Der Gandersheimer Westbau
Ursprüngliche hatte ich geplant etwas zum Sächsischen Westriegel zu schreiben. (Daher auch die Sache mit dem Rant vom Wochenende) Eines der Beispiele wäre dabei die Stiftskirche in Gandersheim gewesen.
Gandersheim gilt mit als Beispiel eines klassischen Sächsischen Westriegels.Rechteckiger Unterbau und oktogonale Türme deren Zwischenraum geschlossen ist. Aber ein bisschen was erschien immer seltsam.
Hinter dem Westriegel liegt etwas wie ein Querhaus in dessen Öffnung zum Langhaus sich eine Empore befindet.
Die Kombination von Querhaus, Empore und westlichem Vorbau lies die Vermutung eines Westwerks aufkommen. So schreibt die Wikipedia dann auch: „Die Kirche sollte im Jahr 1000 geweiht werden, wegen eines Brandes, nach dem das Gebäude weitgehend benutzbar blieb, wurde sie erst 1007 geweiht. (…) Es wird vermutet, dass in dieser Zeit auch die vortretenden Arme des Westwerks gebaut wurden.“
Aber ganz so war es dann doch nicht. Ende der 1990 Jahre fand während Sanierungsarbeiten eine baubegleitende bauhistorische Untersuchung statt, bei der ein „Raumbuch“ angelegt wurde. Zwar wurde dies nicht publiziert, ist aber in der Dissertation Von Dr.-Ing Heiko Seidel nachzulesen und mit einigen Abbildungen vertreten.
Demnach bestand der ursprüngliche Westbau aus einem Westquerhaus, das wohl etwas niedriger als das Mittelschiff war. Dies lässt sich aber nicht mit Bestimmtheit sagen, denn das Mittelschiff wurde im 12. Jahrhundert komplett erneuert. Der mittlere Teile des Querhauses war wohl komplett offen, ohne irgendeine Empore und wäre somit eine Verlängerung das Mittelschiffes.
Der Nord- und Südarm des Querhauses dagegen waren wohl mit Emporen unterteilt. Der Zugang zu diesen erfolgte über runde Treppentürme, die westlich vorgelagert waren. Diese Treppentürme bildeten die Grundlage für die heutigen oktogonalen Türm. Im unteren Bereich wurde der gesamte Bau einfach ummantelt und steckt daher noch immer im sächsischen Westriegel.
Der obere Bereich zwischen den Rundtürmen ist dagegen etwas unklar. Die Befunde sind nicht eindeutig, man konnte ja schlecht den ganzen Mittelbau abtragen. Es ist durchaus möglich das sich hier ein geschlossener Raum im Sinne eines Portals befand. Ganz ähnlich wie beim ottonischen St. Panthaleon in Köln ( Das werde ich für mich noch einmal gegenprüfen, die Literatur ist unterwegs!)
Es ist nicht klar ob der Eingang tatsächlich im Westen lag, noch ist die Funktion der seitlichen Emporen geklärt.
Was die Datierung der einzelnen Bauabschnitte angeht, hielt man sich tatsächlich absichtlich recht wage und orientierte sich nicht an den überlieferten Bränden.
Die in den Plänen, unter dem Model, angeführten blauen Mauern sind mit „1. Hälfte 11. Jahrhundert und älter angegeben“ Sie könnten also noch ottonisch oder salierzeitlich sein.
Periode II wird die rote Farbe gekennzeichnet. Sie wird mit „Umbauten um1100 angegeben“. Wie Seidel in seiner Dissertation mitteilt hat die Korrespondenz mit Dieter Haupt, der die Auswertung der Untersuchung 2004 anfertigte, ergeben, dass diese Teile auch weiter aus dem 12. Jahrhundert stammen können. Die Alterskartierung sei, so Haupt, nicht absolut sondern als relative Chronologie zu verstehen.
Neben der Ähnlichkeit mit St. Panthaleon in Köln ergibt sich auch eine gewisse Ähnlickeit mit der Salbatorbasilika Bau II in Frankfurt. Hir waren die beiden Rundtürme jedoch zentral angebaut und führten auf eine Empore, die über einem Kindergrab errichtet worden war, dieses aber unkenntlich machte1
Wieder einmal faszinierend finde ich das Westquerhaus. Mich beschleicht langsam das es zwar auch einen zeitlichen Zusammenhang mit den Westquerhäusern gibt (in karolingischer Zeit sind sie sehr häufig, z.B.Centula, Köln, Reichenau Mittelzell, Fulda, Paderborn auf dem Plan von St. Gallen etc., aber im späten 10. Jahrhundert scheint es einen lokalen Zusammenhang zu geben: Im sächsischen Gebiet und dem Rehinland hat man das über das Schiff hinausreichende Westquerhaus favorisiert (St. Panthaleon, Hildesheim Dom + St. Michael, Gandersheim) während man im Süden nicht breiter als das Langhaus wurde… Ich glaube ich muss da mal eine Liste anfertig.
Quelle: Heiko Seidel, Untersuchung zur Entwicklungsgeschichte sakraler Westbaulösungen des kernsächsischen Siedlungsraumes in romanischer Zeit – dargestellt vornehmlich an den Beispielen der Klosterkirche Marienmünster und der Pfarrkirche St. Kilian zu Höxter 2004 (online hier )
vgl. Wintergerst Franconofurd I und Wamers Franconofurd II ↩
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…