Der Einhardsbogen + Rekonstruktion
In den späten 1940 Jahren durchsuchte der französische Spezialist für Reliquien Blaise de Montesquiou-Fezensac die Bibliothèque nationale de France in Paris. Dabei fiel ihm eine Stich aus dem 17. Jahrhundert in die Hände.
Dieser zeigte einen Triumphbogen, der in seinem architektonischen Aufbau verblüffend dem Titusbogen in Rom ähnelte, er besaß sogar die Kassettendecke im Bogendurchgang. Die Widmungsinschrift die in der Breitseite der Attikazone auf einer klassischen Tabula Ansata zu lesen war, erzählte jedoch eine andere Geschichte:
AD TROPAEUM AETERNAE VICTORIAE SUSTINENDUM EINHARDUS PECCATOR HUNC ARCUM PONERE AC DEO DEDICARE CURAVIT war dort in Capitalis Quadrata zu lesen. „Auf dass er das Feldzeichen des ewigen Sieges trage, ließ Einhard der Sünder diesen Bogen aufstellen und Gott weihen“
Der Bogen war also durch Einhard entstanden und man konnte ihn auch zuordnen, denn der echte Einhardsbogen existierte zwar nicht mehr, er war aber aus Unterlagen wohlbekannt. Er war 1635 von einem Antiquar im Domschatz zu Maastricht verzeichnet worden und ist auch auf einer skizzanhaften Zeichnung des Domschatzes zu erkennen.1
Der Bogen diente ursprünglich als Fuß für ein Kreuz, das aber bereits im Verzeichnis von 1635 nicht mehr aufgelistet war. Den Hinweis auf das Kreuz gibt auch die Weihenschrift wenn dort vom „Feldzeichen des ewigen Sieges“ die Rede ist. Es ist zugleich eine Anspielung auf Konstantin den Großen und die Schlacht an der Milvischen Brücke, bei der Konstantin zuvor ein Kreuz und die Schrift „Durch dieses Siege“ im Himmel erschienen sein soll.
Der Bogen wird den Aachener Werkstätten zugeschrieben. Ein Hinweis darauf ist zum Einen natürlich Einhard, zum Anderen auch die typischen Arkantusverzierungen an der Oberkante und das Aussehen des Sockels auf dem das Kreuz saß. Er gleicht den Bronzegeländern in der Aachener Pfalzkapelle und die generelle Antikenrezeption.
Die Personen auf dem Bogen
Der Bogen ist mit figürlichen Darstellungen versehen. Im Durchgang des Bogens befinden sich 2 Reiter in voller Rüstung die mit einer Lanze einen Lindwurm, das Böse, töten. Auf der äußeren Breitseite erscheinen insgesamt 4 Krieger mit Lanze und Schild, einer zertritt eine Schlange, auf der Schmalseite sind je links und rechts zwei Krieger mit Vexillien zu sehen.
Die Bogenzone zeigt auf den Breitseiten die vier Evangelisten als Schreiben mit ihren dazugehörigen Symbolen. Auf der Schmalseite ist die Verkündigung und die Taufe Christi durch Johannes den Täufer zu sehen. Auf einer Breitseite ist über dem Bogen ein römische Kreuz abgebildet, auf der korrespondierenden Rückseite ein Chi-Ro.
In der Obersten Zone thront Christus selbst im Zentrum einer Breitseite. Umgeben wird er von jeweils drei Aposteln zu seiner Linken und seiner Rechten. Je drei weitere Apostel finden sich auf den Schmalseiten. Auf der gegenüberliegenden Breitseite findet sich die tabula ansata mit der Weiheinschrift, umgeben von 2 Engeln.
Zu den Figuren
Die Figuren des untersten Abschnitts sind allesamt römisch gekleidet. Im Gegensatz zu den anderen Figuren tragen die Reiter im Inneren keinen Heiligenschein. Panhuysen will bei einem der inneren Reiter einen karolingischen Helm erkennen2 und schließt daher das er karolingische Kriegsbekleidung trage. Dem ist aber entgegen zu halten das der Kämpfer sowohl Pteryges , als auch Thorax trägt und sich somit als Römischer Kaiser oder zumindest Offizier ausweist. Der Helm ist als böotischer Helm zu interpretieren, wie er auch auf römischen Münzen und spätantiken Dyptichen zu sehen ist. Wer in dieser Person zu sehen sein soll ist nicht ganz klar. Es werden Lothar der I. und Ludwig der Fromme in Betracht gezogen. Dazu mehr in der Datierung.
Der zweite Reiter stellt wahrscheinlich Kaiser Konstantin dar. Die Darstellung Konstantins als Reiter mit unterworfenen Barbaren unter den Hufen des Pferdes oder einer zertretenen Schlange war bereits auf Münzen des 4. Jahrhunderts vorhanden.3 Auffällig ist auch das das Lanzenblatt des „Konstantinreites“ nach oben zeigt. Er hat die Schlange also bereits getötet. Eine bildliche Vergangenheitsform im Gegensatz zu dem „aktuellen Reiter“ der noch im Unterwerfen der schlange begriffen ist.
In den äußeren Soldaten , vier von ihnen sind als Offiziere dargestellt, vier weitere tragen Feldzeichen, wird die Thebaische Legion gesehen, die wegen ihres christlichen Glaubens starben. Der Offizier mit Kleeblattkreuz könnte möglicherweise Mauritius oder Victor darstellen, der Träger des mit zwei Lilien verzierten Schildes Alexander von Bergamo. Es handelt sich somit um einige in der christlichen Überlieferung namentlich bekannte Führer der Legion. Vorbilder für die Soldaten waren Abbildungen auf Elfenbeintäfelchen die vielfach bei den Karolingern im Umlauf waren.4. Die Standartenträger stammen ebenfalls aus dem spätantiken byzantinischen Umfeld und stellten ursprünglich Bannerträger und hohe Hofbeamte dar. Sie finden sich auch in späteren Darstellungen wieder, wo sie die Funktion vom himmlischen Würdenträgern (Engeln) am Hof Gottes einnehmen.5
Die Darstellungen der Evangelisten korrespondieren mit entsprechenden Abbildungen in karolingischen illuminierten Handschriften.
Zur Beschafenheit des Bogens
Der Einhardsbogen wird als arcus Einhardi und arcus argentum bezeichnet. Letztere Beschreibung bezieht sich auf das Material aus dem er gefertigt wurde. Aus Silber. Als silberner Bogen findet er sich auch in der Beschreibung des Maastrichter Kirchenschatzes. Wahrscheinlich waren Silberbleche um einem hohlen Holzekern befestigt worden, da der Bogen wohl zuletzt als Behältnis für Servatiusreliquien diente.6. Denkbar wäre aber auch, das nur die Öffnung, die zur Aufnahme des Kruzes diente als Verwahrungsort der Reliquien genutzt wurde. Achtung, wichtige Anmerkung!7
Datierung des Bogens
Der Bogen wird der Werkstatt der Aachener Hofschule zugeschrieben. Einhard befand sich 806 als Gesandter in Rom, wo er wahrscheinlich Partikel des wahren Kreuzes erhielt, die ein Kreuz eingearbeitet wurden. Dieses Kreuz bekrönte den Bogen.
818 wird Einhard erstmalig als Laienabt in Maastricht erwähnt und bereits 817 war von Ludwig dem Frommen seinem Sohn Lothar I als Berater zur Seite gestellt worden.
Hier liegt der Knackpunkt für die Datierung und die Frage wer der zweite Reiter ist. Geht man von einer Entstehung um 815 wäre die dargestellte Person Ludwig der Fromme. Ich neige jedoch inzwischen zu der Ansicht das es sich um Lothar I. handelt.
828 stiftete Einhard ein Elfenbeinreliquiar nach Maastricht, wo er 818 erstmals als Laienabt erwähnt wurde und sich auch der Einhardsbogen befand. Lothar war 823 zum Kaiser ernannt worden und Einhard noch immer als Berater tätig, der auch bei dem Streit zwischen Ludwig und seinen Söhnen schlichtend eingriff.
Abschlussbemerkungen und Deutung der Bildsymbolik
Letztendlich ist der Einhardsbogen ein einzigartiges Beispiel karolingischen Verständnisses und ein viel zu wenig beachtetes Sinnbild der karolingischen Renaissance.
Man beruft sich nicht nur architektonisch auf die Römer. Lothar oder Ludwig der Fromme, der Herr Einhards, König und Kaiser, wird auf eine Stufe mit Konstantin dem Großen gestellt und sind Sieger über den Teufel, bzw. die nicht getaufeten Heiden. Sie bilden den eigentlichen Bogen, die Stütze des Glaubens. Nach Außen verteidigen die Soldatenheiligen, die Thebanische Legion, den Glauben. So wies sie der Sage nach für ihren Glauben mit ihrem Führer Mauritius für ihren Glauben starben. So verteidigen sie das Kreuz mit ihrem Leben. Für die Karolinger die perfekten Glaubenskrieger.
Die Geschichte wächst nun nach oben. In der Bogenzone wird Menschwerdung Gotttes verkündigt thront schließlich über allem in der Attikazone (wohl die Schauseite). Darüber befindet sich nur noch das Kreuz als Symbol des Sieges, der Vergöttlichung und der Befreiung der Sünden.
Rekonstruktion des Einhardsbogens
Mit dem Schreiben des Textes, wollte ich mir auch ein Bild des Bogens machen. Ich entschied mich also eine 3D Visualisierung zu erstellen. Wozu ich mir einige Vorgaben setzte. Die Figuren sollten geprägt, bzw. in das Silberblech getrieben sein. Möglicherweise auch farblich verändert durch Niellotechnik. Auch dem Zellenschmeltz, den ich in der Anmerkung erwähnte wollte ich Rechnung tragen. Die einzig sinvolle Position für Platten mit Zellenschmelz erschien mir dabei die Fassung des Aufsatzes, der das Kreuz trug. Die Gitter boten sich geradezu an mit Email gefüllt zu werden. Zumal dieser Aufsatz einen gewissen Fremdkörper auf dem Triumphbogen einnimt. In der Regel würde man hier, z.B. beim Titusbogen ein bronzenes Elephantengespann erwarten. Also wählte ich auch Bronze als Fassung für des Zellenschmelz. Das der Schmelz rot ist liegt einfach daran das ich es hübsch fand und rot schließlich auch das Blut Christi symbolisiert.
hier in einem Forum über Maastricht als Abb. 24 zu erkennen ↩
Panhuysen, T., „Sleutelfiguren uit de vroegste geschiedenis van de Sint-Servaasabdij van Maastricht“ S43 online ↩
Hans Belting Der Einhardsbogen S.107 in Zeitschrift für Kunstgeschichte BD36 ↩
Hans Belting Der Einhardsbogen S.108 in Zeitschrift für Kunstgeschichte BD36 ↩
Hans Belting Der Einhardsbogen S.93 in Zeitschrift für Kunstgeschichte BD36 ↩
In einer Bestandsaufnahme des Kirchenschatzes von St. Servatius wird 1658 folgendes notiert „Erant etiam duae tabulae argenteae, oblongae, in forma portarum colaribus adustis depictae…“ (Es gab zwei silberne Tische, von länglicher Form mit Toren, die mit Feuer bemalt/ lackiert waren [sorry, mehr schlecht als Recht übersetzt])Gemeint sollen Zellenschmelzarbeiten sein, so Kroos, R., Der Schrein des Heiligen Servatius in Maastricht und sterben vier zugehörigen Reliquiare in Brüssel . München, 1985. Leider weiß ich nicht wie man um 1658 Zellenschmelz in Latein beschrieb, dennoch würde es mich verwundern wenn der Bogen mit Email Platten bedeckt gewesen wäre, denn man hätte kaum etwas von dem Silber gesehen bei der Größe der Figuren. Ich habe versucht dies für diesen Artikel zu visualisieren und der Bogen wäre kein Silberbogen mehr gewesen, sondern eher ein Bonbonfarbener Bogen, oder vielleicht ein arcus varii. Denkbar wäre das die feinen Ziselierung auch einfach geschwärzt waren oder Niellotechnik verwand wurde was ich für wesentlich wahrscheinlicher halte. Vor allem bei einem silbernen Untergrund! Victor H. Elbern versiehjt die Angabe Email in „Vorarbeiten zu einem Corpus der Goldschmiedearbeit in karolingischer Zeit“ mit einem Fragezeichen und nennt Niello und Treibarbeit ↩
2 Antworten
[…] vielleicht mittlerweile bekannt sein, findet er sich doch auch auf dem Einhardsbogen. (siehe hier) Es ist der Besieger über das Böse mit der Lanze, der einen Dämon niederwirft. Leider fehlt die […]
[…] kurzem bekam ich eine Anfrage zur möglichen Verwendung meiner Rekonstruktion des Einhardsbogens (hier) in einer Ausstellung. Seiner Zeit war ich extrem zufrieden mit dem Ergebnis, inzwischen aber hatte […]