Triangulation II – Maß und Zahl als Lösung?
Bereits im ersten Teil zur Triangulation zitierte ich mehrfach Konrad Hecht. Vereinfacht besagt Hechts These nicht das in der Architektur des Mittelalters das Dreieck das Maß aller Dinge war. Für Hecht ist das Maß als solches bestimmend. Als Baumaß ist der Fuß zu sehen , der im Vielfachen und seinen Teilern verwendet wurde. Bauteile stehen durch Fluchten oder rechten Winkeln zueinander in Verbindung.
Sylvesterkapelle Goldbach als Hechts Schlüssel
Konrad Hecht hatte sich zunächst dem St. Galler Klosterplan zugewandt und die Frage gestellt ob es sich um eine Schema oder Bauplan handele1 veröffentlichte er 1969,1970 und 1971/72 seine wegweisenden 3 Bände „Maß und Zahl in der gotischen Baukunst“. 1977 veröffentlichte er dann mit „Die Sylvesterkapelle zu Goldbach – Ein Schlüssbau für Maß und Zahl in der Baukunst des frühen Mittelalters“ ein Buch in dem seine Theorien nun praktische Anwendung finden.
Bei Betrachtung der recht einfachen Sylvesterkapelle, die nur aus einem Saal, einem eingezogenem Rechteckchor und einer ebenso eingezogenen Vorhalle besteht, bemerkte er das die Fluchten aufeinander aufbauen. Die Flucht der Innenwand des Saals, bildete die Flucht der Außenwand des Chores und der Vorhalle.
Hecht leitete daraus ab, dass beim Bau der Kirche in dieser Linie das Seil gespannt war, das den Baugrund markierte. Im Norden wurde dann für den Saal links des Seil das Fundament ausgehoben, im Chor und der Vorhalle rechts des Seiles. Im Süden entsprechend umgekehrt.
Weiterhin erkannt Hecht einen Zusammenhang zwischen Länge und Breite des Baus. Sieht man sich nur das mit Seilen abgesteckten Rechteck der Kapelle an erkennt man erkennt man ein Raster, dessen größter gemeinsamer Nenner eine Einteilung von 3×3 Felder im Chor, 3×5 im Saal und 3×3 Felder in der Vorhalle bilden.
Innerhalb dieses Rasters, also den Quadraten von insgesamt 11×3 Feldern, dessen einzelnes Quadrat eine Seitenlänge von 2,055m maß, musste sich das verwendete Fußmaß des Baus verstecken. Hecht musste nun also nur das richtige Fußmaß finden und damit die 2,055m großen Felder so teilen damit man ein Fußmaß in normalen Rahmen erhielt. Es wäre anzunehmen das die Quadrate jeweils 6 Fuß groß waren, was bei den idealisierten Maßen der Theorie ein Fußmaß von 34,25 cm ergab, welches sich aber nicht mit bekannten Fußmaßen deckte.
Demnach wären Maß 34,25cm (1Fuß) und Zahl in der Länge 66 und der Breite 18. Daher Hechts Ausdruck „Maß und Zahl“ in seinen Veröffentlichungen. Diese Maße funktionierten auch mit Höhe, Fensterabständen und Größen und Architekturzeichnungen in den Malereien. So sind die Fenster im Chor 6 ½ Fuß von der Ostwand entfernt und die gemalten Kapitelle im bemalten Schiff 5/6 Fuß in der Breite und ¾ Fuß in der Höhe . Oder ganz einfach Ausgedrückt: Mit dem Fußmaß und der entsprechenden Zahl (im Fuß oder Zoll Bereich) ließ sich jede Größe im Bau nachvollziehen.
Nach Abzügen von Toleranzen und einer Gegenprüfung an anderen Bauten, nicht zuletzt Aachen kommt Hecht zum Schluss das es ein universelles Fußmaß gab, welches mit der Währungs- und Maßreform Karls des Großen eingeführt wurde und bei 34,24cm lag.
Wintermantel und die Einhardsbasilika
Dieser Herangehensweise schloss sich auch auch Wintermantel an. Er selbst geht dann für die Einhardsbasilka von einer Konstruktion auf „Maß und Zahl“ aus, wie sie Konrad Hecht vorschlug. Dabei geht er davon aus, das Einhard bei der Konstruktion die selben Fußmaße verwendete, die in Aachen für die Marienkapelle zum Einsatz kamen. Nach ihm 28,54cm, wobei eine Basis von Halb-Fuß Schritten gerechnet wird. Demnach stünde jedes Bauteil für sich, mit exakt gearbeiteten Bemaßungen, etwa der Chor für sich, die Nebenchöre für sich, das Mittelschiff für sich usw. Diese Bauteile vermitteln untereinander über Fluchten. Die Längen bestehen aus ganzzahligem Fuß, meist in Fünfer Schritten. Gemessen wir in aller Regel an der Innenseite des Bauteils.
Das nun die Mauern aber nicht 2 ½ Fuß Mauerstärke besitzen, führt Wintermantel darauf zurück, dass bei Mauern grundsätzlich der drusianische Fuß mit 33,3cm verwendet wurde wie etwa von Leo Hugot für Inda /Kornelienmünster gemessen hatte. Er vergleicht es u.A. mit modernen Rohren die in einer Länge mit Metern aber mit Durchmessern in Zoll verkauft werden.
Das Ganze soll quasi im Kopf entstanden sein, ohne echte Vorzeichnung, und wurde dann auf dem Baugrund mit Seilen abgesteckt. Möglicherweise führte man aber dann aber noch jemand zur Erklärung doch eine Skizze, optisch ähnlich dem St. Galler Klosterplan auf einem Brett oder einer Wachstafel aus.
Die Fehlerquellen bei der Ermittlung des Maßes
Hauptproblem bei der Ermittlung der Maße sind gewisse Toleranzen. Zunächst einmal wissen wir nicht genau, wo das Ursprungsmaß ansetzte. Innerhalb oder Außerhalb einer Mauer. Weiteres Problem sind etwa Putze die auf der mauer aufgetragen wurden und somit die Stärke verfälschen. Hinzu kommt der „übliche Pfusch am Bau“. Abgesteckte Seile könnten durchhängen, Pflöcke umkippen oder durch starken Regen ausgeschwemmt worden sein. Die verwendeten Messlatten der Handwerker könnten Fehler haben usw.
Die Einschränkung
Die ganze Theorie von „Maß und Zahl“ steht und fällt jedoch mit dem entsprechenden Maß, also dem verwendeten Fuß.
Hecht stellte anhand der Silvesterkapelle in Goldbach ein Fußmaß von 34,24cm fest, konkretisierte dies dann aber für Aachen mit 34,23 cm, den er auch auf die Aachener Marienkapelle übertrug und der zumindest rechnerisch passte. Zuvor hatte, in der Hauptsache von Leo Hugot bestimmt, das Maß von 33,3, der drusianische Fuß als das Maß aller Dinge gegolten, bzw. 1974 kam Kreusch mit einem drusianischen Fuß von 33,28cm für die Pfalzkapelle, einem langobardischen Fuß von 28,64cm für das Atrium und einem kapitolinischen Fuß von 29,56cm für die Aula.
Googelt man nun nach dem „karolingischen Fuß“, findet man immer wieder die 32,24cm , die auch dem Pariser Königsfuß von 32,48 nahe stehen, den Ulrike Heckner 2012 vortsellte. Als Quelle dienten digitale Vermessungen2 , wobei im Grunde die selbe Messung wie Hecht verwendtet wird, nur das jetzt die Außen, statt die Innen gemessen wurde. Um das Chaos in dem Maß perfekt zu machen, kommt dann ein Wintermantel mit 28,54cm für den Fuß um die Ecke, der irgendwie auch wieder passt.
Ich muss anmerken, dass das keine Kritik an den Arbeiten der entsprechenden Fachleute ist. Zum Teil liegt da sehr viel Mathematik hinter, zum anderen gibt es haufenweise mögliche Fehlerquellen bzw. Variablen wie etwa messe ich Innen, Aussen, in der Mauermitte, habe ich Verputz oder Platten an der Wand und ähnliches.
Hecht sagt Fuß in Aachen wäre 34,24 ind mit leichten Differenzen so in allen karolingischen Bauten der Zeit Karls des Großen anzutreffen, was an der Reform des karolingischen Maßsystems liege
Tatsächlich hört sich das für mich zumindest logischer oder sinnvoller an als halb-esoterische Leylines durch die Kirche zu ziehen. Ein Problem bleibt aber gleich. Welches Maß nehmen? Inda, Aachen und Steinbach mögen wie Wintermantel zeigt mit dem Fuß zu 28,54cm funktionieren und begründen kann man dies ja auch bei der Nähe Einhards zum Hof und seiner Funktion als „Chef Konstrukteur“ Karls des Großen. Wie aber siehts aus wenn ich den Aachener Hof und das räumliche und zeitliche Umfeld Karls verlasse?
Ich habe ganz zufällig nochmal, zumindest in Teilen, die Laurentiuskirche in Trebur mit einem Laserentfernungsmesser vermessen und werde mal in naher zukunft anschauen was dabei rauskommt.
Konrad Hecht, Der St. Galler Klosterplan – Schema oder Bauplan ↩
Quelle: z. B. https://www.welt.de/regionales/koeln/article106608762/Das-Raetsel-um-den-Bau-des-Aachener-Doms.html ↩
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…