Brevium Exempla: 11 Zimmer und zwei Laubengänge
Ursprünglich wollte ich an Ostern etwas über Reliquien online stellen, aber die Sache wurde immer größer und länger, so dass ich sie nicht fertig bekommen habe und der Artikel weiter wächst. Aber ich habe mir dann Zeit genommen einige Texte zu überarbeiten und nachzureichen die einmal ins Tribur Buch kommen sollen. Darunter auch mal wieder das Brevium Exempla.
Teilweise auf diesen Angaben beruhend, bzw. davon inspiriert hatte ich ja schon mal Teile eines Königshofes, bzw. die sala regalis visualisiert.
Zum gefühlt 800ten mal stolperte ich dabei wieder über den Beginn des Abschnittes zum Königshof Asnapius/Asnapio, dem heutigen Annappes, einem Vorort von Lille.
Der Originaltext ist verhältnismäßig einfach:
Invenimus in Asnapio fisco dominico salam regalem ex lapide factam optime, cameras III; solariis totam casam circumdatam, cum pisilibus XI; infra cellarium I; porticus II
Brevium Exempla Kapital 25
Die Übersetzung ist ebenfalls relativ einfach:
Wir fanden auf dem Krongut von Asnapius ein königliches Haus/Saal, gut gebaut aus Stein, mit drei Gemächern;
das ganze Haus von Galerien/Söllern/Altanen umgeben, mit 11 beheizbaren Zimmern (für Frauen);
darunter ein Keller/Lager; zwei Veranden/Laubengänge
zunächst einmal möchte ich auf zwei Begriffe eingehen: den des solariums/solarii und des porticus.
Das solarium wird gerne in den Texten mit dem Begriff des Söllers übersetzt. Da ich aber der Meinung bin das Söller ein etwas überkommener oder altertümlicher Begriff ist, ersetzte ich ihn in aller Regel mit Galerie. Ein solarium ist dabei zunächst eine Galerie, also ein erhöhter Gang, der irgendwie nach außen geöffnet ist und so die Sonne hinein lässt. Daher der Name. Die Öffnung ist auch nicht zum verschließen gedacht. Das solarium kann aber auch einen Altan darstellen, also so etwas wie einen Balkon mit festen Unterbau. Diesen gab es etwa in Paderborn oder in Ingelheim. Die meisten sollten aber aus Holz gewesen sein und immer wieder wird von Einstürzen von Solarien berichtet, so in Aachen unter Karl dem Großen oder 870 bei Ludwig dem Deutschen in Flamersheim, als er dort ein Mahlzeit einnehmen wollte.
Der porticus wird oft als Laubengang übersetzt. Er liegt also ebenerdig im Gegensatz zum solarium. Ein Beispiel ist der Säulengang der Exedra der Pfalz Ingelheim. Aber auch er sollte Normalfall aus Holz gewesen sein. Den porticus kennen wir gut von den Römern. In römischen Städten waren die Bürgersteige von porticus überdeckt, so dass man geschützt vor Sonne und Regen war. Über dem porticus kann natürlich auch ein solarium liegen. Und auch die Veranden diem man aus Western kenn und die vor den Ladenzeilen und dem Saloon in den klassischen Westernkäffern liegen sind porticus.
Und obwohl das jetzt alles so einfach erscheint und sich einfach liest, raubt mir das Gebäude mit porticus, solarium und so den letzten Nerv, denn ich hatte mir vorgenommen das als Bild noch einmal aktualisiert zu rekonstruieren.
Und warum dem so ist, will ich kurz erläutern.
Zur Vereinfachung habe ich den Text oben entsprechend der Semikola gesetzt. Diese trennen immer einen Bereich vom Anderen. Wir haben also ein steinernes Gebäude. Innen sind 3 Räume, rundherum ist eine Art von Galerie. Unter den Räumen ist ein Lagerraum/Keller. Und an dem Gebäude sind zwei Laubengänge, also ebenerdige Galerien. Im Grunde beschreibt das fast ein Gebäude ähnlich der Aula in Aachen, oder dem Kaiserhaus in Goslar.
Der Lagerraum ist ebenerdig, der Saal, bzw. die Räume im ersten Stock. Die Galerie erschließt die oberen Räume, denn es gibt keine inneren Treppen. Der bau besitzt also eine Außentreppe. Soweit so einfach.
Das Problem sind aber in Kontext die 11 beheizbaren Räume! Wo zum Teufel liegen die?
Das Problem ist dabei die Beschreibung im Text. Dieser ist immer so aufgebaut, dass der vorhergehende Teil die Lage vorgibt. Das würde bedeuten das sich die 11 Räume von der Galerie aus erschließen und demnach nicht direkt mit den drei Raumteilen des Hauptgebäudes in Beziehung stehen. Man könnte sonst davon ausgehen das vielleicht die drei Räume des Hauptgebäudes mit Stein getrennt waren, aber eine weitere innere Aufteilung aus Hölzernen Kammern besaßen.
Dies scheidet aber auch aus dem Grund aus da im Brevium in Abschnitt 30, in einem anderen Hof, ein steinernes Haus gibt (außen aus Stein,…) das 2 Kammern aus Holz besitzt (…innen aus Holz). Eine solche Aufteilung wird also explizit erwähnt und auch für Annappes wäre das zu erwarten, wenn es so gewesen wäre.
Auch in einer der klassischen Behandlung des Themas, in Gottfried Baist (übrigens 10km von hier wo ich wohne geboren) “Zur Interpretation der Brevium Exempla und des Capitulare de Villis” von 1914 schreibt dieser auf S29 “In BE25 ist die große Zahl cum pisilibus XI schwer verständlich und die anscheinende Beziehung zu den Söllern (Galerien)(…); man könnte daran denken, daß in Vendome und Vienne peslum pessulum als “angehängter” Anbau bei DUCANGE belegt ist(…)”
Baist ging es dabei eigentlich um den Ausdruck des psilibus, jenes beheizten Raumes und dessen Herkunft, der auch als Frauenarbeitsraum aufgefasst wird. Er schließt aber folglich nicht aus, dass es sich um einen Anbau an das eigentliche Gebäude handelt, aber als diesem zugehörig aufgefasst wurde. Zumal auch eben eine, wohl außenliegende, Heizanlage vorhanden sein muss.
Das wirft wiederum die Frage auf wie die Räume beheizt wurden! In Goslar, Werla, Tilleda usw. also mindestens 100, eher 150 Jahre später wurde in einem Anbau Feuer gemacht. Sobald Rauch und Funken verflogen waren wurden in den Räumen kleine Deckel im Boden geöffnet die zu Kanälen führten die wiederum zum Feuer führten, durch die warme Luft vom Feuer einströmte. War der Raum warm, schloss man die Deckel wieder damit der Raum nicht verräucherte. Blaist schreibt dazu übrigens das auch feuchte Tücher aufgehängt wurden um den Rauch aufzufangen. Dies ist kein Hypokaustum wie in römischer Zeit!
Oder nutzte der Hof Asnapius in Teilen eine alte römische Villa und ein Hypokaustum? Es gibt zwar einen Archäologischen Park Asnapio mit Nachbauten von Funden, aber demnach gab es dort direkt keine Villa Rustica (oder sie wurde nicht gefunden, wie auch der fränkische Königshof nicht gefunden wurde)
Gehen wir also davon aus, das es sich um einen Anbau handelt. Dann stellt sich die Frage warum dieser über den Söller/ Galerie erschlossen wurde. Wobei es möglich wäre das auch hier sich ein Lagerraum darunter befindet und er deswegen erhöht lag. Auch die Heizanlage könnte ein Grund für die Erhöhung sein. An einem Hang kann er nicht gelegen haben denn landschaftlich ist dort plattes Land.
Wenn das Hauptgebäude in Asnapius nun rundum, gehen wir von 4 Seiten aus, von Söllern/ Galerien umzogen war, aber Laubengänge nur an 2 Seiten vorhanden waren, müssen mindestens 2 Söller/Galerien anders verlaufen sein. Entweder saßen sie auf einem Steinernen Sockel, also einem Altan, verliefen innerhalb des Gebäudes, als nach außen offener Gang, quasi der Vorgänger eines Flures oder aber sie „hingen“ an der Außenwand ohne einen Unterbau.
Es könnte aber auch sein das die Laubengänge etwas vollkommen anderes erschlossen und vom Gebäude wegführten, also nicht einmal einen Unterbau der Galerie bildeten. Wobei ich zumindest einen porticus unter der Galerie sehe, nämlich dort wo die Treppe in das solarium führt.
Ich habe mir für das Modell bereits einige modulare Bausteine gebaut und versuche etwas entsprechendes zu Bauen…
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…