Die Darstellung Ludwigs des Frommen und des Psalters Schuppenrock
Bei der Durchsicht der zum letzten Artikel verwendeten Quellen, vor allem zu den Byzantinischen Kriegerheiligen bemerkte ich erstmals eine extreme Verbindung zur Darstellung Ludwigs des Frommen im De Laudibus Sanctae Crucis Figurengedicht des Rabanus Maurus.
In dieser bekannten Darstellung sehen wir Ludwig den Frommen im Muskelpanzer, dem klassischen Unterleibsschutz, dem Ptyriges, und mit den als hypodermata bezeichneten byzantinischen Stiefeln. Im rechten Arm hält er einen Kreuzstab (crux hastata), zur Linken steht ein Rundschild.
Es ist die klassische Darstellung des Miles Christi, des Kämpfer für Christus, oder Ritter für Christus wenn man so will.
Sie entspricht den byzantinischen Darstellungen des heiligen Theodorus, Merkourios, Demtrios usw. und später auch St. Georg oder allgemein den Soldatenheiligen.
Der Muskelpanzer, die statua loricata, wird in byzantinischen Darstellungen neben den Soldatenheiligen, nur vom Kaiser und hohen Befehlshabern getragen. In der Makedonischen Renaissance (9-10 Jahrhundert) hat sie in der Darstellung einen Boom.1 Dabei wird der Muskelpanzer wohl seit dem 6. Jahrhundert gar nicht mehr hergestellt. Es handelt sich um einen Anachronismus, was sich auch in der immer stärker schematisierten Darstellung zeigt, so Grotowski2 In einer Fußnote nennt Grotowski aber die Annahme Prof. John Haldons, der vorsichtig die Vermutung äußerte es könne noch vererbte Muskelpanzer aus dem 6. Jahrhundert gegeben haben, die zu besonderen repräsentativen Anlässen genutzt worden sein könnten, ohne jedoch einen Beweis dafür zu haben.
Generell ist aber zu bemerken das die Kriegerheiligen wesentlich häufiger in Schuppenpanzer als im Muskelpanzer dargestellt werden3
Ludwig trägt in der Darstellung ebenfalls einen Helm. Dies ist zumindest für die Darstellung der Kriegerheiligen ungewöhnlich die meist ohne Kopfbedeckung dargestellt werden und wenn sie dennoch eine tragen, handelt es sich meist Diademe oder Kronen . Es ist aber jener seltsame Helm der immer wieder in Darstellungen auftaucht wen antikisierende Bezüge vorhanden sind4
Zur Darstellung notiert Joachim Gaehde nicht nur das Ludwig als antiker Heerführer dargestellt wird, sondern auch das eine solche Vorlage im Kloster Fulda existiert haben muss und der habitus der Darstellung bewusst von Rabanus Maurus und Kaiser Ludwig ausgewählt wurde5 , zumal Ludwig wie die Kriegerheiligen auch, einen Heiligenschein trägt. Darauf verweist ist auch der Kreuzstab . Er wird auch als Symbol Kaiser Konstantins gedeutet. Dieser soll auf Grund einer Vision vor der Schlacht an der Milvischen Brücke das ChiRo, das Christus Monogram, auf die Schilde der Soldaten gepinselt haben lassen und auch das Kreuz populär gemacht haben
Wahrscheinlich ist es eben dieser Konstantin Bezug der dazu führt das zunächst in Ostrom, bzw. eben Konstantinopel, genau solch eine antikisierenden populär wird und auch im in der Folge im Westen übernommen wird. Wobei der Westen, also die Franken, sich ebefalls noch auf eine Stufe mit Byzanz stellen wollen.
Und was diese Darstellungen angeht, auch die Darstellungen der Rüstungen, führt mich zu einem weiteren Punkt.
Über den im Stuttgarter Psalter dargestellten Schuppenrock wurde schon viel diskutiert, rekonstruiert und nachgedacht. Ich möchte an dieser Stelle eine weitere Theorie ins Spiel bringen.
In den byzantinischen Texten gibt es nämlich explizit mehrere rockartigen Schutzkleidungen. Da ist zum Einen die Kremesmata zu nennen , die von Katapharakten getragen wurde. Eine der Quellen nennt hier die Zusammensetzung aus Seide und Baumwolle. Auf diese, gesteppten Rock war eine Verstärkung aus Kettengeflecht angebracht, hier explizit als zaba bezeichnet. Der Begriff zaba wird jedoch nur in älteren Quellen (Sylloge tacticorum) und darauf zurückgreifen Texten (Taktika Kaiser Leos) explizit verwendet. Später taucht recht allgemein der Begriff des lorikion auf. Dieser kann jedoch sowohl Kette, Schuppe, als auch Lamellar bedeuten. Dementsprechend kann zaba im 9. Jahrhundert ebenfalls für Schuppe und Lamellar verwendet worden sein.6 Daher kann die Kremesmata auch ein Schuppenrock darstellen.7
Gleiches gilt für Kabadion und Skaramangion, wobei diese jedoch geschlitzt sind ( vorne ein Schlitz, hinten 2 Schlitze)8 Diese Röcke reichten, wenn von Reitern getragen, bis zu den Knöcheln, bei der Infantrie nur bis zum Knie. Das Skaramngion wiederum war das Vorbild für das Kabadion. Es handelt sich dabei um eine zeremonielle Tunika der persischen Kavallerie9. Die Schlitzungen sind nur selten auf einer Darstellung erkennbar und selbst bei Darstellungen die explizit als Schlitzung angegeben wurden hatte ich mehr als Probleme diese zu erkennen.
Auf den Darstellungen der Kriegerheiligen, vor allem beim hl. Demetrius ist der/die/das Kremesmata zu sehen. In dieser Darstellung sieht man nur den gepolsterten Rock. Tatsächlich ist das Ganze nichts anderes als ein hochmittelalteriches Steppwams/ Gambeson. Außen Seide, innen mit Baumwolle wattiert. Aber eben nicht den Oberkörper bedeckend sondern nur in Rockfassung.
Wenn also ein der Zeichner des Psalters, der nun keine Fachliteratur über byzantinischen Rüstungen neben sich hat, diese Abzeichnet, würde er nie auf die Idee kommen diese Schlitzung zu betonen. Auch kann man solch eine Darstellung durchaus mal als Schuppen interpretieren.
Ansonsten gibt es nur noch über diesen Rockträger zu sagen das er als klarer Feind gekennzeichnet ist. Er trägt Bart, sit aber kein König oder Prophet. Er trägt ein Sax. Er trägt für Franken unüblich unten weite Hosen. Er schaut grimmig. Und er hat eine Hakennase. Ja diese Klischees gab es damals schon…
Piotr L. Grotowski Arms and Armor of the Warrior Saints – Tradition and Innovation in Byzantine Iconography (843-1261) S 130 ↩
Grotowski S.132 ↩
Grotowski S. 132 ↩
Über die Helme habe ich mich schon mal sehr ausführlich in mehreren Teilen irgendwo im Blog ausgelassen, einfach mal Helm suchen ↩
Florentine Mütherich, Joachim E. Gaehde, Carolingian Painting S55 ↩
Grotowski S155 ↩
Grotowski S155 Fußnote 124 ↩
Grotowski S166 ↩
Grotowski 167 ↩
Jetzt noch einmal dieselben Überlegungen wie beim Überfall auf Paris 100 Jahre später (siehe früherer Blog): wieso konnten die in…
[…] http://www.tribur.de/blog/2023/05/13/eine-karolingische-truhe/ […]
Freut mich wenn ich die Anregung für den Nachtrag war. Tatsächlich hat dieses Bild und die Darstellung auf dem Teppich…
Wieder eine sehr schöne Diskussion des Themas. Dein eines Zitat gibt es ja wieder, aber Du hattest es weiter oben…
Vielen Dank für die unglaublich vielen interessanen Artikel im letzten Jahr. Ich weiß gar nicht, wie Du das neben der…