Schildbau Erfahrungen Teil 2
Mein Schildrohling hat nun seine Frontbespannung aus sechs zusammengenähten Ledersegmenten erhalten. Ganz so wie man es aus den illuminierten Handschriften, aber zum Beispiel auch vom Reiterstein von Hornhausen kennt.
Zu letzterem habe ich interessanterweise nur recht wenig auf Bezug des abgebildeten Schildes gefunden. Der Reiter auf dem Stein , der mittlerweile wieder als Teil eines Grabes, einer Steinkiste für Leichenbrand, gedeutet wird, trägt ebenfalls die bekannten Wirbel auf dem Schild. Hier aber wird es primäre mit den nordischen Runensteinabbildungen und deren Wirbeldarstellungen in Verbindung gebracht und damit als eine Form des Sonnensymbols gedeutet.
Bevor ich die Bespannung aufgezogen habe, hatte ich aber schon die Löcher gebohrt, die später die Nieten für die äußeren Punkte der Griffangel aufnehmen, bzw. führen werden. Grund war, dass ich einen Anhaltspunkt haben wollte, wie die Segmente aufliegen. Schließlich sollte der Niet genau mittig in dem Segment liegen. Und ohne eine Markierung, in meinem Fall eine kleinere Bohrung , wäre das schwierig gewesen. (Loch im Leder ist auf der rechten Seite des Bildes gut erkennbar) Geklebt wurde mit Kaseinleim. Sehr interessantes Zeug. Weiß, sämig, glibberig…
Zuerst dachte ich, das Zeug zieht nicht an, aber mittlerweile hält es Bombe und hat auch noch mal nachgezogen. Also wo sich etwas dickere Klebstoffansammlungen gebildete hatte, hat sich alles glatt gezogen. Die Planken darunter zeichnen sich leicht durch das Leder ab.
Nun ergeben sich aber weitere Gedanken. Wenn ich die restlichen Nieten als Dreiergruppen befestige, mache ich das bevor, oder nachdem ich den Lederbezug auf der Innenseite des Schildes angebracht habe? Wenn ich die Nieten/Nägel vorher platziere, sieht man die umgeschlagenen Nägel hinterher nicht mehr. Sieht vielleicht schöner aus und auf den wenigen erkennbaren Rückseiten ist in dieser Hinsicht auch nichts zu erkennen.
Oder es handelt sich vielleicht doch nur um kurze Stifte, also etwa vergleichbar mit einem Reißzwecken?
Die Thegns of Mercia hatten sich bei ihrem “Princly Shield” mit dem Problem ein wenig beschäftig. ( https://www.thegns.org/blog/princely-shields-part-2 ) Aus dem angelsächsischen Fundgut gibt es entsprechende Zierscheiben von Schilden, die ca. 2-4cm Durchmesser haben. Problem ist das da keine Stifte/Nägel mehr dran sind. Die Thegns stellen die Frage ob hier kleine Nägel mittels Hartlöten angebracht waren. Im Grunde wären es dann tatsächlich nichts anderes wie Polsternägel!
Die nächste Frage, die auch damit zusammenhängt, ist die Frage der Anbringung von Ringen für einen Trageriemen. In Birka befanden sich Ringe, die wohl zur Befestigung von Trageriemen dienten, in aller Regel entlang der hölzernen Griffangeln. Eine Außnahme bildet Grab 736, bei dem sich der Punkt wenige cm neben der Angel liegt (Der Gegenpunkt fehlt jedoch), und Grab 727, bei dem die Linie zwischen den Punkten genau der Griffangel gegenüber um 90 Grad gedreht ist. Ich denke daher darüber nach, Ringe für die Anbringung eines Riemens an den äußeren Punkten der Griffangel zu befestigen.
Bei Trageriemen wären wir auch schon beim nächsten Punkt, der mir durch den Kopf geistert. Denn kauft man sowas von der Stange, z.B. hier Guige : Norman shield leather shoulder strap system (marchand-medieval.com) , mit exakten den Ringkrampen wie aus Birka übrigens , hat man immer eine Schließe dabei. Wie ein Gürtel. Bequem, kann man sich doch den Riemen so einstellen, wie mans haben möchte oder braucht. Problem dabei ist: Es gibt keinen Fund von Schließen, die einem Schild zugeordnet werden.
Man könnte sagen , “Na dann waren sie aus organischem Material, etwa Bein”. Das Problem ist, bei den ganzen Funden aus Birka hätte sich vielleicht ein Knochenfragmente einer beinernen Schließe erhalten müssen. Und von einer Tradition, Schließen für Trageriemen für Schilde in ganz Europa aus Knochen zu schnitzen, hat auch noch nie jemand gehört.
Es ist daher wahrscheinlicher, dass die Riemen entweder nicht verstellbar waren und eine fixe Größe besaßen, oder aber sie wurden mit einem Bindeknoten oder Ähnlichem geschlossen, was wohl am wahrscheinlichsten ist. Eine Schließe hätte vielleicht auch zu Problemen geführt. Der Dorn einer Schnalle hätte sich beispielsweise in einem Ring eines Kettenhemds verfangen können.
Apropos Riemen, da war ja noch der Schildrand. Nach Warming kann der “nur” verklebt, zusätzlich angenäht, oder nur teilvernäht sein. Letzteres wurde bei der Rekonstruktion des Schildes für Trelleborg gemacht. Bei diesem sind nur zwei Stellen des Randes vernäht.
Mein faules Ego sagt nun: “Ach, verklebt doch einfach, dann hast du die Näherei gespart”. Mein Pflichtbewusstsein sieht aber bei einigen Abbildungen eine Art “Doppelrand” oder Wulst am Schildrand, die nach meinem Dafürhalten für eine Naht spricht. Also werde ich es wohl doch auch vernähen.
Womit wir dann bei den Schildrandbeschlägen wären. Da der Umfang des Schildes ca. 270cm beträgt brauchte ich mehrer 5cm breite Rindsleder Riemen, die hier auch schon liegen. Die Übergänge der Riementeile für den Schildrand möchte ich mit den Schildklemmen überdecken. Das hat rein optische Gründe.
Im Vorfeld hatte ich mir alle abgebildeten Beschläge angesehen und umgezeichnet. Mehrfach sieht man dabei eine Art Rautenmuster. Ähnliches findet man auch beim Schild aus Grab 8 von Valsgärde (Abbildung auf Reddit: https://www.reddit.com/r/ArmsandArmor/comments/jw3gz8/shield_from_valsg%C3%A4rde_boat_grave_8_sweden_7th/ ). Problem dabei ist das dieses Rautenmuster nicht Teil des eigentlichen Schildrandbeschlages ist, sondern einen separater Beschlag darstellt, der nur im Bereich des Randes aufgenagelt ist.
Letztendlich habe ich mich aber entschieden einen einfachen Schildrandbeschlag, ähnlich denen aus Birka, zu verwenden. Ein solcher ist im Goldenen Psalter von St. Emmeram zu erkennen. Der Grund dafür waren weniger die Beschläge aus Valsgärde, als viel mehr die Überlegung, dass die offenen Enden der Rautenform scharfkantig sein könnte und man muss sich daran nicht unbedingt die Klamotten oder die Haut aufreißen, geschweige denn das dies jemand anderem passieren soll.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…