Klerikerkleidung und das bischöfliche Ornat des 9. Jahrhunderts
Bitte keine Fragen stellen, warum ich mich gerade mal mit der Kleidung eines Bischofs und / oder Klerikers des 9. Jahrhunderts befasse. Habe gerade eine dumme Idee. Vielleicht sprechen wir in einem Jahr noch mal drüber…
Kirchliche Kleidung hat den Vorteil, dass sie sich nur sehr langsam veränderte und diese Veränderungen auch meistens minimal sind. Dies ermöglicht es, das kirchliche Ornat eines Bischofs sehr genau zu rekonstruieren. Gegenteilig sieht es übrigens mit der Alltagskleidung eines Bischofs aus. Denn hier kenne ich keine entsprechende Abbildung. Da aber diese in aller Regel nach benediktinischer Regel lebten, würden sie sich im Idealfall auch so kleiden. Nur scheinen Bischöfe auch gerne über die Stränge geschlagen zu haben…
Die Abbildungen die man aus dem De laudibus sanctae crusis kennt, in der Alkuin und Hrabanus Maurus dem hl. Martin, als Erzbischof von Tours sein Werk übergeben, zeigen die Tracht der Benediktiner des 9. Jahrhunderts.
Dort trägt Hrabanus eine bis zu den Knöcheln reichende Tunika, wohl eine Albe und darüber einen schlichten Überwurf (Skapulier) , der bis zu den Knien reicht und die Arme frei lässt. Hrabanus Maurus scheint hier übrigens Wadenwickel zu tragen . Alkuin ist einmal identisch, dann wieder mit Albe und Dalmatika dargestellt.
Da Alkuin und Hrabanus Kleidung unter dem Skapulier den gleichen Blauton wie die Albe des hl. Martin aufweist, ist davon auszugehen, dass auch hier weiß als Farbe anzunehmen ist (siehe dazu weiter unten). Das Skapulier selbst ist braun dargestellt und steht wohl für einen naturbraunen bis naturschwarzen Wollstoff, den die Benediktiner tragen. Interessanter Weise wirkt Hrabanus somit mehr wie ein modernerer Zisterziensier, die erst im 11. Jh. entstehen, als ein Benediktiner nach dessen Regeln Hrabanus Maurus im Kloster Fulda lebte.
Dies erklärt sich aber damit, dass die Zisterzienser als Teil der Reformbewegungen des 11. Jahrhunderts entstanden und wieder die Reinheit der benediktinischen Regeln leben wollten. Hrabanus Maurus trägt übrigens keine Stola und ist somit kein Priester. Das De Laudibus sanctae crucis entstand um 810, Hrabanus wurde erst 814 zum Priester geweiht, er war aber bereits Diakon.
Weiteres Bild eines Benediktiners mit gleicher Kleidung sehen wir übrigens im Egbert Codex (980 – 993 ) und im Egbert Psalter (977–993) , wo der Mönch Roudbrecht seine Werk übergibt.
Wieder anders sieht es mit dem einfachen Dorfpriester aus. Während van Rhijn1 davon ausgeht das es durchaus Landpriester gab, die zu den lokalen Eliten mit Grundbesitz gehörten, gibt es auch Hinweise das Landpriester mitunter einen weiteren Beruf hatten um für ihren Unterhalt zu sorgen. So meldete sich ein Priester bei seinem Bischof, da ihm bei der Arbeit flüssiges Blei ins Auge gespritzt war und er nun sein Priesteramt nicht ausüben konnte.
Während die erstere Gruppe wohl mit durchaus ansprechender klerikaler Kleidung ausgestattet war, war der klassische Landpriester mit zweitem Beruf wohl eher recht gewöhnlich gekleidet.
Wobei es auch Schenkungen an Kirchen gab, in denen Dalamtiken und Kaseln verschenkt wurden.2 Im Prinzip wäre der der einfache Priester im Idealfall mit den gleichen Kleidungsstücken wie ein Bischof ausgestattet, nur in einfacherer Ausführung und ohne Pallium. Dies war aber seine Kleidung die für den Gottesdienst vorgesehen war, nicht im Alltag.
Das primäre Erkennungszeichen eines Priesters scheint daher seine Stola gewesen zu sein, die er bei der Priesterweihe erhielt, denn es wurde bei der Synode von Mainz 813 beschlossen, dass die Stola, auch als Orarium bezeichnet, ständig getragen werden muss und bei der Synode von Tribur 895 wurde festgelegt das wenn jemand einen Priester ohne Stola beraubt, tötet oder verwundet solle der Täter nur die einfache statt dreifacher Strafe Zahlen. ( man konnte den Priester ja nicht erkennen…)
Im Übrigen zeigt Szene 15 des Teppichs von Bayeux einen Priester, der eine Dame zu segnen scheint. Er trägt eine Pluviale, bzw. Chormantel, der im 10. Jahrhundert aufgekommen war, sowie Tonsur. Ansonsten ist seine Kleidung, soweit erkennbar, identisch mit jeder anderen Kleidung auf dem Teppich.3 Was auf dieser Szene dargestellt ist ist unbekannt, die Beschreibung nennt nur “ein Geistlicher und Aelfgiva”, Wobei nicht einmal bekannt ist wer Aelfgiva ist.
Vorangehende Anmerkung:
Ich bringe immer wieder Beispiele von erhaltenen Kleidungsstücken. Meist bestehen diese aus kostbarer Damastseide. Das bedeutet nicht das es diese Kleidungsstücke nur aus diesem extrem kostbaren Stoff gab. Es bedeutet nur das die kostbaren Kleidungsstücke, aus welchen Gründen auch immer, besser gepflegt wurden als andere. Es gab auch Bischöfe und Äbte die mitunter derbe Wolle bevorzugten, um somit ihre Enthaltsamkeit und Askese zu verdeutlichen. Doch wenn dies nicht explizit Topos der Abbildung ist, würden diese genauso prunkvoll wie jeder andere Bischof dargestellt werden.
Aber kommen wir nun zu den liturgischen Gewändern des Bischofs, so wie sie abgebildet und nachgewiesen sind.
Die Albe
Die unterste (sichtbare) Lage bildet die Albe. Das Wort ist die eingedeutschte Version des lateinischen Alba, was wiederum die Verkürzung von Alba Tunika ist. Übersetzt: Weiße Tunika.
In den Abbildungen sind lediglich der untere Rand und die Ärmel zu sehen und eine Albe des 9. Jahrhunderts ist nicht erhalten. Die älteste, mir bekannte, Albe ist die sogenannte Albe des hl. Bernulph von Utrecht aus dem 11. Jahrhundert, wobei anzumerken ist, das es Diskussionen gibt, ob es sich bei diesem Kleidungsstück nicht um ein staufisches Kleidungsstück handeln könnte.4
Sie besitzt die engen Ärmelaufschlag und wäre unten weit genug, um einen entsprechenden Faltenwurf zu erzeugen. Ihr Schnitt ist recht einfach, denn die Ärmel sind gerade eingesetzt und die Weitung erfolgt über zwei Geren an den Seiten.
Gefertigt ist sie aus feinem Leinen als Basismaterial, was auch der kirchlichen Tradition entspricht.
Die Albe aus den Reichskleinodien sah wahrscheinlich recht ähnlich aus, wurde jedoch in ihrem Schnitt verändert.
Die Albe wäre somit als lange, mit Geren an den Seiten geweitete Tunika mit gerade angesetzten, am Handgelenk eng anliegenden Säumen zu rekonstruieren, ganz so wie ein Damenunterkleid. Wobei die Ärmel am Rumpf eine recht große Weitung aufweisen. Schmuck wie Borten, sind im 9. Jahrhundert nicht zu erkennen.
Der Halsausschnitt konnte als Schlupf gestaltet sein, eine zentrale oder assymetrische Schlitzung besitzen, oder aber auf den Schultern geschlossen werden. Die Länge reichte wahrscheinlich mindestens zu den Fußgelenken, jedoch waren sie wahrscheinlich länger, denn sie wurden noch mit dem Cingulum gegürtet. In aller Regel sollte sie, wie auf dem Hrabanus Maurus/ Alkuin /St. Martin Bild aus Leinen bestanden haben. Ein einfacher Mönch im Kloster Fulda, hatte dagegen wahrscheinlich eine Albe aus natuweißer Wolle. Einfaches Wolltuch ist günstiger teuer als gebleichtes Leinen, das in der Herstellung einen ungleich höheren Aufwand besitzt. Hrabanus kann dagegen Leinen in seiner Stellung und Bedeutung für Fulda durchaus rechtfertigen.
Die Stola
Über der Albe lag die Stola, die um den Hals gelegt auf der Vorderseite fast bis zum Ende der Albe reicht. Sie wurde bei der Priesterweihe verliehen. Es war das eigentliche Zeichen, das den Priester auswieß.
Zum Material der Stola gibt es kaum Erkenntnisse. Nach Josephs Brauns Handbuch der Paramentik5 gab es im 19. jahrhundert Stolen, aus Leinen, Baumwolle, Wolle und Seide, wobei Seide bereits im 12. Jahrhundert als Material für die Alltlägliche Stola diente. Im 9. Jahrhundert wäre wohl eher von Leinen oder Wolle auszugehen.
Aus Arles sind zwei Pallien erhalten. Eines aus der Zeit zwischen 416 und 595 aus Seide und Wolle mit einer Länge von 224cm und einer Breite von 9,1cm, sowie aus der Zeit von 491 bis 654 aus Leinen, mit Seide bestickt. Länge 175cm Breite ebenfalls 9,1cm.
Aus der Zeit zwischen 900 bis 934 stammt die Stola aus dem Grab des hl. Cuthbert in Durham (UK) wo sie bei einer erneuten Graböffnung im 10. Jahrhundert deponiert wurden. Als Basis diente hier Seide in Leinwandbindung, die mit Seide bestickt wurde. Länge 81,9cm, Breite 5,5cm.
Der Brauch, die Stola über der Brust zu kreuzen, kam erst im Laufe des 9. Jahrhundert auf.
Das Cingulum
Das Cingulum, der Gürtel, wurde über Alba und Stola gebunden oder geschlossen und hielt alles an seinem Platz, bzw. ermöglichte das Raffen der Albe.
Aus dem 9. Jahrhundert hat sich der Witgariusgürtel erhalten, das Cingulum des hl. Witgarius von Augsburg. Dieser war Brettchengewebt aus roter Seide, miit grünem Rand und der Inschrift “Witgario tribuit sacro spiramine plenum hanc zonam regina nitens sanctissima Hemma”. Am Ende des Gürtels verbreitert sich dieser und ist mit Adlern verziert. Weitere brettchgewebte Gürtel sind erhalten.
Jedoch kämen auch einfachere Gürtel oder andere Materialien in Betracht.
Die Dalmatica
Über den bisherigen Kleidungsstücken wurde die Dalmatica getragen. Sie wird lose, ohne Gürtel oder Ähnliches getragen Ein Stück aus dem 8. oder 9. Jahrhundert wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört: Die Dalmatica des hl. Hidulf von Trier aus Moyenmoutier.
Diese Dalmatic steht noch ganz in der Tradition ihrer römischen Vorbilder. Ihre Grundform ist die eines “T”. Sie besitzt eine Länge von 140cm, die Breite mit ausgestreckten Ärmeln beträgt 195cm. Die Ärmel selbst sind 51,5cm lang und besitzen eine Weite von 67cm. Der Halsausschnitt ist leicht oval mit 22cm in der Breite. An seinem Rand setzten links und rechts zwei rote Clavi aus Seide, mit einer breite von 1,4cm an, die sich über Vorder und Rückseite der Dalmatica ziehen.
Zwei weitere Clavi befinden sich jeweils an den Ärmeln, 10cm von Rand entfernt und ebenfalls mit 1,4cm Breite und 1,8cm Abstand zueinander.6 Grundstoff ist hier ein weißer Seidendamast der direkt in die entsprechende Form gewebt war.. Gleiches gilt auch für die Dalmatica die nach Braun im Schrein des hl. Quiriakusin Taben an der Saar gefunden wurde.
Die Moyenmoutier Dalmatik soll ebenfalls Fransen an den Ärmel besessen haben, wobei dies nicht ganz klar erscheint und diese auch einfach Spuren von Abnutzung des Gewebes sein könnten.
Zwei ältere Dalmatiken wurden in Ravenna gefunden. Bei ihnen sind die Ärmel noch um einiges weiter als bei dem späteren Model aus Moyenmoutier. Im Gegensatz zu Moyenmoutier, wo die Clavi aufgehängt sein sollen, waren sie in Ravenna eingewebt.
Wer sich jetzt fragt warum die Dalmatica in ihrer Form mal so gar nichts mit der bekannten Dalmatik des hl. Ulrich aus Augsburg zu tun hat, dem sei gesagt das die Dalmatic des hl. Ulrich gar keine Dalmatik ist. Es handelt sich eher um eine Albe oder Tunicella vom Schnitt. Gleiches gilt auch für die blaue Tunicella aus den Reichskleinodien, die auch als Dalmatica bezeichnet wird.
Die Dalmatik bekommt erst im 11. Jahrhundert andere Farben als weiß, obwohl Handschriften andere Ideen wecken können. Doch zum einen muss man in den Abbildungen unterschiedliche Farben wählen, sonst verschwimmt die Form, zum anderen ist die Albe immer bläulich dargestellt, während die Dalmatik weiß bis Cremeweiß dargestellt wird. Tatsächlich unterscheidet sich das Weiß einer Seide vom Weiß eines Leinengewebes und tatsächlich könnte man in Weiß eines Leinentextils ein wenig Blau erkennen.
Die Kasel
Über der Dalmatik wird die Kasel, um genau zu sein eine Glockenkasel, getragen. Dabei handelt es sich um ein mantelartiges Kleidungsstück. Im Schnitt ist es ein halbrunder Mantel, der jedoch an der Vorderseite vernäht und geschlossen ist. Der Mantel wurde über den Armen drapiert.
Erhalten aus dem 9. Jahrhundert sind keine Kaseln, jedoch aus dem 10. und 11. Jahrhundert. So etwa die Williges Kaseln, die Kasel Papst Clemens aus Bamberg, oder die Kasel aus dem Dommuseum in Brixen.
Die erhaltenen Kaseln bestehen alle aus gemustertem Seidendamast.
Aber auch Wolle und andere Stoffe sind denkbar. Auch der einfache Prieser war im Gottesdienst angehalten, die Kasel zu tragen.
Das Kaselkreuz, das man von vielen hochmittelalterlichen Kaseln kennt, war noch nicht in gebrauch. Lediglich die verschlossene Front und der Kragen konnte mit einer Ziernaht oder Borte versehen sein.
Die Farbe der Kasel ist nicht vorgegeben. Die klassische Farben innerhalb des Kirchenjahres, die man heute in der katholischen Kirche kennt, gab es noch nicht. Ohnehin hätte man als Bischof nicht auf die Farbe der Seide geschaut, wenn man denn schon an so viel Seide gekommen war, um dauraus eine Kasel oder eine Dalmatik nähen zu lassen.
Das Pallium
Über der Kasel wurde das Pallium getragen. Das Pallium wies den Priester als Bischof aus und wurde vom Papst verliehen. Das Pallium machte über die Jahrhunderte einige Veränderungen durch. Ursprünglich andelte es sich um einen langen, um die Schultern geschlungenen Schal, dessen eines Ende über die Brust, das andere Ende über den Rücken fiel. Im 9. Jahrhundert war die Grundform bereits gegeben und die Form fest vernäht: Eine Ende hing mittig über die Brust, dort teilte es sich wie ein Y und lief um die Schulter. In der hinten Mitte hing wieder mittig ein weißes Band hinunter.
Die Farbe der Pallien wird immer als weiß dargestellt. Einzige Verzierungen sind aufgestickte Kreuze, die meist in Schwarz oder Rot dargestellt wurden. Nach Braun konnte jedoch nur Schwarz nachgewiesen werden.
Das Pallium wurde mit drei Nadeln an der Kasel festgesteckt um ein verrutschen zu verhindern. Diese Nadeln haben sich bis heute in der Bischofskleidung erhalten, auch wenn sie nur noch reine Zierde sind. Traditionell wird das Pallium aus Wolle gefertigt.
Das Manipel
Über den linken Arm wird das Manipel getragen. Auf Abbildungen ist es oftmals nicht zu sehen, oder aber man könnte es für einen Saum der Dalmatik halten.
Ursprünglich war es ein Schweißtuch, mit dem sich der Bischof den Schweiß aus dem Gesicht wischen konnte. Mit der Zeit wurde es jedoch ein rein schmückendes Beiwerk.
Erhalten hat sich nur das Manipel aus dem Grab des heiligen Cuthberth, das der dortigen Stola entspricht und nachträglich ins Grab gelegt wurde.
Als ursprüngliches Material sind hier auch am ehesten Wolle oder Leinen denkbar.
Nicht sichtbar oder kaum erkennbar.
Schuhe
Schuhe sind auf den Abbildungen kaum sichtbar durch die lange Albe. In den Abbildungen des Egbert Codex aus dem 10. Jahrhundert sieht man immer wieder goldene Verzierungen an den Schuhe. Es wäre also auf jeden Fall vorstellbar dass bereits spezielle Pontifikalschuhe getragen wurde oder aber “normale” Schuhe etwa mit Seide bezogen waren.
Pontifikalstrümpfe
Entgegen der populären Meinung Pontifikalstrümpfe kamen im 8. Jahrhundert auf und waren zunächst exklusiv Bischöfen vorbehalten7 zeigen Mosaike aus Ravenna bereist die Verwendung von Pontifikalstrümpfen und entsprechenden Sandalen im 6. Jahrhundert.Erhalten haben sich jedoch meist nur solche neueren Datums, wie etwa die Strümpfe Clemens II. in Bamberg aus Seidendamast.
Humerale/Amikt
Das Humerale ist ein Schultertuch, das über der Albe und unter den restlichen Kleidungsstücken getragen wurde. Es verbreitete sich als liturgische Kleidung im 8. Jahrhundert und sollte verhindern, dass Schweiß vom Hals auf die kostbaren oberen Gewänder gelangt und diese beschädigt.
Aus dem 8. Jahrhundert ist ein möglicher Humeral-Schal fragmentarisch erhalten. Es besteht aus Seide.8 Spätere erhaltene Humerale aus dem 14. Jahrhundert bestehen aus Leinen. Leinen ist dabei der wahrscheinlichere Stoff, denn Seide zu nutzen, um kostbare Seide zu schützen, macht verhältnismäßig wenig Sinn.
Was es noch nicht gab:
Die Mitra Diese kommt tatsächlich erst im 11. Jahrhundert in Mode, damals noch nicht in der heute bekannten Form. Daher hatte der hl. Nikolaus nie eine Mitra auf dem Kopf!
Das Rationale
Das älteste erhaltene Rationale ist das Bamberger Rationale. Es handelt sich um einen textilen Brustschild, der an die Hohepriester des Tempels erinnert. Da aber der Bischof bereits das Pallium trägt, das ranghöher als das Rationale ist, sieht man dieses bei abgebildeten Bischöfen nicht. In Bamberg trug der örtliche Bischof auch das Pallium und war mal so ganz zufällig auch Papst, weshalb das Rationale von Anfang an auf eine Kasel montiert und dann von anderen Priestern getragen wurde. Zudem wird das Rationale erstmals um 980 erwähnt.
Pontifikalhandschuhe
Nach dem Handbuch der Paramentik sollen die Pontifikalhandschuhe erst am Ende des 9. / Anfang des 10. Jahrhunderts in Gebrauch gekommen sein. Somit sind sie in dieser Liste auch nicht vertreten.Das sie aber doch bereits existiert haben zeigt ein durchflochtener, lederner Saum aus dem Grab des unbekannten Klerikers in Augsburg. Dieser Saum oder Lederstreifen, der auf Höhe des Handgelenkes gefunden wurde, könnte von Handschuhen stammen. Da aber sonst der Tote mit den Beigaben eines Reiters bestattet wurde, könnte sie auch aus diese Kontext rühren.
Anmerkung am Ende
Liest man Beschreibungen dieser Kleidung, die aus rein kirchlicher Sicht geschrieben sind, findet man meist anmerkungen wie das die Albe auf die Tunika Christi verweise, oder das die Dalmatik von dem aus einem Stück gewebte Obergewand Christi inspiriert sein. Sorry, aber das Käse. Die Kleidung übernimmt einzig und alleine antike Kleidungsstücke, die sich einfach mit der Zeit verändert haben.
So stammt das Pallium vom griechischen Himation ab. In römischer Zeit war es ein rechteckiges Tuch, ähnlich einem Mantel das um den Körper gewickelt wurde und vorallem von hohen Beamten getragen wurde. Da die Bischöfe mit der Diözese römische Verwaltungststrukturen übernahmen, wunderten es nicht das auch deren Kleidung übernahmen. Mit der Zeit wurde das Pallium schmaler bis es zu dem heutigen band wurde. In Byzanz wurde daraus der loros.
vgl. C. van Rhijn , Shepards of the Lord. Priests ad Episcopal Statues in the Carolingian Period ↩
vgl. S. Patzold, C. van Rhijn Men in the Middel – Local Priests in Early Medieval Europe ↩
Abbildung auf Wiki Commons https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/2a/Bayeux_Tapestry_Scene_15.png/2560px-Bayeux_Tapestry_Scene_15.png?uselang=de ↩
Dazu hier: https://www.tribur.de/blog/2022/02/24/tuniken-und-asymmetrische-schlitzungen/ ↩
J. Braun S.J. Handbuch der Paramentik S.160 ↩
Nach J. Braun S.J. Die Liturgische Gewandung S.261 und F. Pertegato Le dalmatiche die Ravenna e Moyenmoutier S.63 ↩
S. Tribe , Pontifical Buskins – Brief-History and Consideration in liturgical arts journal online: https://www.liturgicalartsjournal.com/2018/07/pontifical-buskins-brief-history-and.html ↩
E. Coatsworth, G.R. Owen-Crocker, Clothing the Past S.343 ↩
Hi. Bin grad über den Artikel gestoßen. Wenn du mal in die Nähe von Hildesheim kommst: Im dortigen Domschatz befinden sich eine Kasel und Schuhe entweder von Bischof Bernward oder Godehard, beides also um 1000. Vielleicht ganz interessant für deine Recherche. Die Kasel ist allerdings ziemlich „zerlegt“, da man sie stückweise als Reliquien der heilig gesprochenen Bischöfe verschenkt hat.
LG Christian
Danke Christian, tatsächlich war ich vor 2 Jahren dort, muss aber gestehen das ich den Textilien wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Daher Danke für den Tipp!