Zum Chor der Laurentiuskirche/Papiermodelchor
Die Fertigstellung des Chores für das Papiermodell gab mir noch einmal Gelegenheit mich den Befunden zum Chor auseinander zusetzten, bzw noch einmal alles zusammenzufassen.
Welche Quellen zum Chor zur Laurentiuskirche stehen zu Verfügen? Da ist zum einen eine kleine Textpassage aus den Kirchenbüchern die den Chor als „zu eng“ für die Anzahl der dort sitzenden Konfirmanten bezeichnet. Ältere Beschreibungen nehemen den Chor nicht auf, sondern beschreiben das Kirchengebäude als „kreuzförmig“. Beide Aussagen sind nicht aussagekräftig und lassen keine echten Rückschlüsse auf den Chor zu. „Zu eng“ ist ein vollkommen subjektiver Begriff und „kreuzförmig“ ist eine Bezeichnung die sich auf klassische Kirchen mit Lang- und Querhausbezieht, die zu jener Zeit nicht mehr in Mode waren.
Einen ersten verwertbaren Ansatz bietet die sogenannte „Anlage F“ . „Anlage F“ ist der einzig erhaltene Plan zum Umbau der Laurentiuskirche 1748/49 durch Lichtenberg der erhalten blieb.
Der Plan zeigt eine Laurentiuskirche, die nach Einsparungen in Teilen auf dem alten Mauerwerk (schraffiert) aufbaut. Im Gegensatz zum heutigen Erscheinungsbild wurde jedoch das Querhaus verbreitert um dem Bau mehr den Anschein eines Zentralbaus zu geben.
In diesem Plan sind, vom Querhaus nach Osten abgehend, kurze Maueransätze eingezeichnet, die zum Poligonalchor führen. Mit diesen Maueransätzen wir jedoch der ofmals verwendete Rekonstruktionsvorschlag (Kiesow) einer direkt an das Querhaus ansetzenden halbrunden Apsis ohne weitere Anbauten obsolet.
Weitere Hinweise zum Chor ergeben sich erst durch die unsachgemäßen Grabungen Diefenbachs 1934. Hier steht man aber vor erneuten Problemen. Diefenbachs endgültige Abschlusspläne unterscheiden sich gravierend von denen vor Ort gezeichneten Skizzen, so fehlt dort die nur als Abbruchspur vorhandene halbrunde Apsis.
Die im Plan mit „A“ markierte, punktierte Stelle zeigt die halbrunde Ausbruchsspur einer Apsis. . „B“ markiert einen nach Osten laufenden Mauerzug, der als Stütze Orgelempore dient. Wie weit er tatsächlich nach Osten läuft ist über die Pläne und die Beschreibungen nicht zu verifizieren, ebenso ist er Starpinkt nicht bekannt. „C“ stellt eine in nord-süd verlaufende Mauer dar, die Diefenbach fand. Diese Mauer konnte später auch durch die Denkmalpflege bei Einbau eines Kabelschachtes beobachtet werden. Mit „D“ sind zwei Mauerzüge markiert, die nicht beschrieben sind. Ein weiterer Mauerzug, hier kaum erkennbar, befindet sich oberhalb von „A“.
Diefenbach unterlies die Beschreibung einiger Mauerzüge und der Ausbruchspuren, da sie sein Bild eines rechteckigen Saales, den er als Königshalle interpretierte, störten.
Interpretation der Funde durch das IBD Marburg: Bedingt durch Mauer „C“, den Mauerfortsätzen auf „Plan F“ und den Abbruchspuren einer halbrunden Apsis, sieht das IBD die möglichkeit eines gerade geschlossenen Chors mit Nebenräumen, bzw. eine aus den geraden Abschluss leicht hervorragende Apsis.
Das IBD gibt hierzu auch architektonische Vergleichsbeispiele, wie etwa den Dompeter Avolsheim. Die Vergleichsbeispiele haben jedoch, wie auch das IBD bemerkt eine Problem. Sie sztammen aus der Zeit des 5. bis 9. Jahrhunderts. Die erhaltenen Bausubstanz von St. Laurentius Trebur wurde aber, nicht zuletzt durch die Kapitelle des Westbaus, in das 10./11. Jahrhundert datiert. Darauf weist auch die im Querhaus als Spolie vermauerte karolingische Kämpferplatte hin.
Für eine Lösung des Problems gibt es jedoch noch weitere Hinweise. In den erhaltenen Briefen Lichtenbergs zum Umbau der Laurentiuskirche sind des öfteren Vermerke über Aus- und Abbruch der alten Mauern zu lesen. Der akute Geldmangel schlägt sich auch in diesen Dokumenten nieder, so dass des öfteren zu lesen sit das die alten Mauern „in gehöriger Weise und Tiefe“ abgebrochen werden, ohne dabei in Gänze aus dem Boden entfernt zu werden.
Es verwundert daher, dass explizit die halbrunde Apsis vollständig aus dem Boden entfernt wurde, während weitere, daneben liegende Mauern erhalten geblieben sein sollen.
Es stellt dich also die Frage ob die halbrunde Apsis bereits zu einem früheren Zeitpunkt ab- und ausgebrochen wurde. Leider erfolgte durch Diefenbach keine Untersuchung des Verfüllungsmaterials, das Hinweise geben könnte. Eine Möglichkeit bietet jedoch ein Vergleich mit der Salvatorbasilika Frankfurt, der von Wintergerst eine Verwandtschaft mit der Laurentiuskirche zugeschrieben wird. Hier erfolgte, möglicherweise bereits im 10. Jahrhundert ein massiver Umbau, in dem der Kirche ein Westbau und eine neue Apsis hinzugefügt wurde.
Überträgt man diese Vorgänge auf Trebur, wo auch in dieser Zeit ein massiver Um- und Neubau erfolgte, wäre denkbar das der Umbau der Laurentiuskirche nicht nur den Westbau und das Querhaus betraf (sonst wäre der karolingische Kämpfer nicht im Querhaus gelandet) , sondern auch die Apsis betraf. Damit wäre die Apsis ausgebrochen worden um einem neuen Chor Platz zu schaffen.
Wie diese neue Apsis ausgehen haben könnte zeigt eine Zeichnung aus dem Jahr 1735 von Leutnant Karge, die aus großer Distanz, wharscheinlich von der Ludwigshöhe (Darmstadt) angefertigt wurde und eigentlich einen Blick durch das ganze Rheintal zeigt, bei dem nur die Kirchen der Orte, wohl aus militärisch, strategisch Gründen, abgebildet wurde. Von seiner Position aus, konnte Karge nur Querhaus und Apsis, nicht aber Westbau und Langhaus sehen.
Wir blicken auf zwei Giebel. Der linke Gibel kann aus dieser Perspektive nur den Querhausgibel darstellen. der rechte Gibel wäre, stellte er den nördlichen Querhausgibel dar perspektivisch vollkommen falsch. Er zeigt, der Zeichnung entsprechend, nach Osten. und besitzt auf seiner Lanhseite zwei Fenster. An seinem östlichen Ende scheint ebenfalls ein Fenster angedeutet, jedoch viel niedriger, zu dem erscheint darüber ein helle Diagonale, möglicherweise das Dach einer Apsis.
Der Turm, der hier wie ein Vierungsturm erscheint, ist eine optische Täuschung. Er liegt tatsächlich weiter westlich und erschein hier nur als Vierungsturm, da er durch die Perspektive etwa in der Position wie ein Vierungsturm erscheint.
Überträgt man die Angabe die man aus der Zeichnung gewinnen kann auf die Diefenbachschen Grabungspläne, so lässt sich der rechte Gebäudearm als Babtyteriumsjpoch interpretieren, der durch die Mauern D und B, bzw. der nicht sichtbaren Mauer über A bergrenzt wird. Sein Ende wäre etwa an der Stelle der Ostmauer des heutigen Chores zu suchen. Die als Annexe bzw. Pastophorien zu sehenden Räume, die unter Anderem durch „C“ markiert sind, wären wahrscheinlich identisch mit einer vor der Anfertigung der Zeichnung abgerissenen Sakristei.
Einige weitere Möglichkeiten sehe ich allerdings noch, die da währen zum Einen einen geraden Chorabschluss ohne Apsis, dieser währe jedoch zeitlich eher untypisch. Des Weiteren bereiten mir die „inneren“ Mauern „B“ und sein spiegelbildlicher Bruder „D“ einiges an Kopfzerbrechen. Sie liegen recht eng beieinander. Ich kenne sowas von anderen Grundrissen, dort tritt das oftmals bei Aussenkrypten auf…
Und so sie nun der Prototyp des Papiermodells aus. Die Ausdrucke erfolgten in sw, sind aber breits zum Teil texturiert
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