Burg Broich – fast wie eine Pfalz
Für sein Buch Deutsche Königspfalzen wählte Günter Binding auch eine Anlage die nicht als Pfalz zu bezeichnen ist. Dies hatte mehrere Gründe. Zum einen hatte Binding die Anlage selbst unerwartet entdeckt, zum Anderen weist die Anlage parallelen zu einer Pfalz bzw. zum Saalbau einer Pfalz auf. Sie zeigt also das beim Bau von Pfalzen eine für ihre Zeit übliche Bauweise für Repräsentationsbauten verwendet wurde.
Ab 1965 sollte Günter Binding für das Rheinische Landesmuseum Bonn Schloss Broich in Mülheim an der Ruhr erforschen. Zu diesem Zeitpunkt wusste man lediglich das die Anlage bis ins 12. od. 13. Jahrhundert reichte. Umso größer war das Erstaunen als man nun auch auf karolingisches Mauerwerk stieß.
Das spätere Schloss Broich besteht aus einer kreisrunden Kernburg an der sich nach Westen eine Vorburg anschließt. Im Zentrum der Kernburg fand sich ein massiger, runder Bergfried. Dieser umschloss jedoch einen rechteckigen Raum aus karolingischer Zeit, wobei der Raum Teil eines größeren Gebäudes war, das sich nach Nordwesten bis über die Kernburg hinaus ausdehnte.
Es zeigte sich das die Mauer der Kernburg im Westen, Süden und Osten auf einer älteren Mauer aufsaß, die ein Oval umschloß das sich noch weiter nach Norden ausdehnte als die heutige Kernburg. Im Zentrum des Ovals befand sich ein 27,75m langer Hauptbau der sich im Grundriss in drei Räume gliederte.

Der mittlere Raum gestaltete Sich als Saal der auf eine Höhe von 2,66m bis 2,95m verfolgt werden konnte. Der Innenraum hatte eine Größe von etwa 13,2m auf ca.7,65m. Von Osten und Westen konnte der Raum durch gegenüberliegende Türen betreten werden.
Der Raum im Süden, auf den später der Turm gesetzt wurde, war 1,55m eingetieft. Erhellt wurde er durch mehrere Schlitzfenster. Von Außen führte von Süden eine Rampe hinein während im Saal eine Tür, gefolgt von einer Holztreppe, in den Raum hinunter führte. Die Höhe des Raums wird mit 3,16m angegeben. Auf dieser Höhe war eine Balkendecke nachvollziehbar, die nach Süden über den Raum hinausragte und so ein Solarium (Balkon) bildete. Von dort ergab sich ein Überblick über Hellweg und Furt.
Wie das Obergeschoss erreicht werden konnte ließ sich nicht nachvollziehen. Möglicherweise durch eine hölzerne Treppe im Saal.
Im Norden schloss sich ein weiterer Raum an. Dieser lag gegenüber dem Saal um 0,35m erhöht und konnte von Osten betreten werden. Das dieser Raum leicht erhöht liegt, hat seinen Grund in der Topographie. Von südosten nach nordwesten steigt das Gelände um nicht ganz einen Meter an.
Diese leichte Schräge sorgt auch dafür das östlich des Saals einige Stufen zwischen Saalbau und “Nordwestbau” auf einen Weg führen. Unter Umständen war dieser auch überdacht, dies lässt sich jedoch nicht mehr nachvollziehen.
Der Nordraum besitzt eine weitere Tür nach Norden die in einen kleinen Gang führt. Dieser endet in einer Latrinenanlage, bzw. an deren Latrinenschacht. Daneben findet sich ein weiterer Latrinenschacht der aus dem oberen Stockwerk des Raumes zugänglich war.
Die Ursprüngliche Höhe der Räume lässt sich insgesamt nicht mehr nachvollziehen.
Der “Nordwestbau” westlich des Saals besteht aus zwei Innenräumen. Der südliche ist wieder eingetieft. Diesesmal um 1,7m, der Eingang erfolgte wieder über eine Rampe. Beide Räume besaßen einen Holzfußboden.
Auch im Nordosten gab es einen Anbau, der auf Grund eines Eckkamins als Kemenate angesprochen wird. Der Eingang lag an der Südostecke.
Im Südosten gab es einen weiteren Anbau der über eine Tür vom Saal erreichbar war. Auf Grund des Turmes ließ sich die östliche Mauer des kleinen gangartigen Raumes nicht mehr feststellen sollte aber etwa bei etwa 2m gelegen haben. Auch er führte zu einer Abortgrube. Der Raum hatte eine Höhe von 2m, die Deckenbalken und der Dachanschluss sind nachgewiesen.

Innerhalb des Berings sind 5 weitere Gebäude nachgewiesen. Im Osten und Westen schließen jeweils direkt direkt an die Mauer zwei lange Gebäude an (17mx5m/17,65×5,65m) für die jeweils ein Holzfußboden nachgewiesen ist. Südlich des Westbaus befindet sich das tor der Anlage, während sich südlich des südlich des Baus im Osten eine Ausfallpforte anschließt.
Südlich des Tors findest sich der fast quadratische “Südwestbau” der sich ebenfalls an die Mauer anlehnte. Auch er besaß einen Holzfußboden, einen Kamin und war mit Schiefer gedeckt.
Im Süden fand sich ein weiterer saalartiger Bau mit Kamin, der durch drei Türen erschlossen wurde. Da er sich nicht an die Mauer anlehnte führte eine weitere kleinere Tür in den Zwickel zwischen Gebäude und Mauer.
Südlich der Ausfallpforte fand sich ursprünglich ein fast quadratischer Bau, analog zum “Südwestbau”, der jedoch wohl bei Bauarbeiten an der Ringmauer aufgegeben und durch einen Pfostenbau ersetzt wurde.
Nach Binding sei es bemerkenswert dass, ” ..eine Kapelle und alle Wirtschaftseinrichtungen wie Küche, Speicher und Brunnen fehlen.” Auch wenn ich hier schon einhaken muss und den eingetieften Räumen durchaus den Charakter eines Lagerraums zusprechen würde.
Die karolingische Burg Broich wird in keinem Text genannt, bzw ist nicht direkt genannt.Die Datierung erfolgte zum einen über die Bemaßung die sich auf den karolingischen Fuß bezieht und auf Scherbenfunde von Badorferkeramik und Reliefbandamphoren die ins 9. Jahrhundert verweist. Dies wurde dann später auch durch den Fund einer Emailscheibenfiebel erhärtet.1
Der Konsens zur Anlage stellt sich nun wie folgt dar:
Man vermutet das ein Heerlager das Herzog Heinrich I. im Winter 883/884 gegen die in Duisburg verschanzten Nordmänner errichten ließ mit der Burg Broich identisch ist. Binding vermutet zunächst eine Holz-Erde-Wehranlage die später steinern ausgebaut wurde, schreibt aber dann einige Seiten weiter2
Ich muss gestehen das ich mit der Interpretation als kurzfristige Verteidigungsanlage gegen das von den Nordmännern besetzte Duisburg und zum Schutz des Hellwegs ebenfalls meine Probleme habe.
Bereits zuvor notierte ich die Diskrepanz die Binding aufwirft ohne darauf einzugehen: eine Holz-Erde-Wehranlage die nach einem Winter ihre Aufgabe erfüllt hatte und nicht mehr benötigt wurde und dann dennoch aufwendig ausgebaut wurde.
Zum anderen sehen ich ein Problem in der strategische Lage. Wollte ich das Duisburger Gebiet und den Hellweg gegen die Nordmänner abriegeln, hätte ich die das gegenüberliegende Ufer für eine Befestigung gewählt um so die Ruhr als Näherungshindernis zwischen mich und die Feinde zu bringen. Topographisch erscheint Burg Broich eher ein Vorposten des 8km entfernten Königshofes Duisburg zu sein, oder als Schutz für Mühlheim a.d. Ruhr. Aber ein Problem stellt in dieser Betrachtung auch auch der Königshof Duisburg selbst dar. Es ist nicht bekannt welchen Status dieser 884 besaß. Die Besetzung durch die Nordmänner ist erst Duisburgs Ersterwähnung. Für seinen Ausbau und “Hochstufung” zur Pfalz wird das 10. Jahrhundert veranschlagt.
Und dann ist da noch das Problem das kein Brunnen auf dem Gelände vorhanden ist. Wenn ich gegen die Nordmänner eine kleine Festung errichte, muss ich doch zumindest nach der ersten Belagerung von Paris (845) davon ausgehen das auch ich belagert werden könnte. Und nichts ist blöder als wenn einem bei der Belagerung das Wasser ausgeht!
Es ist also fraglich was Burg Broich tatsächlich war, sicher ist dagegen nur das hier ebenfalls Repräsentationsarchitektur der Karolinger zum Tragen kommt.
H.-H. Wegner, B. Brinkmann, H.Hohensee, Archäologische Beobachtungen im Schloßhof von Burg Broich in Mülheim a. d. Ruhr, in: Das Rheinische Landesmuseum Bonn, Ausgrabungen im Rheinland ’79 S265 ↩
Binding, Dt. Königspfalzen S148) mit dem Abzug der Nordmänner ( vor Mitte April 884) habe Broich seine Aufgabe erfüllt. Ein weiterer Gedanke ist das die Anlage identisch sein könnte mit nicht bezeichneten Ort am Oberlauf der Ruhr an dem sich 923 König Heinrich I und König Robert I trafen um Geschenke und einen Freundschaftsbekundungen auszutauschen und um einen Freundschaftsvertrag zu schließen. Für all diese Vermutungen gibt es allerdings keinen endgültigen Beweis, so dass es immer wieder zu Gegenstimmen kam. (( vgl W. Janssen Mittelalterlicher Burgenbau am Niederrhein Zum Verhältnis von Archäologischem Befund und schriftlicher Bezeugung , in Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters S122 ↩
Sorry, hat etwas gedauert... Ist aus einem Plan der sich bei Rudolf Kautsch, Der Dom zu Worms (1938), aber auch…
Hi, zur Baugeschichte des Doms: "Das Langhaus besitzt die Abmessungen des heutigen Domes und endet an einem Spannfundament am zweiten…
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl