Ruodperts Weg – Etappe 9 – katharsis (Leuterung)
“Ich gebe Dir nur noch eins mit auf den Weg: quamdiu fecistis uni de his fratribus meis minimis mihi fecistis. Oftmals sind es nur die kleinen Gesten, die wirklich helfen. Denke an Martinus, als er in Ambianum seinen Chlamys teilte”, gab Hraban zu bedenken als er Ruodpert verabschiedete. Hraban musste einfach immer das letzte Wort haben, dachte Ruodpert bei sich, dumm nur das er eigentlich auch immer Recht hatte.
Sein bestes Pferd, war gut versorgt worden, schnell und ausdauernd. Wenn kein Schneesturm kam, konnte er es in 2 Tagen oder 3 nach Hause schaffen.
Als er an der Klause mit dem westfränkischen Mönchen vorbeigekommen war und sich auf den Weg zu Ringolfs Gehöft machte, fiel im ein das vergessen hatte Ringolf und seine Familie direkt im Gebet einzuschließen und ihn überkam Sorge wegen dieser Nachlässigkeit.
Er trieb das Pferd an, ein wenig schneller zu traben, um Ringolf zumindest die Münzen zu geben. Doch als er fast das Gehöft erreicht hatte, sah er eine Rauchsäule von der groben Position des Hofes aufsteigen. Der Rauch wirkte aber nicht, als käme er aus einem der Abzüge des Hauses oder einer Esse, aber er war zu stark. Ruodpert spornte nun das Pferd an und ging vom schnellen Trab in den Galopp über.
Ringolfs Anwesen brannte. Als er es erreichte, sah er Ringolf mit einer Axt panisch auf die Wand aus Lehm und Flechtwerk des Hauses einzuschlagen, während seine Frau halb weinend halb betend daneben kniete.
Als Ringolf Ruodpert sah schrie er “ Meine Tochter, Richmund, ist noch drin. Ich komm nicht rein, zuviel Feuer. Ich muss die Wand aufbrechen”. Jeder panische Schlag seiner stumpfen Axt federte mehr am den Weidengeflecht ab, das er mittlerweile freigelegt hatte, aber ihm kaum Schaden zufügte.
Ruodpert sprang vom Pferd, riss sich die alte Decke und den Mantel herunter, wobei er die geschnitzte hölzerne Nadel zerbrach die den Mantel hielt und ein Loch in das Gewebe riss. Er rannte zum Eingang, Nahm Mantel und Decke und zog sie durch den Wassertrog vor dem Haus. Die nun schwere und nasse Tücher legte er sich um den Körper und vor das Gesicht und stürmte in das verrauchte Haus wo immer wieder brennde Strohbündel und Halme von der Decke fielen oder um ihn herum wirbelten. Vor der Kammer in der sich die Kleine befinden musste, war bereits eine Balken herabgestüzt. Zum Glück brannte dieser nicht lichterloh und Ruodpert konnte ihn, geschützt von dem nassen Wolltuch, wegreißen. Die Tür selbst ließ sich ohne Probleme öffnen und die kleine Richmund saß hustend und weinend in einer Ecke der Kammer, während ihr Vater immer noch von außen versuchte durch das Weidengeflecht zu dringen. Ruopert griff erschrockene Kleine und packte sie unter das nasse Wolltuch und stürmte wieder aus dem Haus, das ein einziges Funkenmeer geworden war.
“Ringolf!”, rief Ruodpert hustend, “Ringolf, ich hab deine Tochter.” Ruodpert sank auf dem Platz vor dem brennenden Haus hustend auf die Knie und setzte das weinende Mädchen ab. Mittlerweile war das Feuer auch auf die Scheune übergeprungen und die Wenigen Tiere liefen panisch über den Hof.
Ringolf lief weinend auf die Beiden zu und nahm die kleine in die Arme.
“Ringolf!”, noch immer hustete Ruodpert, “Die Scheune, wir müssen löschen!” Ringolf drehte sich um. Er schüttelte den Kopf: “Zu, spät, da ist nichts mehr zu retten. Wenigstens habe ich meine Tochter.”
Ruodpert war fast erstaunt über diese Worte. Das jemand seine Tochter über sein Gut stellte, vorallem in einer Situation wie der Ringolfs, erstaunte ihn.
“Das wars.”, sagte Ringolf, “Nun muss ich früher in die Unfreiheit gehen als ich dachte”.
“Eigentlich wollte ich dir das hier geben”, sagte Ruodpert, “aber es wird kaum helfen” Er hielt die Hand mit den Münzen hin. Er dachte nach. Dann ballte er energisch die Faust mit den Münzen wieder und stopfte sie wieder in die Tasche. “Aber ich habe einen anderen Gedanken. “Hast du etwas zu schreiben?, fragte Ruodpert.
Der Bauer sah stumm und voller Trauer auf die noch immer brennenden Ruinen seiner Existenz. “Natürlich”, sagte Ruodpert, “entschudige.” Er nahm eine verbrannten Zweig und zog das weiße, feine Pergament aus seiner Tasche, entfaltete es und begann mit dem verkohlten Ende des Zweiges vorsichtig unterhalb des darauf befindlichen Textes zu schreiben.
“Kannst du lesen?”, fragte er den Bauern. “Ja, ein wenig”. “Dann ließ und sag mir ob du es verstehst”
Er nahm das kostbare Pergament vorsichtig in seine Hände und begann es langsam zu lesen, wobei sein Mund still jeden Buchstaben, jedes Wort einzeln zu formulieren schien.
Kaiser Ludwig? Ruodpertus exactor et missi domini? Ihr seid ein Bote des Kaisers? “Gelegentlich,” sagte Ruodpert, “ließ weiter”,
Ich verstehe nicht, sagte der Bauer, als er fertig gelesen hatte.
“Ich denke sehr wohl, dass du verstanden hast“, sagte Ruodpert. “Nimm dein Hab und Gut, dein Weib und dein Kind, alles das du noch hast, spanne deine Kuh vor den Karren und gehe zur königliche villa Franconofurt. Dieses Schreiben wird Dich ausweisen. Ich kündige Dich dort an und du wirst versorgt werden. Man wird Dir den Weg zu den Gütern weisen, die ich im Namen unseres Herrn Ludwig verwalte. Ich habe dort immer Platz für einen guten und tüchtigen Meier.” Er drückte Ringolf noch einige Münzen für den Weg in die Hand und machte sich bereit für die Abreise
“Erst rettest du meiner Tochter das Leben, und nun das Meinige? Wie kann ich Dir das vergelten?”
“Komme einfach zu mir und sei ein guter und gütiger Meier, mehr will ich nicht.
Ich werde nun zu Ebbo und dem Hof des Chunrad reiten und ihn bitten für dich und die Deinen, eine Messe lesen zu lassen, dann werde ich den Herrn in Franconofurt über Deine Ankunft informieren. Lass Dir nicht zu viel Zeit. Auf Dich wartet ein Gastmahl und ein warmes Bett! Und wenn du dich beeilst, wirst du noch den Kaiser treffen. Er wird in 6 Tagen erwarte”
Er lies den verdutzten Ringolf zurück, stieg auf das Pferd und ritt los. “quamdiu fecistis uni de his fratribus meis minimis mihi fecistis. Was Ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt Ihr mir getan”, sagte er zu sich selbst, als er in Richtung der villa des Chunrad ritt.
ENDE
Sorry, hat etwas gedauert... Ist aus einem Plan der sich bei Rudolf Kautsch, Der Dom zu Worms (1938), aber auch…
Hi, zur Baugeschichte des Doms: "Das Langhaus besitzt die Abmessungen des heutigen Domes und endet an einem Spannfundament am zweiten…
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl