Der Begriff Pfalz und das Reisekönigtum
Einer der ersten Artikel den ich in diesem Blog schriebt drehte sich um den Begriff „Pfalz“ und seine Bedeutung. Er war sehr allgemein gehalten und ging noch nicht sehr in die Tiefe. Nun hab ich mich ja noch einmal damit befasst und das Thema ist an Inhalt gewachsen. So sehr das er erst die frühe Karolingerzeit abdeckt.
Ich werde ihn noch erweitern und entsprechend einpflegen.
Die bekanntesten Orte des Reisekönigtums sind sicherlich jene, die heute unter den Begriffen Pfalz, Königspfalz oder dem Eigennamen Kaiserpfalz bekannt sind. Ihr Name bezieht sich auf die Bezeichnung palatium der in Urkunden und Texten von Chronisten Verwendung fand. Er wandelte sich über die althochdeutschen Worte p(h)alinza oder palinza zum mittelhochdeutschen phal(en)za1 und über Beeinflussung der französischen Varianten zum neuhochdeutschen Pfalz. Dabei stellen diese Pfalzen nur eine Minderheit der Orte dar an der sich der König aufhielt.
Ihre heutige Einordnung als Pfalz verdanken die Orte des königlichen Aufenthaltes aber nicht ausschließlich der Bezeichnung palatium. Es handelt sich dabei vielmehr um eine moderne wissenschaftliche Definition, die den Titel Pfalz königlichen Eigengütern, zugesteht die unter der Vielzahl der Höfe hervorsticht. Ihre Definition wird bestimmt durch die königlichen Besitzrechte, die zwingend Notwendig sind, die entsprechende bauliche Gestalt, was das Vorhandensein eines Saalbaus in dem der König Hof hält einschließt, welche allerdings in der Regel archäologisch nicht nachweisbar sind, aber aus Textquellen geschlossen werden können und der Häufigkeit und Bedeutung der königlichen Aufenthalte2.
Während heute Pfalz ein gängiger Begriff ist, kannte das Frühmittelalter eine Vielzahl von Namen für die königlichen Unterkunftsorte, die oftmals nur schwer zu differenzieren oder zu definieren sind.
Schon der Begriff palatium kann schwer einzuordnen sein.
Ursprünglich stand palatium nur für einen der 7 Hügel Roms, den Palatin (mons palatinus), auf dem Kaiser Augustus seinen Palast errichten lies . Später wurde der Begriff palatium auch auf andere römische Herrschaftszentren wie Ravenna, Mailand und Trier übertragen.
Der römischen Konsul Cassius Dio (150-234) berichtet dazu in seiner „Geschichte Roms“:
„Die Residenz des Prinzeps wird Palatium genannt, und zwar nicht, weil es jemals beschlossen worden wäre, dass sie so genannt werden sollte, sondern weil Augustus auf dem Palatium wohnte und dort sein militärisches Hauptquartier hatte, (…) und aus diesem Grunde trägt der Wohnsitz des Prinzeps den Namen Palatium, selbst wenn sich der Prinzeps irgendwo anders aufhält. „
So wie also bereits bei den Römer palatium mehrere Bedeutungen haben konnte, als Palast, als Berg, als Regierungssitz, so findet der Begriff auch unterschiedlichste Anwendungen bei den Franken.
So kann palatium durchaus für ein einzelnes Palastgebäude stehen, aber auch eine Gesamtanlage titulieren. Bereits im Frühmittelalter war aber auch die Bedeutung als Gerichts- oder Verwaltungsgebäude möglich.
Eine weitere Definition der Begrifflichkeiten zeigt auch Hinkmar von Reims auf, wenn er in seiner de ordine palatii , auf die später noch einzugehen ist, schreibt: „ Man spricht vom palatium des Königs wegen der vernünftigen Menschen, die dort wohnen, und nicht wegen der gefühllosen Wände oder Mauern“3.
Demnach kann palatium auch für den Hofstaat stehen.
Neben dem palatium-Begriff tauchen für die Unterbringungsorte des Königs noch weitere Bezeichnungen auf.
In karolingischer Zeit wechseln sich die Bezeichnungen urbs, curtis regalis und villa regalis mit palatiums ab, gelegentlich ergänzt durch castrum. In ottonischer Zeit aber verschwindet palatium dagegen fast gänzlich aus den Quellen und die Begriffsliste wird durch civitas und castellum verstärk4, welche zu Beginn nur gelegentlich verwand wurden.
Urbs bezeichnet, wie civitas auch, eine eher städtische oder stadtähnliche Anlage, bzw. eine Anlage in deren Umfeld. So wird etwa Worms als urbs bezeichnet. Gelegentlich wird es jedoch auch für Burg eingesetzt, wie etwa bei der Eresburg oder Sigiburg5. Eindeutig auf befestigte Anlagen beziehen sich die Bezeichnungen castrum und castellum.
Villa und curtis stehen dagegen für ländliche Anlagen, wobei die curtis einen Hof oder Hofareal bezeichne und die villa für einen Siedlungsverband im Sinne einer Dorfanlage steht6.
Wie das bauliche Verhältnis von palatium als Repräsentationsbauten, zu curtis, als Wirtschaftshof ist, ist mitunter Thema ausgedehnter Diskussionen. Es ist nicht klar ob diese baulich voneinander getrennt waren, ob dies der Standard war oder sie in kombinierter Weise existieren konnten7.
Erweitert wird die Liste der Begriffe um fiscus, wobei fiscus nicht für die Pfalz oder den Hof steht, sondern eine Verwaltungseinheit eines geschlossenen Gebietes im Eigentum des Königs beschreibt, in dem mehrere wirtschaftlich arbeitende Höfe existierten, welche von einem Haupthof (caput fisci/ villa capatinea) verwaltet werden. Dem Haupthof konnte, wie in Ingelheim, Frankfurt und Trebur eine Pfalz angeschlossen, oder dieser entsprechend ausgebaut sein.
Urkundenschreiber und Chronisten hatten mitunter ihre Bevorzugungen bei den genannten Begriffen. So ist es die Regel, dass die Begriffe, mit denen die Orte tituliert werden wechseln.
Es wird daher angenommen das ein Begriff als Stellvertreter für die Gesamtanlage verwendet wurde8. Das Bedeutet selbst wenn nur von der Hofanlage (curtis) die Rede war, schließt dies nicht das vorhanden sein eines repräsentativen palatiums aus.
Auch Klöster dienten dem König und seinem Gefolge als Unterkunft. In karolingischer Zeit war es jedoch nicht üblich dort Versammlungen oder Urkundenunterzeichnungen durchzuführen. Vielmehr dienten sie als nur zur kurzen Unterbringung oder zur Feier kirchlicher Feste.
Während die Wissenschaft hauptsächlich die Bezeichnungen Pfalz und Königspfalz, oder die lateinischen Begriffe verwendet ist im umgangssprachlichen Sprachgebrauch oftmals die Rede von der Kaiserpfalz.
Über die Frage ob es nun Kaiserpfalz oder Königspfalz heißen muss, hat man lange siniert Allgemein hat sich jedoch die Bezeichnung Königspfalz durchgesetzt, denn zunächst waren die Herrscher fränkische oder deutsche Könige. Sie strebten zwar alle den Kaisertitel an, jedoch erreichten nicht alle diesen Status, daher ist bei den Anlagen von Pfalz oder Königspfalz zu sprechen. Bei einigen bekannten Anlagen hat sich jedoch der Name Kaiserpfalz als Eigenname durchgesetzt, wie etwa bei der „Kaiserpfalz Ingelheim“
1Thomas Zotz „Vorbemerkungen zum Repertorium Deutscher Königspfalzen“ in „Blätter für deutsche Landesgeschichte 118“ S178
2Thomas Zotz „Vorbemerkungen zum Repertorium Deutscher Königspfalzen“ in „Blätter für deutsche Landesgeschichte 118“ S184
3Daniel Eichler „karolingische Höfe und Versammlungen – Grundvorraussetzungen“ in „Streit am Hof im frühen Mittelalter“ S.129
4Adolf Gauert „Zur Struktur und Topographie der Königspfalzen“ in „Deutsche Königspfalzen“ Bd.2S.2
5Karl Heinrich Krüger „Poeta Saxo: Die Entdeckung der ostfränkischen Königspfalz“ in „Deutsche Königspfalzen“ Bd7 S.94
6Günther Binding „Deutsche Königspfalzen von Karl dem Großen bis Friedrich II.“ S.23
7Vgl. „Reallexikon für germanische Altertumskunde“ Band 5 Zweite Auflage Lemma „Curtis“S.106f
8Adolf Gauert „Zur Struktur und Topographie der Königspfalzen“ in „Deutsche Königspfalzen“ Bd.2S.1
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…