Die Hochzeit Heinrichs IV. in Tribur
Das Jahr 1066 wird ein aufregendes Jahr für Europa, das Heilige Römische Reich und für Heinrich IV. 1065 hatte Heinrich mit der Schwertleite die Mündigkeit erreicht und wenn man den Chronisten glaubte sorgte er auch prompt schon für den ersten Skandal als er Anno II. von Köln das Messer an den Hals hielt.
Januar 1066 dann kommt es in Tribur zu einer Machtdemonstration des Klosters Lorsch die sich gewaschen hat (Link) und die dazu führt das Heinrich seinen Vertrauten Adalbert von Bremen des Hofs verweisen muss. Nachdem Heinrich am 16. April Ostern in Ütrecht feiert, weiß man schon das etwas passieren wird, den ein Komet zeigt sich am Himmel. Als sich Heinrich IV. dann Mitte Mai in Fritzlar aufhält erkrankt er lebensgefährlich, so zumindest Lambert von Hersfeld. Vielleicht war es diese Erkrankung die dazu führt das Heinrich beschließt zur heiraten, vielleicht aber war es auch seine Mutter Agnes von Poitou, die entsprechenden Druck auf ihn ausübt. Der Chronist Bruno ist der Meinung Heinrich habe nur widerwillig, auf Druck der Fürsten, die Ehe geschlossen.1
Die Idee einer Heirat ist aber nicht wirklich spontan, denn sie wurde von langer Hand, noch von Heinrich III. geplant und in die Wege geleitet. 1055 hatte er einen Italienfeldzug gegen Gottfried den Bärtigen geleitet und erfolgreich abgeschlossenen und als er im November in die Heimat zurückkehrt, hat er die 4 jährige Bertha von Tuszien, auch von Savoyen genannt, im Gepäck.
Mit ihrem Vater muss Heinrich III. schon in Verhandlung über Brautschatz und Mitgift getreten sein als er in Italien war und so den mehrstufigen Prozess einer Hochzeit des 5 jährigen Sohnes in die Wege geleitet. Am 25. Dezember 1055 werden Bertha und Heinrich dann offiziell verlobt. Während Bertha nun am Hofe der Salier erzogen wird zeigen sich Heinrich IV und Bertha immer wieder gemeinsam in der Öffentlichkeit.
1066 nach der gemeinsamen Konsenserklärung, die wahrscheinlich ebenfalls 1066 stattfand aber nicht überliefert ist, konnten nun die Vorbereitungen für die nächsten Schritte der Hochzeit erfolgen. Die Krönung der Braut. Die Braut separat zu krönen hatte sich vor nicht langer durch Zufall eingebürgert. Als Konrad II zum König gewählt wurde, hatte man sich geweigert auch seine Frau Gisela auf Grund von nicht genannten Gerüchten in Mainz zu Krönen. Es war aber wohl nicht die früher vermutete zu enge Verwandtschaft von Konrad und Gisela.2 Bischof Pilgrim von Köln führte dann im Anschluss die Krönung in Köln durch, womit sich einbürgerte die Krönungen im Wechsel von Mainz und Köln durchzuführen. Da Heinrich III. bei seiner Hochzeit mit Agnes von Poitou bereits König war wurde auch Agnes vor der Hochzeit gekrönt.
Das die Braut nun vor der Hochzeit gekrönt wurde ist wohl am ehesten mit dem Verständnis der consors regni, der gleichberechtigten Herrscherin, zu Begründen. Damit beide Ehepartner gleich sind mussten beide auch vor der Eheschließung den gleichen Status haben, also im Rang des Königs/Königin gleich sein.
Die Krönung Berthas fand nun am 29.Juni, dem Peter und Pauls Tag, 1066 in Würzburg statt. Nicht in Mainz oder Köln! Warum dies geschah ist nicht klar. Es wurde überlegt ob dies ein Vorzeichen gewesen sein könnte für den Konflikt zwischen Heinrich und Bertha, wofür es aber sonst keine Hinweise gibt. Vielleicht war auch nur der vom 1045 verstorbenen Bischof Bruno von Würzburg, einem Mitglied der salischen Familie, 1040 neu begonnen Dombau der Grund.
Während man nun an der normannischen Küste ein Herzog eiligst eine Flotte zusammen zimmern lies und auf besseres Wetter wartete um in den Krieg zu ziehen, begannen in Trebur die Vorbereitung für die nuptiae, der eigentlichen Hochzeit. Diese stellt offiziell das Ende des Heiratsprozesses dar, der 1055 mit der Verlobung begonnen hatte. Wie sich später zeigen wird gibt es aber einen, wenn auch inoffiziellen, weiteren Schritt.
Die Quellen über die eigentliche Hochzeit in Trebur sind doch eher übersichtlich. Berthold von Reichenau vermerkt nur „Vermählung des Königs Heinrich zu Tribur.“ Lambert von Hersfeld schreibt ein bisschen mehr: „Und bald nachher (nach Pfingsten) hielt er in Trebur mit königlicher Pracht Hochzeit und verband sich ehelich mit Königin Bertha, der Tochter des Markgrafen Otto von Italien“. Die Annalen von Altaich berichten ähnlich, bauen nur einen örtlichen Fehler ein: „(…) und nahm sie alsbald nach der mit königlicher Pracht zu Ingelheim (sic!) gefeierten Hochzeit, wie es sich gehört, als Genossin der Herrschaft zu sich“.
Warum wissen wir nur so wenig und doch stellt sich die Frage was wir unter „königlichen Pracht“ zu verstehen haben?
Ersteres ist recht einfach. Auch wenn eine königliche Hochzeit nicht allzu häufig vorkam, so war es die Hochzeit doch ein Alltagsfest, es bestand nur in expliziten Ausnahmefällen die Notwendigkeit etwas zu notieren. Zudem wurde die Verlobung höher eingeschätzt. Und genau das führt uns zu punkt Zwei! Denn Heinrich III. hatte bei seiner Hochzeitsfeier etwas getan, was zwar seinem Naturell entsprach, aber eben nicht der Norm.
Heinrich III. verwehrte Musikanten und Gauklern den Zugang zu seiner Hochzeit und verköstigte sie auch nicht, wie es wohl Brauch gewesen wäre, so einige Chronisten. Da Heinrich IV. aber wohl an die üblichen Sitten hielt, muss man davon ausgehen das entsprechende Gaukler und Co. in Trebur anwesend waren.
Eine weitere Inforamtion die wir in Sachen Hochzeitsfeier in Trebur erhalten findet sich in einer etwas älteren Literatur. Der in Sachen Festkrönungen immer noch aktuelle Hans- Walter Klewitz (+1943) schrieb in „Festkrönungen der deutschen Könige“3 : „Außerdem scheint es üblich gewesen zu sein, daß das Königspaar bei der Hochzeitsfeier, die üblicherweise der Krönung der Königin vorangegangen war (Anmerkung: Wenn der König nicht eben schon in Amt und Würden war wie bei Heinrich III und IV), die Krone trug. Wenigstens deutet es darauf, wenn sich in den Quellen häufiger der Ausdruck regius apparatus dabei verwendet findet, wofür sich folgende Belege zusammenstellen lassen (…) 1066, Hochzeit Heinrichs IV. mit Berta bei Lambert ed. Holder-Egge r p. 103: . . . nuptias . . . regio apparat u celebravit“
Die Textstelle die Klewitz hier zitiert, wird in meinen Übersetzungen meist mit „königlicher Pracht“ übersetzt. Aber was ist nun diese Festkrönung, bzw. das „unter der Krone gehen“ wie es auch genannt wird?
Vereinfacht heißt es der König zeigt sich mit der Krone auf dem Haupt dem Volk. Tatsächlich steckt aber viel mehr dahinter. Der ganze Vorgang benötigte zwei nah beieinander liegende Kirchen. In der ersten, meist die kleinere z.B. eine Kapelle wird der König symbolisch noch einmal gekrönt. Die eigentlich Festkrönung. Das bedeutete auch das er die restlichen Throninsignien angelegt bekam. Zepter und Reichsapfel, spezielle Kleidung usw. Wobei man beachten sollte das es einen Großteil der heute in der Wiener Hofburg verwahrten Reichskleinodien noch nicht gab. Nun verlässt er die Kirche im vollen Ornat, einer der Großen des Reiches als Schwerträger vorneweg und zeigt sich so kurz der Öffentlichkeit um dann wieder in die nahe Hauptkirche zu entschwinden. Dies ist das „Gehen unter der Krone“. Eine Abbildung eines solchen Vorgangs gibt es im Perikopenbuch Heinrichs III (Abb. links), dabei trägt Heinrich III die Krone, einen goldenen Mantel, sowie Adlerzepter und Reichsapfel, Sporen und wahrscheinlich auch spezielle Pontifikalstrümpfe und wird dabei von zwei Bischöfen geführt, links daneben der Schwertträger mit dem Rest der Prozession.
Man muss sich das Ganze vielleicht ein bisschen so wie bei der britische Parlamentseröffnung vorstellen, bei der die Queen in einem speziellen Zimmer, dem Robing Room, angekleidet wird, und mit Hermelinmantel und Krone durch die Royal Gallery mit geladenen Gästen schreitet um dann die eigentliche Parlamentseröffnung durchzuführen. Das Ganze stammt übrigens tatsächlich von den Festkrönungen ab.
Was an der Hochzeit weiterhin in Trebur geschah, wissen wir, getreu dem Motto „What happens in Trebur, stays in Trebur“ , nicht. Einzige weitere Information ist, dass Heinrich am 13. Juli eine Urkunde ausstellt in der Bertha als seine Gemahlin genannt wird.
Aber Lambert von Hersfeld, eigentlich ein Gegner Heinrichs, weiß über das Jahr 1069 und die Trennungsversuche Heinrichs zu berichten, ganz ähnlich dem Mainzer Bischof Siegfried, dass Heinrich aussagte das er die Ehe mit Bertha nicht vollzogen habe und somit sei, zumindest nach einem Dekret des seit über 550 Jahre verstorbenen Papst Leos des Großen, die Ehe nicht rechtskräftigt. Dieses Dektet zählte zu den nötigen Schritten Verlobung (Iegitima sponsalia), die Vergabe des Dos/ Wittums (coniugalis dos) und öffentliche Vermählung (publicae nuptiae), auch final die commixtio sexuum, dem Vollzug der Ehe. Es soll sogar von Bertha bestätigt worden sein, das die Ehe nicht vollzogen wurde.4 Letztendlich half es Heinrich nicht und im nächsten Jahr war dann Betha auch prompt schwanger.
Fazit: Vor fast 10 Jahren schrieb ich nach einem Gespräch mit Holger Grewe MA von der Forschungstelle Kaiserpfalz Ingelheim diesen Artikel: Marienkapelle + Laurentuiskirche = Festkrönung ? Zu diesem Zeitpunkt fehlten mir aber entsprechende Belege um mindestens einer Festkrönung dingfest zu machen. Dies ist mir nun gelungen. Gleichzeitig bedeutet es auch, das ich dem Sinn der Treburer Marienkapelle einen Schritt näher gekommen bin. Für die Zukunft muss ich mir noch einmal die Quellen der Chronisten im Original zu Gemüte führen um zu klären ob bei anderen Ereignissen, wie etwa der Wahl Heinrichs IV zum Nachfolger im Amt des Königs in Trebur 1053, eine ähnliche Wortwahl verwendung findet wie bei der Hochzeit Heinrichs.
Zudem muss ich die Besuche in Trebur gegen die Besuche in Ingelheim auftragen, denn obwohl dies in diesem Artikel nicht zur Sprache kommt, ist die Hochzeit Heinrichs III das letzte Fest das in Ingelheim gefeiert wird. Ich gehe davon aus das in dem Maße wie die Besuche in Ingelheim abnehmen, so nehmen auch die Besuche in Trebur zu. Auch dies könnte ein Hinweis auf die Marienkapelle ergeben oder die Verhältnisse im Rhein-Main-Gebiet.
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…