Die letzte große karolingische Synode 895
Während Westfranken mehrere Synoden in Quierzy abhielt, waren im Gebiet des (späteren) Ostfrankenreiches seit den Synoden von Aachen (816-819) und dem Konzil von Ingelheim (840) keine großen Kirchenversammlungen mehr. Doch unter dem Vorsitz von Hatto I. von Mainz wird für 895 eine Synode einberufen, bei der auch der König anwesend ist.
Warum ist der König dabei?
Aber warum war der König bei einer Bischofsversammlung überhaupt von Nöten? Hätten sich die Bischöfe nicht nur unter sich beratschlagen können?
Um diese Frage zu beantworten muss man sich die verhandelten Themen anschauen.Es gab drei Typen von Themen, die behandelt wurden:
1.Beschlüsse rein kirchlicher Natur
Etwa die Bestätigung das in der Kirche Wein mit Wasser gemischt werden muss, oder es Laien verboten ist sich in Kirchen beisetzen zu lassen
2. Beschlüsse kirchlicher und weltlicher Natur gemeinsam
Hierzu zählen Fragen wir etwa ob ein Franke, der sich in die Hörigkeit eines anderen Franken begibt begibt, also unfrei wird, automatisch geschieden wird. Dies war vom Kläger angestrebt worden. (Antwort: Er bleibt Verheiratet, die Frau bleibt frei!)
3. Beschlüsse weltlicher Natur
Dies betrifft rechtliche Fragen zu verbrechen an Klerikern. Etwa zu dem Problem eines geblendeten Priesters, dessen Täter bekannt war und vor eine bischöfliche Synode geladen wurde. Jedoch war er einfach nicht gekommen und der Bischof hatte nun keine weitere Handhabe. (Cap2)
Bei Punkt 2 und mehr noch Punkt 3, war die Anwesenheit einer Person mit Befugnissen des Halsgerichts von Nöten. Sicherlich hätte man einen Königsboten (missus) mit entsprechender Befugnis senden können. Doch wenn die höchsten Bischöfe des Reiches zusammentreffen, geleitet vom Erzkanzler des Reiches Hatto, schickt man keinen Boten!
Die Überlieferungen
Überliefert ist uns die Synode in 3 Fassungen, der längsten Vulgata-Fassung mit langer Vorrede, 58 Canones mit Einleitungen aus dem Kirchenrecht und der Liste von 22 Bischöfen. Der Versio Diessensis/Coloniensis, die nur in rekonstruierter Fassung erhalten ist und wahrscheinlich 31 Canones, wobei den jedem Kapitel eine Vorrede voran gestellt ist und enthält eine Liste von 26 Bischöfen. Zudem wird Hatto von Mainz als Leiter der Synoder hervorgehoben, wobei dies ein späterer Nachtrag ist. Und schließlich die Catalaunensis mit kurzer, nachträglich eingefügten Vorrede und 35 protokollartigen Canones. Sie diente auch Regino von Prüm, für seine Bearbeitung 905.
Bearbeitet wurde die Frage welches die älteste Fassung ist zunächst von Victor Krause1. Dieser ging davon aus das die Vulgata die älteste Fassung sei und die beiden anderen Versionen jeweils Zusammenfassungen der der Vulgata seien, wobei die Versio Diessensis/Coloniensis die jüngste sei.
Erst in den 1990er Jahren, bei einer Neubearbeitung durch die Monumenta Germaniae Historica, erkannte man, dass Krause falsch lag. Tatsächlich war die zeitliche Abfolge genau umgedreht. Die Vulgata war die jüngste Version.
Ein Grund für diese Erkenntnis war unter anderem ein eine vermerkte Anekdote die Auslöser für ein Beschluss gewesen sein soll: Ein Mann verlangte die Scheidung von seiner Frau, da die Ehe nicht nach fränkischem Ritus geschlossen worden war, sondern nach dem Ritus des Volksstammes aus dem die Frau stammte.
Nach der Versio Diessensin/Coloniensis und der Catalaunensis war die Frau Sächsin. Die Vulgata jedoch bezeichnete sie als bairisch.
Unter anderem deswegen nimmt man an, die Vulgata war tatsächlich eine Bearbeitung aus dem Umfeld des anwesenden Freisinger Bischofs, der die Beschlüsse in die Lebenswelt Baierns übertragen wollte. Auch ist die Version in einer Freisinger Sammelhandschrift überliefert.
Wenn wir hier aber von ältester und jüngster Version sprechen, sind keine Jahrzehnte oder Jahrhunderte zwischen den Versionen. Es dreht sich eher um einen Zeitraum von etwa einem Jahr, in der alle Versionen entstanden. Die Catalunensis hatte dabei einen Protokollcharakter, wurde vor Ort mitgeschrieben woraus dann lokale, ausführliche Exemplare erarbeitet wurden.
Warum in Trebur?
Als Grund für Trebur als Austragungsort der Synode gibt es wahrscheinlich mehrere Gründe. Das die Pfalz Tribur in der Lage war eine größere Gruppe von Personen versorgen und beherbergen konnte hatte sie schon zuvor mehrfach gezeigt: Militärischer Sammelort unter Ludwig dem Frommen, Reichsversammlungen 871, 874 und 887, Ort für Beratungen 875 und nun eine Synode mit Reichsversammlung.
Da Hatto I. die Leitung der Synode hatte, wäre auch Mainz als Austragungsort denkbar gewesen, aber da die Themenwahl der Synode die Anwesenheit des Königs erforderte, veränderte diesen Aspekt. Hinzu kommt das sich Arnulf von Kärnten der Kirche zugewandt hatte und im gleichen Maße Abstand zum Adel nahm. So tauchen seit 893 in Arnulfs Urkunden keine Grafen mehr auf. Es erscheint daher logisch, dass König die Synode auf einem Krongut abhalten lies.
Rein theoretisch wäre auch Frankfurt als Austragungsort möglich, liegt aber doppelt so weit entfernt von Mainz.
Ingelheim dagegen liegt etwa gleich weit entfernt wie Trebur von Mainz, hatte aber in der Zeit von Ludwig dem Deutschen bis Arnulf von Kärnten (inkl. Arnulf) nur 5 Aufenthalte, 2 Tribur aber 13. Vielleicht war die Rezeption der Pfalz Karls des Großen eine andere, vielleicht aber auch die wesentlich älteren Gebäude einfach nicht in gutem Zustand.
Die Gebäude
Die Synode von 895 ist aber noch aus einem anderen Grund interessant für Tribur. Es ist das erste Mal und auch eines der wenigen Male, in denen direkt Gebäude erwähnt werden. So wird erstmals eine Kirche erwähnt, als der Ort an dem sich die Kleriker für die Synode versammeln.
Als Gegenstück zur Kirche wird aber auch ein palatium erwähnt, in dem sich während der Synode Arnulf, umgeben von den weltlichen Großen, auf einem Thron in vollem Ornat aufhält. Ob es einen fest installierten Thron, ähnlich dem Karlsthron aus Aachen oder dem Mainzer Fragment gab, wird natürlich nicht beschrieben. Es könnte genauso gut, oder sogar wahrscheinlicher, ein Reisethron gewesen sein.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…