August und Heinrich IV
Inzwischen habe ich den Eintrag der Regsten in mein Manuskript abgeschlossen, Quellen hinzugefügt, Kirziniterare erstellt usw. Aber eines verfolgt mich immer noch! Die Frage warum sich Heinrich IV mehrfach an assumptio mariae, also Maria Himmelfahrt in Trebur aufhält.
Das geht sogar soweit das ein Chronist explizit berichtet als Heinrich 1073 auf der Harzburg belagert wurde er eigentlich geplant hatte im August in Trebur zu sein, bzw. reiste nach Trebur, ein Zweiter schrieb er wolle nach Worms, wobei das eine das Andere nicht ausschließt
Was sich irgendwie, zumindest wenn ich so die Zeile darüber nochmal lese, sich anhört wie ein recht profanes Problem, ist komplexer als man denkt und hat viele Auswirkungen.
Trebur erhielt in den Quellen der Wissenschaft nie den Status einer Festtagspfalz. Es wurde keines der Hauptfeste Ostern oder Weihnachten in Trebur gefeiert. Soweit klar und unzweifelhaft. Und dennoch ist Maria Himmelfahrt das höchste Marienfest überhaupt und eines der höchsten kirchlichen Feste.
Solche Termin hatte Bedeutung, an ihnen fanden Reichstage und Synoden statt, ein Heerbann wurde einberufen oder ein Feldzug begonnen. Diese Termine waren voll Symbolik und sollten wohl auch Glück verheißen.1 Aber warum Trebur?
Noch immer hört sich die Frage profan an. Doch nun wird sie Komplex.
Die Salier sind bekannt für ihre Marienverehrung. Konrad II begann mit dem Bau des Speyrer Doms, der größten Kirche ihrer Zeit und Maria geweiht. Die Weihe des Hauptaltares, der Dom als Ganzens war noch nicht fertig gestellt, erfolgte durch Heinrich III am 15. August 1046! Auch sollte Heinrich III an diesem Tag das Speyrer Evangeliar übergeben haben , so Stefan Weinfurter. Die größte Kirche der Christenheit, die Stammkirche und Grablege des salischen Geschlechts, hatte am 15. August Ihre Weihe und damit ihren eigenen Feiertag!
1045 und 1047 war Heinrich III schwer erkrankt, jedesmal betete er zu Maria für Heilung und wurde gesund, was Schenkungen auslöste. Er bekam zunächst keinen Thronfolger, betete zu Maria und bekam seinen Sohn. Die Marienverehrung der Salier war so groß, das sich Historiker fragen warum Heinrich III mit der Taufe seines Sohnes Heinrich IV (er sollte eigentlich Konrad heißen) bis Ostern auf Papst Leo IX, warteten und nicht die Taufe an Maria Lichtmess (2.Februar) durchführten2
Bevor Heinrich III am 5. Oktober 1056 stirbt wird er noch von Papst Viktor besucht, natürlich trifft der zu Maria Geburt ( 8.September) bei dem Todkranken ein.
Und als am 15. August 1057 der 9 Jährige Heinrich IV. in Trebur aufhält, geht das mit Sicherheit auf die Kappe seiner Mutter Agnes von Poitou. Sollten nicht beide am Grab Heinrichs III in Speyer sein und die memoria pflegen, also in der Marienkirche, in der er bestattet ist, für ihn beten? Die haben ihn ja in Speyer beigesetzt und nicht in Trebur zwischengelagert.
Das Trebur eine Marienkapelle besaß macht zwar die Feier eines Marienfestes einfacher, sorgt aber auch für Verwirrung. Nun wissen wir inzwischen das in Trebur mindestens eine Festkrönung stattfand. Weitere sind anzunehemen wie etwa bei der Königswahl Heinrichs IV. Aber wann wurde die Kirche erbaut, geweiht und ist dem ein spezieller Grund zuzumessen?
Und dann sind da Datumsunsicherheiten. Nicht etwa bei den Terminen an denen Heinrich IV tatsächlich Urkunden austellte/austellen lies, sondern an denen die nur durch Chronisten aufgezeichnet wurden. Das fängt da übrigens schon bei der Königsdesignation Heinrichs 1053 an. Die wird allgemein für November 1053 in Trebur angegeben, weil Heinrich III am 5 August in Golsar ist und dann am 3. November in Worms und danach nach Burgund zieht und dazwischen eben Platz ist. Der Chronist Hermann von Reichenau nennt nur das Jahr 1053. weswegen zum Beispiel Tillmann Lohse in „Heinrich IV., seine Halbschwester Azela und die Wahl zum Mitkönig am 26. Juni 1053 in Trebur“3 schreibt:
Allerdings ergibt sich auch im Sommer des Jahres zwischen zwei urkundlich bezeugten Aufenthaltsorten
Lohse, Heinrich IV., seine Halbschwester Azela und die Wahl zum Mitkönig am 26. Juni 1053 in Trebur in Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 85 2013, S224
Heinrichs III. (am 10. Juni 1053 in Ballenstedt und am 14. Juli 1053 in Minden) eine Beleglücke von 34 Tagen, in der der Kaiser bequem einen Abstecher nach Tribur unternommen haben könnte
Das hätte er aber eben auch im August machen können, da ist auch verdammt noch mal Platz im Itinerar und dann kann man noch mal nach Mainz auf´n Markt und ins Kino und dann gemütlich nach Worms und ich hätte ne Begründung für die August Termine! … Wat weis denn ich…
Ergänzend habe ich mir einmal dir Urkundeninhalte der Aufenthalte Heinrichs IV. in Tribur angesehen. Einzige Auffälligkeit ist hier, dass bei allen Urkundenpaketen aus dem August immer mindestens eine Urkunde enthalten ist, die eine Stiftung zum Seelenheil Heinrichs III. ausführt. Aber auch das mus nicht unbedingt etwas bedeuten. Solche Stiftungen an Heinrich III sind nicht selten, finden aber in aller Regel ( natürlich mit Ausnahmen) an Orten wie Goslar, Aachen, Magdeburg, Utrecht, Mainz, Köln, Regensburg, Reichenau, Worms und Straßburg statt. Also Bischofstädte und Klöster von Rang oder Orten die mit Heinrich III (wie Goslar) verbunden sind, statt. Einzelne Ausnahmen wie Ebsdorf und Eschwege sind vorhanden, aber eben Einzelfälle. Da fällt dann eine Häufung wie in Trebur wiederum auf. Ebenso sollte erwähnt sein, das bei den Januar Aufenthalten Heinrichs IV in Trebur eine solche Stiftung nicht vorhanden ist. Die Häufung in Trebur könnte aber auch einfach mit dem Feiern eines Festes zu tun haben, da einfach mehr einflussreiche Personen anwesend waren, die man beschenken konnte. Ich habe nun schon angefangen alle Regesten mit Stiftungen Heinrichs IV zum Seelenheil Heinrichs III zu notieren und auszuwerten, allerdings mache ich mir nicht viel Hoffnung das etwas dabei herauskommt.
Natürlich habe ich generell ein paar Arbeitshypothesen zu den Augustbesuchen:
- Die Pfalz selbst, bzw die Marienkapelle könnte der Grund sein. Bedeutet die Kapelle wurde erbaut und /oder geweiht aus eine speziellen Grund. Etwa als Dank oder zur memoria an ein spezielles Ereignis. Mögliche Weihung durch hochgestellte Persönlichkeit -> Anwesenheit Papst Leo 1052
- Reliquienverwahrung. Möglicherweise wurde eine Reliquie, zumindest Zeitweise verwahrt, die besonders verehrungswürdig war. Ich denke dabei an eine spätere Überführung nach Speyer oder Mainz Maria ad gradus.
- Der Besuch galt nicht Trebur sondern einem nahe gelegenen Ort, Trebur war nur Übernachtungsplatz. Hier wäre Mainz eine Möglichkeit, da ja Ingelheim seltener besucht wird und stattdessen mainz gewählt wird. Tatsächlich gibt es eine Häufung der Aufenthalte in Mainz, diese würden aber keinen Aufenthalt in Trebur notwendig machen, da Mainz über eigene Unterbringungsmöglichkeiten verfügte.
Aber ich will auch nicht einfach was postulieren ohne echte Beweise zu haben. Ich mag diese Fragezeichen-Paper nicht.
vgl. H.-W. Goetz, Kirchenfest und weltliches Alltagsleben im früheren Mittelalter ↩
J. Laudage Heinrich III – Ein Lebensbild in Der Codex Aureus Escorialensis S. 119 ↩
Den Artikel gibts auf Academia.edu zum Download von Dr. Lohse selbst bereitgestellt, wegen der Problematik der Azela empfehlenswert! ↩
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…