Vortrag Dr. Rainer Schreg: Abgegangen, abgewirtschaftet und abgesoffen
Am vergangenen Donnerstag besuchte ich den den von Terraplana organisierten Vortrag von Dr. Rainer Schreg im Museum Groß-Gerau. Der Vortrag trug den Titel „Abgegangen, abgewirtschaftet und abgesoffen“ und beschäftigte sich mit Wüstungen.
Der Vortrag fand direkt in der aktuellen Ausstellung des Museum Groß Gerau statt, wo bereits Stühle und Leinwand aufgebaut worden waren, als der Museumsleiter Herr Volkmann, Biggi Schroeder, Rainer Schreg und ich dort als erste auftauchten. Bald schon waren alle Plätze besetzt und auch kurz nach Beginn des Vortrages kamen noch Besucher die sich weitere Stühle dazu stellten.
Aufgrund der Abwesenheit von Dr. Maurer übernahm Biggi Schroeder in einer kurzen Einführung die Vorstellung von Dr. Schreg .
Rainer Schreg begann seinen Vortrag mit der rhetorischen Frage warum Siedlungen verlassen werden und weshalb dies zu bestimmten Zeiten geschieht um hinzu zufügen das die verallgemeinernden Antworten „durch die Pest“ oder „den 30 jährigen Krieg“ viel zu allgemein sind um diese alleine so stehen zu lassen.
Anhand von Fallbeispielen aus Gegenwart (Wüstung durch Anlegung eines Truppenübungsplatzes) und Vergangenheit (Panamá la Veija und dieverse mittelalterliche Beispiele) erläuterte Schreg zunächst die Wüstung als solches um dann darauf hinzuweisen das sich der Begriff Wüstung nur auf Siedlungen des existierenden Siedlungsrahmen bezieht, also nicht auf römische Villae oder etwa neolithische Siedlungen anzuwenden ist.
Anhand einiger Beispiele erläuterte Schreg Hinweise auf Wüstungen. So etwa auf der Stubersheimer Alp, wo es eine ungeöhnlichkeiten um Aufbau des Zelgensystems gibt. Eine Zelge wirkte seltsam zerissen. Ein andere Wüstung im Gebiet war dagegen im Zelgensystem nicht zu erkennen. Es wäre denkbar das es sich bei der im Zelgensystem nicht erkennnbare Wüstung um die Ältere handelt die über die Jahrhunderte in das System integriert wurde ohne Spuren zu hinterlassern.
Ergänzend merkte er an das viele Siedlungen die man früher auf Grund eines Ortsnamens in eine bestimmte Zeit datierte sich durch Funde als älter entpuppten. Ihren Namen erhielten sie vielleicht erst durch Siedlungsverlagerungen. Hinzu kommen Auffälligkeiten bei der Wahl der Siedlungsplätze. Da es sich bei der Alb um ein Karstgebirge handelt waren die Täler nicht besiedelt. Hier wäre das Wasser einfach versickert. Auf den Höhenzügen hatte sich dagegen Lehm abgelagert der das Wasser hielt, was die Siedlungslage auf der Höhe begünstigte. Ältere, frühmittelalterliche Siedlungsplätze lagen an Quellen die die Frischwasser zu lieferten. Die neueren Siedlungen lagen dagegen auf den Plateaus ohne eine direkte Quelle. Ihre Frischwasserzufuhr erfolgte über Brunnen. Was diesen Sinneswandel auslöste ist unbekannt. Möglicherweise ließen Klimaveränderungen die Quellen versiegen.
Interessant war der Hinweis auf den Ort Würzbach im Nordschwarzwald, ein Waldhufendorf. Das Waldhufendorf wurde lange als eine typische Gründungsform angesprochen, die planmäßig so angelegt wurde. Die neueren archäologischen Funde in Würzbach sprechen aber, zumindest für Würzbach, eine andere Sprache. Hier hatten sich zwei Siedlungen auf einander zu bewegt und sind dann zu einem Waldhufendorf verschmolzen.
Andere Gründe für Wüstungen könnten Hochwasser gewesen sein. So zeigten sich in Wüstungen Erosionsrinnen die etwa durch das Magdalenenhochwasser ausgelöst worden sein könnten. Hieruist übrigens anzumerken das es neuere Informationen die beweisen das auch Neckar und Eifel vom Magdalenenhochwasserbetroffen waren und das auch das davon auszugehen ist das das hessische Ried unter Wasser stand.
Ergänzend wies Schreg auch auf die dem Hochwasser einige Jahre später folgende Pest hin. So zeigte er die komplexen Zusammenhänge auf: Das Korn konnte nicht geenrnet werden das vom Hochwasser weggerissen wurde, was wiederum Futter für Ratten bildete die sich dadurch wunderbar vermehren konnten, was wiederum die Mutation des Pesterreger begünstigen könnte. Zudem hatte die Erosion die fruchtbaren Böden weggeschwemmt, was wiederum zu schlechten Ernten und Krankheiten führte.
Aber auch starke Bewirtschaftung von Feldern könnte zum Beispiel deren Ertrag senken und mit der Zeit die Versorgung der Bevölkerung erschweren was wiederum zur Aufgabe des Dorfes führen könnte. So wurde die Düngung auf der Alb erst im 14.-15. Jahrhundert eingeführt. Es zeigt sich also das das Wüstwerden und die Verlagerung von Siedlungen starken Wechselwirkungen unterliegen. Viele der Geschehnisse könnten hausgemacht sein , etwa durch veränderte mikroklimatische Verhältnisse. Schreg wies darauf hin das man dies auch zwingend heute berücksichtigen sollte. Ein Hochwasser etwa wie das Magdalenenhochwasser läge außerhalb moderner Hochwasserschutzmaßnahmen.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…