Nochmal zu karolingischen Kronen
Immer mal wieder suche ich nach Informationen zu Kronen. Zumal meine Krone, die ich letztes Jahr für die Arte Dreharbeiten mal ersetzt werden soll, durch etwas hübschers und akurateres ersetzen möchte. War ja nur ein Schnellschuss…
Da ich einige Informationen gesammelt habe und mir zuletzt Percy Ernst Schramms Kaiser Könige und Päpste Band II in die Hand fiel, indem er sich explizit mit Kronen auseinandersetzte, hielt ich es für einen guten Grund das Thema nochmals aufzugreifen.
Die Krone der h. Fides von Conques
Als älteste Krone nennt Schramm die Krone der heiligen Fides, mit der Vermutung sie habe entweder Pippin I. von Aquitanien (+838) , dem Sohn Ludwigs des Frommen, oder Pippin II. (+ nach 865) Ludwigs Enkel und Sohn des ersten Pippin gehört , die der Kirche in Conques eine Reliquiar spendeten. (Percy Ernst Schramms Kaiser Könige und Päpste Band II S100). Ich hatte die Krone vor ewigen Zeiten einmal erwähnt. Aber inzwischen neuere Informationen gefunden.
Als Kopf der gekrönten Figur, die im Rumpf aus Eibenholz die Schädeldecke der hl. Fides bergen soll, dient ein spätantiker goldener Kopf, bei dem es sich wahrscheinlich um ein Bildnis Valentinianus I. handelt.1
Jean Taralon hatte aufgezeigt, dass diese Krone ursprünglich ein anderes Aussehen besaß.2 Sie hatte einen größeren Durchmesser und nur einen Bügel. Wohl bei der Anpassung an den spätantiken Kopf wurde der Durchmesser verkleinert und aus den übrigen Teilen ein zweiter Bügel geschaffen, bzw noch weitere Teile aus anderem Gold hergestellt, um diesen zu vervollständigen. Auch die 4 Lilien befanden sich nicht an ihrer heutigen Position. 2 Lilien wurden beim Umbau hinzugefügt ,die Ursprünglichen fanden sich am Anfang und Ende des Bügels der sich über den Kopf spannte. Wann die Statue die Kone erhielt und woher sie stammt, ist allerdings fraglich.
Nach Taralon fand ein Umbau der Figur und eine Aufwertung mit Schmuckstücken zwischen 985 und 1013 statt und stehen in Verbindung mit den Reisen des Gelehrten Bernhard von Angers nach Conques zu den Reliquien der hl. Fides und seinem Liber miraculorum sancte Fidis.
Es wäre denkbar das die Statue erst zu diesem Zeitpunkt die Krone erhielt, und sich die Krone aber bereits zuvor im Kloster in Conques befand, etwa in Form einer Votivkrone.Die Statue könnte die Krone aber ebenso bereits im 9. Jahrhundert getragen haben. Es finden sich jedoch keine Aufhängungen für eine Votivkrone an dem Gold der Krone. Talaron vermutet den Ursprung der Krone in der Zeit Karls des Kahlen ohne aber einen direkten Stifter nennen zu können.
Nach Talaron jedoch bleibt aber festzustellen, dass die die Krone eine Bügelkrone ist, wie sie seit der Zeit Karls des Kahlen in Abbildungen zu sehen ist war.3

Zur Bügelkrone
Die Idee die Bügelkrone sei eine originär karolingische Angelegenheit, die sich erst ab der Mitte des 9. Jahrhundert unter Karl dem Kahlen nachweisen lasse, erscheint mir fraglich.
Pery Ernst Schramms Begründung für die Entstehung der Bügelkrone sagt aus, in karolingischer Zeit habe man unter Wissen byzantinischer Verhältnisse versucht, diesen etwas entgegenzusetzen und aus dem Spangenhelm eine Form der eigenen Krone entwickelt. Dabei geht er davon aus, dass der Bügel direkt dem Kaiser gebührt. Bügelkronen somit Kaiserkronen gleichzusetzen sind.
Nach dem Kunstlexikon von P.W. Hartmann hatte sich aber bereits Justinian eine Krone mit Bügel herstellen lassen, um somit über seinem Haupt eine Krone zu platzieren, um sich also “unter das Kreuz zu stellen”. Solche Kronen sind dann auch immer wieder auf byzantinischen Münzen zu sehen, wie etwa beim Solidus des Tiberius II /Tiberios II. bei dem zwei Bänder, scheinbar mit Perlen verziert, sich über den Kopf spannen und dort ein Kreuz tragen. ( Bild untern) Übrigens ganz ähnlich der Stephanskrone.
Selbstverständlich könnte hier auch ein Kamelaukion dargestellt sein, auch wenn fraglich wäre wie das Kreuz dann feststehen könnte, so würde dennoch die Form einer Bügelkrone erreicht.
Was mir an Schramms Aussage weiterhin zu denken gibt, ist dass er in der selben Veröffentlichung zum Vergleich die kelto-romanische Priesterkrone aus dem Fund von Wilton cum Hockwold (UK) als Vergleich zeigt, mit dem Vermerkt “Keltisch-römische Bügelkrone” ( hier ein Bild: https://www.flickr.com/photos/suewhite/2055769056 ) und somit sich selbst wiederlegt, das die Karolinger die Erfinder der Bügelkrone wären!
Schramms Aussage zur Bügelkrone schloss sich Hermann Fillitz 1993 weitgehend an, sah jedoch nicht den Spangenhelm als Vorlage, sondern nannte als Grundlage den “kaiserlichen Helm (…) , wie wir ihn von Konstantin d. Gr (…) kennen”4. Fillitz bezieht sich hier zum Teil auf Münzbilder und Medaillen ( Beispiel : von Justinian , der einen Kammhelm mit Federbusch und Diadem darüber trägt. ) Bei denen er auch ein ähnlichen Schmuck ( vergleichbares Bild aus dem 15 Jh. , Kopie des 12. Jh.: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:78_-_Justinian_I,_1st_portrait_%28Mutinensis_-_color%29.png ) aus drei länglichen Perlen oder Edelsteinen sieht aus dennen wohl später die Lilien werden. (dazu später mehr) Diesem Argument kann ich viel eher folgen, berücksichtigt er doch den Fakt , dass der pseudo attische Helm/ böotische Helm auf römischen Darstellungen eine besondere Bedeutung zukommt.
Die Kronen auf Bullen
Bei dem Thema der Haare ( Link https://www.tribur.de/blog/2025/02/27/von-langen-haar-zum-zum-schnauzbart-die-haartracht-der-franken/ ) hatte ich eine Bleibulle Karls des Großen abgebildetet. Sie zeigt Karl als Kaiser. Auf dieser trägt er einen schmalen Kronreif. So schmal das man annehmen könnte, es wäre wirklich nur ein 1cm breiter Reifen. Interessant aber ist die Vorderseite. Über der Stirn findet sich eine Lilie oder vielleicht eher etwas wie Blätter oder Kolbenperlen. (Stabperle) Eine weitere Bleíbulle aus der Zeit als König zeigt Karl im Profil. Die dort abgebildete Krone scheint vom Kronreif ähnlich, dargestellt zu sein, macht jedoch nicht den Eindruck eines Bandes sondersn eines echten Reifen. 1729 fertigte Montfaucon einen Stich von der Krone , als auch der ganzen Bulle an, deren Bild heute fast vollständig von Bleifraß zerstört ist. Runder Reif mit Steinen oder Perlen besetzt und 4 Erhebungen auf dem Reif.
Ähnliche Darstellungen finden sich auf den Kaiserbullen Ludwigs des Frommen, die sich nach Schramm auf die Bleibulle Karls des Großen beziehen, bzw. diese als Vorbild haben. Hier ist jedoch der Kronreif ausgeprägter und kein schmales Band. Der Reif ist oben und unten durch einen Rand abgegrenzt. Entweder handelt es sich hier um eine gebördelte Kante oder aber über einen Perlenrand. Über der Stirn erwächst wieder das dreiblättrige Konstrukt, zudem scheint etwa über den Ohren ebenfalls etwas zu erheben, das über den Kronrand hinaus reicht.
Wären nicht die die Kolben/Blätter, würden die Kronen wie römische Perldiademe wirken. Diese tauchen übrigens mit Kaiser Konstantin auf. Man kann sogar ziemlich genau ein Datum ansetzten! Von 306 bis bis Juli 325 verwendet er auf Gold und Silbermünzen den Lorbeerkranz. Mit dem 20 jährigen Thronjubiläum wird er auf den Münzen nicht mehr mit diesem abgebildet. Es tauchen Diademe auf, deren Darstellung sich immer wieder verändert, oftmals Perldiademe, um ab 327 sich nur noch mit einem Rosettendiadem5 darstellen zu lassen.6
In dem digitalisierten Reprint der Version von 1520 aus dem ich das Bild habe ist leider der angegebene Bügel nicht vorhanden, was aber auch Menzel-Reuters anmerkte. Menzel-Reuters vergleicht die Krone optische mit der Saint Couronne aus St. Denis und der Reliquienkrone auf der Aachener Karlsbüste.
Diese optischen Vergleiche kann ich voll nachvollziehen, Jedoch nicht Schramms zuvor genannte Ähnlickeit zur “Zweitkrone” von Vienne.
Nun sprechen die Vergleiche nicht wirklich für eine ottonische Krone. Und da muss ich anmerken, dass Halm/Berliner 19367 für dieses Reliquiar unter anderem angibt “Krone wohl 13. Jahrhundert”. Auch fand ich keinen weiteren Hinweis das Otto II. eine Krone stiftete und auch das Reliquiar macht nicht den Eindruck, ottonisch zu sein.
Zur Lilienform auf den älteren Kronenabbildungen
Es scheint sich, vorallem auf den Bullen Karls und Ludwigs, nicht um eine Lilie aus etwa geschnittenen, oder geformten Metall zu andeln. Die auf den Bullen Karls des Großen abgebildete Lilie endet immer in einer Kugel. Auch bei der jüngeren Krone aus Vienne scheint dies der Fall. Auf der Krone aus dem Halleschen Heiltum ist dies ebenso zu erkennen, bei den Lilien die auf den runden Platten über der Stirn sitzen. Es handelt sich hier klar um stabförmige Kristalle oder Edelsteine durch die ein Draht gesteckt ist. Einige enden einfach in einem kleinen Kügelchen, wohl aus Metall, bzw. dem Draht selbst. Andere, vorallem jene auf den Seiten, enden in aufgesteckten Perlen.
Demnach wäre wohl auch die Verzierung auf Karls Krone als tropfen- oder stabförmiger Kristall / Edelstein zu deuten , auf denen oben eine Perle als Abschluss sitzt.
Auch für die spätere Reichskrone werden solche Objekte vermutet. An den Schläfen und Nackenplatte der Krone sind jeweils drei Röhrchen konisch zueinander stehend angebracht. Über der Stirn fehlen sie, hier war wohl von Anfang an das Kreuz in einem größeren Röhrchen befestigt. Von Hermann Fillitz werden diese Dreiergruppen von Röhrchen als Aufnahme für die Kolbenperlen, oder länglich geformte Edelsteine gesehen.
Wie ich zuvor schon erwähnt, scheint für Fillitz klar, dass bei Kronen allgemein die drei Kolbenperlen aus der Mode kamen und durch Lilienplatten ersetzt wurden, bzw. neue Kronen eben mit solchen hergestellt wurden. Er sieht dies ab dem späten 10. Jahrhundert gegeben.8
Den Ursprung solcher drei Kolbenperlen sieht Fillitz bereits beim offenen Diadem, dem Stephanos.( stephanis= gr. für Krone, stephánosis = Krönung ) der Spätantike.
Kurz noch zum Kamelaukion
Auch über das Kamelaukion findet man Informationen, die meines Erachtens überdacht werden sollten. So gibt etwa die Wikipedia an:
“Die Nackenbinde des Vorgängers des Kamelaukions hatte ursprünglich als Anhängsel der Krone die Aufgabe, den nackten Nacken des Basileus zu verdecken, denn Nacken zeigten nur Unterworfene.”
Schaut man sich aber die Entwicklung einmal richtig an, stellt man fest das am Anfang das Diadem /Diadema/ Stephanos in Form der schmalen Königsbinde steht. Das Wort diadema bedeutet aus dem griechischen stammen das “Umgebundene”. Es wurde im Nacken zusammengebunden mit dem Heraklesknoten, der auch die Feldherrenbinde am Bauch ziert, welches eben auch Diadema genannt wird. Die Enden der Binde fielen dabei in den Nacken. Mit der Zeit wurden aus den Enden mit dem symbolischen Knoten eine Art Nackentuch, dessen Bedeutung als symbolischem Knoten sich wandelte zu dem Nacktuch.
Anne de Pury-Gysel, Die Goldbüste des Septimius Severus – Gold- und Silberbüsten römischer KaiserS.126ff ↩
Emmanuel Garland, L´art de orfèvres à Conques S.97 ↩
Jean Talaron, La Majesté d’or de Sainte Foy de Conques S59ff ↩
Hermann Fillitz, Bemerkungen zur Datierung und Lokalisierung der Reichskrone S.318 ↩
Bild: https://de.numista.com/catalogue/pieces368511.html ↩
L.Ramskold, G. Gautier, Constantine’s FELICITAS ROMANORVM donatives: dynastic propaganda and the first miliarense S.13 )
Die Kronen des Kopfreliquiars des heiligen Mauritius in Vienne
Boso von Vienne, auch bekannt als Boso von der Provence (+887) hatt der Kirche S. Maurice in Vienne ein Kopfreliquiar gestiftet. Boso war mit Emengarde, einer Tochter Ludwigs des Frommen verheiratet und König von Niederburgund.
Das Kopfreliquiar war für Reliquien des hl. Mauritus bestimmt. Wie so viele Kulturgüter wurde es jedoch im 17. Jahrhundert zerstört.
Für dieses Reliquiar gab es zwei Kronen. Die erste war bereits von Boso von Vienne gestiftet worden, sie war wohl mit dem Reliquiar fest verbunden. Die Zweite stiftete König Hugo von Vienne (+947), König von Niederburgund und König von Italien und war über die ältere gestülpt worden. Und von diesen Kronen gibt es Skizzen und eine Beschreibung aus die Nicolas-Claude Fabri de Peiresc angefertigt hatte.
Demnach bestand der Kronreif aus fünf Segmenten, die mittels Scharnieren verbunden waren. Die Platten waren mit Perlreihen und Rubinen, Saphiren und Smaragden verziert.
Die Krone wurde von zwei Bügeln überspannt, mit Saphiren in Mandelform, Zellenschmelzplatten und Perlen.
Peiresc hat auch die Krone Hugos beschrieben:
„Auf dem Haupt des besagten Heiligen Mauritius ist auch eine große Krone angebracht, die ganz aus vergoldetem Silber besteht und mit Bildern von mehreren Greifen und Blumen emailliert ist, jede mit vier Blüten in dieser Form (gemeint ist eine kleine Zeichnung daneben) die drei etwa sechs Zoll hoch und die vierte mehr als zehn oder zwölf, mit zwei kleinen Tafeln auf der Rückseite, auf denen HUGO PIUS REX SANCTO OFFERT MAURITIO steht.“
Die Zeichnung zeigt eine Krone, die entfernt an die Reichskrone erinnert. Auf einem Kronreif erheben sich vier größere Platten die am oberen Ende abgerundet sind. Auf ihnen sind Lilienartige Strukturen, vielleicht Kolbenperlen, angebracht. Die vorderste Platte ist größer als die anderen drei. Percy Ernst Schramm vergleicht die Krone mit der Krone des im Halleschen Heiltum, die Otto II gestiftet haben soll.
Die Krone im Halleschen Heilstum
Diese Krone hatte ich bereits erwähnt, als ich mich das erste Mal mit Kronen befasste. Im Halleschen Heiltum fand sich ein Büstenreliquiar Johannes des Täufers, für das Otto II. eine Krone stiftete. Glücklicherweise befindet sich in der Handschrift 14 der Hofbibliothek Aschaffenburg auf fol. 173v eine Zeichnung des Reliquiar mit Krone, das heute nicht mehr existiert. (( Arno Menzel-Reuters , Die goldene Krone Entwicklungslinien mittelalterlicher Herrschaftssymbolik S.136 ↩
Philipp Maria Halm, Rudolf. Berliner – Das Hallesche Heiltum S41 ↩
Hermann Fillitz , Bemerkungen zur Datierung und Lokalisierung der Reichskrone S. 320 ↩
Die 7000 Pfund war Karl der Kahle 845. Die Anzahl der (bewaffneten, professionellen) Verteidiger passt, wobei man von etwa 5000…
Mal wieder intressant zu lesen. Aber die Lobhudelei und masslosen Übertreibungen der Chronisten ist schon wie bei den Römern teilweise…
Sorry, hat etwas gedauert... Ist aus einem Plan der sich bei Rudolf Kautsch, Der Dom zu Worms (1938), aber auch…
Hi, zur Baugeschichte des Doms: "Das Langhaus besitzt die Abmessungen des heutigen Domes und endet an einem Spannfundament am zweiten…
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…