Die Ortsentwicklung Treburs Teil II – Bis die Franken kommen
Nach 406/407 enden die Funde römischer Militärpräsenz im hessischen Ried weitgehendst. Letzte verbliebene Basen waren der Burgus bei Astheim und ein Straßenposten nördlich von Trebur in Richtung Rüsselsheim, deren zeitlicher Rahmen zu Beginn des des 5. Jahrhunderts endet, wobei Heising davon ausgeht das der Burgus noch bis ca. 450 belegt war1
Das Ried war nun wieder dünner besiedelt, doch lebten immer noch Gallo-Romanen dort, vermischt mit Alamannen (wahrscheinlich Bucinobanten) und diverser, im Ried verbliebener, germanischer Einwanderer.2 Neuansiedelungen gibt es aller Regel jedoch keine mehr. 3
Doch allerspätestens um 500 ist das hessische Ried unter voller fränkischer Kontrolle.
Gab es früher die Vorstellung das Eintreffen der Franken sei im Ried mit geradezu heroischen Schlachten verbunden gewesen4 ist diese Vorstellung heute überholt.
Die Bewohner des hessischen Rieds lebten eher in einer Symbiose mit den Einwohnern von Mainz. Diese war auf die Agrargüter des Rieds angewiesen, während die Anwohner des Rieds nicht auf die kulturellen Annehmlichkeiten wie Töpferwaren der nahen Stadt verzichten wollte.
Da die Truppen der fränkischen Neuankömmlinge in direkter Nachfolge des römischen Militärs standen und die Truppen des fränkischen Königs Chlodwig noch unter dem selbsternannten rex Romanorum Syagrius gedient hatten5 und sich Chlodwig selbst in der Nachfolge der römischen Herrschaft sah, sollten die Gallo-Romanen in Mainz die Ankunft der Franken positiv aufgenommen haben. Versprach doch die neue Herrschaft Stabilität in chaotischer Zeit.
Erste Siedlungspunkte der fränkischen Landnahme scheinen bevorzugt ehemalige römische Stützpunkte gewesen zu sein. Zumindest lassen sich dort die fränkischen Eliten archäologisch nachweisen. Sie fanden sich im Gräberfeld von Gellep nahe einem Legionslager, in Planig bei Bad Kreuznach an einer Kreuzung wichtiger römischer Straßen, in Eich in Rheinhessen in der Nähe einen Flottenstützpunktes.6
Aus diesem Aspekt heraus sollte der Burgus in Astheim zunächst von vorrangigerem Interesse für die Franken gewesen sein. Dies ist durchaus verständlich, boten doch die zum Teil erst Jahrzehnte offen gelassenen Gebäude die schnelle Möglichkeit einer geschützten Unterkunft, die provisorisch schnell instand gesetzt werden konnte und auch einen gewissen Schutz gegen mögliche Angreifer bot.
Beim Eintreffen der Franken stoßen diese im heutigen Trebur auf eine voll ausgebildete Siedlung. An einer römischen Straße gelegen, durch eine Brücke verbunden, finden sie zwei Siedlungen. Im Norden auf einer hochwasserfreie Anhöhe liegt eine Gehöft gruppe und nahe dabei, westlich gelegen, eine kleinere dritte Hofgruppe von von Fischern. Möglicherweise handelt es sich bei der Ansiedelung auf der Anhöhe um die eines alamannischen Kleinfürsten wie mitunter aus umliegenden Funden geschlossen wurde. Westlich des Gehöftes bestand wahrscheinlich bereits ein Anlegestelle. Auf der Südseite findet sich auf einer Insel, umflossen vom Altneckar die zweite (Haupt-)Siedlungsgruppe.
Während der an der Nauheimer Straße anzunehmende alamannische Friedhof langsam an Bedeutung verliert, bildet sich ein neuer Bestattungsplatz aus. Es ist anzunehmen das beide Friedhöfe zusammenhängen und zeitlich ineinander übergehen. Zu beweisen ist dies allerdings durch die Zerstörungen bei Baurbeiten nicht. Der jüngere Friedhof ligt nun am Mainzer Weg, der heutigen Astheimer Straße. Allem Anschein nach wurde er mehrfach belegt, denn an den heute bekannten Außenrändern finden sich Gräber mit Beigaben, von denen aber leider fast alle verloren gegangen sind. So etwa auf Höhe der Gaststätte Zum Erker gefundes Grab mit Sax, Messer und Beschlägen. Zum Teil wurde nur merowingische Gefäße geborgen und die Knochen ignoriert, weshalb es auch lange fraglich war ob hier überhaupt ein Friedhof existiert. Bzw. man negierte sein existenz, obwohl bereits 1938 am alten Radhaus 7 Skelette ohne Beigaben gefunden wurden, 1957 in der Astheimer Straße 7 drei Gräber mit merowingischer Knickwandkeramik. Ebenso ein Knickwandtopf in der Astheimer Straße 10 im Jahr 1965, 1966 eine Lanzenspitze aus der Astheimer Straße 12. Erst als 1970 am Wilhelm Leuschner Platz 8 (hinter dem Alten Radhaus) drei weitere beigabenlose Skelette gefunden wurden setzte sich die Meinung des Reihenegräberfriedhofs durch. Im Asnschluß wurden weitere Gräber bei Bauarbeiten gefunden, darunter auch ein merowingisches Steinkistengrab.
Im Rechtssystem der Franken gingt das neu eroberte Gebiet in den Besitzt des Herrschers über. Somit ist erst einmal alles Krongut. Die Franken lassen aber zunächst nur wenig eigenes Personal zurück und an eine unmittelbare Organisation des neuen Krongutes ist wohl noch nicht zu denken. 7
Für die merowingischen Franken war das nördliche hessische Ried, bzw. das gesamte Südhessen jedoch noch von untergeordneter Bedeutung. Es diente ihnen lediglich als Durchgangsgebiet in Richtung Süden, wo die Grenze zu den Alamannen nun der Neckar bildete und wichtiger noch in Richtung Osten, wo 531 bei der Schlacht an der Unstrut die Thüringer besiegt werden.
Mit dem Ende des thüringischen Königreichs deportieren die Franken den thüringischen Adel. Ein Teil wird auch in der Region angesiedelt. So finden sich in Biblis Wattenheim gleich mehrere thüringische Fibeln, eine fand sich in Bensheim und weitere in Rheinhessen. Im weiteren zeitlichen Verlauf, in der Zeit zwischen 500 und 700, wird sich wahrscheinlich an der Situation in und um Trebur nicht geändert haben.
A.Heising, Der Schiffsländeburgus von Trebur-Astheim: Schicksal einer Kleinfestung in Spätantike und frühem Mittelalter in Das Gebaute und das Gedachte – Siedlungsform, Architektur und Gesellschaft in prähistorischen und antiken Kulturen 2012 S162 ↩
MAURER S77 ↩
A. Wieczorek Die Ausbreitung der fränkischen Herrschaft in den Rheinlanden vor uns seit Chlodwig I. in Die Franken S248 ↩
In Die Ur- und Frühgeschichte des des Gerauer Landes in Lebendige Heimat – Der Kreis Groß Gerau S.104 bringt der Denkmalpfleger Werner Jorns das hessische Ried als Ort der Schlacht von Zülpich ins Spiel und verweist auf Heimatforscher die Nauheim als Ort dieser Schlacht ausgemacht haben wollen ↩
A. Wieczorek, Die Ausbreitung der fränkischen Herrschaft in den Rheinlanden vor und seit Chlodwig I. in Die Franken S241 ↩
A. Wieczorek Die Ausbreitung der fränkischen Herrschaft in den Rheinlanden vor uns seit Chlodwig I. in Die Franken S257 ↩
M.Gockel, Karolingische Königshöfe am Mittelrhein S14ff ↩
Schöne Zusammenfassung!
Von der Schlacht bei Zülpich bei GG habe ich in den Büchern von Franz Flach über die Stadtgeschichte von GG auch gelesen…
Zwei Fragen habe ich:
– Sie haben die Straße nach Südosten mit einem Knick eingetragen. Wie kam das historisch zustande?
– Gibt es zu der Fischersiedlung auch archäologische Funde?
Liebe Grüße
Daniel Jünger
Der Knick erklärt sich recht leicht: Die mittelalterliche Straßenführeng verlief in etwa dieser Stelle in dieser Richtung, also im rechten Winkel zum Bachverlauf. Sie war als Knüppeldamm ausgeführt. Zu dem wurden bei Bauarbeiten (Rohrverlegung?) eine Pfostensetzung bemerkt und von Eugen Schenkel dokumentiert (leider nicht archäologisch untersucht).
Die Fischersiedlung basiert zum einen auf der Ortsbegehung verschiedenster Personen zum anderen auf Gesprächen mit Historikern. Zunächst einmal ist der Begriff „Fischersiedlung“ von der dortigen Fischergassee abgeleitet, die aber tatsächlich von den dort ansässigen Fischern stammte. Laut Unterlagen war dies der ärmste Teil Treburs, wenn man so will.
Dennoch wird die Fischergasse 1 t.T. als Wehrhof oder, als „in der Art eines Wehrhofes“ verzeichnet. Auf dem Katasterplan von 1890 kann man zudem erkennen das sich dort etwas wie ein weiteres „Ortszentrum“ befindet. Letztendlich ist die Vorstellung das es sich rein um Fischer als Bewohner gehandelt hat aber hypothetisch.
Und wo ich gerade dabei bin. Die Ost-West Straßenführung läuft nicht auf der heutigen Hauptstraße, da Eugen Schenkel sie so vermutet das sie in etwa auf dieses Zentrum zuführt. Sie würde somit an den Fundplätzen Richtung Astheim vorbei führen.
Ok, danke!
Ich habe gesehen, dass Sie mal ein Geländemodell vom Ortskern erstellt hatten. Hatten Sie dazu das DIgitale Geländemodell vom Landesvermessungsamt genutzt? Das zeigt ja so feine Abstufungen, dass alte Dämme im Schwarzbachbereich sichtbar werden müssten.
Wenn Sie das nicht haben, könnte ich sowas organisieren.
Leider hatte ich keine passenden Daten Damals zur Hand und bin tatsächlich mit dem GPS durch die Gegend marschiert und hab mir ein Raster erstellt, das ganze mehrfach wiederholt und gemittelt und in Graustufen übertragen. Das Ergebnis war gelinde Gesagt furchtbar…
Ich denke nicht das man etwas sehen würde. Ich bin gerade vergangene Woche noch mal in dem Bereich gewesen und habe Fotos gemacht. Aber nicht einmal mit Fantasie konnte ich etwas erahnen.
Über die Daten würde ich mich freuen, dann wäre definitiv ein Kaffee meinerseits fällig!
Ich schicke dazu eine E-Mail.
Hallo, wollte nur mal nachfragen, ob die Email angekommen ist. Mit Anhängen landet das ja gelegentlich im Spam…
Viele Grüße
Daniel Jünger
Absolute Top arbeit markus:-)