Das Historische Museum Stockholm (Historiska Muséet)
Das historische Museeum Stockholm im Narvavägen im Stadtteil Östermalm, besitzt neben Oslo, Kopenhagen und Haithabu eine der größten Sammlungen zum Thema Vikinger und nordischer Eisenzeit. Das eigentliche Museum ist ein 4-flügliger Bau der sich um einen Innenhof gruppiert, Uber eine Verbindung ist ein weiterer Flügel angeschlossen, in dem sich Magazine und wisschenschaftliche Arbeitsräume befinden.
Der Bau ist von außen eher unscheinbar, besitzt zur Straße hin keine Fenster und wäre nicht der schwarze Schriftzug „Historiska Muséet“ neben dem Eingang könnte man es glatt übersehen.
Über den Eingang betritt man ein großzügiges Foyer, wo sich die Kassen befinden und von wo aus man Zugang in die Ausstellungen, Museeumshop und Kaffee erhält.
Der Eintritt beträgt 70 SEK (ca. 7Euro), im gesamten Museeum, bis auf die Goldkammer, darf mit Blitz(!) fotografiert werden. Lediglich ein Stativ ist nicht erwünscht.
Im Foyer verwirrte mich die Rekonstruktion der Kleidung des Egvet-Mädchens ein bisschen (Es lieg in Kopenhagen im Museum) scheint aber im ganzen nordischen Raum als Allgemeingut angesehen zu werden.
Die Ausstellung beginnt im Erdgeschoss mit dem Thema Prähistorie (Forntider). Recht kurz, aber in sehr ansprechendem Ambiente werden die frühen Jäger im Norden behandelt. Viel wird hierbei über die Dekoration erreicht. Räume werden wie Hütten gestaltet, beiden ein Feuer auf einem Monitor in der Mitte brennt, oder der Raum ist ähnlich einer nordischen Halle gestaltet. Hier finden sich u.a. die Vendelfunde. Die nächsten Räume auf der Kurzseite des Baus, widmen sich weiter der Prähistorie, jedoch eher dem Neolithikum. Selbst wenn die Reihenfolge (Nach Vendel-Zeit noch mal Neolithikum) etwas eigenartig ist, hat diese Ausstellung in ihrer Art sehr gut gefallen. Viel wird über Fragestellungen erleutert. Zum Beispiel die Frage würde man heute noch Gegenstände Opfern und die Opferrieten mit Rentenversicherungen oder der Münze im Brunnen verglichen. Auchsehr schön waren die Erklärungen zur Archäologie und die Hinweise auf Fundzusammenhänge. So fand sich in einem Raum eine große Anzahl von unterschiedlichsten Feursteinmessern. Ihnen gegenüber Fand sich eine Wand mit Bürsten. Bürsten aller Art: Flusenbürsten, Klobürsten, Zahnbürsten, Besen usw. Alles Bürsten in irgendeiner Art aber doch unterschiedlich in Aussehen und Funktion, genauso wie die Feuersteinwerkzeuge.
Der nächste Raum widmete sich explizit der Wikingerzeit. Funde von kleineren Boote waren zu sehen und unter Anderem auch das Birkamodell, dessen Video ich hier schon einmal hier gezeigt hatte. Das Modell hat etwa ein größe von 5m auf 5m und ist über eck gebaut. Im ständigen Wechsel geht über dem Modell die Sonne auf und unter, während an die Wand Alltagsszenen projiziert werden, wie sie sich in Birka abgespielt haben könnten. Dazu findet sich ein Terminal mit weiterführenden Informationen. Gegenüber findet sich eine reihe von Kleidungsrekonstruktionen, wobei ich recht gut fand, dass hier explizit darauf hingewiesen wurde das es sich nur um Rekonstruktionsversuche handelt. In einzelenen meist etwas Separat stehenden Vitrinen standen Funde aus jeweils einem Fundzusammenhang, beispielsweise aus einem Begräbnis eines reichen Mannes aus Birka oder etwa die Mastermyr-Truhe mit ihrem Inhalt aus Schmiede- und Holzverarbeitungswerkzeugen.
Ausleitend aus diesem Bereich war der Wikinger in der modernen Wahrnehmung dargestellt. Von SS-Panzerdivisionen mit nordischen Symbolen bis hin zu Playmobilwikingern.
Auch dieser Teil war schön eingerichtet, aber man musste ständig die Seiten wechseln und die Vitrinen waren mir einen Hauch zu vollgestopft. Schön waren die Informationen zu den Funden, die sich in Kladden neben den Vitrinen befanden. Diese waren in schwedisch, aber auch, nach einmal umblättern, in englisch.
Von den Wikingern gelangte man nun wieder ins Foyer, von wo aus man in den ersten Stock gelangt. Hier findet sich das Mittelalter (ab 1050), der Textilraum und die Barockhalle. Das Mittelalter ist wieder sehr schön mit Dekorationen versehen, wie etwa dem Teil der Wand einer Stabkirche. Auf dem Boden führt ein Zeitstrahl entlang, auf dem jedes wichtige Jahr in der schwedischen Geschichte markiert ist. Zu diesen Jahreszahlen finden sich auch entsprechende Exponate. Der Zeitstrahl führt fließend aus dem Mittelalter heraus in die Zeit der großen Handelsschiffe des 17. Jahrhunderts. Damen konnten, wenn sie denn wollten, versuchen in Korsagen, Unterkleidern und Wadenpolster zwängen um Kleidungstechnisch einen Hauch Barock nachzuempfinden.
Der folgende Textilraum enthält sakrale Stoffe, nicht nur Kasseln, sondern auch Wandteppiche des 13. Jahrhundert, die ihre Verwandschaft zum Teppich von Bayeux nicht leugnen können.
Die Barockhalle stellte in Teilen eine Kirche da. Auf der Kurzseite findet sich ein eine Empore, an den Wänden stehen Altäre und Epitaphe.
Wieder zurück im Foyer führt der Weg nun in den Keller, genauer gesagt in den Goldraum ( Guldrummet). Der am Ende der Treppe und einiger Vorräume befindliche Raum, der gesichert ist wie der Geldspeicher von Dagobert Duckm, enthält nicht nur zahlreiche Goldfunde, sondern auch andere Metalle und das Original des Vendelhelms (in den oberen Räumen steht nur eine Kopie). Hier finden sich auch einige karolingische Kleeblattfibeln, die ich ja leider nicht fotografieren durfte da hier Fotografierverbot herrscht.
Im Innenhof des Museums befand sich zur Zeit im Rahmen des „Vikingasommar“ (Vikinger Sommer) einige Zelte und ein Schiff, mit Vorführungen von Handwerk wie Schmieden.
Der Besuch des Museums sollte, wenn man in Stockholm sein sollte und man sich für Geschichte interessiert, auf jeden Fall dazu gehören. Die Präsentation der Fundgegenstände ist gut gelöst, wenn auch in manchen Teilen etwas eigenartig, die Fragen die aufgeworfen werden sind clever und erklären sich auch ohne irgendwelche Schwedischkenntnisse. Anfassen darf man auch, z.B. mal einen Mantel anprobieren. Ein wirklich schönes Museum zur Geschichte schwedens und des nordischen Raums.
www.historiska.se
Die Schalenfiebeln müssten aber nachjustiert (zentriert) bzw ca 10 cm nach unten versetzt werden 😀
Also wenn Du mal wieder nach Stockholm fährst, dann gebe ich Dir wegen dem Fotostativ einen Tipp.
@Segestes: das mit der Schalenfiebel habe ich nicht verstanden. Wieso nach unten?
Die Schalenfiebeln gehoeren auf dem Busen der Dame zentriert (das ist auch nachvollziehbarer bzw. logischer) – so zumindest der Forschungsstand der letzten Jahre – und nicht oberhalb angebracht.
Letzteres entspricht der eher verklemmte Rekonstruktionsweise des 19.Jh.
Im Haithabu-Musem beispielsweise, hat man das, habe ich mir mal sagen lassen, bereits berichtigt.
Also „Schalenfiebeln“-Experten halten das sehr für unpraktisch, wenn diese auf Brüste liegen.
Und zu diesem „Forschungsstand“ kann man hier mehr lesen:
http://www.haithabu-tagebuch.de/artikel/haegg_tracht_2010.html
Frau Ute Drews vom Haithabu-Museum meinte hingegen in der Sendung Planet Wissen, die Dinger gehoere direkt auf den weiblichen Vorbau.
http://www.youtube.com/watch?v=tio9tWseO8I
(sechs Teile – man frage mich bitte nicht, wann genau der betreffende Satz faellt)
Meine Meinung -> Wenn etwas schon wie ein Metall-BH aussieht (warum sonst diese starke Woelbung), dann waere es seltsam, es anderswo als auf den Bruesten zu platzieren – form follows function!
Ein Suspensorium haenge ich mir ja auch nicht um den Hals.
Also diese Planet Wissen Sendung ist ja recht alt. Das Museum sieht heute etwas anders aus.
Die Schalenfibele sind Prachtfiebel und daher sehen die so aus.
Schwer zu sagen, was du unter „recht alt“ verstehst.
Viel älter als zwei bis drei Jahre, ist diese Sendung kaum.
Die konvexe Form mit angeblich angestrebter Pracht zu begründen,
halte ich jedenfalls für enorm abwegig.
Auch eine Bügelfibel oder Scheibenfibel kann prächtig sein.
Will mich nicht einmischen, bin kein Schalenfiebel Wiki 😉 Das Museum in Haithabu hat seit dem 28. März 2010 wieder geöffnet, über die Umgestaltung hatte ich hier was http://www.tribur.de/blog/?p=3233
Also diese Sendung von Planet Wissen wurde vor 2005 gedreht.
Befanden sich die Bügelfibel und Scheibenfibel auch auf der Brust?
Nur weil die Schalenfibel anders aussieht, wurde sie nicht gleich auf die Brust gesetzt.
Passt auch nicht zu den wenigen aber vorhandenen Fundlagen im Grab.
Aber wer als heutige „Wikingerfrau“ das „schick“ findet, kann ja gleich die Prüderie aufgeben und
nackt herumlaufen. Wer auf den Wikingermärkten evtl. mal ein Highlight. 😉
Mindestens 90 Prozent von den Dinge die ein Mommsen im 19. Jahrhundert publiziert hat, sind selbt heute noch gültig.
Und ich weiß jetzt nicht, wo in der vergleichsweise kurzen Zeitspanne von 6 Jahren, die neuen Erkennnisse in der „Schalenfibel-Forschung“ herkommen sollen?
In dem von dir verlinkten Blog steht übrigens, dass sehr wohl auch Schalenfibeln die auf der Brust lagen, ausgegraben wurden.
Ob es im Ermessen der Trägerin lag, sie anzulegen wie es ihr beliebte?
Ich persönlich hege den Verdacht, man stellt sich heute die Kleiderordnung von damals ein wenig zu streng vor.
PS: ich habe mal per eMail bei Frau Drews angefragt, was ihre Meinung dazu ist.
Mal sehen ob bzw. was sie antwortet.
@Markus: Ja, die haben umgebaut.
Wollte mir das eigentlich diesen Sommer ansehen, aber komme wohl erst im Herbst dazu.
Hoffe die haben dort solche einschlägigen Rekonstruktionen.
Die eben erhaltene Antwort von Frau Drews vom Haithabu-Museum,
füge ich der Vollständigkeit wegen mal an:
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Sehr geehrter Herr XY,
die Trageweise der Schalenfibeln wird in der Fachwelt nach wie vor kontrovers diskutiert. Ich würde in dieser Frage immer Frau Professor Hägg folgen, da
sie die ausgewiesene Expertin ist. Insofern erwarte ich voller Spannung ihre neue Publikation.
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Alles klar?
😉