Eine nicht schwedische Schwedenschanze
Eigentlich ist Kelsterbach ein nettes Örtchen, wenn da nicht der Frankfurter Flughafen in unüberhörbarer Nähe wäre.
Auch schön früher haben Menschen das Gedacht. Und bis vor kurzem waren sogar die Anthropologen von Kelsterbach begeistert, denn hier war (angeblich) das Skelett/Schädeldach des ältesten modernen Menschen Europas gefunden worden, die „Dame von Kelsterbach“. Im Verlauf des Wissenschaftsskandal um Reiner Protsch „von Zieten“ verschwand aber die „Dame von Kelsterbach“, wohl weil sie eine Fälschung war.
Kelsterbach liegt an einer auch geologisch sehr interessanten Stelle, hier verläuft die Kelsterbacher Terrasse, eine fast 20m hohe und 8km lange Geländestufe. Sie war entstanden, als im Pilozän riesige Gletscher schmolzen und unmengen von Geröll mit sich nahmen. An ruhigen Stellen lagerten sich diese Kiese ab und bildeten über Jahrtausende eine Terrasse . Diese Terrasse war seit der Steinzeit gerne besiedelt, denn hier war man vor dem Hochwasser des Mains geschützt. Später lief die Verbindung Mainz-Frankfurt über diese Kelsterbacher Terrasse.
Direkt am Rand dieser Terrasse , beim Kelsterbacher Freibad, befindet sich die „Schwedenschanze“. Ihren Namen erhielt sie weil man glaubte, die Schwedischen Truppen unter König Gutsav Adolf hätten sich hier verschanzt und die knappe 800m entfernte Wolfsburg – das Kelsterbacher Schloss in der Senke – beschossen.
Aber als die Schweden kamen, war die Wall-Graben-Anlage schon alt. Auf ihrer höchsten Stelle erhob sich noch maximal ein Turm, der auf einer Abbildung des 16. Jahrhunderts sichtbar war und dessen Mauern durch die Geophysik gefunden wurde. Die Bezeichnung für den Ort war „Altes Haus“.
Es war eine einfache Fluchtburg, mit einem Turm und möglichen Bauten aus Holz. Aber die Geschichte der Anlage reicht noch weiter zurück. Die Anlage enstand wahrscheinlich zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert, also eine karolingische oder ottonische Fluchtburg, am Wegesrand des Handelsweges nach Frankfurt.
Das Lagis schreibt dazu:
Baugeschichte: Frühmittelalterliche Burganlage des 8. – 10. Jahrhunderts. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden bauliche Veränderungen vorgenommen.
Baubeschreibung: „Die ovale Befestigung mißt, von Wallkrone zu Wallkrone, etwa 55 x 40 m, der Innenraum etwa 45 x 30 m. Im Norden begrenzt sie der Steilhang, vom ebenen Hinterland trennt sie ein im Halbkreis geführter mächtiger Wall mit vorgelagertem Graben. Der bis zu 15 m breite Wall ist heute [Stand 1983] noch über der Grabensohle knapp 6 m, über dem Innenraum fast 4 m hoch. Er verflacht nach der Terassenkante hin, an der er nur noch als schwache Erhebung erscheint. Der Graben mit leicht gerundeter Sohle ist 15 m breit und bis 2 m tief; ursprünglich war er 4 m tief ausgehoben, so daß der Wall sich mehr als 8 m über seiner Sohle erhob. Er läuft heute am Steilhang aus, war in schwächerer Form aber auch auf der Nordseite durchgeführt, wie aus einer nicht mehr kenntlichen Stufe am künstlich abgesteilten Hang deutlich wird. Ein alter Eingang ist nicht zu erkennen; der Zugang von Westen her wurde um 1860 künstlich angelegt, als auch der Innenraum […] verändert wurde. Eine etwa 4,50 m tiefe Stelle in der Mitte, vielleicht ein Brunnen, wurde damals eingeebnet, und wohl auch die Innenböschung des Walles an der Südwestseite terrassiert.“ (Herrmann, Schwedenschanze)
Erdbefestigung
Funde: Einige karolingische Keramik sowie ein eiserner Sporn aus der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts.
Sonstiges: Keine urkundliche Erwähnung
Ich bin immer wieder erstaunt was meine Heimat so hergibt! Ich werde mal versuchen in nächster Zeit mir alle Burgstellen vorzunehmen.
Man könnte hier auch noch den Bericht der Annales Nazariani zum Tassilo-Prozess in Ingelheim 788 anführen: "Und als das so…
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…