Streit in Tribur wegen eines Hofnarren
Bei der Aufarbeitung der salischen Regesten für mein Buch/Heft Projekt stieß ich auf eine kleine Anmerkung in der Regesta Imperii, die mein Interesse weckte.
Ich plane zu den Urkunden bzw. den Besuchen in Trebur immer Hintergrundinformationen zu liefern: Was geschah dort, was war die allgemeine Situation, wie hatte sich die Welt, das königliche Umfeld seit dem letzten Besuch verändert usw.
Und diese kleine Randnotiz war dazu wirklich prädestiniert.
Es ist der Januar des Jahres 1064, grob umrissen vom 13. bis 17. Januar. Heinrich IV. ist im November gerade einmal 13 Jahre alt geworden und scheint sich wie ein “Puber-Tier” zu verhalten. Nach langer Abwesenheit hält sich nun auch erstmals seine Mutter Agnes wieder am Hof auf.
Scheinbar nicht direkt anwesend, aber über Boten über das Geschehen in Tribur informiert, sind der Bamberger Dekan Popo und der Domscholastiker Meinhard. Der Bamberger Bischof Gunter hatte die Beiden in diplomatischer Mission nach Tribur gesandt, doch erfüllen können sie diese nicht. Sie sollten über einen Güterstreit zwischen Gunter und Bischof Anno von Köln, einem der Erzieher Heinrichs IV, verhandeln. Anno war jedoch nicht anwesend. Meinhard und Anno schreiben daraufhin ihrem Bischof einen Brief und dieser ist, wie einige Andere von Meinhard, erhalten.
Meinhard erläutert zunächst dass sie von Bruder Mimannus (vielleicht auch Herimannus, das Original ist wohl an dieser Stelle schlecht zu lesen) erfahren hatten das Anno nicht nach Tribur kam, zudem war die „unangenehme Mutter des Königs” wieder am Hof, Meinhard nennt sie Furie, wie er eigentlich allgemein wenig von ihr hält, und erklärt man habe nicht noch Öl ins Feuer gießen wollen und hielt sich deshalb zurück, denn Bischof Gunter befindet sich in einer Dauerfeindschaft mit Agnes. Es ist auch das erste Mal, dass Agnes nach ihrem Rückzug von der Regentschaft 1061 wieder am Hof erscheint, was vielleicht noch einmal an anderer Stelle von Interesse sein könnte.
Er gibt seinem Bischof aber auch zu verstehen, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn er selbst nach Tribur gekommen wäre, um persönlich mit Anno zu verhandeln. (“ Aber beide Erzbischöfe leiden an einem ungerechten Geist, weil Sie nicht nach Tribur gekommen sind.”)
Meinhard und Popo fassen daher den Entschluss, dass Gunter einen tüchtigen Legaten im Februar nach Augsburg schicken soll, wo der Hof plant sich im Februar aufzuhalten. Und dieser soll noch etwas, bzw. jemanden mitbringen:
Es scheint daher notwendig, einen tüchtigen Legaten, sorgfältig mit ihren Anweisungen ausgestattet, nach Augsburg zu senden , der ohne Zweifel Askericus (Askerich), Euer Vergnügen (Hofnarr), die Monstrosität der Natur , zum König bringen wird. Denn A. berichtete, er (Heinrich IV) habe sich nicht kindlich verhalten, sondern sei von Herzen sichtlich empört gewesen, dass er ihn, entgegen Eures Versprechens, noch nicht erhalten habe.
(O mores, oh tempora!) Was für Sitten, was für Zeiten! (Redensart zum Verfall der Sitten von Cicero) Solch ein König, solch ein Bischof streiten sich in diesen Zeiten um eine Mißgeburt!”…
Claudia Zey übersetzt es nicht ganz so direkt wie ich, wenn sie schreibt: “»daß er nicht knabenhaft, sondern geradezu königlich gegrollt habe«, weil er einen ihm längst versprochenen Hofnarren namens Askerich, »die Belustigung des Bischofs, das Naturwunder «, immer noch nicht von diesem geschenkt bekommen habe.” C.Zey Vormünder und Berater Heinrichs IV im Urteil der Zeitgenossen (1056-1075) S112 ↩
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…