Anatomie eines Saalbaus
Nachdem ich mich ja mit dem Saalbau im Allgemeinen und dessen potentieller Lage innerhalb des Treburer Pfalzbezirkes befasst habe, dachte ich mir es könnte einmal interessant sein einen Blick in Saalbau zu werfen und seinen Aufbau nachzuvollziehen.
Das Hauptproblem, wie bei allen Rekonstruktionen, ist es kein Vorbild zu haben. Aus dem 11. Jahrhundert hat kein Saalbau über die Grundmauern hinweg die Zeiten überstanden. Zwar erscheint das „Kaiserhaus“ in Goslar in sich konsistent, ist aber nur das Ergebnis einer Rekonstruktion von 1868. Auch sonst kam es in Goslar 1132 zu einem Einsturz mit Wiederaufbau 1134 und einem Brand im Jahr 1289. Was wir heute sehen is ein Konglomerat aus Stauferzeitlicher Anlage, Umbauten und Fantasie.
Frühster, in Teilen erhaltener Saalbau ist meines Wissens die Aula von Cluny III aus dem Jahr 1107/8.1 Dies bedeutet, wir müssen uns mit dem zufrieden geben, was uns die Archäologie zur Verfügung stellt.
Dafür habe ich einen aufgeschnittenen Saalbau erstellt, der sich am Grundriss von Bamberg orientiert.
Das Untergeschoß diente vermutlich als Lagerraum, aber auch eine Unterbringung von Bediensteten ist denkbar. Zwar gab es torähnliche Öffnungen zum begehen der Räume, Licht erhielten sie jedoch in aller Regel nur durch kleine Schlitzfenster. Des Lagerräume, lateinisch cellarium, war kein unterirdisch liegender Keller. Sie waren oberirdisch gebaut, was von Vorteil war, da man verhindern wollte, dass bei starken Regenfällen Wasser eindrang und empfindliche Güter beschädigte. In meinem Beispiel sind die Räume durch große Bogen getrennt, es könnten aber auch schmalere Durchgänge sein.
Der Boden besteht lediglich aus Stampflehm. Darauf befinden sich Pfeiler die die Decke tragen. Dies ist beispielsweise für Paderborn nachweisbar. In Goslar dagegen besteht der Lagerkeller aus schmalen, nebeneinander liegenden Tonnengewölben.
Das Obergeschoß wird durch eine Freitreppe erschlossen. Sie setzt links am Bildrand an und findet den Eingang ins Gebäude über den schmalen Korridor zur Linken. Es solcher Zugang befand sich wohl in Bamberg, Zürich und auch in Goslar.
Von hier aus erfolgt der Zugang in den eigentlichen Saal. In meinem Beispiel ist dieser 23,5m lang und 12m breit und hat somit die Bemaßung des Saals in Bamberg. Die Höhe wird mit ca. 5m angegeben. Er besitzt große Fenster, die sich repräsentativ zum Hof hin öffnen. Diese Fenster sind nicht verschließbar, weshalb diese Säle auch als Sommersaal bezeichnet werden. Warum dies so war ist nicht bekannt, man vermutet aber einen Zusammenhang mit dem Thingrecht, nachdem eine rechtsprechende Versammlung, ein Thing eben, unter freiem Himmel stattfinden musste.
Im Anschluss an den Saal folgen zwei weitere Räume. Hier werden Wohnräume für den Herrscher vermutet. Die Raumaufteilen habe ich aus Bamberg übernommen. Hier befand sich unter dem ersten Raum eine Tordurchfahrt. Es könnte daher sein das diese Durchfahrt die Raumaufteilung bedingte. Aber auch in Zürich schließen an den Saal weitere Räume an.
Die Räume werden durch kleinere, aber verschließbare Fenster erhellt. Nachweise für Kamine fehlen aus Bamberg oder Zürich. Auch in Goslar ist der Wohntrakt im Ursprung nicht erhalten Ebenso ist nicht bekannt ob es möglicherweise eine Raumaufteilung mittels eingezogener Holzwände gab. Erschließungen der Räume durch gemauerte Gänge oder Trakte sind aus dieser Zeit nicht bekannt. Im Saalbau treten diese erstmals mit der Wartburg (zw. 1157 und 1162 ) nachweislich auf.
Aus dem letzten Raum erfolgt der Zugang auf die Empore der anschließenden (im Bild angeschnittenen) Kapelle. Auch zur linken gab es in Bamberg weitere Räume: Die sogenannte Kanzlei. Sie bildete den Verbindungsbau zu Querhaus des Domes. Sie wird in aller Regle niedriger rekonstruiert als der eigentliche Saalbau, besitzt aber gleiche Mauerstärke und Tiefe wie der Saalbau. Wie der Name andeutet werden hier die Räume der Hofkanzlei vermutet, wo zum Beispiel die Urkunden gefertigt wurden.
Was nun die Grundrisse angeht soll noch auf zwei Besonderheiten hingewiesen werden. In Zürich wird der Saal durch zwei Maueransätze geteilt. Man vermutet hier, analog zu Goslar, eine Betonung des Mittelteils, möglicherweise auch mit einer Giebelkonstruktion. Zudem wird auch dem Saal im Untergeschoß ein repräsentativer Zweck zugesprochen. Im übrigen wird Zürich, auf Grund der geringeren Breite, ohne Pfeilerreihe rekonstruiert. Die Deckenkonstruktion sollte auch ohne Pfeiler tragend gewesen sein.
Die Zweite Besonderheit findet sich in Paderborn. Hier ist der ebenfalls durch Maueransätze gegliedert, jedoch so das sich drei, fast gleichgroße Räume ergeben, die aber zueinander offen gewesen sein sollten. Die Besonderheit besteht nun darin, dass sich im Osten im Zentrum der östlichen Maueransäte eine kleinere rechteckige Struktur erhalten hat. Diese könnte einen turmartigen Aufbau getragen haben der über das Dach hinaus ragte.
Zum Schluss noch eine kleine Anmerkung. Vor einiger Zeit schrieb ich über den „Erfurter Latrinensturz“. Bei diesem stürzte eine Hofgesellschaft furch die Decke eines morschen Saalbaus, durch brach die nächste Decke und stürzte in die darunter liegende Latrine. Stellt man sich bei dem Bild oben ein weiteres Stockwerk darunter vor und beachtet dass die Deckenhöhe 4 bis 5m betragen konnte , kann man sich vorstellen das so etwas nicht gut ausgehen kann, selbst ohne Latrine darunter.
vgl. Domus solaratae – Untersuchungen zu Steinhaus und Stadtentstehung um 1100 in Cluny, online: https://www.mprl-series.mpg.de/studies/6/index.html ↩
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…