Neue Verwirrungen um Astheim und Kircheim 1099
Das die Sache mit der Astheimer Vergabe von Speyer an Worms nicht ganz so klar ist hatte ich geschrieben, aber das es bald noch verwirrender wird hatte ich dann auch nicht geglaubt.
Bereits als ich das erste Mal darüber schrieb, erwähnte ich den Einwand Bosserts von 1886 es könne sich auch nicht um Astheim bei Trebur Handeln sondern um einen Anderen Ort, der nahe bei Kirchheim/Neckar liegt und der auch ein Filial der Kirche von Kirchheim war. Das Württemberger Urkunden buch hatte diese Anmerkung angegeben und eben dieses Kirchheim als Kirchheim am Neckar lokalisiert.
Mehr durch Zufall stieß ich wieder auf ein PDf, das ich bereits ein mal verlinkt hatte (glaube ich): „Die Wormser Stadtverfassung im Zeitalter des Investiturstreites“. Eine Doktorarbeit von Helge Seider aus dem Jahr 1971 in einer überarbeitung von 2004/2005. Hier ist auf Seite 42 zu eben jener Urkunde folgendes zu lesen (PDF hier):
Der ersten [Urkunde] zufolge hatte Bischof Johannes von Speyer in Sinsheim auf Eigengut (proprio suo allodio) eine Abtei gegründet und später mit Zubehör seiner Bischofskirche übertragen, nachdem er seine bischöflichen Pfarrechte in Kirche und Dorf Kirchheim (Kirchheim-Bolanden) und in Kapelle und Dorf Astheim (bei Tribur) an Bischof Kuno von Worms übergeben und von diesem dafür die bischöflichen Rechte in Kirche und Dorf Sinsheim und in Kapelle und Dorf Rohrbach bekommen hatte
Nun ist es plötzlich Kirchheim-Bollanden! Das steht im Gegensatz zu Kirchheim am Neckar, wie es das Württembergische Urkundenbuch schreibt (hier), bietet aber auch Möglichkeiten, zumal es in der Nähe von Kirchheim-Bollanden Orte wie Asselheim, Albisheim oder Albsheim gibt, deren frühere Formen durchaus Ähnlichkeiten mit Astheim gehabt haben könnten (muss ich noch recherchieren).
Aber das alles wäre nur larifari, wenn da es oben im Text von Helge Seider nicht eine Fußnote gäbe. Diese Fußnote weist auf die Urkunde hin: UBBS 1 Nr.69, will heißen „Hilgard, Alfred, Urkunden zur Geschichte der Stadt Speyer, Straßburg 1885, Urkunde Nr. 69“. Und Hilgards Werk gibt es als Digitalisat bei der Uni Heidelberg! Also hab ich mich gefreut endlich die Urkunde im Original vor mir zu haben, öffne das Digitalisat und…
… Urkunde 69 stammt von 1245. Die sch*** Urkunde ist nicht in dem Buch!!!!
Ich beschloss also meine Suche auf Google Books auszuweiten. Hier erfuhr ich von Dümge zuerst, dass die Urkunde nicht mehr im Original existiert, sondern nur in einer Abschrift im Codex minor Spirensis erhalten ist (Quelle ) und das Original sollte nicht den Regularien üblicher Urkunden entsprechen, womit sie nur in den Copialbüchern verzeichnet wurde.
Etwas weiter geht Franz Xaver Remling in „Geschichte der Bischöfe von Speyer“ 1852 (hier) (Er nennt auch Rlg´s Urkundenbuch S.69 als Quelle. vielleicht eine Verwechselung bei Seider?) wenn er schreibt:
Dieses Kirchheim war keineswegs Kirchheimbolanden in der Pfalz, wie Dümge, S.64, und auch Karl Wilhelmi – Abtei Sunnesheim, S. 9 meinen, denn diese Pfarrei lag in der Diözese Mainz und gehörte früher nie zum Bistume Speyer. Sollte es nicht die villa Kircheim bei Heidelberg gewesen seyn, welche die Abtei Sinsheim im Jahr 1348 verkaufte? Wilhelmi a. a. D. S.47 – Die Annales Spirensi – Dr. Boehmeri fontes rerorum Germ. tom. II 152 – nennen zwey ganz andere Pfarrorte welche für Sinsheim gegeben wurden. Siehe hierzu G. Widders Beschr.der Pfalz Th. II 149 Sub. dipl. tom. IV 329
Der erwähnte Wilhelmi gibt übrigens als Namen des Astheims „Asteh“ an. Die Annales Spirensi (finden sich online hier), geben, wie oben im Zitat beschrieben, andere Orte als Tauschobjekt an. Es sind dort im lateinischen Text angeführt „Bathinheim“ und „Neberouwe“.
Hierüber fand ich dann wiederum bei der MGH die Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins von 1955 (hier), bei der auf Seite 20. anhand der genannten Orte Rückschlüsse auf die Bistumsgrenzen gezogen werden. Bathinheim würde so mit Botenheim oder Brackenheim identifiziert. Obwohl Kircheim ja in diesem Text nicht erwähnt wird wird es damit in Bezug gesetzt, da es sich in der Nähe befindet. Unausgesprochen würde daraus folgen das die verschiedenen Ortsangaben aus den beiden unterschiedlichen Überlieferungen auseinandergerissene Teile des ursprünglichen Urtextes wären.
In „Neckarau (Band 1): Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert“ von Hansjörg Probst (1988) wird übrigens „Bathinheim et Neckerouwe“ also Neckarau angegeben.
In einem Text den ich bei der Uni Stuttgart fand (hier)und der einen geschichtlichen Überblick über Sinsheim bietet fand ich folgende Information:
1099 erwarb er vom Wormser Bischof Cuno im Tausch gegen Kirchheim und Hohenstein, vielleicht auch Neckarau (Rhein-Neckar-Kreis), die Diözesanrechte in Sinsheim und Rohrbach (Rhein-Neckar-Kreis)
Wieder kein Astheim. Wie gesagt es wird immer verwirrender! Es scheint wohl zwei Gruppen von Historikern zu geben. Die einen die Astheim wohl irgendwie in die Liste gerutscht sehen, wohl aber nicht als dorthin gehörend und die andere Gruppe, die den Tausch als so geschehen ansieht. Morgen werde ich mir Müller „Starkenburg“ zu Gemüte führen.
Sehr geehrter Herr Zwittmeier, zur Ortsnamen-Geschichte von Geinsheim hier ein paar Anmerkungen. Die Zuordnung der Namen Gemminesheim und Gemminisheim im…
Danke Christian, tatsächlich war ich vor 2 Jahren dort, muss aber gestehen das ich den Textilien wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.…
Hi. Bin grad über den Artikel gestoßen. Wenn du mal in die Nähe von Hildesheim kommst: Im dortigen Domschatz befinden…
Nein aktualisiert nicht. Die müsste noch in der Variante wahrscheinlich noch irgendwo in meinem Archiv schlummern
Hallo Markus, hast du die Karte zwischenzeitlich zufällig für einen anderen Post/Vortrag/Ausstellung aktualisiert?