Zu karolingischen Westbauten
Ursprünglich war an dieser Stelle ein vergleich von Westbauten am Rhein (Mitterhein) geplant, aber zum Einen habe ich noch ein paar Modelle extra gebastelt um alles abzudecken und ich bin gerade im Hotel und komme nicht an die Daten, zum Anderen habe ich ein Paper gefunden das darauf hinführend ist und das ich daher zunächst behandeln möchte.
Prof. Dr. Georg Skalecki hat sich mit dem Bremer Dom und dessen möglichem Westquerhaus befasst. Das macht er schon von Berufswegen, denn Georg Skalecki ist Bauhistoriker und Landeskonservator von Bremen.
In INSITU Zeitschrift für Architekturgeschichte hat er er einen fantastischen Abriss über Westquerhäuser und Westbauten in karolingischer Zeit vorgelegt, wohl auch weil er sich im Aufbau einer ausführlichen Datenbank zu karolingischen Kloster und Domkirchen befindet, den ich hier anschneiden möchte.
Das ganze PDF findet sich auf seiner Homepage zum freien Download: https://georg.skalecki.info/publikationen.html
Dabei nutzt er den allgemeinen Begriff Westakzent um darunter Westbauten, Westquerhäuser, sichtbare Westchöre und das was man als Westwerk bezeichnet zusammenzufassen. Ein Lösung die, je mehr ich darüber nachdenke, durchaus Nachvollziehen kann und auch gut finde.
Als Triggerpunkt für diese allgemeinen Westakzente in Kirchen sieht Skalecki St. Denis und die Beisetzung Pippins in einem Westbau , den er möglicherweise eigens für diesen Zweck selbst errichten lies. Scheinbar gab es zuvor keine solchen oder ähnliche Bauten. Vielleicht war die Schaffung einer eigenen Vorkirche in Form des Westbaus eine Möglichkeit das Beisetzungsverbot für Weltliche in Kirchen zu umgehen, so Skalecki. Eine Theorie die bereits mehrfach gelesen habe.
Er verfolgt nun die Spuren der “Westakzente”. So wurde 2017 Mauern vor dem barocken Bau der Klosterkirche Prüm bisher unbekannte Mauerzüge entdeckt, die zwar auf salischen Ursprungs sind, aber auf einen karolingischen Vorgänger zurückgehen könnten. Auch Prüm war durch Pippin neu ausgestattet worden und ein Neubau begonnen worden. Das Kloster wurde dazu mit bedeutenden Reliquien ausgestattet.
Zu den Gebäuden mit “Westakzent” im ausgehenden 8. Jahrhundert zählt Skalecki Lorsch, Ellwangen, Fritzlar, Neumünster und karolingischer Dom in Würzburg (as heutige Neumünster), der Simpert Dom in Augsburg, St. Suitbert in Kaiserwerth, St Alban in Mainz, die Abtei Tholay, Fulda, Centula, die Abtei Saint-Maurice d’Agaune im Wallis. In letzterem wurde, wie in St. Denis für den toten Pippin, immerwährende Lobgesänge, die “laus perennis” angestimmt. In Saint Maurice jedoch für den heiligen Mauritius der im Westbau beigesetzt war.
Auch im 9 .Jahrhundert setzt die Anzahl der Kirchen weiter fort, so z. B. St. Maria und Markus auf der Reichenau. Skalecki bezieht in seine Sammlung auch Kirchen ein, die nicht dem üblichen Westbau/Westwerks/Westquerhaus Schema entsprechen. So etwa die Einhardsbasilika in Michelstadt mit ihrem Eingangsbereich.
All diesen Westbauten haben gemein, dass sie entweder als Grab dienten, oder aber ein Umbau mit neuen Reliquien einherging. So bekam St. Alban in Mainz etwa einen westlichen Vorbau in der Breite des Mittelschiffs, wohl mit der Beisetzung der Frau Karls des Großen Fastrada.
In Fulda wurde das Westquerhaus für Bonifatius errichtet, dessen Grab vom Kreuzaltar hierher verlegt wurde. Aufgrund der Bedeutung dieses Grabes änderte sich dann die komplette Ausrichtung der Kirche und statt geostet wie zu Beginn, war sie nun gewestet.
Das Westquerhaus im Münster Maria und Markus auf der Reichenau, das Abt Erlebald errichten ließ war auch explizit für die Reliquien des Evangelisten Markus errichtet worden und wurde auch als Markuskirche bezeichnet. Dabei war Erlebald die Einrichtung eines solchen Westquerhauses so wichtig das eine Mauer des Klosters im Norden versetzt wurde.
Dieses Grundrisssystem von Westbau und Westquerhaus wurde sehr oft auch in späterer Zeit weitergeführt. Ein gutes Beispiel ist das Neumünster in Würzburg Es besaß bereits in karolingischer Zeit einen Westquerhaus über dem Killiansgrab. Als die Kirche zeitgleich mit dem neuen Dom romanisch neu erbaut wurde, erhielt sie wieder ein Westquerhaus. Und als der Bau barockisiert wurde, wurde zwar das Westquerhaus abgerissen, aber im gleichen Zug mit einer Rotunde überbaut, deren Nord- und Südwände vom alten Querhaus gebildet wurden.
Ein wenig bringt mich aber Skaleckis Einsortierung der Einhardsbasilika in diesem System durcheinander. Ich verstehe durchaus das er den Bau auf Grund seines Aussehens in die Gruppe der Kirchen mit Westakzenten sortiert. Nur waren in der Basilika die Reliquien in der Umgangskrypta im Osten untergebracht , wo Einhard auch das Begräbnis für sich und seine Frau geplant hatte. Jedoch muss ich zugeben dass der rekonstruierte Eingangsrisalit vielleicht nicht als aktive Begräbnisstätte gedient hat, sondern für ein Ritual/kirchlicher Ritus vorgesehen war und somit dann doch wieder in Verbindung mit den Reliquien stand.
Nicht direkt oder zwingend in Verbindung mit den Westquerhäusern oder Westakzenten steht ein weiterer Aspekt , den ich hier aber nicht unerwähnt lassen möchte. Ein der frühen Kirchen mit 2 Türmen im Westen ist das Basler Haito Münster, das Skalecki ebenfalls zu den Bauten mit Westakzent zählt..
Viele Rundtürme gab es zu jener Zeit nicht. Da sind die Rundtürme auf dem Klosterplan von St. Gallen und eben die Runddtürme am Haitomünster in Basel. Und dann noch die des Kölner Doms. Das Besondere: die Rundtürme auf dem Plan von St. Gallen und die in Basel gehen auf beide auf Haito zurück, der auch Abt der Reichenau war vor dem bereits genannten Erlebald. Diesen Türmen könnte ein symbolischer Charakter zugekommen sein. Sie könnten Stellvertreter für die Säulen „Jachin“ und „Boaz” sein, die vor dem salomonischen Tempel errichtet waren.1 Auch das wird im nächsten Post noch eine Bedeutung haben.
H.R. Sennhauser / H.R. Courvoisier, Das Basler Münster Die frühen Kathedralen und der Heinrichsdom S63 ↩
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…