Noch ein paar Worte zur Assassin´s Creed Valhalla
Vergangene Woche, um genau zu sein am 10.11. erschien Assassins Creed Valhalla (Der kürce wegen nur noch ACV geschrieben) . Dazu möchte ich noch ein paar Worte verlieren, wie ich schon hier andeute.
Auch wenn das nun für den Ein oder Anderen , der durch Zufall hier drüber stolpern wird wie Korinthenkackerei aussehen wird und man mitunter das Gefühl bekommen wird das ich das Spiel nicht mögen könnte, so spiel ich doch ganz gerne, auch wenn es ca. alle 1-2h auf meiner PS4 abstürzt und es mir in der Hinsicht verbugter erscheint als seiner Zeit Assassins Creed Unity. Leider war ich erst Freitag spät zu Hause und konnte nicht beim Release spielen und hab mich nun am Wochenende bis nach London gekämpft, ein wenig frei durch die Gegend geturnt und in der Hauptsache nur die Hauptmissionen gespielt um möglichst viel von der Welt zu sehen.
Zudem möchte ich anmerken das hier Spoiler vorkommen könnten.
Bevor ich aber loslege und ein paar Sachen kritisiere möchte ich auch Positives anmerken! Kürzlich stolperte ich über einige PDFs zum Thema Viking Winter Camp in Repton. (z.B. hier ). Das Ding war also in meinem Kopf noch recht frisch und war ich erstaunt das ich dasselbe unter dem angelsächsischen Namen Hreopedun in ACV wiederfand. Wie im Original bildet die Kirche den Eingang in das Camp am Fluss. Auch die Königskrypta gibt es, wenn auch nicht wie im Original. Aber gehen wir mal in die Tiefe.
Überall Rom
Mein erster architektonischer Eindruck von ACV, wurde erdrückt von römischen Spolien. Trabt man durch die Landschaft Englands stößt man immer und überall auf römische Reste. Das hört sich erst mal nicht schlimm an, aber sobald man aus einem Wald kommt steht man vor riesigen Tempelruinen die den Eindruck erwecken mitten auf dem Forum in Rom zu stehen. Und London sieht mit seinem Amphiteather ohnehin aus wie Rom in AC Brotherhood.
Wenn England im Frühmittelalter so aussah, frage ich mich warum Karl der Große Säulen über die Alpen schaffen lies und sie nicht einfach per Schiff aus England kommen lies. Im Prinzip sind römische Ruinen im England des 9. Jahrhunderts korrekt und gerechtfertigt, nur ist mir die Menge für mich einfach überwältigend zu viel.
Architektonsiche Anachronismen
Für viele größere ländliche Kirchen, wenn nicht die meisten, stand St. Mary in Castro (Dover) Pate. Die dortige Kirche entstand erst um 1000 und nutzt einen römischen Leuchtturm als Glockenturm. Ob vorher hier eine Kirche bestand ist unklar, auch wenn ein sächsischer Friedhof dies nahelegt. Sicher ist, das es um die original Kirche eine Befestigung gab. Zumindest ist aber die Kirche anachronistisch. Und die „Leuchtturmkirchen“ stehen zudem auch weit im Inland.
Grundlegendes Vorbild könnten aber auch die Rundturmkirchen Englands sein, die in der Zeit der Wikingerüberfälle entstanden. Im Gegensatz zu St. Mary in Castro ist hier aber der Turm direkt in die Kirche integriert und nicht nur an einer geringen Kontaktstelle mit dem Schiff verbunden, so wie es bei den Kirchen in Assassins Creed der Fall ist.
Die klassischen „Triangular Headed Windows“, Fenster mit dreieckigem Sturz, sind durchaus an den Kirchtümen zu finden, wobei man oftmals Kirchtürme sieht , die an den der All Saints Church in Earls Barton oder St Peters Church in Barton-upon-Humber erinnern. Dieser ist zwar angelsächsisch, stammen aber erst aus dem späten 10. Jahrhundert.
Viele der Festungen/Burgen etc. sind so aufgebaut, dass man erkennt, das diese aus römischen Kastellen entstanden sind. Dies ist sichtbar am Mauerwerk, der Form der Tore etc. Nun waren die spätantiken Anlagen durchaus kompakter als die Lager der klassischen Periode, aber wie hier in die vertikale gestrebt wird sind sie dann doch nicht. Ein gutes Beispiel ist das historische Dunwich. Dieses steht auf einem hohen Kliff, ein separater Felsen vor der Steilküste auf dem sich ein riesiger Turm herhebt. Seine Rückseite fällt steil zum Meer ab und eine offene Gefängniszelle hat das inzwischen klassische Game of Thrones Easteregg.
Das echte Dunwich aber liegt und lag auf Marschland, welches langsam ins Meer glitt und dort noch immer unter dem Wasser ruht. Es war also mit Nichten eine steinerne Felsnadel, sondern eine niedrige , flächige Siedlung, die sogar die Zehntgrößte des normannischen Englands war.
Weiterhin fällt auf das es gerade bei Befestigungen Türme gibt, deren Obergeschoß mit hölzernen Wehgängen ummantelt ist, auf denen meist ungewöhnlich spitze und hohe Dächer aufragen. Ganz ähnlich jenen des 15 Jahrhunderts in Frankreich. Die hohen und spitzen Dächer fielen mir auch bei den Kirchen auf, sie scheinen ältere Rekonstruktionen zum Vorbild zu haben.
Sprachliche Anachronismen
Zunächst spielte ich in deutsch. Nach einer Weile erinnerte ich mich daran, dass die Hauptperson in AC Odyssee im englischen Original einen deutlich griechischen Dialekt hatte, der im Deutschen nicht übernommen worden war. Also schaltete ich auch in ACV auf Englisch um, was tatsächlich ein bisschen eine Offenbarung war und mir einige sprachliche Besonderheiten offenbarte, die mir sonst entgangen wären. .
Betritt man London, trifft man zunächst auf eine Person die im Englischen mit dem Titel Reeve bezeichnet wird (im Deutsch als Greve übersetzt).
Der Reeve, stammt aus dem England der normannischen Ära. Er war der Stellvertreter eines Earl. Seine Position ist vergleichbar mit der eines Vogtes. Von ihm stammt auch der Begriff des Shire-Reeve, woraus sich das Wort Sheriff herleitet. Auch das begegnet uns im Spiel. Beide Begriffe sind aus normannischer Zeit und somit historisch anachronistisch.
Historisch korrekt wären die alte, angelsächsischen Formen, nämlich der Begriff Gerefe und der Sheriff wäre der Scirgerefa.
Das in in der deutschen Übersetzung verwendete Greve ist zwar sprachlich mit Reeve und Gerefe verwandt, bezeichnet aber einen Schultheißen, keinen Vogt.
Recht früh begegnet man unteranderem dem Örtchen King´s Bury. Dort findet sich in einer Krypta das Grab Edmund des Märtyrers . Hier gibts ein paar Probleme. Im Spiel starb Edmund im Norwich, die Hagiographie sagt aber das Edmund in Haegelisdun starb, welches mit Hellesdon, Hoxne oder Hollesley identifieziert wird. Dort wurde er in der Nähe bestattet und ein Kapelle über seinem Grab errichtet. Das will ich garnicht so eng sehen, ist eher eine erzählerische Freiheit. Was mir aber Probleme bereitet ist der Ortsnamen Kings Bury, in der deutschen Übersetzung Königsruhe.
Hört sich toll an und in dem Kontext passt die Übersetzung. Nur stammen die Orte in England die sich Kingsbury schimpfen nicht von bury im Sinne von bestatten ab. Vielmehr steht hier das altenglische burh pate. Es handelt sich um eine königliche, befestigte Anlage. Oder man könnte es als „Festes Haus“ übersetzten wie es bei uns kontinental unter den Karolingern vorkam.
Das Kleidungsdrama
Ich hatte mir vorgenommen im Spiel soweit möglich die Kleidung und Waffen zu wählen, die am Authentischsten sind. Leider musste dieser Ansatz schnell verworfen werden.
Lediglich die Startkleidung, das Thrael Set kommt einigermaßen authentisch daher mit Hose, Wadenwickel, Wendeschuhe und einfacher Tunika. Leider alles in „modischen“ Frü-Mi-Grau-Braun… und auch nicht verbesserbar… Wenigstens gibt es zumindest einen Helm der sich am Gjermundbu Helm orientiert und bei dem ich mich strikt weigere ihn gegen etwas anderes zu tauschen.
Alles andere orientiert sich dann doch, wie auch die Frisuren , am Vikings Image. Viel Leder, viel Riemen, viel Pelz. Ein Kettenhemd gibt es zum Beispiel nicht. Und das Obwohl das auch bei Gegener-NPCs vorhanden ist und wenn man dort nah auf die Textur ranzoomt kann man sogar erkennen das hier vernietete Kette als Vorbild Verwendung fand.
NPCs sehen dagegen mitunter ganz passabel aus. Auch der spätere König Oswald von East Anglia haut ganz gut hin, bis auf den komischen Metallkragen den er zu Anfangs über seiner Zivilkleidung trägt.
Was mich ganz extrem stört: Das klassische Wikingerschwert gibt es nicht! Das heißt es gibt es schon, nur nicht für den Spieler. Alle möglichen NPCs laufen mit schönen Schwertern rum , nur wir dürfen keins benutzen. Einzig als ähnliche Waffe gibt es ein „karolingische Langschwert“. Dieses Ding, vom Gefäß her durchaus karolingisches, kommt als Zweihänder daher , der auf dem Rücken getragen wird… arghh. Ansonsten sind wir auf Beile, Äxte, Schilde und Speere beschränkt. Speer und Schild ist im übrigen nicht kombinierbar…
Kleinmist
Perser Teppich…
Irgendwann fiel mir auf das im Langhaus meiner Siedlung an beeindruckender Perserteppich lag. Gut die Dinger, bzw. sehr ähnliche gab es schon lange. Aber mir war nicht bekannt das meine Nordmänner in Byzanz gewesen waren, wo sie es hätten erwerben können. Nach einer gewissen Zeit bemerkte ich das die Perserteppiche in sehr vielen Hütten und Kirchen rumlagen. Seltsam.
Ebenso fiel mir auf das ich kein einziges Grubenhaus sah (Grubenhaus heißt auf englisch übrigens Grubenhaus 😉 ) obwohl es diese gab. Allgemein finde ich die Wohnhäuser zu „modern“ und es erinnert mich dann hin und wieder an The Witcher III.
Dabei möchte ich es nun belassen. Leider bin ich nur an Winchester vorbei geritten und konnte mir davon noch vollständiges Bild machen. Nur soviel, was da steht scheint Bauphase VI zu sein, also nach 980… (Info hier) und beist sich hart mit den Erkenntnissen der Archäologen und aller Rekonstruktionen. Vorallem bei den Türmen… Und im Grunde fasst das das architektonische Dilemma zusammen! (Vielleicht schreibe ich da nochmal was drüber, mal sehen)
You already did better , Ubisoft!
Ich werde auch in nächster Zeit kaum dazu kommen weiter zu spielen, da ich den Rest der Woche in der nähe von Saarbrücken unterwegs sein muss. Einen weiteren Artikel zu etwas anderem habe ich aber in der Mache.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…