone gekrönt, hielt das Zepter in den Händen mit angezogenen Handschuhen, durch die bereits die Fingernägel durchbohrend herausgekommen waren. Über ihm war eine Verschlag aus Kalk und Marmorstein gefertigt. Als wir an diese kamen, brachen wir gleich ein Loch in diesen hinein. Als wir dann zu ihm hereinkamen, empfanden wir einen sehr starken Geruch. Wir richteten sofort ein Gebet an ihn mit gebeugten Kniekehlen. Dann bekleidete ihn Kaiser Otto mit weißen Gewändern, schnitt ihm die Nägel und stellte alles Fehlende um ihn wieder her. Von seinen Gliedern aber war bis dahin nichts durch Verwesung vernichtet, bis auf die Spitze seiner Nase. Diese machte er sogleich aus Gold, nahm einen Zahn aus dem Mund und ließ den Verschlag wieder herrichten.
Das Wort, das hier verwendet wird für den Stuhl ist cathedra, also identisch mit Admars Chronik. Auch sonst erinnert die Beschreibung an die Auffindung eines Heiligen. Der (heilige) Geruch ist ein typisches Topos solcher Geschichten.Man scheint hier in Teilen auf Tiethmar zurückgegriffen zu haben wobei der Stuhl als Übersetzung verwandt wurde, nur das dieses gesteigert wurde. Das entnehmen eines Zahns als Reliquie deckt sich mit dem Heiligen Topos. Die Nase sei einmal dahingestellt, taucht aber ähnlich auch bei Auffindung von Heiligen auf. Und der Verschlag kann als Hütte oder Häuschen übersetzt werden. Verwendet wurde der Begriff tuguriolum. Es gibt keinen Hinweis auf etwas das unterhalb des Bodens liegt.
Als dann das Grab unter Friedrich I Barbarossa erneut geöffnet wurde und der nun nur noch als Knochen vorhandene Karl in einen ersten Schrein umgebettet wurde4 ist in der Kölner Chronik nur noch die Rede von einem Sarg in dem Karl lag. Im 13. Jahrhundert griff Vinzenz von Beauvais die Berichte von Adamar und aus Novalese noch einmal auf und versuchte einige Sachen rational zu erklären.
Er kam zum Schluß, der Geruch stamme von kostbaren “Wohlgerüchen” die ins Grab gestellt wurden und der sitzende Karl ließ den Kopf nicht hängen, weil an der Krone eine Kette war, mit der man den Kopf am Thron befestigt hatte.
Um 1300 machte sich dann noch einmal Ptolemaeus von Lucca Gedanken um einen sitzenden Karl und kommt zu dem Schluss:
Und begraben worden ist er in Aachen in der Basilika der Gottesmutter, die er selbst hatte errichten lassen; sein Leichnam aber wurde, einbalsamiert und auf einem goldenen Thron sitzend, aufgerichtet. Ich verstehe das in Bezug auf ein Bildnis von ihm oder eine Statue über seinem Grabmal
Die Idee einer Sitzbestattung ist inzwischen aus wissenschaftlicher und archäologischer Sicht vom Tisch5 Man wollte wohl darstellen, dass so ein besonderer Herrscher auch ein besonderes Begräbnis verdiente. Mit Sicherheit wurde Karl liegend in einem Sarg, wahrscheinlich dem Proserpina Sarkophag, beigesetzt.
Die frühen Quellen sind sich darin einig, dass Otto III die Graböffnung in aller Heimlichkeit vollzog. Graböffnungen galten als Frevel und Thietmar von Merseburg war dies schmerzhaft bewusst, denn er selbst hatte das Grab des Propstes Willigis der Eigenkirche seiner Familie in Walbeck öffnen lassen, um dort die verstorbene Frau seines Bruders beizusetzen. Daraufhin erschien ihm im Traum der der ruhelos herumgeisternden Willigis, weshalb Thietmar eine Pilgerfahrt nach Köln unternahm um sich von der Sünde reinzuwaschen. 6 Dies bedeutet aber auch das Otto III kein neues Grabmal, verbunden mit einer Umbettung durchführte. Wohl eher lies er nach der Öffnung das Grab lediglich renovieren.
Hinweis auf ein Arkosolgrab?
Die noch verhältnismäßig nahe Chronik von Novalese bezeichnet, dass das Grab überspannende Konstrukt, Gewölbe oder Bogen sei dahingestellt, als aus Kalk und Marmor hergestellt. Das könnte zumindest auf den Stuckbogen beziehen der oberhalb der der blauen Wandfläche mittels Holzstiften an der Wand verankert war.
Als Argument für ein Grab in der Vorhalle gab Leo Hugot eine Reihe von Begräbnissen in Vorhallen, namentlich Karls Vater in St. Denis und Ludwig den Frommen in Kornelienmünster. Hugot schreibt bei Ludwig dem Frommen korrekterweise das er eine Grab für sich und seine Frau vorbereiten lies. Letztendlich wurde Ludwig aber in St. Arnulf in Metz beigesetzt, wo auch seine Mutter, Kalrs Frau Hildegard beigesetzt worden war. Zwar wurde sein Grab zerstört, aber Reste des Sarkophags sind erhalten. Wie beim Proserpina Sarg stammt er aus antiker Fabrikation, zeigt aber mit dem Zug durch das Rote Meer ein christliches Motiv. Er stand ursprünglich in einem Arkesolgrab, einem Nischengrab in der Nähe des Chores von St. Arnulf.7 Zwar erhielt das Grab umbauten, so etwa eine gotische Liegendfigur auf dem sarg und es wurde in der Renaisance erneuert, griff aber wohl die alte Form auf. Und auch wie bei Karl dem Großen Beschrieben gab es über dem Grab eine Inschrift.
Der Proserpina Sarkophag war tatsächlich nicht dafür geschaffen frei im Raum zu stehen. Die figürliche Ausgestaltung reicht nur über drei Seiten, er muss also schon in seinem Ursprung an einer Wand, wahrscheinlich einem Arkosol gestanden haben. Zudem war es im Frühmittelalter nicht üblich einen Sarkophag frei in den Raum zu stellen. Entweder wurden Erdgräber geschaffen die mit einer entsprechenden Platte im Boden markiert wurden, oder aber es wurden Nischengräber, Arkosolien geschaffen, die an den Wänden standen und der Verehrung besonderer Personen dienten.
Vielleicht stellte Einhard den Sarg nur einfach an die Wand und man beerdigte Karl in aller Eile um Tatsachen zu schaffen, während man auf das Eintreffen Ludwigs des Frommen wartete, der erst etwa einen Monat später in Aachen eintraf und um dann einen weiteren Schmuck des Grabes abzusprechen. Eine Theorie die so ähnlich Buchkremer äußerte.
Warum aber war Karl so schnell bestattet worden? Einhard berichtet von Unsicherheiten wo man Karl bestatten sollte und man entschloss sich letztendlich ihn in der „aus Liebe zu Gott und seinem Sohn und zu Ehren von Maria auf eigene Kosten errichteten Pfalzkapelle“. Karl hatte 769 in einem Testamaent festgelegt in der Vorhalle von St. Denis bei seinen Eltern Pippin und Bertrada beigesetzt zu werden, zudem hatte er 809 und 813 an Konzilien teilgenommen, die sich für ein Verbot zur Bestattung von Laien in Kirchen aussprach. Auch Ludwig der Fromme hat zunächst ein Grab in der Vorhalle der Klosterkirche Inden ( heute Kornelienmünster) geplant. Alle außerhalb der eigentlichen Kirche. Karl hatte jedoch schon zuvor auch anders gehandelt. 783 war Karls dritte Frau Hildegard in St. Arnulf Metz begraben worden, seine Frau Fastrada wurde 794 innerhalb von St. Alban Mainz bestattet. Seinen Sohn Pippin lies Karl 810 in St Zeno in Verona beisetzten. Und auch sonst handelte Karl nicht immer im Sinne der Kirche die er unterstützte, so etwa mit seinen zahlreichen Nebenfrauen. Auch stellt die Beisetzung eines Stifters trotz allem nichts außergewöhnliches dar.
Es könnte also durchaus der Fall gewesen sein, dass man sich unsicher bei der Umsetzung sich widersprechender Gebräuche und Verordnungen war. Eine schnelle Beisetzung hätte somit allen Diskussionen ein Ende gesetzt und eine Entscheidung herbeigeführt, die sich vielleicht nicht hätte umsetzten lassen, wenn zum Beispiel der Abt von St. Denis Waldo von der Reichenau eingetroffen wäre
Weitere Theorien die den Proserpina Sarkophags angehen, sehen in ihm Teil eines neuen Grabes durch Otto III oder eine Umbettung durch Friedrich I. Barbarossa, wobei auch gemutmaßt wurde der Sarg sei dann in der Vorhalle im Erdboden versenkt worden. Diese Theorie ist in zwischen weitgehendst widerlegt.
Was eine Lokalisierung des von Otto III wieder aufgebauten, oder neu erbauten Grabmals angeht ist lediglich die Angabe eines Johannes Altars gegeben. Aber dieser ist nicht mehr lokalisierbar. Auch Altarfundamente konnten nicht. bzw. nicht mehr lokalisiert werden. Für die visiualisierung des getarnten Grabes entschied ich mich daher dazu es selbst als Johannes Altar zu tarnen.
Die restlichen Theorien und die Archäologie
Und die restlichenTheorien? Ein Grab mitten im Oktogen, im Chor, hinter dem ursprünglichenChor, in der Eingangshalle?
Die Archäologischen Untersuchungen der Marienkirche in Aachen zeigten zumindest das Karl nicht im Innenraum unter der Erde bestattet worden war. Der Innenraum des Doms wurde mittlerweile mehrfach bis auf die darunter liegenden römischen Thermen ausgeschachtet, ohne auf ein Grab für Karl, bzw. eine Grabstätte aus entsprechender Zeit, zu stoßen.Heute befindet sich zwischen den Fundamenten quasi ein riesiger Kellerraum mit römischen Grundmauern der Thermen. (Am Ende zu den Funden mehr) Auch die zuletzt durchgeführten Grabungen in der Vorhalle, dem von Dombaumeister Leo Hugot (+1982) favorisierten Ort8 , blieben erfolglos. Zwar fand man .ein Backsteingrab, doch das war näher an der Jetztzeit als an Karl und das darunter befindliche Grab stammte auf Grund von Scherben aus dem 13. Jahrhundert. Bliebe also nur noch das Atrium, aber das befindet sich außerhalb der Kirche und würde somit Einhard widersprechen, der schrieb: “Schließlich stimmten alle zu, dass er nur in der Kirche ehrenvoll beigesetzt werden könne, die er selbst aus Liebe zu Gott und unserem Herrn Jesus Christus und dessen Mutter, der Heiligen und ewigen Jungfrau, in Aachen auf eigene Kosten hat erbauen lassen”
Ein vor dem Altarbereich, im Östlichen Oktogon gefundener antropomorpher Sarg ist ein Kindersarg mit lediglich 68cm Länge. Möglicherweise handelt es sich dabei um ein Kind aus der Königsfamilie Karls oder Pippins und gelangte noch vor dem Bau des Oktogons in den Boden9 Im gotischen Chor findet sich die 1414 angelegt “neue” Grabstätte Ottos III (Er liegt dort nicht mehr, seine Knochen gingen 1794 beim Transport nach Paris verloren…). Die Ausgebrochene Fundamentschwelle zum Chor entpuppte sich als barocke Zutat10, wobei an dieser Stelle sich auch zuvor das ursprüngliche Grab Ottos III befunden haben könnte11 Weitere eigentümliche, weil gerundete Mauerreste im Chor könnte von einem Vorgänger der Kirche stammen, einem Rundbau, vielleicht eine Memoria, der in Verbindung mit dem Nordannex stand und wohl aus der Zeit Pippins stammte als man in dem Areal einen Friedhof nutzte. Die Memoria könnte auch in Zusammenhang mit dem erwähnten Kindergrab stehen, wobei aber auch einen Funktion als Baptysterium für den Nordannex als genordete Kirche denkbar ist12
Von den noch vorhandenen Theorien bleibt eigentlich nur noch das Atrium, unterhalb der romanischen Ägidiuskapelle und der Vorraum des Nordannex.13
Abbilding bei Wiki Commons hier: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hendrick_van_Steenwyck_the_Elder<Interior_of_Aachen_Cathedral–2000.25>Rhode_Island_School_of_Design_Museum.jpg ↩
Zitiert nach U.Rehm, Klassische Mythologie im Mittelalter: Antikenrezeption in der bildenden Kunst S 68 ↩
vgl. K.Görich, Otto II. öffnet das Karlsgrab in Aachen – Überlegungen zu Heiligenverehrung, Heiligsprechung und Traditionsbildung S385 ↩
Wahrscheinlich war der Sarg tatsächlich bei der ursprünglichen Bestattung luftdicht verschlossen worden, was Karl mumifizierte, aber nach der Öffnung durch Otto III nicht mehr, was den Verwesungsprozess begünstigte ↩
vgl. H. Beumann, Grab und Thron Karls des Großen zu Aachen in Wissenschaft vom Mittelalter S347-376 ↩
K.Görich, Otto II. öffnet das Karlsgrab in Aachen – Überlegungen zu Heiligenverehrung, Heiligsprechung und Traditionsbildung S387 ↩
J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, Das Grabmal Kaiser Ludwigs des Frommen in Metz S77 ↩
L.Hugot, Baugeschichtliches zum Grab Karls des Großen, postum veröffentlicht ↩
S.Ristow, Archäologie des Aachener Domes zwischen spätantiker und ottonischer Zeit (400-100) 58 ↩
Ristow 68 ↩
Ristow 78 ↩
Ristow 72 ↩
Angabe nach Ein ungelöstes Rätsel – das Grab Karls des Großen in Karl der Große -Orte der Macht, Katalog, S. 254 ↩
Lese gerade zufällig im Antiquarius, dass Churfürst Emmerich Joseph gerne zu Pferde zum „Hofstattborn“ Ausflüge machte. Zählte er offenbar zu…
Kleine Idee zu den "fehlerhaften" Plänen und abweichenden Maßen: Mittlerweile ist es ja möglich Gebäude in 3D zu scannen und…
Bau I, also Kapelle mit Mädchengrab wird in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts datiert, wobei das Grab ende des…
Gibt es Einschätzung wie aus welcher Zeit die Vorgängerkapelle stammt?
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