Das karolingische Münzsystem und die Währungsreform
Bereits die römische Währung vor der Einführung des Denars 211 vor unserer Zeitrechnung basierte auf einem 12er System . Ein As waren 12 Unzen, ein römischer Zoll war 1/12 Fuß, Eine römische Unze Gewicht waren 1/12 des römischen Pfund. Das Wort Uncieae bedeutet ein Zwölftel und auch die im englischen bekannte Unze, als auch der Inch leitet sich davon ab.
Die Franken aber hatten das 12er System der Römer mit einem 20er System gemischt und so ein duodezimal-vigesimales System erhalten, dass sie in ihrer Währung nutzten. Was damit gemeint ist wird sich noch zeigen. Über die ursprüngliche Herkunft des 20er System, das auch in keltischen Sprachen vorkommt, als auch des 12er Systems gibt es mehr Theorien als Zahlen.
Europa im Chaos der Währungen
Mit dem Untergang des Weströmischen Reiches war es zu einem regelrechten Wildwuchs im Wärungssystem gekommen.
Der Merowinger Teudebertließ ab 544 eigene Goldsolidi mit eigenem Bild schlagen, was in Byzanz als Anmaßung aufgefasst . Durfte dies doch nur der römische Kaiser machen.
Werte, also das Gewicht der Münzen, veränderten sich immer wieder.
In den 580ern Wertete man im Südosten des Frankenreichs den Solidi ab, in dem ihn von 24 auf 21 Siliquae, eine kleine römische Silbermünze mit 1/144 der römischen Unze oder 0,19 gr. , herabsetzen. Eine weitere Abwertung erfolgt unter Chlothar II. auf 20 Siliquae.
Am Ende der merowingischen Herrschaft schwirrten in Franken und Umgebung eine Vielzahl von verschiedenen Münzen durch die Gegend. Byzantinische Goldsolidi, Imitationen byzantinische Goldmünzen, Silbermünzen, die Langobarden nutzen noch den Tremissis im Gegenwert von einem drittel Solidus, alle mit unterschiedlichen Gewichten und somit unterschiedlichen Werten. Verschiedene Denare oder Solidi hatten zwar denselben Namen, aber nicht den gleichen Wert, da der Materialwert unterschiedlich war, und an diesem definierte sich der Wert einer Münze. Zudem kamen stellenweise fragwürdige Verunreinigungen der Edelmetalle.
Das Problem
Nun war das für den einfachen Menschen, etwa auf einem lokalen Markt, wo der Tauschhandel dominierte, relativ egal. Wer aber in größeren oder anderen Dimensionen dachte, bekam da schnell ein Problem.
Wenn man also in etwa auf dem Fernhandelsmarkt in Mainz mit einem langobardischen, Aquitanischen oder auch nur einem Pariser Händler ein Geschäft abschließen wollte, war mindestens eine Feinwaage unerlässlich. Hilfreich war es auch die fremden Münzen zu kennen um nicht einer Fälschung aufzusitzen. Zudem konnte ein Goldprüfstein hilfreich sein,
Als 771 Karls Bruder Karlmann starb und Karl dessen Reichsteile erhielt, entstand somit ein Problem. Mit einem Schlag vergrößert sich Karls Reich und er erhält den Süden des heutigen Frankreichs und die Allamania dazu.
Was einstmals Außenhandel war, wurde nun zum Binnenhandel, doch dem Handel stand das Chaos der Münznennwerte entgegen. Karl begann also die Währung zu reformieren.
Die Währungsreform.
Karls Reform der Währung kam nicht auf einen Schlag, sondern war ein längerer Prozess, der sich aber an einigen Terminen festmachen lässt.
Seit 771 sind die meisten Denare, die im Umlauf sind, einheitlich gestaltet. Ganz so wie schon bei seinem Vater Pippin.
Neben dem Denar gab es eine noch kleinere Einheit, den Obolus, mit dem Wert eines halben Denars und dementsprechend halben Gewicht von diesem. Auch das Design entspricht dem des alten Denars. Während die älteren Oboli in der Art der Brakteaten einseitig geschlagen waren, ist dies bei den Oboli Karls nicht der Fall.
Zudem war zu diesem Zeitpunkt auch noch der Tremisses aus Gold, mit dem ursprünglichen Wert von einem Drittel Solidus in Umlauf. Für die Karolingerzeit wird aber eingenommen das sein Wert identisch mit dem eines Solidus war. Diese Münzen entstanden nach dem Sieg über die Langobarden und wurden in Luca, Pavia, Castelseprio und einer möglicherweise aus Chur. Nur der Tremissis aus Pavia zeigt dabei ein stilisiertes Bild, das wohl den König zeigen soll, aber mehr wie ein Weihnachtsengel wirkt… Mit dem Kapitular von Mantua setzten sich aber auch in dieser Region die Silber Denare durch.
793/94 wird nun das Karlspfund eingeführt und wird Grundlage der Währungsreform. Das Karlspfund entspricht etwa 408 Gramm Silber. Aus diesen 408 Gramm Silber sollten dann 240 Denare, also Pfennige, geschlagen werden mit etwa 1,7 g Gewicht. Als rein rechnerische Zwischeneinheit fungiert der Solidus, der Schilling.
12 Denare entsprechen dabei einem Solidus und 20 Solidi wiederum dem Pfund.
Silber aus einziges offizielles Material der Münzen einzuführen scheint einer einfachen Überlegung entsprungen zu sein. Auf dem Gebiet der Franken lässt nur wenig Gold gewinnen. Silberminen sind aber durchaus vorhanden.
794 werden auf der Synode von Frankfurt neue Münzen eingeführt, die ein wenig größer sind als die Alten. Ihr Silber sollte rein sein und sie sollen im ganzen Reich anerkannt werden. Da die gefunden Münzen sich nur gering im Gewicht unterscheiden, sie liegen zwischen 1,3 und 1,8 g liegen, scheint dies funktioniert zu haben.
Damit waren die Währungseinheiten neu definiert und aufgewertet worden. Denn unter Karls Vater Pippin und zunächst auch unter Karl galt das Pfund mit 22 Solidi, dabei ging jedoch ein Solidus an den Fiscus und ein weiterer Solidus an den Münzbeamten, den monetarius. Die restlichen 20 Solidi wurden dann wieder zu 12 Denaren geschlagen.
Mit der jetzigen Änderung wurde der Denar aufgewertet, und die nervigen Münzbeambten, die vorher richtig gut bezahlt waren, gehen nun leer aus. Aber auch der Fiscus geht leer aus.
Diese wegfallenden Einnahmen mussten ausgeglichen werden, dies war nur durch Zölle möglich. Dies wurde erreicht, indem die Wirtschaft angekurbelt wurde. Und genau das geschah ja mit einem einheitlichen Währungssystem.
Wer jetzt aus Aquitanien in Thüringen handeln wollte, musste nicht kompliziert umrechnen. Wer Stoffe aus Byzanz über Venedig eingeführt hatte, musste sich innerhalb des Frankenreichs nicht umstellen und hatte überall die gleichen Umrechnungen als Grundlage.Gleiches galt auch für slawische oder nordische Händler die etwa Bernstein oder Felle einführten.
In den letzten Jahren wurde zudem festgestellt, dass auch wieder der Obolus als Münze auftaucht. Die Funde sind jedoch extrem selten. Der Obolus ähnelt dem Denar im Design: Es zeigt auf der Vorderseit das Karls Monogramm im Perlenkreis und auf der Rückseite ein Kreuz im Perlenkreis und drumherum die Münzstätte. Alle diese Oboli stammen aus dem französischen Melles.
Mit dem Wissen könnte schon mal eine Zeitreise ins England vor dem Jahre 1971 machen, denn bis zu dem Zeitpunkt wurde dort das Pfund Sterling nach genau jenem Prinzip eingesetzt. Nur hatten man, um Leute noch mehr zu verwirren, noch Zwischenschritte eingeführt wie 1 Crown mit 5 Schilling oder 60 Pennys. Aber auch bei uns führt man im Mittelalter Zwischenschritte ein. Der bekannteste ist das halbe Pfunde also 10 Schillinge oder 120 Pfennige, die dann eine Mark sind!
Was den Solidus als Münze angeht, gibt es jedoch einige seltene Ausnahmen, aber denen widme ich mich später.
Die Münzen
Eine der wichtigsten Silberminen Frankens lag im west-französischen Melles, wo seit 602 silberhaltiges Blei gefördert wurde. Unter dem Merowinger Dagobert I. wurden von dort jährlich 8000 Pfund Silber nach St. Denis geliefert. Viele der bekannten Silbermünzen wurden hier geschlagen. Und noch heute kann man sich die touristisch erschlossenen Minen ansehen.
Die Münzen vor der Münzreform sind sich alle optisch ähnlich, aber je nach Münzprägestätte dennoch verschieden. Die Vorderseite ziert immer der Schriftzug CARLUS in zwei Zeilen. Die Rückseite die Prägestätte, meist ebenfalls in zwei Zeilen, aber auch mal im Kreis geschrieben, oder 4 Buchstaben durch ein Kreuz getrennt.
Mit der Einführung des Karlspfunds verändert sich auch der Prägestempel. Auf der Vorderseite befindet sich ein Kreuz, eingefasst von einem Perlenkreis, darum die Umschrift CARLUS REX FR, Abkürzung für Carolus Rex Francorum, Karl König der Franken.
Die Rückseite ist ähnlich gestaltet, statt einem Kreuz ist hier das signum manus, also das Karlsmonogramm, abgebildet , umlaufend ist die Prägestätte notiert.
Aus dieser Serie von Münzen gibt es ein besonderes Stück. Es kann nur zwischen 793 und 794 entstanden sein und nennt statt der Prägestätte auf der Rückseite Fastrada Regina – Königin Fastrada. Karls 794 gestorbene vierte Ehefrau. Es ist die einzige karolingische Münze, auf der eine Königin genannt wird. Die Inspiration für diese Münze könnte Karl durch König Offa von Mercia gekommen sein, der ebenfalls eine Münzreform durchgeführt hatte und seine Frau Cynethryth auf Münzen erwähnt.
Die seltenste Gruppe, die angegebene Anzahl liegt bei nicht einmal 60 Münzen, andere Angaben sprechen sogar von unter 40 ( Coupland 2014: 45 Exemplare, Kluge 2002: 35 Exemplare) , ist der sogenannte Karls Denars. Hier sieht man nun erstmals ein Bild Karls des Großen. Und zwar in klassischer römischer Kaiser-Pose. Mit Paludamentum, geschlossen mit einer Fibel auf der rechten Schulter. An der Schulter schaut die Pteryges eines Panzers hervor, ein Lorbeerkranz auf dem Haupt, ein massiges, rundes Gesicht mit Schnauzbart. Und umschrieben mit den magischen Worten Karolus IMP AUG, kurz für Imperator Augustus. Also dem Kaisertitel. Ich habe bei meiner Recherche in Auktionshäusern Münzen gesehen, deren Zustand für mich schlecht aussah (z.T Ränder wegkorrodiert, kurz vor dem Außeinanderbrechen) , die aber mal 33.000-34.000€ erzielten!!!
Diese Münzen müssen nach 800, also dem Zeitpunkt der Kaiserkrönung , entstanden sein. Auf Grund ihrer geringen Stückzahl ist es jedoch wahrscheinlicher, dass sie erst ab 813, dem Zeitpunkt der Anerkennung seines Kaisertitels durch Byzanz, vielleicht auch zum Anlass der Ernennung Ludwigs des Frommen zum Mitkaiser, geprägt wurden und verschwanden mit seinem Tod 814 wieder.
Von dieser Münze gibt es verschiedene Typen. Zum Einen die Umschrift XPICTIANA RELIGIO ( sprich: Christiana Religio, griechisch!) – christlicher Glauben oder christliche Religion, auf der Rückseite. In der Mitte ist ein Tempel, bzw Kirche, mit Kreuz abgebildet. Aus Arles Rouen und Trier stammt die Abbildung eines Stadttores , ein Schiff ziert Dorestad und Quentovic und die Abbildung von Prägewerkzeug ist wahrscheinlich Melles zuzuordnen. Die XPICTIANA RELIGIO- Varianten der Münze, also mit Kirche, lassen sich weiter einteilen: Mit Umschrift D(ominus) N(oster) KARLVS IMP(erator) AVG(ustus) R(ex) F(rancorum) ET L(angobardorum), KAROLVS IMP AVG und KARLVS IMP AVG. Weiterhin sind bei einigen Münzen Buchstaben unterhalb der Büste Karls abgebildet: C, F, M und V. Früher wurden sie las Prägestätte interpretiert (Köln, Frankfurt, Mainz Worms). Heute geht man davon aus das die Münzen aus Aachen kommen. Die Bedeutung der Buchstaben ist unbekannt.
Die Ausnahmen
Ein Gold Solidus stammt aus Dorestad und befindet sich im British Museum. Auch als Prägestätte ist Dorestad angegeben. Doch die Münze entspricht keinem üblichen Münzbild. Wenn sie echt sein sollte, stammt sie aus der Zeit zwischen 773 und 793. Die Datierung kommt zum einen von der Angabe des Titels auf der Münze “König der Franken und Langobarden” , muss also nach dem Sieg über die Langobarden , aber vor Einführung des Karlspfundes entstanden sein.
Aber Münzen mit Angabe “König der Franken und Langobarden” kamen normalerweise aus der Lombardei und nicht aus dem friesischen Dorestadt. Daher nimmt man an das es sich um eine eine fiktive Münze im Sinne einer Gedenkmedaille aus der Zeit Karls des Kahlen, bzw. aus der Zeit zwischen 860 bis 900 handelt.
Ein weiterer Gold Solidus stammt aus Uzès in Septimanien. Er wird auf 771 bis 793 datiert, also vor der eigentlichen Münzreform. Bei dieser Münze nimmt man nicht an, dass sie jemals als Münze für den Verkehr gedacht war, sondern ihr eher ein zeremonieller Charakter zukommt. Vielleicht wieder als Gedenkmünze.
Ähnliches wird auch von dem Goldsolidus aus Ingelheim vermutet. Vielleicht wurde auch er als Gedenkmünze durch Ludwig dem Frommen geprägt. Ludwig ließ auch einige eigene Gold Solidi schlagen. Und auch bei diesen ist das Gesicht so extrem vereinfacht auf dem goldenen Karls Solidus .1
Andere Sonderfälle
Neben diesen Ausnahmen gibt es Sonderfälle.Bei denen einige Personen noch eigene Münzen prägen, die außerhalb der karolingischen Münzreform stehen, aber dennoch mehr oder minder Teil des fränkischen Reichs sind.
Da ist zum einen der dux der Langobarden Grimoald III. im Herzogtum Benevent. Dessen Beziehungen mit Byzanz schlagen sich auch in dessen Münzen nieder., denn er prägt noch den Tremissis in Gold mit seinem Bildnis, jedoch bis 792 mit dem Vermerk “Dominus Carolus rex victor” , “ siegreicher König Karl” auf der Rückseite. Ab 792 bezeichnet sich Grimoald selbst auf seinen Münzen als princeps (Fürst), liegt mit den Franken im Dauerkonflikt und verbannt Karl von den Münzen.
Eine weitere indirekte Ausnahme stellt Rom dar. Durch die Pippinische Schenkung war Rom eigentlich unabhängig. Jedoch lässt LEO III nach 800 Denare prägen, die denen Karls seit 792 üblichen, ähnlich sind. Ihr Gewicht und Größe entspricht denen der Fränkischen und auch das Design ist sehr ähnlich: in einem Perlkreis das Monogramm Leo III. Darum der Text: LEO PA + SCS PETRVS. ( Leo Papa, Sanctus Petrus) Auf der Rückseite findet sich dann im Perlenkreis das Monogramm Karls, umgeben von dem Text IMPA + CARLVS. Dieses Design mit Papst und Kaiser wird lange beibehalten, aber ab dem 10. Jahrhundert nach und nach an Bedeutung.
Anmerkung: Dieser Artikel entstand als Experiment. Da ich wieder etwas aktiver mit Youtube werden möchte, überlegte ich mir, ob ich nicht ein Skript für ein Video schreiben kann, aus dem auch ein Text hier im Blog werden kann. Also schrieb ich das Skript, parallel mit einigen Veränderungen für diese Version hier. Ich hoffe mal das es funktioniert.
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…