Ingelheim, anders und doch wieder nicht?
Betrachtet man Ingelheim und möchte es mit anderen Karlschen Pfalzen vergleichen, so hat man bereits ein grundlegendes Problem! Es gibt nicht viel mit dem man Ingelheim vergleichen könnte. Da ist Aachen, Paderborn und u.U. Frankfurt und das wars!
Grundlegender Unterschied ist zumindest, so Holger Grewe MA in seinem Vortrag in Trebur, das man bei dem jetzigen Wissenstand zwischen rechts und linksrheinischen Pfalzen unterscheiden könne. Und zwar in der Form der Aula Regia, der Königshalle. Bei den beiden linksrheinischen Pfalzen Ingelheim und Aachen orientiert sich der Saalbau an römischen Vorbildern (Saal mit Apsis), rechtsrheinisch sind es Gebäude die schon an die späteren Palasbauten erinnert. Man könne hieraus auf eine mögliche Nachfolge römischer Bauten auf dem ehemaligen römischen Gebiet (linksrheinisch) schließen.
Dennoch ist Ingelheim recht einzigartig in seiner geschlossenen Bauform (aber nicht allein, dazu nachher mehr!).
Das Konzept Ingelheim , kann man nur in Verbindung mit Karl dem Großen sehen. In ihrer Bauweise folgt sie wie auch die Pfalz Aachen der Renovatio Imperii. Wahrscheinlich mit voller Absicht werden römische Bauformen kopiert und römisches Material aus dem nahen Mainz herangeschafft, von dem spätere Chronisten berichten es würde aus Ravenna stammen. Die Exedra kopiert klar in ihrer Bauweise römische Vorbilder (hier Bild der Exedra im Forum von Köln), so auch der Nordflügel der an die Exedra anschließt. Was sich im Süden befand ist leider noch nicht klar. Zwar gibt es hier einen kleinen Apsidenbau, aber seine Funktion ist unklar.
Die Türme, die der Exedra vorgelagert sind haben keine Wehrfunktion. Sie dienten der Repräsentation und enthielten eine Wasserversorgung (Klo mit Wasserspülung?)
Interessanter Weise hatte ich mir zu den Türmen schon mal vor fast 2 Jahren einige Fragen gestellt (hier). Die Hauptfrage war ob diese Ansicht wenn man vor dem Tor steht nicht eine Idealansicht einer Stadt sein könnte (himmlisches Jerusalem?) Und als ich dieses Jahr den Audioguide in Ingelheim nutzte und eben vor dem Tor stand, erzählte mir die Stimme doch tatsächlich das dem Betrachter möglichweise eine idealisierte Stadtansicht entgegenstrahlt. ( Das sind die Momente an denen man vor Stolz fast platzt)
Der ganze Bau symbolisiert wohl das Herrschaftskonzept Karls, der sich in der Folge der Weströmischen Kaiser sieht! Auch Aachen hat seine Vorbilder im Theoderichspalast in Ravenna und im Lateranpalast in Rom. Vielleicht ist das ganze ja im Sinne von Haupt und Sommerresidenz aufzufassen, wie es dies auch bei den römischen Kaisern gab? Es sollte auch beachtet werde das die Merowinger ihre ersten Sitze in römischen Bauten, wie Foren errichteten.
Ein Hauptgrund der Unterschiede zwischen Aachen und Ingelheim ist aber meines Erachtens nach in der Entstehung, bzw. den Vorgängerbauten zu sehen. Während in Aachen noch römische Ruinen standen, an der Stelle des Altars der Pfalzkapelle befand sich bereits vorher ein Altar der Pfalz Pipins in einer ehemaligen Therme, die gewisse Vorgaben entstehen liesen, gab es in Ingelheim außer ein paar Höfen so ziemlich nichts. Man konnte sich also Austoben ohne irgendwelche Vorgaben zu haben. Es ist auch nicht ausgeschlossen das Aachen ebenfalls eine ähnlich geschlossene Anlage war, dazu fehlen jedoch die Erkenntnisse aus dem Bereich östlich von Rathaus und Dom, bzw. um die Thermen herum.
Noch mal zur geschlossen Bauform mit Halbkreisbau. Eine Pfalz gibt es die einen ganz ähnlich, wenn auch kleineren Aufbau hat. Die Pfalz Samoussy. Sie ist jedoch älter as Ingelheim. Hier starb Karlmann 771, 766 feierte Pippin der Jüngere hier Weihnnachten und gelegentlich wird auch spekuliert ob hier der Geburtsort Karls war.
PS: Wer sich mal Bilder der aktuellen digitalen Rekonstruktion in Ingelheim ansehen möchte, kann mal auf die Seite von Archimedix gehen (Archimedix.com). Wenn man allerdings ein iPhone oder ein iPad hat und Flash nicht darstellen kann, kann man auch http://archimedix.com/gal/ingelheim01.jpg eingeben. Wahlweise „01“ durch Zahlen bis „12“ austauschen. Ist natürlich nicht zum download gedacht oder so. hüstel….
Schöner Artikel, danke.
Zu den vorgelagerten „Toiletten-Türmchen“ und dem Imitieren römischer (Provinzial)Architektur, hier ein gutes Beispiel dazu: Der Sommerpalast von Valentinian I, Mitte 4 Jh, in Konz.
http://www.saarchaeologie.de/galerie/plaene/konz-rekonstruktion-gross.JPG