Der Fall Tassilo III. – Teil 2 – Die Sicht Tassilos
754 stirbt Tassilos Mutter Hiltrud und Tassilos Onkel Pippin übernimmt die Vormundschaft über den jungen Tassilo. 757 wird Tassilo für mündig erklärt und regiert nun selbständig über Baiern.
Aber bereits 756 leistet er Heerfolge gegenüber Pippin und zieht mit ihm gegen die Langobarden, zu denen wahrscheinlich noch immer verwandtschaftliche Beziehungen bestehen
Die Reichsannalen berichten Tassilo sei 757, mit erreichen der Mündigkeit, in der Pfalz Compiegne bei Pippin erschienen und habe einen Vasalleneid auf Reliquien geleistet ( in vasatico se commendans per manus ) Da aber dies nur in den Reichsannalen notiert ist, und diese erst nach 790 entstanden, scheint es wahrscheinlich das hier nachträglich Geschehnisse konstruiert wurden um die kommenden Ereignisse von 788 zu rechtfertigen.1 Auch wenn dies durchaus möglich erscheint.
763 heiratet Tassilo Luitberga, eine Tochter des Desiderius, die später vielfach als ein Grund allen Übels angesehen wird. Wir erfahren jedoch nie, dass sie sich aktiv engagiert hätte. Aber hierzu passt dann auch der weitere Fortgang des Jahres.
In Nevers findet eine Reichsversammlung statt, die den Anfang einer Heerfahrt nach Aquitanien darstellt. Die Reichsannalen, die wie gesagt, erst gegen 790 entstanden, notieren dazu:
Dort verwarf Tassilo, Herzog der Bayern, die Sakramente und alle seine Versprechen und verführte ihn in seiner Boshaftigkeit von dort fort. Er verwarf all die guten Taten, die sein Onkel Pippin für ihn vollbracht hatte; durch seine Hinterlist zog er sich nach Bayern zurück und wollte das Antlitz des genannten Königs nie wieder sehen.
Die Einhardsannalen, die eine etwas spätere Redigierung der Reichannalen darstellen, ergänzen, dass Tassilo eine Krankheit, die ihn ereilt habe, nur vorgeschoben hatte.
Dieses Ereignis wird Tassilo später in Ingelheim als “harisliz” (wörtlich: Heerschlitzung, im Sinne von Fahnenflucht) vorgeworfen werden. Es gilt als nachträglich konstruiertes Ereignis. Auch die redigierte Fassung der Einhardsannalen scheint eher konstruiert zu sein. Es macht ein wenig den Anschein, als habe jemand gefragt, warum denn Tassilo so schlecht dargestellt wird, denn er war doch schwer krank. Und der Autor der Einhardsannalen ( nicht Einhard!) musste dies dann einfügen, aber nicht ohne den Hinweis, dass er nur krankgefeiert habe.
Dabei ist interessant, was für die Reichsversammlung im kommenden Jahr 764 notiert wird. Dort wird von einem sorgenvollen Treffen Pippins berichtet, der über den Krieg mit Aquitanien berichtet und einen bevorstehenden Krieg mit Baiern diskutiert. Ein Krieg, der nie eintreten wird und wahrscheinlich auch nie zur Diskussion stand.Das Ereignis taucht auch in den Quellen nicht wieder auf.
768 stibt Tassilos Onkel Pippin und Karl und Karlmann werden seine Nachfolger im Frankenreich. Zudem heiratet Karl auch eine Tochter des Desiderius. Die Beiden sind also jetzt nicht nur Cousins, sondern auch Schwager.
So wie Tassilo, braucht auch Karl Desiderius. Bei Tassilo sind es wirtschaftliche Gründe und die Unterstützung zur Verteidigung der Unabhängigkeit, vorallem gegen die Awaren im Osten. Karl braucht Desiderius als Backup gegen seinen Bruder Karlmann.
Die Gefahr, die Karl von Karlmann und umgekehrt droht, ist kein Geheimnis. Um zu verhindern, dass Dritte von der Situation profitieren, leitet Karls Mutter Bertrada 771 eine Friedensmission. Sie entsandte den gebürtigen Baier Sturmius, Abt und Gründer des Klosters Fulda zu Tassilo. Es wird ein Nichtangriffspakt zwischen Karl und Tassilo geschlossen.
Doch für Karl erledigt sich das Problem mit dem Tod von Karlmann von selbst. Er verstößt seine Frau und schickt sie zurück zu Desiderius. Er heiratet kurz darauf die Alemannin Hildegard, die selbst mit den Agilolfingern, also Tassilo verwandt ist. Wohl ein Garant für Frieden zwischen dem Karolinger Karl und Agilolfinger Tassilo, eingefädelt von Bertrada.
Bereits Tassilos Vater Odilo hatte gemeinsam mit Bonifatius selbst und dem Papst die Kirchenstruktur im Herzogtum reformiert. Odilo soll 7 Klöster gegründet haben, wie die von ihm gegründete Abtei Niederaltaich notiert.
Auch Tassilo bleibt dieser Tradition treu. Gesichert gründet er Innichen (769), Kremsmünster (777) dem er auch mit seiner Frau den Berühmten Tassilo-Kelch spendet, Mattsee (vor 770) und Frauenchiemsee (um 782), weiterhin werden ihm Münchsmünster, Polling, Thierhaupten, Weltenburg und Wessobrunn zugeschrieben2 Doch nicht nur mit Klostergründungen sucht Tassilo ein gottgefälliges Leben. Auch will er das Christentum bei den Heiden verbreiten
772 Gelingt es ihm, mit einem Sieg über die slawischen Karantanen, das bairische Herzogtum weiter auszudehnen und vor allem eben das Christentum weiter zu verbreiten.
Auch der neue Papst konnte sich dieser Gottesfurcht gegenüber nicht blindstellen und taufte daher Tassilos Sohn Theodo. Dass er diesen dabei salbt, hat nichts mit einer Königssalbung zu tun. In der katholischen Kirche macht man das einfach so bei einer Taufe, aber wenn der Papst das macht, hat das schon ein “Geschmäckle”. Man kann eine Menge hineininterpretieren. Zudem wird Tassilo als neuer Konstantin gefeiert.3 Karl erhielt dieses Lob erst 778.
Karl ist derweil erfolgreich gegen die Sachsen gezogen. Doch der gehörnte Ex-Schwiegervater Desiderius begehrt nun auf. Er versucht, den neuen Papst zu bewegen, die Söhne Karlmanns, die mit ihrer Mutter zu ihm geflohen sind, zum König krönen zu lassen. Karl zieht 773 gegen die Langobarden, gewinnt, schickt Desiderius, die Kinder und deren Mutter in Klosterhaft und nennt sich fortan selbst König der Langobarden. Zudem verhandelt er erstmals persönlich mit dem neuen Papst Hadrian und erneuert den Bund mit dem Papsttum.
Tassilo unternimmt nichts, obwohl er wahrscheinlich seinem Schwiegervater Desiderius zur Hilfe verpflichtet gewesen wäre. Andererseits ist er aber auch seinem Cousin Karl verpflichtet, denn der Friedensvertrag von 771, den Bertrada und Sturmius ausgehandelt haben, wurde nicht aufgekündigt, zumal alle Verantwortlichen des Vertrages noch am Leben sind. ( Im Recht jener Zeit ein entscheidender Faktor!) Ihm bleibt also nichts anderes übrig, als abzuwarten. Wolfram Herwig spielt mit der Idee, Tassilo habe vielleicht als passive Reaktion auf die Ereignisse das Kloster Müstair mit seinen fast militärischen Fortifikationen gegründet.4
Als Karl 778 eine vermeintliche Atempause im Sachsenkrieg nutzte, um die Gelegenheit wahrzunehmen, in Spanien einzufallen, ist auch ein Kontingent der Baiern dabei. Tassilo selbst jedoch nicht, er war aber auch nicht dazu verpflichtet. Aber falls bairische Truppen das Massaker in den Pyrenäen überlebt hatten, so folgert Wolfram, könnte dieses Ereignis Zweifel an der vermeintlichen Unbesiegbarkeit des fränkisches Heeres hätte aufkommen lassen können, was Tassilo veranlasst haben könnte die Situation falsch einzuschätzen, was in veranlasst haben könnte sich mehr herauszunehmen . 5
Nun beginnt aber auch eine Zeit, die für Tassilo nichts Gutes verheißt. 779 stirbt Abt Sturmius, Karls Mutter stirbt 783, genau wie auch Karls Frau Hildegard. Alles Personen die heute als Garant für das friedliche Auskommen zwischen Karl und Tassilo gesehen werden. Spätens jetzt sollte der Nichtangriffspakt nichtig geworden sein, wenn etwas Sturmius ihn gegengezeichnet hätte.
Und ab 781 nimmt das Unglück seinen Lauf. Karl hält sich bei Papst Hadrian auf, als 2 Boten Hadrians und einer von Karl von Rom aus zu Tassilo gesendet werden,
“um ihn zu warnen und zu beschwören, er solle seiner alten Eide gedenken und nicht anders handeln als wie er schon lange eidlich versprochen hatte gegenüber dem König Pippin und dem großen König Karl und den Franken.”6
Der Bote der Franken ist kein geringerer als der diaconus Riculf, der spätere Bischof von Mainz und Verwandter von Karls späterer Frau Fastrada.7 Er überbringt auch die Nachricht, dass Tassilo in Worms vor Karl erscheinen soll.
Tassilo stimmt zu, wenn ihm 12 Geiseln gestellt werden. Dies geschieht und Tassilo erscheint in Worms, erneuert seine Eide gegenüber den Franken und Karl stellt ebenso 12 Geiseln. Karl musste sich der treue Tassilos versichern, da er eine Bedrohung durch die Awaren befürchtete.8
Doch bleibt es zunächst weiterhin ruhig zwischen allen Fronten. Nur die Auctarium Garstensee und die Annales Iuvavenses berichten von einer Schlacht zwischen Baiern und Franken bei Bozen 784. Jedoch geht die Agression dabei von Franken aus. Dabei soll ein “Herzog Rodbert” ( Rodbertum duces) getötet worden sein, der den Angriff leitete . Wer sich nun fragt, wo denn plötzlich ein Herzog Rodbert/ Robert herkommt: Die Quellen entstanden erst im 12. Jahrhundert. Es soll sich dabei um einen Hrodpert einem langobardischen Befehlshaber Karls handeln der von Trient Richtung Bozen vordrang, dabei aber ums Leben kam.9 Es verwundert jedoch das die Reichsannalen, die sich sonst bemühen Tassilo in möglichst schlechtem Licht erscheinen zu lassen, dieses Ereignis nicht erwähnen oder für sich ausschlachten. Ich halte es daher für fraglich ob dieses Ereignis tatsächlich stattfand, zumal die Quellen aus der Zeit der planmäßigen Stadtgründung Bozens durch die Staufer stammen.
Dennoch scheint nun der Konflikt hochzukochen. Das Jahr 787 wird ein massiver Wendepunkt in der Geschichte Karls und Tassilos. Karl hat seine Politik geändert, er bricht mit Byzanz, zieht gegen Benevent und versucht jeglichen Widerstand gegen ihn zu unterbinden. Auch Tassilo bleibt dieses Vorgehen nicht verborgen.
Bei Papst Hadrian, wo sich auch Karl aufhält, trifft eine Gesandtschaft Tassilos ein, bestehend aus Bischof Arn von Salzburg und Abt Hunrich vom Kloster Mondsee. Sie wollen auf den Papst einwirken, damit er zwischen Karl und Tassilo vermittelt. Hadrian geht darauf ein und wirkt auf Karl ein, zu einem friedlichen (Friedens-)Abschluss zu kommen. Auch Karl zeigt sich sonderbar Einsichtig, fordert aber den sofortigen Abschluss eines Vertrages. Die Gesandten müssen passen, denn dazu sind sie nicht befugt. Sie sollen nur die Nachrichten überbringen.
Der Papst bedroht nun Tassilo und alle seine Unterstützer mit dem Kirchenbann , wenn sie nicht die Eide , die sie gegenüber Pippin und Karl abgelegt haben, erfüllen.
Karl ist mittlerweile nach Worms zurückgekehrt. Von einer Reichsversammlung im Juli entsendet er eine Gesandtschaft zu Tassilo und mahnt diesen seiner Pflicht nachzukommen und sich Karl zu stellen. Die Reichsannalen notieren, Karl wollte nichts böses und habe Tassilo nur testen wollen, ob er die Treue halte.
Einhard schreibt, Tassilo habe sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit den Hunnen (er meint die Awaren) verbündet. Grund aller Streitigkeiten seien die Frauen, in diesem Fall die Tochter des Desiderius und Frau Tassilos , die Rache an Karl für ihren Vater üben wollte.
Denkbar wäre, dass Tassilo zumindest einen Nichtangriffspakt mit den Awaren schloss, vielleicht auch mehr. Die Awaren hatten einen bedeutenden Schatz durch Tributzahlung von den Byzantinern angehäuft, der Begehrlichkeiten weckte. Ihnen dürfte klar gewesen sein, dass, wenn Baiern als Pufferzone ausfallen würden, es die Franken unter Karl es auf die Awaren und ihre Schätze absehen würden. Was ja auch geschehen wird…
Tassilo weigert sich vor Karl zu erscheinen.
Karl zieht im Herbst mit seinem Kontingent durch die Alamania zunächst an den Lech. Von Norden zieht ein weiteres Heer aus Franken (Austrasiern), Thüringern und Sachsen in Richtung Donau. Geplant ist sich bei Pförring (Landkreis Eichstätt), 50km vor Regensburg mit den Truppen Karls zu vereinigen
Von Süden rückt dann Pippin von Italien, der als Karlmann geborene dritte Sohn Karls, mit einem italienischen Heer über Trient nach Norden gegen Tassilo bis Bozen vor. ( Kam es hier vielleicht zum Tod des Hrodpert und es handelt sich um eine Verwechselung? ) .
Tassilo ist nun von drei Seiten von karolingischen Heeren eingeschlossen, die sich in Richtung der Herzogstadt Regensburg bewegen. Am 3. Oktober 787 kapituliert er auf dem Lechfeld. Symbolisch für sein Land übergibt er Karl sein Zepter, einen Stab, der mit einer Figur bekrönt ist. Wahrscheinlich ein altes, spätrömisches Konsular-Szepter,10 Zudem übergibt er seinen Sohn Theodo als Geisel. Das anwesende Volk leistet wohl ebenfalls Karl den Treueid, wwahrscheinlichl auch aus Angst vor der Exkommunikation.
Karl reist nach Ingelheim, wo er das Weihnachtsfest begeht.
Der Prozess 788 in Ingelheim
Von dem was sich in Ingelheim 788 abspielt gibt es drei fränkische Quellen: Die königsnahen Reichsannalen die die Rolle der “Systempresse” einnehmen, dann die etwas weiter vom Königshof entfernten Lorscher Annalen und die wahrscheinlich aus Murbach stammenden Annales Nazariani. Die Annales Nazariani geben dabei Informationen, die die anderen Quellen übergehen und kommen dem, was wirklich geschah, wohl am nächsten.
In diesem Teil werde ich daher die Annales Nazariani als Quelle nutzen, während im nächsten Teil dann Karls Reichsannalen zu Wort kommen und nochmals verglichen werden sollen ( so die Planung derzeit…)
Tassilo war mit seinen Vasallen in Ingelheim erschienen. Dies wurde wohl auf dem Lechfeld vereinbart. Er scheint normal behandelt worden zu sein, also keine Inhaftierung oder Ähnliches. Er wird also in Sicherheit gewogen.
Doch während er darauf wartet, von Karl empfangen zu werden, sind Truppen auf dem Weg nach Regensburg. Sie nehmen Tassilos Frau und Kinder fest, nehmen den Thronschatz an sich und bringen alles nach Ingelheim. Als sie dort eintreffen, schnappt die Falle zu. Tassilo wird entwaffnet, festgenommen und vor Karl geführt.
Tassilo wurde von Karl befragt und konnte nicht leugnen, hinterlistig Pläne mit anderen Völkern geschmiedet zu haben, wie es die Annales Nazariani schreiben . Er wird daraufhin direkt verurteilt, sich scheren zu lassen (also ins Kloster gehen), woraufhin Tassilo bittet, das dies nicht öffentlich geschehen zu lassen wegen der damit verbundenen Schande. Dem wird stattgegeben. Tassilo wird nach St. Goar geschafft, am 6. Juli geschoren, geweiht und nach Jumiege (Normandie) ins Kloster gebracht. Das geschieht auch mit seinen Söhnen, auch seine Frau und Töchter werden ins Kloster nach Chelles und Laon verbannt.
Nach dem Schauprozess in Ingelheim reist Karl nach Regensburg “um das von Odilo und Tassilo dem Frankenreich entfremdete Baiern” neu zu ordnen. Wohl etwa zur gleichen Zeit kommt es zu Einfällen der Awaren, die durch bairische Truppen und fränkischen Hilfstruppen unter dem Befehl von Königsboten zurückgeschlagen werden können. Zunächst an der Ypps (Seitenfluss der Donau in Niederösterreich) , dann an der Donau selbst und im langobardischen Friaul. Auch in Kalabrien können die Byzantiner zurückgeschlagen werden, in deren Begleitung sich auch der Sohn des Desiderius Adelchis befindet.
791 setzt Karl in Bayern einen Präfekten ein. Es ist Gerold sein Ex-Schwager, der Bruder seiner verstorbenen Frau Hildegard. Jemand dem nachgesagt wird in mehrerer Hinsicht mit den Agilolfingern verwandt zu sein. Karl ist also noch immer auf den Namen der Agilolfinger angewiesen. Er erhält zudem den Titel des missus, des Königsboten.
6 Jahre später wird Tassilo nochmals aus dem Kloster geholt und muss vor der Synode von Frankfurt 794 erscheinen. Hier berichten diesmal die Lorscher Annalen, sowie Teile der Konzilsprotokolle.
Tassilo erschien in Frankfurt , versöhnt sich mit dem König, verzichtet auf alle Machtansprüche auf Baiern und übergibt diese an Karl. (Lorscher Annalen) und Karl ist gerührt, verzeiht ihm , gewährt ihm Gnade und nimmt ihn in seine Liebe auf, damit künftig in Gottes Barmherzigkeit sicher leben kann11
Karl scheint bei der Machtübernahme in Baiern auf irgendein rechtliches Problem gestoßen zu sein . Eines, das erforderte, dass Tassilo die Macht aktiv auf Karl überträgt und nicht einfach nur abtritt.
Ich stelle mir das in etwa so vor, dass irgendein Stammesrat in Baiern auf das Lex Baiuvariorum tippt und sagt,”Du kannst nicht einfach das Herzogtum auflösen, das kann nur der Herzog, und laut der Lex muss das immer ein Agilolfinger sein. Du bist keiner? Dann kannst du das Herzogtum nicht auflösen, wenn der rechtmäßige Herzog das nicht zulässt! Abfahrt! “
Auf jeden Fall muss der aktive Verzicht Tassilos unglaublich wichtig gewesen sein, denn die Protokolle aus Frankfurt mussten in drei Exemplaren kopiert werden, eine musste in der Pfalz, also wahrscheinlich Frankfurt bleiben, ein weiteres in der Pfalzkapelle, hier ist wahrscheinlich die Bibliothek der Pfalz Aachen, die dem heutigen Dom angeschlossen gewesen sein soll gemeint, und eines am Verwahrort von Tassilo. Letzteres wohl, um rechtlich jemandem Tassilos Verzicht vor die Nase zu halten, falls ihn jemand aus dem Kloster holen wollte.
Doch scheinbar wird Tassilo nicht nach Jumieges zurück geschickt. Er wird wohl nach Lorsch verbracht. ( Was übrigens durch Tribur geführt hätte…). Zeugte der ursprüngliche Ort Jumiege noch das er Tassilo möglichst weit weg von Baiern haben wollte, darf er nun wieder näher an die alte Heimat heran. Wahrscheinlich drohte keine Gefahr mehr bei einer Rückkehr. Und auch die Versöhnung mit Karl, die durchaus so stattgefunden haben kann, könnte eine Rolle spielen. Vielleicht hatte sich Tassilo auch mit seinem Schicksal abgefunden, zumal es wahrlich schlimmere Strafen als Klosterhaft gibt. Und es wäre auch nicht auszuschließen das Tassilo im Alter ohnehin sein Amt an seinen Sohn übergeben hätte und selbst in eines seiner vielen, von ihm gegründeten Klöster gegangen wäre.
An einem 11. Dezember stirbt Tassilo. Mann nimmt das Jahr 796 an. Als Ort gibt der Mainzer Domvikar Georg Helwich (+1632) an, in Lorsch eine Inschrift gesehen zu haben und von seinen Brüdern, die Äbte von Lorsch waren, weitere Informationen erhalten zu haben.
Demnach befand sich links des Nikolausaltars eine alte Inschriftenplatte auf der Stand:
+ Tessilo dux primum post rex monach(us) sed ad imu(m) Idibus in ternis decesserat iste decembris
Conditur hac fovea quem pie Christe bea12
übersetzt etwa:
Tassilo, erst Herzog, später König, doch zuletzt Mönch, war am dritten Tag vor den Iden des Dezember (11. Dez.) verstorben und wurde in diesem Grab bestattet. Gewähre diesem, gütiger Christus, die Seligkeit.
Schon der Mönch Berthold aus Kremsmünster ( ca 1270-1326 ) erwähnte einen Teil des Grabtextes und notiert dass diese auf dem Grab Tassilos stünden, ohne aber seinen Ort anzugeben. Die Inschrift war wohl umlaufend auf einer Platte angebracht, denn eine Wormser Wiedergabe des Textes verschiebt das ganze um eine Zeile. Es war also nicht klar, wo der Anfang und das Ende des Texts ist. Auch ein Kanoniker schreibt 1281 das er hier erstmals auf einer Grabplatte gelernt habe, dass Tassilo Herzog von Bayern, Langobardischer König und dann Mönch in Lorsch geworden sei. Langobardischer König war er nicht und so stand es nun auch nicht auf der Platte. Es liegt nahe zu vermuten, dass die Platte von späteren Anhängern, man könnte fast “Fans” sagen, gestiftet wurde. Diese sahen ihn vielleicht in der Rolle eines bairischen Königs, den es ja später, zum Beispiel in Form von Ludwig dem Deutschen gab.
Die Online Version der Deutschen Inschriften sieht in der Reimform ( leoninischer Hexameter und ein leoninisches Distichon ) eine Entstehung der Inschrift im zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts.13 Zu diesem Zeitpunkt gab es in Lorsch bereits deine Tassilo-Tradition, wie an der Chronik Ottos von Freising zu sehen ist wo vermerkt wurde, das Karl Tassilo zur Klosterhaft in Lorsch begnadigte.
W. Strömer, Die Bajuwaren Kap. 6.3 ↩
W.Strömer, Die Bajuwaren – Von der Völkerwanderung bis Tassilo III. S.113 ↩
H. Wolfram, Tassilo III. Einleitung ↩
H.Wolfram, Expansion und Integration in Acta Müstair, Kloster St. Johann 3 S.251-260 ↩
H.Wolfram, Tassilo III. Höchster Fürst und niedrigster Mönch, S S.44 leider nur in der E-Book variante… ↩
Zitiert nach W. Störmer, Die Bajuwaren – Von der Völkerwanderung bis Herzog Tassilo III. S90 ↩
G Wolf, SATURA MEDIAEVALIS Band I Germanenreiche und Karolingerzeit S220 ↩
Béla Miklós Szőke Die Karolingerzeit in Pannonien S.13 ↩
P. Gleirscher, H. Nothdurfter, Die Kirchengrabung von St. Georg bei Völlan, Lana Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde S.272 ↩
siehe auch : https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Tassilos_Szepter#Szepter_in_Antike_und_fr%C3%BChem_Mittelalter ↩
Concilia aevi Karolini I ↩
Zitiert nach DI 38, Bergstraße, Nr. 17† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0001704 (17.01.2014) ↩
DI 38, Bergstraße, Nr. 17† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di038mz04k0001704 (17.01.2014) ↩


Oh ja gerne!
Hallo, Bei Recherchen zur Tunika Heinrich des Zänkers bin ich auf eine ähnlich Lösung gekommen, ich habe mir das Stifterbild…
Hab jetzt gerade Terra X schauen wollen. Seit neusten mit KI generierten Stimmen. Diese Entwicklung gefällt mir nicht. Ich muss…
Gut gelungen. Dieses Miniriemchen im Riemendurchzug der Scheide hält das Ganze.
Freunde von mir waren schon da. Ich weiß nur nicht ob ich selbst schaffen werde :-(