Patriotismus geht immer, leider
Als ich am Montag nach dem Urlaub wieder arbeiten war, mußte ich auch an der Tankstelle vorbei, wobei mein Blick auf das „National Geographic Magazin Deutschland“ (ich habe dieses Heft früher oft gelesen, jedoch nach der grausigen Hawass-Gantenbrink-Übertragung im Fernsehen den Kauf eingestellt) fiehl.
Titelstory: Deutschland – Wiege der Kunst
Es dreht sich um die Venusfigur die auf der Schwäbischen Alb gefunden wurde.
Das hier an den Patriotismus des Lesers appeliert wird ist klar, jedoch verwundert mich das immer wieder, das so inflationär mit Hoheitsbegriffen um sich geworfen wird, die vor 40.000 Jahren mal nulligst Bedeutung hatten.
Natürlich konnten die Urmenschen die die Schwäbische Alb vor 40.000 Jahren von sich behaupten, das sie alles ausser Hochdeutsch können, aber das macht sie noch lange nicht zu Baden-Würtenbergern, geschweige denn zu Deutschen.
Das das ganze sich auf das Paloeolithikum ausweitet ist mir aber neu.
Über solches patriotisches Abstammungsdenken hab ich mir schon in Frankreich gedanken gemacht, immer wenn es um die Franken geht ist klar : die Franken haben Frankreich gegründet, allen voran Karl der Große. Fragt man in Deutschland ist klar: Deutschland wurde von Karl dem Großen gegründet. Fragt man in Europa: Klar, die Wurzeln liegen bei Karl dem Großen… Komisch, ich war der Meinung die Franken haben nur die Römer mehr oder minder kopiert und Karl hat sich mit cleveren Schachzügen die Krone des weströmischen Kaisers geangelt… liegen die Wurzeln Europas dann nicht bei den Römern? Müsste dann nicht Berlusconi erster Mann Europas ehrenhalber sein?
Ach ich vergaß, Arminius/Hermann der Cherusker und seine Frau Tusnelda waren die ersten Deutschen, den Gedanken kann man auch bei mancher Varusschlachtberichterstattung bekommen. Ach wie verwirrend das alles… soviele erste Deutsche… Ein wenig fühlt man sich da schon an den Patriotismus der Wilhelminischen Ära erinnert – der Germane, der edle Wilde…
Na, aber das ist die Zeit einer Wirtschaftskrise und die macht auch vor Geschichte nicht halt. Wenn uns diese etwas lehrt dann folgendes: Wenn nix mehr geht, Patriotismus geht immer!
Im übrigen hat Dr. Stefan Weinfurter in einem Vortrag erklärt, der erste der jemals jemanden als König der Deutschen genannt hat war Gregor VII. in einem Brief an Heinrich IV. – und der meinte das als Beschimpfung!
Da muß ich aber auch an etwas anders denken, etwas unangenehmes, das mir aber auch beim Gedanken an die Kombination Geschichte, Wirtschaftskrise und Patriotismus in mir hochkommt:
Schwarze Milch der Frühe wir trinken dich nachts
wir trinken dich mittags der Tod ist ein Meister aus Deutschland
wir trinken dich abends und morgens wir trinken und trinken
der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau
er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau
ein Mann wohnt im Haus dein goldenes Haar Margarete
er hetzt seine Rüden auf uns er schenkt uns ein Grab in der Luft
er spielt mit den Schlangen und träumet der Tod ist ein Meister aus Deutschland
Paul Celan, Todesfuge
Deuschland – Wiege der Kunst
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…