Ruodperts Weg – Etappe 4 – Westfranken!
Nach dem sich Ruodpert sich ausgiebig wusch und seine Sachen gepackt hatte, verabschiedete er sich von Adalberga und Ebbo und wünschte ihnen viel Glück für die Zukunft und Gottes Segen.
Der Weg, den er nun nahm, führte ihn über den ersten größeren Anstieg seiner Reise, doch dieser stellte noch kein ernstes Hindernis dar. Auch war der Nieselregen des vergangenen Abends nicht in stärkeren Regen übergegangen, so dass die Wege weiterhin gut passierbar waren. Bald schon hatte er die Kuppe erreicht und sah zwischen den Bäumen ein Tal in dem sich ein Fluss schlängelnd seinen Weg bahnte.
Hier und da waren kleine Höfe zu sehen, die an den Hängen des Tals lagen und die feuchte Niederung mieden.
Noch bevor er das Tal erreicht hatte, bog der Weg ab und mied ebenfalls die Niederung und schlängelte sich entlang der Hänge weiter. Hin und wieder konnte man durch das Tal bereits den Berg erkennen, den er am nächsten Tag erklimmen wollte.
Bald schon führte der Weg hinab ins Tal, querte bei einer kleinen Siedlung das Flüßchen und führte nun auf der anderen Seite des an den Hängen entlang. Als Ruodpert einen Schluck trank, stellte er fest, dass sein Wasserschlauch schon recht leer war. Er würde ihn in nächster Zeit auffüllen müssen, doch das Tal schien ihm zu schlammig, um zum Flüsschen abzusteigen und dort Wasser zu holen. Doch vor ihm lag ein kleines Einzelgehöft, mit einer Palisade. Er würde dort nach Wasser fragen.
Es war seltsam still, als er den Hof erreichte. Das Tor an der notdürftig geflickten Palisade stand weit offen, als der schrille Schrei eines Kindes und das tiefe Lachen eines Mannes zu hören waren.
Ruodpert Bein fing wieder an zu schmerzen. Das konnte er nicht brauchen. Nicht jetzt. Er musste auf der Hut sein. Er bog um eine Hütte, seine Hand griff die Lanze fester. Hinter dem Haus lagen tote Kinder. Blutüberströmt. Waren es seine Leute gewesen, die dieses Blutbad angerichtet hatten oder die Slawen? Er..
Etwas zupfte am Saum an seiner Tunika. Er blickte nach unten. Ein kleines Mädchen stand dort, ihr Kleid mit Schlamm beschmiert. “Herr, geht es Dir gut?”, fragte sie mit großen Augen.
Er blickte wieder auf. “Die toten Kinder”, stotterte Ruodpert und blickte auf einen leeren Hof.
“Meinst du meine Geschwister?” fragte das Kind. Ruodpert erschrak. “Die sind bei Gott, dort drüben.” fuhr sie fort und deutete auf die Siedlung mit ihrer Kirche, die gerade noch zu sehen war “, auf dem Friedhof”. Die sind jetzt bei Gott, denen gehts richtig gut!”
“Herr, entschuldige meine Tochter, wir haben nicht oft Besuch.” sagte da eine tiefe Männer Stimme. Es musste jene Stimme gewesen sein, die er zuvor lachen gehört hatte.
“Aber ich habe einen Schrei gehört”, sagte Ruodpert mit fragendem Unterton.
“Der störrische Ziegenbock hat die Kleine umgestoßen und in den Schlamm befördert, dabei war sie so erschrocken, dass sie geschrien hat. Wir haben herzlich gelacht. Die arme Richmund, “ Er strich über den Kopf der Kleinen und lachte. “Glaubt mir, wir wollten Euch nicht erschrecken“, fuhr er fort.
“Ich.. ich… “, Ruodpert stotterte, “ ich glaube ich muss etwas trinken”. Er ging auf einen großen Bottich vor dem Haus zu und wollte seinen Schlauch füllen.
“Der ist für die Tiere”, sagte da der Mann, “Kommt mit ins Haus , wir haben nicht viel, aber immerhin haben wir sauberes Wasser.”
Ruodpert erklärte dem Mann, der sich als Ringolf vorgestellt hatte, das Vorhaben seiner Pilgerreise und bekam sofort Essen und Unterkunft angeboten, die er jedoch dankend ablehnte, da er noch die Mönchsklause am Berg erreichen wollte.
„Seid ihr hier alleine?“, fragte Ruodpert, “Euer Hof liegt etwas abgelegen und ich sah keine servii oder andere Helfer. Seit ihr im Dienst eines anderen Herren?”
Ringolf blickte ihn betrübt an. “Ich bin mein eigener Herr. Noch letzten Sommer hatte ich eine liebe Famlie als servii. Gute, fleißige Leute, doch ich musste sie und das Land hergeben. Ich hoffe es geht ihnen gut. “ Er schwieg kurz und sagte dann:”Sieh dich um.” , er machte eine weite Bewegung mit seiner Hand, “Die Ernte ist schlecht, der Wein an den Hängen ist sauer und im Tal versinken die Kühe im Sumpf, so dass ihre Hufe faulen. Und nur von Äpfeln und Nüssen kann man heutzutage nicht leben. Wenn es so weitergeht, bleibt mir nichts übrig, als selbst in die Unfreiheit zu gehen und mich einem Herrn zum Schutz anzudienen… Wenn ich denn nicht vorher zum Heerbann berufen werde und in fremder Erde mein Leben lasse” Er blickte betrübt zu Boden. “Wenn Ihr in Fulde seit, betet für mich und meine Familie”
Er sah den Ringolf an. Sein Gesicht war tief betrübt, wegen seiner Zukunft. Ruodpert fragte sich wie er helfen konnte, doch wollte er nicht gegen den Willen des Herrn handeln. Mehr aus Verlegenheit sprach er nochmals Dank für das Angebot der Übernachtung und das Wasser aus. Un machte sich auf den Weg.
“Ich werde für Euch beten und wünsche Euch viel Glück”, sagte Ruodpert, winkte und zog weiter in Richtung des Berges.
Merklich zog sich nun wer Weg in Richtung des Berges hinauf, während sich das Tal mit dem Flüsschen entgegenstreckte. Die Wolken wurden wieder dichter und erneut setzte leichter Nieselregen ein. Ruodpert beschleunigte seine Schritte, denn die Tropfen wurden dicker und schienen sich zu einem Schauer zu verstärken.
Der Berg war mittlerweile in dicke Wolken gehüllt, als er nach einem tiefen Taleinschnitt eine flachere Ebene vor dem eigentlichen Anstieg zum Berg sah. Dort, in einiger Entfernung , sah er etwas was die Klause der Mönche sein musste. Einige hölzerne Gebäude und eine ebensolche Kirche bildeten im inzwischen immer stärker gewordenen Regen das kleine Kloster der Mönche.
Er hatte das große Wolltuch um sich geschlungen , so dass auch sein Kopf bedeckt war, um sich vor dem Regen zu schützen. Im Regen kamen ihm die letzten Schritte wie eine Ewigkeit vor, bis er die kleine Tür in das abgeschlossene Geviert der Mönche erreicht hatte. Es war still. kein Laut drang nach draußen, als er an die Tür klopfte.
Fast hätte er ein zweites mal und wesentlich lauter geklopft, als sich die Tür einen kleinen Spalt weit öffnete.
Ein junger Mönch sah ihn stumm und fragend an.
“Ich bin Pilger und suche eine Unterkunft in eurem heiligen Haus”, sagte Ruodpert, schon bereit, den Schritt ins Trockene zu wagen.
“Ne adiudha!”, sagte es und schloß die Tür.
Ruodpert war verdutzt. Hatte er gerade die Sprache aus dem westlichen Franken gehört? Hier zwischen Wetereiba und Buchonia? Er klopfte erneut. Wieder öffnete sich die Tür. Radebrechend, zwischen Fränkisch, Latein und einigen Brocken der westfränkischen Dialekte, die er über die Jahre aufgeschnappt hatte versuchte er dem Mönch klar zu machen das er zur Aufnahme verpflichtet war. Dieses Mal antwortete er nicht, sondern schloss wortlos die Tür.
Ruodpert war erbost. Was bildete sich der Mönch ein? Auch wenn er offensichtlich aus Westfranken kam, so galten auch für ihn die Gesetze des Kaisers.
Er griff in seine Tasche und mit einem Ruck hatte er die Naht geöffnet, die ein zweites Fach bisher sicher versteckt und verschlossen hatte. Er griff hinein und holte ein strahlend weißes Stück beschriebenen Kalbspergaments heraus. Mit geballter Faust schlug er nun gegen die kleine Tür. Wieder öffnete der Mönch und Ruodpert presste ihm das Dokument förmlich auf die Nase.
Wieder schlug er die Tür vor Ruodperts Nase zu, doch nun hörte man ein eiliges hasten und unterdrücktes Rufen. Nach einem kurzen Moment wurde die Tür wieder geöffnet. Nun stand ein alter Mönch, offensichtlich der Vorsteher der Klause, in der Tür, während der junge Mönch sich erschrocken im Hintergrund hielt.
Wieder hob Ruodpert die Hand, in der er noch immer das feine Pergament hielt. Der Mönch drückte seine Hand sanft nach unten “Nicht nötig, Herr. Ich muss nicht lesen was darin steht um alleine an der Qualität der Haut zu sehen, das Ihr mit höchsten Ehren ausgestattet seid. Vergebt meinem jungen Schüler, er spricht unsere Sprache nicht gut und wir befinden uns in einer selbst auferlegten, strengen Fastenzeit, um uns auf die Geburt des Herren vorzubereiten.”
„Vergesst das Sendschreiben” antwortete Ruodpert, “ Ich bin als einfacher Pilger unterwegs und brauche nur eine Unterkunft für die Nacht, ich würde Dich nicht bemühen, wenn ich die Gegend kennen würde und dieser Regen nicht wäre.”
Der Vorsteher machte Ruodpert Platz und bat ihn mit einem Wink hinein.
“Wegen unseres Fastens können wir Euch nichts anbieten, aber ich kann Euch meine Kammer…”. Ruodpert unterbrach den Vorsteher. “Ist das der Stall?”, fragte er, die Antwort bereits kennend. “Ich schlafe dort!”.
Ein Bissen des nun einige Tage alten Brotes und des Käses, der noch in der Tasche waren, stärkten ihn, bevor er, noch immer mit Wut im Bauch vor diese scheinheiligen Mönchen, im Stroh einschlief.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…