Heimatforscher – ein Wort das ich nicht mag
Ich mag das Wort Heimatforscher nicht.Für mich hat das Wort einen Geschmack nach Rentner mit Schlapphut, der auf einem Dachboden die 48te Singer Nähmaschine entstaubt. (Sorry an alle Heimatforscher die genau das machen)
Aber ich habe allein schon ein Problem mit der Definition von Heimat. Also ich befasse mich mit Trebur im weitesten und der Pfalz Trebur/Tribur im Speziellen. Ich wohne in der Großgemeinde Trebur, speziell aber in Trebur Geinsheim, das im Zuge der Hessischen Gebietsreform in den 70ern eingemeindet wurde. Eine „Feindschaft“ zwischen den Ortsteilen gab es schon länger, wer in den 50ern aus Geinsheim nach Trebur ins Kino ging riskierte es „eine aufs Maul“ zu bekommen. Heute läuft die „Feindschaft“ in geregelten Bahnen innerhalb der Kerb in Trebur oder Geinsheim ab, in dem man sich gegenseitig auf den Arm nimmt. Ich musste mir aber schon hier und da mal anhören was mir als „Geusemer“ einfalle mich mit den „Trewwerern“ zu befassen. Euch sei getrost gesagt, das ich auch irgendwann mal was über den Rechtstreit schreiben werde, den Embricho von Heppenheft im Hochmittelalter um Geinsheim führte. Aber zurück. Bei meinen Eltern schaut die Sache schon wieder ganz anders aus, meine Mutter kommt aus Nauheim, noch ein Ort weiter. Mein Vater kommt aus dem Sudetenland ( ca. 650km, genau nach Osten) kam nach dem Krieg erst an den Kornsand, dann nach Geinsheim. Meine Freundin bezeichnete als Heimat mal Sachsen, Brandenburg und Nord-Hessen als Heimat. Also Heimat ist wohl schwer zu definieren.
Vielleicht ist es ja diese gewisse Heimatlosigkeit, die jemanden fordert sich mehr mit seiner Umgebung auseinander zu setzen.
Ich, für meinen Teil, intressiere mich einfach für das Mittelalter, dem Weg dorthin und dem Weg davon weg, und Trebur hats halt einfach getroffen, weil da eine Pfalz war und das noch weitesgehendes wissenschaftliches Neuland ist und sich niemand umfassend damit befasst hat! Sich mit dem Thema zu befassen, bedeutet aber nicht nur Stur auf die „Heimat“ zu blicken. Geht garnicht! Ist ja fast nix!
Per Definition bin ich aber ein Heimatforscher, ich würde aber den Ausdruck „Hobby-Historiker“ bevorzugen (Freier Historiker klingt so nach Freier Riterschaft XYZ 😉 ), wobei das nun auch mal wieder problematisch ist. Historiker ist keine eingetragene Berufsbezeichnung! Ich dürfte mich also Historiker nennen, finde das aber eine Anmaßung gegenüber den Leuten das wirklich studiert haben. Vielleicht mal in Zukunft falls ich mal richtig was Publizieren sollte….
Aber Heimatforscher – Nein, danke!
>>Ich mag das Wort Heimatforscher nicht.Für mich hat das Wort einen Geschmack nach Rentner mit Schlapphut, der auf einem Dachboden die 48te Singer Nähmaschine entstaubt. <<
Glaubst Du, die haben erst im Renternalter angefangen? Warte einfach ein paar Jahre und besorge Dir schon mal eine 48er Nähmaschine 🙂 – Heimatforscher ist ziemlich genau das, was Du machst, ob's Dir nun gefällt, oder nicht.
Hab ja nie bestritten das ich das tue und um Nähmaschinen mache ich einen großen Bogen. Ich bewundere auch Eugen Schenkel, der mit Schlapphut über die Felder zieht und jeden Feuersteinabschlag mit Vornamen kennt.
Mir wäre nurein etwas weniger spießiger Begriff lieb. Wie wärs mit freelance local area historical researcher, frei nach facility manager für Hausmeister. 😉
Hallo Markus,
ich kann mich Dir nur anschließen, obwohl ich schon beinahe in dem besagten Alter bin. Aber letztendlich ist tatsächlich die Betonung auf Heimat ein Aspekt, der dem Treiben der Laien-Historiker (an welchem Ort auch immer) in der Regel nicht gerecht wird. Ja, es gibt Heimatforscher und das ist auch gut so. Und es gibt Menschen, die sich intensiv mit der Geschichte der Region in der sie leben auseinandersetzen und dabei merken, wie sehr „Orts- und Regionalgeschichte“ auch immer in die -historisch gesehen- Weltgeschichte eingebunden war und ohne diese gar nicht wirklich zu verstehen ist. Dabei, um das Beispiel noch einmal aufzugreifen, sind gerade die besagten Nähmaschinen (die sind ja heimatforscherische Realität)das beste Beispiel dafür, wie oft die Ergebnisse der „Heimatforschung“ ohne die besagte „Weltsicht“ austauschbar sind. Viele Heimatmuseen können nur Heimatforscher lieben (wie gesagt, ich meine das überhaupt nicht abwertend) und sind vor allem wegen der Austauschbarkeit für externe Laien-Historiker nicht immer besonders attraktiv. Die Einzigartigkeit eines Ortes oder einer Region ergibt sich nicht durch die „Heimatbrille“, sondern durch den überregionalen Bezugsrahmen. Und da sind wir eben nicht mehr bei Heimat, sondern bei Geschichte. Aber trotz allem habe auch ich neben meinen historischen und archäologischen Ambitionen ein eigenes „Heimatmagazin“. wer Lust hat, kann ja mal reinschauen http://werra-meissner-magazin.blogspot.com
Naja, der Begriff „Heimat“ hat eben leider auch so einen politischen Unterton… außerdem waren – auch davon abgesehen – gerade die ersten, richtigen „Heimatforscher“ im 19. Jhd. hauptsächlich davon angetrieben, frei jeglicher Objektivität darzustellen, wie supi doch die Heimat schon immer war. Gerade die kritische Auseinandersetzung kam da immer ein bisschen zu kurz.
Dass die räumliche Nähe (und nicht so sehr die eigene persönliche Familiengeschichte) Hauptgrund für die Beschäftigung mit diesem Thema ist, ist denke ich zweifelsfrei. Ginge es nach meiner persönlichen Familiengeschichte müsste mein Interesse deutlich globaler … oder wenigstens europäischer sein…
„Hobby-Historiker“ finde ich klingt dagegen ein wenig abwertend, wie wär’s denn mit „Laien-Historiker“?
Ich seh schon, das ich die Tage noch mal was schreiben muss 😉