Die Ortsentwicklung Treburs Teil III – Die Anfänge der Pfalz
Aus der Jüngeren Merowinigerzeit (JM II ca. 630/40-670/80 n. Chr. ) stammt das bereits im vorherigen Teil erwähnte Steinkistengrab aus dem Treburer Gräberfeld. Es verweist auf eine etablierte christlich-romanische Bestattungskultur das zeitlich mit den Steinkisten von Mainz Hechtsheim korreliert. Die christliche, noch gallo-romanisch geprägte, nun fränkische Bevölkerung versuchte mit den aus einzelnen steinernen Platten konstruierten Gräbern die Sarkophage der Römerzeit zu imitieren.
Fast wie ein Protest gegen die christliche Sitte der Bestattung mit ihrer Beigabenlosigkeit wirkt dagegen der um 700/720 vielleicht auch etwas später1 am Astheimer Burgus bestatteten fränkische Krieger der wie seine Vorfahren mit allen üblichen Beigaben in der hölzernen Kammer eines Grabhügels beigesetzt wurde. Vielleicht manifestiert sich hier ein Konflikt zwischen den Anhänger der merowingischen Könige und den Anhängern der des Hausmeiers Pippin von Herstal oder Karl Martell, oder den Konflikt um die Nachfolge Pippins ( Pippinidisch-karolingische Sukzessionskrise ) die zum Niedergang des Burgus führte?
Schon um 500 wird die Berme (der Raum zwischen Mauer und Graben) des Burgus als Gräberfeld genutzt. Diese Nutzung reicht bis etwa 8002
In den Gräbern des frühen 7. Jahrhundert des Reihengräberfriedhofs am Astheimer Burgus gelangte aber bereits erster Bauschutt des Burgus, was auf seinen beginnenden Zerfall verweist. Im späten 7. Jahrhundert finden sich dann auch Gräber innerhalb seiner Mauern. Ab dem 8. oder frühen 9. Jahrhundert finden sich solch massive Abbruchspuren das von einer gezielten Niederlegung ausgegangen wird.3 . Während Thomas Maurer 2011 schrieb: „Ein Zusammenhang mit dem Bau der nur wenige Kilometer altneckaraufwärts gelegenen Königspfalz Trebur erscheint verlockend, ist aber nicht beweisbar.“, ( MAURER S73) schreibt Heising 2013 „Der Komplettabbruch des Burgus dürfte mit dem Bau der nahe gelegenen Königspfalz von Trebur in Zusammenhang stehen (…)“4 .
In dieser Frage verstehe ich durchaus beide Positionen, tendiere aber eher zur vorsichtigeren Haltung Thomas Maurers, zumal wie dieser korrekt zu anmerkt das zwar in Treburs Laurentiuskirche römische Spolien verbaut sind, diese aber nicht aus dem Burgus stammen können. Die von Maurer erwähnten Aussage Diefenbachs er habe in den Fundamenten der Kirche Steine gefunden, die möglicherweise Römisch seien, betrachte ich mit großem Argwohn. Zu gut kenne ich Diefenbachs Arbeitsweise.5
Während also der Burgus nun gegen Ende des 8. Jahrhunderts gänzlich verschwindet, kommt nun langsam Bewegung in Treburs Entwicklung. Hier sind mehrere Faktoren zu beachten.
Im 8. Jahrhundert erfolgte wahrscheinlich eine politische Neuordnung des Rheingaus, der wohl noch in dieser Zeit in einem, aus alamannischer Zeit stammenden Rheingau zusammengefasst war. Das Ergebnis sind drei Teile: Rheingau, Oberrheingau (mit hessischem Ried) und Königssondergau (um Wiesbaden) .
Diese Teilung, bzw. Neueinrichtung ist wahrscheinlich in Verbindung mit Robert I. aus dem Geschlecht der Robertiner zu sehen, der zunächst 732 dux im Haspengau (Belgien) war und um 750 als Graf im Oberrheingau geführt wird. Die Robertiner waren nicht irgendein Geschlecht, das man etwa in den Oberrheingau abgeschoben hätte. Die Vorfahren Roberts waren unter anderem Hausmeier der neustrischen Merowinger und auch der heilige Lambert zählte zu den Vorfahren, doch Robert hatte sich offen gegen die Merowinger gestellt und Pippin den Jüngeren unterstützt der 751 erster König aus dem Geschlecht der Karolinger wird, aber die die Macht defacto seit 687 bereits inne hatten .
Robert I. ist wohl ein erster Ausbau der Oberheingaus zuzuschreiben. Sein Sohn Cancor stiftet mit seiner Mutter zusammen 763/64 das Kloster Lorsch das 771 Reichskloster wird. Damit gewinnt der Oberrheingau nochmals an Bedeutung. Königliche Besucher des Kloster hatten somit eher einen Grund von Worms kommend, die Wege östlich des Rheins nach Norden, über Gernsheim und Trebur zu nutzen.
Ebenso förderten die Sachsenkriege die rechte Rheinseite, denn es wird angenommen das sich das bei Worms sammelnde Heer rechtsrheinisch nach Norden zog. Auf ihrem Weg musste es versorgt werden, wofür die Königshöfe in den Fiskalbezirken geschaffen und verpflichtet waren.
Ursprünglich hätte ich an dieser Stelle einfach die Ergebnisse/Theorien der Ortsbegehung durch Gockel und Görich übernommen. Da aber einiges an Görichs „Curtis-Theorien“ nicht korrekt ist (siehe hier), muss ich etwas anders angehen. Und obwohl man nun vermuten könnte das dies schlecht ist, so wird sich zeigen das dies durchaus von Vorteil ist!
Wahrscheinlich mit der Konsolidierung des Oberrheingaus unter Graf Robert I. spätestens aber zur Zeit der Sachsenfeldzüge, ist in Trebur ein Haupthof eines Fiskalbezirkes entstanden. Ausgehend von dem früheren Herrenhof schiebt er sich wie eine rechteckiger Riegel über die nach Süden führende Straße. So mit wird auch Görichs Vermutung von karolingischen, oder wie er schrieb „karlingischen“, Wegstation klar.
Nun sieht die Anlage erst einmal nicht wirklich anders aus als Gockels „Curtis“, was daran liegt das diese Form dieser Siedlungsstruktur über einen langen Zeitraum und über eine große Distanz verbreitet war. Sie findet sich etwa in der Gründungsphase des Klosters Fulda, der Pfalz Asselt, bis hin zum Winterlager der Nordmänner in Repton (UK)6 Dabei bietet die Form, wenn sie an einem Flusslauf liegt den Vorteil das ich eine Langseite nicht schützen muss, denn sie wird natürlich durch den Fluss geschützt und kann als Hafen verwendet werden. (vgl. etwa Haithabu) Auch die Höfe Dreihausen haben eine ähnliche Form, jedoch liegen sie nicht an einem Flußlauf, was meiner Meinung nach einen Vergleich schwierig macht. Da die Höfe Dreihausen Görichs Prototyp für Görichs „Doppelrechteck-Curtis“ muss ich sie kurz erwähnen.
Görich vermutete nun eine Zweiteilung der Anlage in „Curtis“(Haupthof) und Curticula (Vorhof), doch diese ist gar nicht notwendig, alleine durch Topographie, als auch Straßenführung ergeben sich zwei Bezirke. Zu dem war Teilung noch nicht nicht notwendig. Der repräsentative Charakter war noch untergeordnet und als Befestigung diente die Umwehrung des gesamten Bezirkes. Zu dem diente sie weniger militärischen Zwecken, als mehr dem fernhalten von wilden Tieren.
Östlich der Straße fand sich der Wohnbereich oder die eigentliche Siedlung wenn man so will. Wenn die Reste des Burgus nun irgendwo Verwendung gefunden haben sollten, dann hier und am wahrscheinlichsten in einem frühen Kapellenbau.
Westlich der Straße fand sich im Grunde ein Wirtschaftsbereich, jedoch nicht produzierender Natur, wie es bei einer Curtis der Fall wäre. Vielmehr fanden sich hier wahrscheinlich Lagerflächen für die im Fiskalbezirk erwirtschafteten Güter, zu dem im Bereich der heutigen Tuchbleiche, einem verlandeten Areal das bis an die heutige Siedlungsfläche reicht, eine Hafenanlage. Hier konnten Schiffe, wie etwa der in Gellep gefunden karolingische Lastkahn7 ohne weiteres anlanden.
Auf der Abbildung unten, ist diese Bauphase durch eine durchgezogene schwarze Linie markiert.
Die nächste Phase kommt nun nach 855 zum Tragen. Es ist die Zeit des Ausbaus der Pfalz Trebur unter Ludwig dem Deutschen.
Hier zeig sich nun das der Vergleich den Görich einstmals mit anderen Orten so falsch nicht war. Er datierte ihn lediglich falsch und zog die falschen Schlüsse!8 Ich hatte schon mehrfach Treburs Grundriss mit dem des Alten Gronauer Schlosses verglichenund auch einige Parallelen aufgezeigt. Das Alte Gronauer Schloss wird aber nach den aktuellen Erkenntnissen in den Zusammenhang des Landesausbaus der Konradiner in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts verortet.9 Zeitlich passt dieser Vergleich mit Trebur daher nun wieder.
Es ist also anzunehmen das Ludwig der Deutsche die Pfalz entsprechend ausbaute und befestigte. Durch den Vergleich mit der Befestigung des Alten Gronauer Schlosses erscheint es nun möglich das bereits zu dieser Zeit der eigentliche Pfalzbezirk um die gerade entstehende Laurentiuskirche separat befestigt wurde in dem bewusst die Topographie verändert wurde und eine Geländekante entstand die, wenn heute auch überbaut, noch immer sichtbar ist.
Auf der Abbildung unten, ist diese Bauphase durch eine gestrichelte schwarze Linie markiert.
Ich habe mich dazu entschlossen noch eine weitere Phase in diesen Teil aufzunehmen, da es mir scheint, er könnte Verbindung mit der letzten Phase stehen.
Um die Pfalz herum entsteht ein neuer Besiedelungsring. Er überdeckt den alamannischen Friedhof, scheint aber noch Rücksicht auf den fränkischen Reihengräberfriedhof zu nehmen. Zudem wurde von verschiedenen Seiten die Vermutung geäußert , u.a. Prof. Dr. Azzola (+), das vor dem Tor der Pfalz, im Keuzungsbereich der Straßen auf Höhe der heutigen Bäckerei Abels, ein erster Markt entstand, in den die heutige Bäckerei später als Nachfolger des Dorfbackhauses hinein gebaut wurde. Ein Teil dieser „Dorfbefestigung“ ist heute noch sichtbar, wobei ich davon ausgehe das sie zur nächsten Phase gehört, und ich sie daher in diesem Teil behandeln werde.
Wann die dammartige Struktur am östlichen Rand der Hafenanlage entstand ist nicht bekannt. Heute steht hier eine moderne Scheune, alte Fotografien zeigen noch eine Fachwerkscheune mit Krüppelwalmdach, die auch bereits in den ersten Brandkatastern auftaucht. Bei der Ortsbegehung wurde wohl davon ausgegangen das es sich um den östlichen Teil der Hafenbefestigung handelt.
An der Frage das hier ein Hafen bestand ist eigentlich unzweifelhaft. im 17. und 18 Jahrhundert sollen hier die Pferde der Treburer Pferdezucht nach Mainz verschifft worden sein.
A.Heising, Der Schiffsländeburgus von Trebur-Astheim: Schicksal einer Kleinfestung in Spätantike und frühem Mittelalter in Das Gebaute und das Gedachte – Siedlungsform, Architektur und Gesellschaft in prähistorischen und antiken Kulturen 2012 S162 ↩
A.Heising, Der Schiffsländeburgus von Trebur-Astheim: Schicksal einer Kleinfestung in Spätantike und frühem Mittelalter in Das Gebaute und das Gedachte – Siedlungsform, Architektur und Gesellschaft in prähistorischen und antiken Kulturen 2012 S162 ↩
A.Heising, Der Schiffsländeburgus von Trebur-Astheim: Schicksal einer Kleinfestung in Spätantike und frühem Mittelalter in Das Gebaute und das Gedachte – Siedlungsform, Architektur und Gesellschaft in prähistorischen und antiken Kulturen 2012 S163 ↩
A.Heising, Der Schiffsländeburgus von Trebur-Astheim: Schicksal einer Kleinfestung in Spätantike und frühem Mittelalter in Das Gebaute und das Gedachte – Siedlungsform, Architektur und Gesellschaft in prähistorischen und antiken Kulturen 2012 S163 ↩
In eigener Sache: mir liegen die exakt selben Dokument vor, der Nachlass Diefenbach, die auch Thomas Maurer nutzte. ↩
Online Infos: https://archaeology.co.uk/articles/features/resolving-repton.htm ↩
Infos hier https://www.spp-haefen.de/fileadmin/dateien/Poster/rz-alle-posterSPP-web_5.pdf und hier http://www.archaeologie-krefeld.de/news/SchiffeMittelalter/schiff3karolinger.htm ↩
Ich gehe inzwischen davon aus, das Görich einiger seiner Fehler durchaus bewusst war , bzw. einige seiner alten Annahmen daher bei der Ortsbegehung verwarf. So hatte er in frühen Veröffentlichungen Trebur, für ihn sicher, in die Kategorie seiner schildförmigen Curtis gesteckt, so wie er auch das Alte Gronauer Schloss sah. Somit nach seiner Auffassung in die Zeit Karl Martells. Bei der Begehung tendierte er aber zur „Doppelrechteck-Curtis“, was ihn in die Zeit Karls des Großen führte. Möglicherweise hatte auch Gockel einen erheblichen Einfluss darauf. Hatte er sich doch eingehend mit den „Königshöfen am Mittelrhein“ (Publikationstitel) befasst. ↩
vgl. M. Gottwald, V.Hess, C. Röder, „Gronauer Altes Schloss“ im Krofdorfer Forst. Neue archäologische Befunde 80 Jahre nach den ersten Untersuchungen S438ff online verfügbar http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2019/14732/pdf/MOHG_101_2016_S438_442.pdf ↩
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