Der Zug gegen die Nordmänner 891
Eine der Ersten militärischen Aktionen die Arnulf von Kärnten als neuer Ostfränkischer König unternimmt ist, 891 ein Zug gegen das “Große Heer”, also vergleichbar mit der in England als “Heathen Army” bezeichnete Armee der Wikinger. Auch hier ist nicht viel an Quellen zum Militär zu holen, aber dennoch gibt es einige wenige Informationen.
Die Fuldaer Annalen geben als Grund für den Feldzug einen zuvor erfolgten Angriff der Nordmänner auf Westfranken an , worauf die Westfranken mit der Entsendung einer Armee regieren. An dem Angriff nimmt auch der Mainzer Erzbischof Sunderold teil. Er wurde bei der Schlacht am Fluss Göhl am 26. Juni mit einem weiteren, namenlosen Heerführer, Regino von Prümm nennt einen Grafen Arnulf, erschlagen.
Die Schlacht am Göhl
Regino von Prümm ergänzt zudem das die Nordmänner von 2 aufeinanderfolgenden Schlachten in Britannien geschwächt waren, und deshalb nach Franken gekommen waren. Auch über das Geschehen der Schlacht der Westfranken, die den Mainzer Erzbischof das Leben kostete, weiß er mehr zu berichten, nennt aber Arnulf und nicht die Westfranken als Initiatoren des Feldzuges.
Demnach hatte ein fränkisches Heer an der Maas sein Lager aufgeschlagen, um den Nordmännern bei Utrecht den Flussübergang zu verwehren. Die Normannen überqueren die Maas allerdings bei Lüttich und ziehen durch die zu Aachen gehörigen Lothringer Wälder wobei sie Waagen und Karren mit Versorgung für das Westfränkische Heer erbeuten.
Am Johannistag (24.Juni) ist das Westfränkische Heer bei Utrecht komplett versammelt und zeigt sich verwundert über die Handlungen der Nordmänner, da man nicht weiß was diese als nächstes planen. Am nächsten Tag zieht das Herr nun bereits voll gerüstet nach Süden, den Nordmännern entgegen, stoppen aber am 26. Juni am Flüsschen Göhl, nördlich von Maastricht.
Dort plant man, dass die Heerführer jeweils 12 von ihren Leuten zu einer Schaar vereinigen, die dann die Nordmänner suchen sollen. Just als man noch darüber in der Planung ist, tauchen die Späher der Nordmänner auf. Planlos, ohne die endgültigen Befehle abwartend setzt die Schaar den Späher nach und trifft in einem Dorf auf die Fußtruppen der Nordmänner, die die planlos agierenden Franken zurückdrängen und zum Rückzug zwingen.
Nun greifen die Nordmänner ihrerseits an und erhalten schnell Verstärkung durch ihre Reiter. Die Franken können sich nicht verteidigen und fliehen, wobei eben der Mainzer Erzbischof, Graf Arnulf und weitere Adelige sterben.
Nachdem die Armee der Nordmänner Lothringen verwüstet und das westfränkische Heer geschlagen hat, kehrt man zu den Schiffen zurück und errichtet an der Dijle bei Löwen ein Lager mit Verhau, Wall und Graben.
Der Aufmarsch Arnulfs
Arnulf macht sich zunächst mit einem Heer aus Franken und, wie die Annalen sie nennen “nutzlosen” Alamannen auf den Weg, doch es scheint eine Krankheit unter den Alamannen ausgebrochen zu sein, so dass diese wieder Umkehren. Die Fuldaer Annalen nennt es einen Vorwand. Regino von Prüm erwähnt die Alemannen nicht.
Arnulfs Truppen überqueren die Dijle und machen sich bereit für den Kampf. Doch das Gelände, mit dem Ufer auf einer Seite und Sumpf auf der Anderen, verhindert ihre normale Kampftaktik, die auf einem Angriff zu Pferde basiert. Arnulf zögerte wie er handeln sollte, denn der Angriff war den Franken nach den Annalen ungewohnt. Regino berichtet zudem davon, dass die fränkischen Truppen von den Nordmännern verspottet wurden.
Nach einer Weile hielt er aber laut Annalen eine Rede an seine Truppen, sozusagen seine Version der St.-Crispins-Tag-Rede :
“Männer, die ihr an Gott glaubt und mit Gottes Gnade dieses Land beschützt, ihr ward unbesiegbar, schöpft daraus Kraft, wenn ihr Euch daran erinnert , wie sie aufs heidnischste wüten, wenn ihr das Blut eurer Eltern rächen wollt, wenn ihr an die zerstörten Tempel des Herrn in Eurem Land seht, und selbst wie sie die höchsten Diener des Herrn niedergeworfen haben.
Nun, Soldaten, handelt! Ihr habt die Verbrecher vor Augen, folgt mir nach, so wie ich vom Pferd steige und das Banner vorweg trage; Nicht auf Grund der Beleidigungen, sondern im Namen Gottes des Allmächtigen greifen wir die Feinde an!
Die Truppen sind hoch motiviert, doch bitten sie den König, Reiterei als Rückendeckung zurückzulassen.
Der Kampf beginnt
Unter Schlachtrufen stürmt nun das fränkische Heer auf die Stellungen der Nordmänner zu, die wiederum nach “Sitte der Heiden” mit ihren Kampfschreien antworten, während man ihre Feldzeichen durchs Lager bewegen sieht. Mit gezogenen Schwertern stürmten die Gegner aufeinander los. Die Annales betonen, dass unter den Feinden die Dänen die mutigsten der Nordmänner waren und diese noch nie zuvor besiegt werden konnten, wenn sie denn eine Befestigung besaßen. Doch die Franken erringen die Oberhand, so dass die Nordmänner die Flucht antreten wollen, doch nun wird ihnen der Fluss, der zuvor ihr Schutz war, zum Verhängnis, da er ihnen den Fluchtweg versperrt.
Die Fuldaer Annalen berichten von einem Chaos, da immer mehr Nordmänner ins Wasser springen, oder hineingedrängt werden, sich aneinander krallen und versinken. Es wird von so vielen Toten berichtet, dass sich der Fluss aufstaute und wie trocken erschien. Bei der Schlacht wurden die gegnerischen Führer Siegfried und Godfrid getötet. (Gotfrid ist nicht identisch mit Godfrid der unter Karl III den christlichen Glauben annahmen und die Tochter Lothars II heiratete, er war schon 885 ermordet worden, wer dieser Sigifred war ist nicht bekannt) Die Franken sollen nur einen Toten zu beklagen gehabt haben.
Arnulfs Heer erbeutet 16 Banner der Nordmänner, die er nach Bayern schicken lies, wahrscheinlich nach Regensburg, wo am 1. November Gedenkgottesdienste wegen des Sieges gehalten werden sollen.
Kleines Fazit
Die Kampftaktik der Franken in den 890ern scheint in der Hauptsache auf ihre (schwere) Reiterei zu setzten. Problem an den Quellen ist, natürlich neben einer gewissen generellen Unverlässlichkeit, dass der (Hoch-)Adel ihr Fokus ist. Das bedeutet normale Fußtruppen, sei es aus dem Gefolge des Adels oder einzelstehend werden in den Quellen erst gar nicht erwähnt. Aber selbst als Vorhut oder Späher setzten die Franken auf Reiterei. Auch dient sie der Rückendeckung.
Da ich ja zur Zeit noch im Schildbaustecke (Wo bleibt denn bitte das Leder liebe Post?), scheint mir dies auch ein Hinweis darauf das die gewölbten Schilde die wir immer sehen, wohl zu jenem berittenen Hochadel gehören und somit als Reiterschilde anzusprechen wären. Die Bildquellen werden sich in ihrer Motivwahl nicht sonderlich von den Textquellen unterscheiden, zumal es sich ja oftmals um Evangeliare und Psalter aus dem Umfeld des Königs, speziell Karls des Kahlen, gehören
Für mich interessant ist auch die Erwähnung des Mainzer Erzbischofs, der mit den Westfranken ins Feld zieht, obwohl er doch Ostfranke ist. Die Verbindungen zwischen Ost und West waren noch recht stark, zumal der in Westfranken (Frankreich) regierende Odo, ein Nicht-Karolinger aus dem Geschlecht der Robertiner (Die Vorfahren waren Gaugrafen im Wormsgau und Oberrheingau, sowie Gründer des Klosters Lorsch), der zur Anerkennung seiner Macht den Schulterschluss mit Arnulf suchte. Odo war am 13.11.888 in Reims mit einer Krone gekrönt worden, die ihm Arnulf gesandt hatte.
Nur als Idee: vielleicht bestand das westfränkische Heer in erster Linie aus altfränkisch sprechenden Bewohnern des heutigen westlichen Flandern und Pas-de-Calais. Die könnten sich aufgrund der gemeinsamen Sprache auch nach der Reichsteilung von Ribemont den Ostfranken zugehörig gefühlt haben und umgekehrt.
Als gebürtiger Hunsrücker (= Moselfranke) gefällt mir übrigens die Stelle mit den “nutzlosen” Alamannen am Besten 😀