Die Deutschen II. – Karl der Große
Das Schlimme ist, man genau weiß genau was einen erwartet. Und dennoch schaut ich es mir immer wieder an. Es ist die Faszination des Grauens, der selbe Grund warum es bei einem Autounfall Staus auf der Autobahn gibt. Trotzdem hab ich immer wieder Hoffnung das sich etwas ändern wird.
Und tatsächlich hat sich etwas geändert. Dramaturgisch ist die Geschichte besser dargestellt, die Kameraführung ist wesentlich besser und die CGIs sind nicht mehr so aufdringlich bemüht mit Nebeln eine Gefühl von Tiefe zu vermitteln. Der Hauptdarstellen bekommt ab und zu mal eine Kleidung verpasst, die Abbildungen oder Funden nach empfunden ist (oder sein könnte) und die Perücken sind nicht mehr ganz so furchtbar.
Doch dann steht Friedrich II. und der Papst in einer spätgotischen Kirche, da tragen zu Karls Zeiten die Bauern Gugeln, Karl keinen Helm (er hätte sich den von Friedrich II. leihen sollen), trägt aber verzinkte Vollkette. Zwar sieht man das Ulferth Schwert aus dem Mannheimer Rheinfund und dennoch fuchteln die Soldaten mit HoMi-Stahl in der Landschaft rum (Karl mit dem ominösen Karlsschwert). Die „Panzerreiter“ sind ein Schatten fränkischer Reiterei, tragen die, ohnehin schon falsche Kleidung, der Ottonen aus der ersten Staffel auf . Lange Kettenhemden und Zipfel an der Kette verfälschen um die Wette und Buckler werden als Schilde eingesetzt. Wadenwickel bestehen aus weißen Mullbinden, die die Soldaten wie Verletzte aus dem Schützengraben von Verdun wirken lassen, oder sie sehn gleich wie um die Beine gewickelte Putzlumpen aus. Nicht zu vergessen die Kreuzzügler mit Schwert auf dem Rücken von gestern.
Auch wenn die Sendungen inhaltlich richtig sein mag, wird Knopp typisch wieder viel zuwenig erklärt und verkürzt. Immer nur in Häppchen und ja nicht zuviel. Die Sache mit dem Pferd zu Anfang, nimmt z.B. Bezug auf die Merseburger Zaubersprüche. Aber es wir auch wieder diese „erster Europäer Stuß“ erzählt. Wurde bei der ersten Staffel noch Kurz auf die Sprache Ottos eingegangen, wird nun Kommentarlos auf sächsisch oder in fränkischen Dialekten daher gebrabbelt.
Der klassische TV-Mensch ist doch eher dazu gemacht etwas mit den Augen zu erfassen. Er will Bilder sehen und nicht die schwer verdauliche Kost der Historiker für sich auseinander zu nehmen müssen. Er saugt die Miles, Soldaten und Ritter in sich auf, vielleicht identifiziert er sich unterbewusst mit ihnen, wie mit dem Robin Hood seiner Kindheit. Und dann passierts auch schon!
Dann kommen Leute ins Museum und beschweren sich bei mir warum Ordulf keinen Wappenrock anhat, nur eine Lanze in der Hand trägt und kein Schwert auf dem Rücken und warum die Wadenwickel nicht wie Mullbinden aussehen. Ich versuche das zu erklären, richtig zu stellen, aber die Leute glauben , so denke ich, doch eher Dr. Guido Knopp als mir, dem Autodidakten.(Und von da an ist es nicht weit zu der Frage ob das Feuer echt ist. Fast ein Insider, aber nur fast!)
Gerade hier wäre es wichtig nicht nur auf tolle Effekte und Kamera zu achten, sondern auch ein wenig in die Ausstattung zu investieren!
Update: Man sollte sich mal das Forum beim ZDF ansehen, hier wird kein gutes Haar an der Serie gelassen. Zu recht, wie ich meine!
Update: Die ersten Folgen stehen auch schon bei YouTube! Nur für den Fall…
Mist, jetzt hab ich’s doch verpasst. Aber im ZDF Forum hab ich grade gelesen, dass sie die Externsteine als sächsisches Heiligtum dargestellt haben. Es ist unfassbar: da will man’s mit den Informationen nicht übertreiben, um den Gelegenheitszuschauer nicht zu vergraulen und dann reichen einem die tatsächlich vorhandenen Informationen nicht mal aus, man muss die alten Märchen wieder aufleben lassen. Wozu? Um linksalternative Esoteriker genauso anzusprechen wie das braune Gesocks auf der andren Seite? Sind das die Leute, die man meint, damit erreichen zu müssen?
Ich habs mir mittlerweile in der ZDF Mediathek angesehen. Das ist ja noch grauenhafter als ich mir vorgestellt habe. Ich kann auch nicht sehen, dass die Inszenierung besser geworden ist. Exzessiv verwendete Zeitlupen (schon immer ein billiges Stilmittel), grausige Schauspieler, nicht lippensynchrones Dubbing, Karl, der Große, von jemanden gespielt, der so klein ist, dass er eher wie Frodo wirkt und mit Heavy Metal einreitende Franken (wenn sie was von Saxon genommen hätten, hätte es wenigstens von Humor gezeugt, so aber nur Pathos, noch mal Pathos und dann auch noch Pathos in Zeitlupe). Dann diese blödsinnige Kindheitsanekdote, der Versuch Karl und Widukind als klassische, von den Umständen getriebene Gegner zu stilisieren, ohne für so ein komplexes Beziehungsgeflecht Zeit zu haben… „Wo bist du, Widukind?“… ich würd mich schämen, wenn ich so was zu verantworten hätte…