Neues zum karolingischen Helm – Psalter von Corbie
Zur Zeit bearbeit ich noch einmal meine Artikel zum karolingischen Helm um diese in ein publikationsfähiges Format zu bekommen. Dabei sehe ich noch einmal alle Handschriften die ich bereits betrachtete noch einmal durch und durchsuche noch einmal alle Quellen die ich zu den Handschriften finden kann. Dies ist extrem zeitaufwändig und ich bin froh bereits einen Grundstock zu besitzen.
An diesem Wochenende widmete ich mich erneut dem Psalter von Corbie. Mit durchaus interessanten Erkenntnissen.
Ich kam ja am Ende zu dem Ergebnis das a) der breitkrempige Helm eine Antikenrezeption des böoetischen Helms ist, der auch auf römischen Münzen, als Allegorie der Roma zu sehen, obwohl der Helm nur noch bei Gladiatoren verwendung fand und ursprünglich griechischen Ursprungs ist . Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Sinn macht dies auch. Die Römer beriefen sich auf Romolus und Remus, diese waren die Söhne des Aeneas und der ist wiederum ein trojanischer Prinz. Gregor von Tours baut in seiner Geschichte der Franken eine Brücke zu Römern und Griechen und teilt uns mit die Franken seien Nachfahren der Trojaner. Man beruft sich also auf gleiche Mythen.
b) kam ich zum Endergebnis das es wohl einen elitären Helm gab, der aus zwei Platten bestand, die mittels eines zentralen Bandes über der Kalotte Verbunden war.
Mit diesem Wissen also gerüstet blätterte ich mich durch den Psalter von Corbie. (Wer das gerne auch machen möchte kann das hier tun)
Zunächst bemerkte ich das je weiter man durch die Handschrift blättert die Kolorierung mehr und mehr fehlt. Der Psalter wurde also letztendlich nie beendet, was aber unerheblich ist. Dann stellte ich fest das es neben Helmen auch eine Vielzahl von Stirnreifen mit Verzierungen auf der Stirnpartie gibt. Von Helmen unterscheiden sie sich hauptsächlich durch die Andeutung von Haaren. Nun zu den Helmen.
f.1v zeigt einen König der von Christus gesegnet wird. Entweder handelt es sich um den Stifter und somit potentiell um Karl den Großen oder um König David, bzw Karl als David. Ich bin mir nicht mehr sicher ob es sich hier um einen Helm handelt. Aus dem Kontext der Szenerie erscheint ein Stirnreif/Kronreif wahrscheinlicher, zu dem macht die Kolorierung die Unterscheidung zwischen Helm und Haar schwierig.
f.9v Zeigt wahrscheinlich einen Helm. Spitzkonisch mit Mittelgrad, ohne Nasal aber mit Verzierung auf der Stirnpartie.
Bis auf einen weiteren Helm stellen alle anderen Helme lediglich Spangenhelme Typ Baldenheim dar. Dabei sticht der Helm des Goliath heraus, da er besonders detailiert ist (f.123v). Wir erkennen an ihm die Spangen und auch einen Busch an der Spitze des Helmes. David dagegen trägt den bereits erwähnten Stirnreif. Wohl als potentielles Zeichen seiner Herrschaft.
Die nun interessanteste Abbildung (f.26v, auch links) zeigt einen Reiter. Die Verzierungen seiner Schwertscheide weisen ihn klar als Karolinger aus. Auch sein Habitus dürfte vielleicht mittlerweile bekannt sein, findet er sich doch auch auf dem Einhardsbogen. (siehe hier)
Es ist der Besieger über das Böse mit der Lanze, der einen Dämon niederwirft. Leider fehlt die Schlange zum größten Teil, da das Pergament an dieser Seite zerstört ist. Im Gegensatz zu den Handschriften die den Rückgriff auf die Römer durchführten dargestellt als karolingischer Krieger, ein potentieller Panzerreiter. Und er trägt den Helm aus zwei Platten und Mittelgrad!
„…obwohl der Helm nur noch bei Gladiatoren Verwendung fand und ursprünglich griechischen Ursprungs ist “
Da muss man, denke ich, ein wenig aufpassen, denn böotische Helme sind bereits früh über den Umweg der griechisch-süditalienschen Kolonien nach Latium bzw. Rom gewandert und waren bei der römisch-republikanischen (Adels-)Reiterei vermutlich sehr lange in Verwendung. Außerdem vermischen sie sich zeitweise wohl mit Helmen die auf Darstellungen ähnlich aussehen – siehe etwa den Negauer Helmtyp.
Marcus Junkelmann und andere Forscher gehen übrigens davon aus, dass breitkrempige böotische oder attisch-böotische Helme vereinzelt sogar bis in die augusteische Zeit von Reitern getragen wurden (zumindest bei Paraden) und auf diesem oder jenem Relief nicht einfach nur eine künstlerische Anlehnung an hellenistische Vorbilder waren.
Ob er damit richtig liegt, kann ich nicht einschätzen. Ich denke mir mittlerweile aber, dass die karolingische Reiterdarstellungen mit breitkrempigen Helmen direkt auf entsprechende römische Reiterdarstellungen zurückgehen könnten.
Zumindest erscheint mir dies eine Spur logischer, da inhaltlich ein engerer Zusammenhang bestehen würde, als zu Gladiatoren oder der personifizierten Roma.
Aber nichts Genaues weiß man nicht 😉
Hallo Hiltibold,
Ich gebe zu das ich das etwas schnell hingerotzt habe. Wir sind aber, soweit ich das verstehe, auf einer Linie. Gerade was die Antikenrezeption der Karolinger angeht, zumal ich inzwischen eine Quellen gefunden habe die tatsächlich davon ausgehen das die Abbildungen aus Virgil und anderen Handschriften stammen und die der Adel geradezu eine Sammelwut für spätantike Elfenbeintäfelchen entwickelte. Ob dort nun eine Roma sollte letztendlich egal gewesen sein (Ausnahme Konstantin als „Dämonenbezwinger“).
Grund ist wahrscheinlich in großen Teilen im Ursprung eine Herrschaftsrechtfertigung (dazu schreib ich noch mal was, hatte da eine Erleuchtung) die zur Mode wurde, man stand ja mit den Byzantinern im Wettschtreit wer den nun der bessere Römer ist. Oder wie es kürzlich auf Facebook jemand so schön beschrieb „Die Karolinger sind doch eh alles nur Römer-Reenactors“