Gedanken zu karolingischen Helmen – Der „Hahnenkamm“ [Nachtrag]
Wird irgendwo über karolinigsche Helme geschrieben oder berichtet, kommen meist zwei Abbildungen zum Einsatz: Zum Einen die helmtragende Leibgarde Karls des Kahlen aus der Vivian Bibel, zum Anderen die Panzerreiter aus dem goldenen Psalter von St. Gallen.
Da aber die Vibian Bibel scheinbar mehr Details zeigt, wird dieses Bild bevorzugt. Zudem wurde ist wieder und wieder in Veröffentlichungen der Kostümkunde seit dem 19. Jahrhundert abgedruckt und brannte sich so ins kollektive Gedächtnis ein. So kommt es dann, das beim dem Film „Die Päpstin“ ein einer Kampfszene dutzende von Karolingern genau mit diesem Helm auf dem Kopf in die Schlacht ziehen, oder man das Ding im Netz kaufen kann (hier zum Beispiel)
Dabei würde der Helm, exakt so repliziert wie auf der Abbildung an einem ähnlichen Problem wie der „Hörnerhelm“ kranken. Ein in der Horizontalen, gegen den Helm geführter Schlag würde diesen entweder vom Kopf reißen oder aber dem Träger das Genick brechen. In einer Schlacht hätte man lediglich eine Phalanx von Flügellanzenträgern benötigt, diese angewiesen auf den Helm zu zielen und man hätte die Karolinger umgemäht.
Auch der Goldene Psalter von St. Gallen zeigt diesen Helmtyp, jedoch fehlt ihm der der „Hahnenkamm“. Beschränkt man sich bei der Vivian Bibel jedoch nicht nur auf die bekannte
Seite mit dem Stifter Karl und blättert man ein bisschen darin herum kann man schon bald die weniger bekannte Leibgarde Davids finden.
Auch diese tragen den gleichen Helm, der „Hahnenkamm“ fehlt jedoch, stattdessen ziert die Front ein Federbüschel. Gleiches kann man auch in der Psychomachia des Prudentius erkennen.
Fast noch besser kann man es an einer Lütticher Handschrift erkennen, deren genau Bezeichnung ich leider nicht weiß, die aber eine Abschrift aus dem 10./11. Jh. einer Handschrift aus dem 9. Jh. darstellt. Hier kann man sehr schön zwei Helme erkennen an denen (verschiedene) Federn angebracht sind.
Daraus folgere ich, dass es sich bei der ersten Darstellung in der Vivian Bibel um einen Fehler handelt. Möglicher Weise sollten die Figuren erst in eine andere Richtung blicken , als man sich um entschied. Der Federbüschel könnte zu diesem Zeitpunkt bereits gemalt worden sein und erweckt nun den Eindruck von hinten nach vorne zu verlaufen. Letztendlich bleibt aber festzuhalten das es keinen irgendwie gearteten metallernen hoch aufragenden Kamm auf den dargstellten Helmen gab! Zu den Helmen selbst werde ich auch noch mal etwas schreiben, wenn ich mir ein paar Gedanken gemacht habe.
[Nachtrag] Aufgrund des unten stehenden Kommentars möchte ich einen kleinen Nachtrag hinzufügen. Es gibt tatsächlich spätrömische Helme, (Intercisa Typ IV, Bild u.A. hier), mit einem extremen Kamm der einem nach vorn gerichteten Iro ähnelt. Dieser „Iro“ besitzt aber einen geraden Abschluss nach vorne, der, glaube ich der verlinken Seite, zum mindest bei einigen mit einer mit dem Chi-Ro verzierten Platte geschmückt war.
Der Vivian Helm hat aber einen fast blütenartigen Kamm auf dem Linien zu den Dolden zu erkennen sind. Ich glaube daher nicht das es sich um einen Kamm wie bei Intercisa IV handelt. Um die Ähnlichkeit zu den sonstigen Federkonstruktionen zu zeigen habe ich in dem nebenstehenden Bild den Kamm einfach mal gedreht…
Ansonstenwerde ich mit dem Rest später widmen.
Vorsicht, ich würde das Vorhandensein von hohen metallenen Kämmen auf Helmen nicht mit dem Hinweis aus deren Gefahren im Kampf verneinen.
Tatsächlich konnten bei spätrömischen Kammhelmen solche Kammscheiben aufgesteckt sein konnte, die der Darstellung aus der Vivan-Bible recht nahe kommen:
C. Miks, Vom Prunkstück zum Altmetall (Mainz 2008) 52-54.
Ich wollte es auch gar nicht verallgemeinern. Dem Rest werde ich mich bei der Form widmen, wobei ich zugeben muss das ich an die Intercisa Helm nicht mehr gedacht habe