Buchempfehlung: Die Briefe Einhards
Wer kennt ihn nicht? Einhard, der Biograph Karls des Großen, den Erbauer der Basilika zu Michelstadt Steinbach und zu Seligenstadt.
Aber Einhard war auch Briefeschreiber. Nicht irgendwelche prosaischen Briefe, sondern recht profane Schriftstücke. Momente des Altagslebens einer hochgestellten Persönlichkeit zwischen Ruhestand, Laienabt und Verwalter mehrerer Klöster.
Sehr wahrscheinlich wurden diese Briefe, es sind stolze 58 Stück, die von Einhard stammen, bzw. 2 von seiner Frau Imma, bereits in Seligenstadt und / oder Aachen mitprotokolliert. Nach Einhards Tod wurden sie gesammelt und wohl in St. Bavo zusammengefasst, wobei weitere Briefe, unter anderem von Ludwig dem Frommen, hinzugefügt wurden, so dass eine Sammlung von 71 Briefen entstand.
Diese Epistolae gibt es in der Monumenta Germaniae in der ursprünglichen Edition von Karl Hampe aus dem Jahr 1899 zur freien Nutzung. Das Problem daran ist, das diese natürlich in Latein sind und auch kein oder nur wenig Kontext geliefert wird. Hampe hatte die Briefe versucht in eine chronologische Abfolge zu bringen.
Die Publikation “Einhards Briefe” jedoch hat sich entschieden, die Briefe in der Reihenfolge wiederzugeben, in der sie im Parisinus Latinus 11379 überliefert wurden. Zumal Einhards Briefe grundsätzlich undatiert sind, was ihre zeitliche Einordnung erschwert. Eine Einordnung ist daher nur über erwähnte Personen oder Ereignisse möglich.
“Einhards Briefe” befasst sich zunächst mit der Person Einhards, der Kommunikation im Mittelalter die eine hohe Mobilität voraussetzte (wie es schon der Untertitel des Buches impliziert), und der Entstehung der Handschrift und deren Bearbeitungen durch Hampe und Pertz.
Im Anschluss folgt der Abdruck der originalen Handschrift als Faksimile, auf die dann die eigentlichen Briefe folgen.
Für sie sind mindestens eine Doppelseite reserviert. Es findet sich ein Abdruck der Stelle der Handschrift, die lateinische Fassung , eine Deutsche Übersetzung in einem farblich abgehobenen Kasten und weiterhin eine erläuterte Datierung, sowie der Kontext des Schreibens.
Dabei sind Einhards Briefe mitunter recht schlicht, wie etwa Brief 24, in dem Einhard die Bitte an den Empfänger ( das Kloster St. Bavo) sendet ihm Wachs zukommen zu lassen, da der Ertrag an Honig in den letzten zwei Jahren in Seligenstadt gering war.
Andererseits enthalten die Briefe auch immer wieder Einhards Eingreifen in Rechtssachen. Oft Bitten für Lehen. Sei es, als Bitten solche neu für Gefolgsmänner auszustellen, aber auch nach dem Tod einer der Rechtsparteien die Bitte, dieses Lehen zu verlängern.
Es gibt aber auch Bittschreiben für Angeklagte in schwereren Vergehen. Man könnte fast sagen es handelt sich um Bitten zur Rechtsbeugung, wenn Einhard den Grafen Poppo bittet zwei Wilddiebe zu verschonen (Brief 7) oder aber wenn Einhard den Vicedomus Marchard um Gnade für einen unfreien Mörder bittet und seine “Glieder verschont” werden sollen, auch bittet er darum das die unfreien Brüder des Täters die bei Einhard mit dieser Bitte vorstellig wurden, das Wergeld anstelle des Bruders zahlen dürfen. Etwas das Unfreien eigentlich nicht zustand. (Brief 18)
Auch zum Reisen bieten die Briefe Informationen, so etwa wenn der etwa 60 oder 70 jährige Einhard eine Einladung nach Aachen ausschlägt, für die, wie er schreibt, etwa 7 Tage benötige, er aber die Seligenstädter Reliquien nicht länger als 7 Tage alleine lassen könne. Dabei verleiht Einhard seinen Worten durchaus Nachdruck wenn er schreibt
“Ich schwanke, ob ich über dich denken soll, dass Du Dich um meine Gefährdung nicht scherst, doch eher möchte ich annehmen, dass Du mein Schreiben wegen anderer Beschäftigungen mit wenig Sorgfalt gelesen hast(…)”
Das Buch schließt ab mit einer Übersicht der Nummerierungen der Briefe im Vergleich zu anderen Arbeiten, was das Querlesen stark vereinfacht, sowie Quellenverzeichnis und Register.
Das Buch ist mir eine große Empfehlung wert, gerade weil seine behandelten Text weit ab von den Zusammenfassung der Chroniken, oder den starren Urkundentexten sind. Sie geben einen Blick in das Leben und die Tätigkeiten hoch geachteten Laienabtes zum Ende des ersten Drittels des 9. Jahrhunderts.
Das Buch ist in der Reihe Acta Einhardi als Band III erschienen und für 25 Euro erhältlich. Verantwortlich für den Inhalt zeichnet sich ein Team um Prof. Dr. Steffen Patzold von der Universität Tübingen. Bezogen werden kann das Buch über die Einhard Gesellschaft Seligenstadt, auf deren Internetseite auch einige Beispielseiten abgedruckt sind. https://www.einhard-gesellschaft-seligenstadt.de/acta-einhardi/ ISBN 978-3-00-059807-4
Ein Preview findet sich auch auf Academia.edu
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…