Von Recherche, Kleidung und Bändern
Da ich im Moment dabei bin meinen Rechteckmantel zu versäubern, dachte ich ich plaudere mal ein wenig aus dem Nähkästchen.
Ich habe früher recht häufig in den einschlägigen Foren mitgelesen, aber nur einmal gepostet. Zum einen war der Umgangston stellenweise etwas gewöhnungsbedürftig, zum Anderen waren eigentlich bereits alle gestellten Fragen schon beantwortet, man musste nur danach suchen oder sie auch richtig verstehen.
Ich hab mir daher angewöhnt eben dort nicht nachzusehen wenn ich mir etwas Neues nähen will. Am Beispiel, des recht simplen Rechteckmantels will ich das mal durchexerzieren.
Zuerst schaue ich mir Abbildungen an, bei den Karolingern ist das, ganz klar, der Stuttgarter Psalter, es gibt aber noch einen ganzen anderen Haufen anderer Abbildungen, von Menschen mit Mänteln. Dann werfe ich einen Blick auf textliche Überlieferungen. Im Fall des Mantels wäre das Einhard und Notger.
Einhard: …trug er einen blauen Umhang (sago)
Notger: „…Das letzte Stück ihrer Tracht war ein grauer oder blauer Mantel (pallium), viereckig, doppelt gefaltet , so dass es auf die Schultern gelegt vorn und hinten die Füße berührte, auf den Seiten aber kaum die Knie bedeckte“. sowie „Was nützen diese kleinen Fetzen? Im Bett kann ich mich nicht damit zudecken …“( Karl d.G. über den friesischen Mantel)
Meist schaue ich mir die verwendeten lateinischen Begriffe näher an, um den Hintergrund zu erfahren. Woher her kommt der Begriff, was stellte er in seiner ursprünglichen Verwendung dar, wie sah das aus.
Im Anschluss schau ich mir an ob es Funde gab und wenn ja wie die Aussehen. Ein Blick in die Veröffentlichungen von Inga Hägg kann auch nie schaden. Dann mache ich mir Gedanken zur Umsetzung. Ich hab meist noch Restbestände an Leinen mit denen man das ein oder andere mal ausprobieren kann.
Erst jetzt fange ich an darüber zu lesen was Bücher direkt zu dem Thema schreiben. Das mache ich jetzt erst um mir vorher eine eigene Meinung zu bilden und um Sachen nicht ungefragt zu übernehemen. Beispiel am Mantel ist die die oft gemachte Angabe „…er wurde mittels Bänder verschlossen“, „mit zwei Bändern….“ oder mit „angenähten Bändern“.
Was daran eigenartig ist? Ganz einfach. Der Rechteckmantel ist das Schweizer Taschenmesser der Bekleidung. Als Decke , Als Mantel, als Regencape usw. Nähe ich zwei Bänder fix an den Mantelstoff an, beispielsweise nach Notgers Vorschlag, Stoff doppelt nehmen und dann die an die Umschlagkante Bänder dran, nehme ich dem Mantel einen Teil seiner Flexibilität. Die ist es ja auch die den Mantel von seinen gleichformatigen Vorgängern unterscheidet.
Früher wurden die Mäntel mit einer Fibel geschlossen. Diese blieb drin um nicht den Stoff immer weiter auszureißen und der Mantel wurde über den Kopf gezogen. Ein solcher Mantel eignet sich natürlich nicht so gut als Decke. Da ich an den Fortschritt glaube, gehe ich davon aus das nicht nur einfach die Fibel durch Bänder ersetzt wurde.
Schaut man sich die Bilder oben an, so kann man in der Abbildung aus dem Stuttgarter Psalter (erstes Bild) auf dem Mantel einen Zierstreifen auf dem Rücken erkennen. Ich halte diesen Zierstreifen für eine verzierten Saum. Der Mantel wäre also hier nur um etwa ein Drittel umgeschlagen. Der Mantel auf dem Zweiten Bild fällt so locker und faltenreich, das er wohl nicht doppelt, sondern nur einfach gelegt ist. Selbstverständlich ist es nicht der selbe Mann, der selbe Mantel und es liegen ca. 20 Jahre zwischen den Abbildungen, aber ich glaube nicht das diese Mäntel mittels eines fix angenähten Bandes befestigt wurden. Aber wie dann?
Das untere Bild zeigt einen Auschnitt eines Freskos aus St. Benedikt von Mals. Der sogenannte weltliche Stifter. Man sieht hier die Bänder oder Riemen des Mantels, daneben findet sich ein kreisförmiges Etwas. Man könnte es als Fibel deuten, aber in der Regel sind auf dieser Abbildung Details kontrastierend dargestellt, wie etwa der Saum des Mantels klar erkennbar ist. Daher glaube ich das der Stoff nur zusammengebunden wurde, auf dem kleinen Knäuel konnte dann eine Schmuckfibel angebracht werden. Hab ich ausprobiert und es funktioniert gut und hält.
Erst jetzt schaue ich nach was andere gemacht haben. Da es aber nicht so viele Karolinger gibt und noch wenigere ihre Ausrüstung im Netz zeigen bringt das hier auch nicht weiter. Also machen und begründen.
Interessant einmal zu lesen, wie so etwas abgeleitet werden kann. Würde es denn nicht Sinn machen, daß zwar zwei Bänder angenäht wurden, die aber dann miteinander verknotet werden konnten wie beim Schuhe binden? Das würde doch zu Bild 2 und 3 passen und wieder gelöst werden können?
Gehen würde das schon und ich schließe es nicht für alle Fälle aus, jedoch kann ich dann nicht den Mantelstoff einmal halb oder das nächste mal nur zu 1/3 umschlagen, weil ich durch die Position der Bänder festgelegt bin
Also ehrlich gesagt, ich kenne jetzt keine Darstellung wo die vorhandenen Bänder nicht trotzdem mit einer Fibel befestigt wurden.
Siehe z.B. das Lothar-Evangeliar von 850
http://www.heiligenlexikon.de/Fotos/Lothar_I.jpg
Der Vorteil der Bänder ist doch auch der, dass ich sie problemlos unter/mit der Fibel verknoten kann.
Wenn die Bänder dadurch mit der Zeit arg verschleißen (was ich aber eher nicht glaube), dann tausche ich einfach die aus, während der Mantel intakt bleibt.
Oder?
Zusatz:
Weil du meintest, das wäre keine Fibel beim Stifter, da es nicht sonderlich kontrastiert:
Schau mal hier:
http://4.bp.blogspot.com/_CijcaA9yq58/S8UiK4RB1BI/AAAAAAAAFhM/dnNPStW7Fvg/s1600/Meister_der_Reichenauer_Schule_002.jpg
Meiner Meinung nach in Sachen Fibel eine sehr ähnliche Darstellungsweise.
Ganz ähnlich sehe ich das auch. Die Fibeln aus dem Fundgut sind recht filigran und wenn ich mir die Nadelrast an der Scheibenfibel im Museum ansehen, bezweifle ich das die dem Zug eines Mantels recht lange Stand gehalten hätte. Aber ich hab gestern nicht einen Abbildungshinweis bekommen. Muss nur ein passendes Bild finden. Vielleicht später mehr, stehe gerade auf nem Parkplatz… 🙂
Hat sich meine Kommentar zeitlich mit deinem überschnitten @Segestes. Kommt davon wenn man mit dem Handy schreibt…
Die Darstellung hatte ich nicht genommen da sie mir zeitlich zu weit weg erschien. Wobei ich gerade bemerke, was daran sehr interessant ist, die Bänder liegen (ein ganzes Stück) hinter der Fibel.
Ich mach aber noch mal nen Post. Muss mich auch entschuldigen, der Artikel gehörte zu meinen vorbereiteten Lückenfüllern und war… ach lassen wir das
Also ich habe auch keine angenähte n Bänder an meinem Rechteckmantel, dagegen am Halbkreismantel schon.
Ich verschließe den Mantel mit einem Lederband, das ich dann mit einer kleinen Fibel fixieren kann. Die Fibel kann auch ganz weggelassen werden, je nach Rang der Darstellung.
Grüße
der Uhl