Fragen und Gedanken zur Treburer Laurentiuskirche
Um vorbereitet zu sein, befasse ich mich derzeit wieder verstärkt mit Treburs Laurentiuskirche. Bei der ersten Durchsicht der Unterlagen sind mir einige Fragen gekommen, die ich hier notiere und in Zukunft versuchen werde irgendwie zu lösen oder den Antworten zumindest nahe zu kommen.
Fundamentbreiten/Mauerbreiten Problem
Bis auf geringe Abweichungen und der Trennwand zwischen Westbau und Schiff beträgt die Mauerstärke 1,1 m. Dies gilt auch für das Fundament im Übergang von Seitenschiffen ins Querhaus.
Dies gilt jedoch nicht für das Spannfundament zwischen Mittelschiff und Querhaus. Dieses wurde mit 1,3m vermessen. Aber auch das stellt an sich noch kein Problem dar. Da wir an dieser Stelle mit einem durgeschobenem Querhaus nach römischen Vorbild zu rechnen haben, wurde ein stärkeres Fundament benötigt, dafür musste kein Triumphbogen errichtet werden, um das Gebäude zu stabilisieren.
Nun aber, bei der Durchsicht aller Dokumente, bemerkte ich eine Handskizze Diefenbachs der Grabung 1934, in der eine weitere 1,3m breite Mauer verzeichnet ist. Diese Mauer liegt in der Verlängerung der Langhausmauern und durchschneidet das Querhaus.
Einzig sinnvoller Grund für eine solche Mauer wäre ein Stützfundament für einen Bogen, der das Seitenschiff ausscheidet.
Was allerdings seltsam ist, die Mauer ist wesentlich Stärker als die Fundamente der Langhauswans, die mit 0,89m angegeb wird. Sie sollten also weder baulich noch zeitlich mit diesen in Verbindung stehen.
Zudem taucht die Frage auf, warum Diefenbach diese Mauer nicht in seinem finalen Plan einzeichnete, zumal sie seine Theorien untermauert hätte. Hinzu kommt auch noch das Diefenbach laut Grabungsplan des IBD an dieser Stelle nie gegraben haben sollte.
Allerdings wurde ein Bogen an dieser Stelle das Problem lösen, welche Bögen zur Gewinnung mehr Lichts in der zu dunklen Kirche, 1712 abgerissen wurden.
Aber andererseits könnte Diefenbach auch versucht haben, einen Schnitt des Mauerwerks zu zeichnen, auf dem der hölzerne Emporenpfeiler aufsitzt. Diese Stütze hat ebenfalls 1,3m Eine solche Skizze gibt es von der Südseite, hier jedoch schreibt er “Schnitt” dazu. Auf der Nordseite schreibt er “abgebr. Mauer”, da aber der Pfeiler aufsitzt, kann die Mauer schlecht abgebrochen sein…
Die Apsis und das Fundament
Vor der halbrunden Apsis, die direkt an das Querhaus anschließt findet sich ein Fundament. Es sollte das Spannfundament sein, das den Bogen unterfütterte der sich zur Apsis öffnete. Dieses Spannfundament hat eine breite von 1,1m. Es ist die übliche Wandbreite, weshalb man davon ausgehen darf dass sich eine entsprechende Wand befand. Dahinter befand sich die halbrunde Apsis, die einmal halbrund und einmal um 75 cm gestelzt gezeichnet wird. Das ist aber nicht das grundlegende Problem.
Während die Apsis in Gänze ausgebrochen ist und sich nur noch als Schuttspur abzeichnet ist das Spannfundament davor erhalten. Die Schuttspur fängt in Höhe der Mauer an und endet etwa an deren Unterkannte. Aber tatsächlich nur davor. Nördlich davon ist das Spannfundament ausgebrochen, ebenso südlich, wobei hier ein wenig mehr fehlt. Es verwundert das die Apsis fein säuberlich ausgebrochen wurde, die Mauer davor aber stehen blieb, während links und rechts die Mauern wieder abgebrochen wurden. Mir erscheinen Abbruch von Mauerwerk und Abbruch der Apsis nicht nicht gleichzeitig.
Ein Zitat und Skizzen
“Im Zug der inneren Längswände des Schiffes fand sich ein 1,50 m starkes Mauerstück von der Außenseite der östlichen Abschlußmauer ab gerechnet, Man muß daraus schließen, daß dieser Raum, ebenso wie das Langschiff, dreischiffig angelegt war, daß ferner der Mittelraum, der im 15. Jahrhundert als Chor diente, mit den seitlichen Räumen durch Bogenöffnungen verbunden war.“ (Diefenbach , Heimatspiegel 26.10.1934)
Ein 1,5 m starkes Mauerstück ist auf keinem Plan verzeichnet! Es gibt jedoch drei Handskizzen Diefenbachs in denen jeweils ein mauerstück aus der Ecke nord-östlichen Ecke des ⅝ Chores kommt, also in Verlängerung der Langhauswände. Auch das hätte Diefenbachs Theorien untermauert. Warum verwendet er es nicht, oder hat es das doch nicht gegeben?
Fundamenttiefen
um den Problemen ein bisschen Habhaft zu werden, habe ich, sofern mir die entsprechenden Daten vorlagen, die Fundamenttiefen und Rück- und Vorsprünge derselben in mein Model eingetragen. Ich hoffe, dies alles korrekt getan zu haben, denn während Otto Müller 1954 von der “Traufoberkante” schrieb, also gemessen von dem Punkt wo die Mauer in der Erde verschwindet, hatte Diefenbach sein eigenes Messsystem entwickelt. Dies beginnt bei +10m, Die Vorhalle lag bei +9,66m, der Chor bei +10,39m. (Der feine Herr Oberbaurat…)
Demnach sind die Fundamente des Westbaus (Westmauer nördliche Seite), genauso tief reichend wie die Mauern des Spannfundamentes des Querhauses, das eigentliche Querhaus liegt jedoch tiefer. (Über dem angesprochenen Fundament des Westbaus liegt der niedriegereWestqueraus-Nordflügel) Das Fundament liegt bei ca -1,25m im Westbau , wobei aber bei einer Tiefe von ca. 60cm eine eingeschwemmte Sandschicht von 5cm den unteren Teil des Fundaments vom darüberliegenden trennt. Wurde das ehemalige Fundament bis auf die Sandschicht abgebrochen um darauf den Westbau zu errichten, oder aber gab es nur eine Bauverzögerung (Regenfälle, Hochwasser) die den Sand einschwemmen ließ?
In der nördlichen Mitte des Westbaus scheint die Sache wieder anders gelagert. Das Mauerwerk wird als solches nicht beschrieben (eine eingeschwemmte Schicht wird nicht erwähnt), dafür reicht das Mauerwerk 10 cm niedriger herab, also bis ca. 1,15m. Das könnte durch ein leichtes Gefälle des Bodens bei der Messung zustande gekommen sein, da von Traufoberkannte gemessen wurde. Aber das eigentliche Problem ist dabei das hierauf der Turm steht. Normalerweise müsste man davon ausgehen, dass der Turm ein tiefers/stärkeres Fundament benötigt. Da dies hier nicht der Fall ist, ist anzunehmen das der Turm nachträglich aufgesetzt wurde. Meine Theorie ist ohnehin, dass er im 15 Jahrhundert beim gotischen Umbau hinzu kam.
Nimmt man jetzt noch Fundament bzw. Mauerstärken hinzu wirds ganz chaotisch. Westwand Westbau, nach Westen: Der erste Absatz kommt 60 cm über dem Boden, da springt die Mauer 7,5cm vor. (kann man sehr gut von außen sehen). 15cm unter der Oberfläche springt das Ganze noch mal 15cm vor. Immer wieder mit leicht anderem Mauerwerk. Sind dies Bauphasen oder lediglich bautechnisch bedingt? Gibt es einen Zusammenhang mit den Fundamenten vor dem Westbau?
Aber wie bereits angedeutet, müssenment Vorsprünge nicht unbedingt auf Bauphasen deuten. St. Ulrich und Afra in Augsburg etwa, besitzt im Fundament der zweitjüngsten (ottonisch/frühromanisch) Periode genau solche springenden Fundamente.1 Auch ob viel oder wenig Mörtel in den Fundamenten verwendet wurde, muss nicht zwingend aussagekräftig sein. So kann als Grundlage des Fundaments wenig Mörtel verwendet worden sein, um dann die nächste Lage mit mehr Mörtel zu vermauern.
Eckverquaderung und Verfugung
Nach einigem hin und her lesen fiel mir zudem die Verfugung des Westbaus nach Westen auf, die als “breiter Fugenstrich” bezeichnet wurde. Dumm nur dass sie laut Otto Müller erst “auf Augenhöhe” einsetzt, um präziser zu sein, sie setzt mit der sichtbaren Eckverquaderung ein, so ca. 1,5m. Aber warum findet sich darunter kein Fugenstrich und warum setzt die Eckquaderung erst so hoch ein? Je weiter man nach Osten kommt, desto niedriger setzt die Eckquaderung ein. (Nächste Messpunkte sind die Querhaus Ecken)
Normalerweise setzt eine sichtbare Eckquaderung direkt am, bzw. über dem Boden ein. Genauso wie der Fugenstrich. Da kommt dann der Kalkputz drüber, und oder es wird geweißelt und fertig ist die Laube.
Stand also etwas davor was es unnötig machte, wobei was bitte soll ca 1,5m hoch gewesen, oder aber setzt der Boden höher an, stieg also nach Westen um 1,5m an, was dann auch wieder den 7,5 cm Absatz in der Höhe von 60cm hätte verschwinden lassen. Dieser wäre dann als Fundamentabsatz zu verstehen.
Allerdings wäre es auch denkbar das der eigentliche Westbau auf einem älteren Fundament, bzw. Mauerwerk aufsitzt, als erst ab der Höhe der Eckquaderung / Fugenstrich aufgemauert wurde. Aber auch alte Fotografien die ich besitzte und die das Mauerwerk ohne Verputz zeigen, geben hier nicht wirklich Aufschluss.
Anzumerken ist, dass die Eckquaderung “vorbereitet” wird. D.h. es befindet sich unter der sichtbaren Eckverquaderung bereits eine kleinere Eckquaderung aus behauenen, schmalen Steinen, ähnlich Bindern und Läufern. Ganz ähnlich wie es in “Karolingerzeitliche Mauertechnik” von Christine Kenner und Katarina Papajanni für die gesamte karolingerzeitliche Eckquaderung der Justinuskirche in Frankfurt Höchst angegeben wird und die ich heute in Augenschein genommen hatte. Nur wurde hier roter Mainsandstein verwendet. Roter Sandstein wurde in Trebur für die Ostseite des Westbaus im Fundament notiert aber auch im Fundament des nördlichen Querhauses. So schreibt Müller über das Querhausfundament: “Es folgen zwei flache Sandsteine, die schon der Eckbildung
deutlich Rechnung tragen (enge Lagerfuge). Über einem Vorsprung von 6 cm (90 cm
unter Traufpflasterkante) sauber gemauerte Ecke mit vier Schichten bis zur heutigen
Oberfläche, Die Sandsteinschichten erinnern stark an die oberste Zone des nördlichen
Westbaufundamentes.“
Bodenhöhe
Das bringt auch die Frage aufs Tablett, bei welcher Höhe der “ursprüngliche” Boden innerhalb der Kirche lag. Für mein 3D Modell habe Diefenbachs Niveau von +9,66 m verwendet, was dem heutigen Boden innerhalb der Vorhalle entspricht und die Höhe war in der er einen Backsteinplattenboden fand, den er ursprünglich hielt. Dieser war aber aus dem 17. Jahrhundert. Tiefer grub er hier auch nicht, zumal er auf dieser Höhe Abschrägungen an den Pfeilern fand und diese als deren Sockel ansah. Da die Pfeiler aber ausgetauscht und verschmälert wurden, sollte er an dieser Stelle nur das Bodenniveau des gotischen Umbaus erreicht haben. Laut Diefenbach fand sich der “ursprüngliche Boden” (so nannte er die Backsteinplatten) bis ins Langhaus. Es gibt aber einige Stellen an den scheinbar auch andere Platten gefunden wurden, zudem auch mindestens zwei Estrichschichten.
1599 wurde ein Trittstein vor der Kirchentür platziert, da wahrscheinlich Wasser von Regen o.ä. in die Kirche gelaufen war. (so das IBD). Heute muss man eine Stufe in die Kirche überwinden. 1913 waren es zwei Stufen, da der Innenraum ja höher lag (aufgefüllt übrigens mit dem Schutt von Lichtenbergs umbau, genau wie im Langhaus, daher auch die unterschiedlichen Höhen Diefenbachs) 1599 scheint der Boden aber zumindest höher gewesen zu sein, bzw. der Innenraum niedriger, da sonst kein Wasser in die Kirche geflossen wäre
Begleitfunde
Gibts nicht… Naja, Diefenbach erwähnt einen (!) Begleitfund. Und zwar als er im Westen vor der Kirche gräbt, schachtet er bis 70cm unter die Fundamentsohle bis auf einen lockeren braunen Sand aus. In dieser Sandschicht findet er eine “derbe schwarze Scherbe” und einen Pferdezahn. Aber bitte, was ist eine “derbe schwarze Scherbe”? Das kann alles mögliche sein. Nun deutet “derb” nicht unbedingt auf geglättete Terra Nigra hin, aber merowingisch kann sein, aber es kann auch irgendwas der Bandkeramiker sein.
J.Werner Die Ausgrabungen in St. Ulrich und Afra in Augsburg 1961-1968 S63 ↩
Sehr geehrter Herr Zwittmeier, zur Ortsnamen-Geschichte von Geinsheim hier ein paar Anmerkungen. Die Zuordnung der Namen Gemminesheim und Gemminisheim im…
Danke Christian, tatsächlich war ich vor 2 Jahren dort, muss aber gestehen das ich den Textilien wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.…
Hi. Bin grad über den Artikel gestoßen. Wenn du mal in die Nähe von Hildesheim kommst: Im dortigen Domschatz befinden…
Nein aktualisiert nicht. Die müsste noch in der Variante wahrscheinlich noch irgendwo in meinem Archiv schlummern
Hallo Markus, hast du die Karte zwischenzeitlich zufällig für einen anderen Post/Vortrag/Ausstellung aktualisiert?