Wie Trebur einmal Teil der Thidrekssaga wurde
Nein, ich habe jetzt keinen an der Klatsche und auch kein verspäteter Aprilscherz! Das ist wirklich mal passiert und es liegt nicht etwa daran das wir realtiv nah an Worms liegen.
Von den vielen Büchern die über das Nibelungenlied geschrieben wurden und von der üblichen Lehrmeinung abweichen sind, so denke ich, Heinz Ritter-Schaumburgs Theorien noch am ehesten nachvollziehbar. (Was nicht bedeuted das ich sie für richtig halte) Für alle die es nicht kennen: Ritter hat den paneuropäischen Kontext des Nibelungenliedes angezweifelt, als älteste Grundlage die Thidrekssaga gesehen und die Ereignisse an den Niederhein, so in der Gegend zwischen Belgien, Trier und Soest angesiedelt. Dietrich von Bern ist nichts anderes als ein Kleinkönig von Bonn. Dies hatte etwa zur Folge das nicht die Donau überschritten wird sonder die Dhünn, ein Nebenfluss der Wupper, der einst in den Rhein mündete (siehe Wiki zu Heinz Ritter)
Um zu den in den Thidrekssaga vorkommenden Namen Parallelen zu kontinentaleuropäischen/deutschen Orten zu finden schien er nichts unversucht zu lassen. Und so kommen wir nach Trebur. Das Trebur des Jahres 1975. Sein erstes Buch zur Thidrekssaga wird er erst Jahre später veröffentlichen, jedoch hatte er bereits seit 1966 Aufsätze veröffentlicht.
In dieser Zeit fand ein Briefwechsel mit Heinz Ritter, der sich noch nicht nach seinem Wohnort Schaumburg nannte, statt. Wer der erste Empfänger eines Briefes war erschließt sich mir nicht, jedoch ist klar wer antwortete. Es war August König, der damals Vorsitzender des Geschichtsvereins war und auch ganz gerne einige Theorien rausgehauen hat, die den Tatsachen entbehrten. (Siehe hier, hier). Was er Ritter zusandte wird nicht klar. Dieser bedankt sich aber artig für die „Beilagen und Ausführungen“ und erläutert seine Absichten die Saga neu zu interpretieren und bringt das oben genannte Dhünn/Donau Beispiel und bald wird klar worauf er hinaus will.
In seiner späteren Veröffentlichungen sieht Ritter in dem in der Saga erwähnten Rom nicht das Rom Italiens, sondern das roma secunda genannte Trier. Doch soweit war er noch nicht, denn er schreibt:
Das [Der Begriff Rom] könnte auf mehrere Orte zutreffen; auf keinen, aber so gut wie auf Mainz (…) Die in der Sage genannte Burg, bzw. das „Kastell“ Trelinnborg-Trieborg-Turnborg muß in der Nähe vom Ermentriks Sitz liegen, und das wäre dann nahe Mainz.
Man ahnt was kommt, was kommen muss!
Zwar erläutert Ritter das alles noch eine Hypothese sei, verleiht aber dieser mit 5 Argumenten Nachdruck:
1 .Die Namen Trieborg, Trelinburg [sic], Turnborg, wobei die letzte Benennung am wenigsten Sicherheit gibt. Trellinborg könnte in anderer Zusammensetzung dasselbe Bedeuten wie Treborg (Tre- (lin)-borg). Man hat den Namen auch mit Trechlinburg am Rhein in Zusammenhang gebracht; doch ich habe diese Burg bisher nicht gefunden. Die Form -borg ist nordische und auch niederdeutsche Form fur Burg. In den genannten Namen kann das g auch eine zu irgendeiner Zeit eingedrungene Mißdeutung sein und könnte durchaus Trebur meinen.
2. die Nähe zu Mainz, wenn sich dieses als das Rom der Ths (Thidrekssaga) herausstellt.
3. die Lage auf der entgegengesetzten Rheinseite wie Mainz
4. die verhältnismäßige Kleinheit der Anlage
5. die interessante Aufgliederung in der Mb-Handschrift: Die Burg, die das Kastell und die“ Stadt“ umfaßt, wobei die „Stadt“ als sehr klein angesehen ist, und die beide, Kastell wie Stadt, von dem Graben und der Befestigung der „Burg“ umschlossen werden
Mir schien aus Ihren Beilagen hervorzugehen, daß all diese Angaben der Ths auf Trebur ungewöhnlich gut passen.
Hieraus wird auch klar was König Ritter da schrieb (Ach, die Kombination der Namen ist ja göttlich). König sollte Ritter mitgeteilt haben, dass Trebur in seiner Gesamtheit vom Burggraben umschlossen ist und das ganze die Vorburg der Burg/Pfalz bei der Laurentiuskirche bildet. Dies war zwar schon knappe 10 Jahre überholt, aber egal!
Argument 2 und 3 Ritters stellen eigentlich das Selbe dar. Argument 4 ist gelinde gesagt Schwachsinn! Die Größe der Curtis wird als verhältnismäßig groß angesehen und der gesamte Ortskern, über den sich beide Auslassen hat die Größe von Friedberg oder des mittelalterlichen Ulm! Doch Argument 5 ist für mich der absolute Abschuß!
Hier wird wieder die verfälschte Trittenheim Zitat bemüht (dazu hier), von dem König ein Anhänger war und es höchst wahrscheinlich auch Ritter mitteilte.
Nun ja. Ich habe Ritters Buch nicht gelesen, aber Trebur hat es wohl nicht rein geschafft. Falls jemand im Besitzt des Buches ist würde mich aber interessieren welchen Ort er nun als Trellinborg identifiziert.
Was mir bekannt ist, leitet Ritter seine Theorien nicht nur aus der Thidrekssaga und ihren einschlägigen Variationen/Ablegern wie z.B. der Didriks-Chronik, ab sondern z.B. auch aus den Waldere-Fragmenten und etlichen anderen Quellen.
Darauf geht der verlinkte Wikipedia-Artikel zu Ritter, den ich mir eben mit zunehmender Verärgerung durchgelesen habe, leider nicht ein. Stattdessen bemängeln dort ein paar Germanisten, dass Gregor von Tours sich beispielsweise zu den „Niflungen“ bzw. Personen der Thidrekssaga (also zwangsläufig auch zu den Orten die mit ihren Taten in Zusammenhang stehen) nicht geäußert hat – und Ritters Thesen somit jeder Grundlage entbehren. Was für ein Indizienbeweis ^^
Als ob Gregor auf lateinische Geschichtswerke aus jener Generationen zurückliegenden, wirren und unruhigen Zeit, hätte zurückgreifen können, in der die schriftliche Überlieferung in Gallien nahezu vollständig zum Erliegen gekommen war (dass der Romane Gregor von Tours grundsätzlich kaum auf Ereignisse die sich in Germanien abspielten einging, wird ebenfalls ignoriert).
Ich kenn Ritters Thesen nur gefiltert durch Reinhard Schmoeckels „Bevor es Deutschland gab“, der sich da beim Nibelungenlied und der Thidrekssage wohl 1:1 auf Ritter bezieht. Ich fand das größtenteils sehr haarsträubend, ein bisschen als hätte es Francesco Carotta geschrieben. Plötzlich soll jeder jemand anderes gewesen sein.
Sicher nicht 1:1.
Schmoeckel hat zu dem Thema auch selbst geforscht und veröffentlicht:
„Deutsche Sagenhelden und die historische Wirklichkeit – Zwei Jahrhunderte deutscher Frühgeschichte neu gesehen“
Außerdem bezieht er sich meines Wissens auch auf die Recherchen von Walter Böckmann:
„Der Nibelungen Tod in Soest – Neue Erkenntnisse zur historischen Wahrheit“
Ritter-Schaumburg hat sich später von diesem frühesten Verortungsversuch distanziert. Seit 1989 nachzulesen in seinen geografischen Anmerkungen zur deutschen Thidrekssaga-Ausgabe von F. H. v. d. Hagen. Dazu übrigens keine gravierenden Widersprüche vom jüngsten Übertrager der altnordischen Handschriften (Hans-Jürgen Hube). Siehe zum Präfix „Tre“ (entsprechend zitierend) http://www.badenhausen.net/harz/svava/ThsGlossary.htm