Zu „wandernden Orten“
Ich hatte gerade am Wochenende ein Gespräch warum sich Orte verlagern können. Natürlich können Umwelteinflüsse eine entscheidende Rolle spielen. Eine Überflutung oder ein Brand der ein Dorf verwüstet kann natürlich zu einer Verlagerung führen, muss aber nicht.
Es gibt weitere Faktoren die sich in einer Kirche wiederspiegeln können, die vor dem Ort liegt, wie dies etwa in Nauheim der Fall war. Wer war der Herr, bzw. der Erbauer der Kirche? War diese Kirche überhaupt für die Bevölerung eines Ortes gedacht?
Es ist möglich das ein Kirche als Teil eines Königshofes entstanden ist, während sich die eigentliche „Zivilsiedlung“ an einer anderen Stelle befand. Irgendwann, warum auch immer wird der Königshof aufgegeben. Die Kirche jedoch besteht weiter und steht nun allein auf weiter Flur.
Schenkungen von Orten und ein hin und her von Besitzungen können dazu führen.
Wo sich etwas bis zum Jahr 1000 Astheim befand (heute Acker) sollte/müsste es auch eine Kirche gegeben haben, so Eugen Schenkel. Astheim wechselte jedoch oftmals den Besitzer. Wenn nun ein neuer Besitzer kommt, muss dieser nicht unbedingt die alte Kirche weiter nutzen. Möglicherweise ist diese auch Baufällig. Es wird eine neue Kirche gebaut. Dies kann auch symbolischen Charakter haben und die neue Kirche wird an anderer Stelle errichtet, die Siedlung verlegt.
Leider wissen wir aus unserer Region nur sehr wenig über den Bau der Kirchen, deren Besitzer und dem Anlegen von Siedlungen, da die Prozesse bereits nach 500 begannen. Anders verhält es sich da in Thüringen. Durch die Briefe Bonfiatius wissen wir das er nicht der erste war der dort Kirchen bauen lies, es waren bereits fränkische Grundherren anwesend die sich Eigenkirchen gebaut hatten, zumal schon unter Wiilibrord ab 704 angelsächsische Missionare im Gebiet waren. (Im Grunde missionierte Bonifatius Thüringen nicht mehr sondern brachte eine für Rom passende Ordnung in das Chaos von Eigenkirchen und )
Schauen wir uns einmal ein Beispiel einer ehemals freistehenden Kirche, ohne Ort an, das ich auch nachvoll ziehen kann. Was bietet sich da besser an als Tribur/Trebur…
Trebur besaß bis zum Spätmittelalter eine Kirche namens St. Alban, „vor dem Ort gelegen“ wie es in den Kirchenbüchern heißt. Der Name St. Alban erklärt schon ihre Zugehörigkeit zum Stift St. Alban in Mainz. Um sie herum lag der Friedhof und das bis zum 18./19. Jahrhundert, obwohl die Kirche längst abgegangen war. Man hatte sich spätestens in den Konflikten des 13. Jahrhunderts begonnen hinter dem Graben häuslich einzurichten, der nun Pfalz und nahe Fischersiedlung auf der anderen Seite des Baches umgab. Das eigentliche Dorf um die Kirche wurde verlassen und nur die Kirche bestand fort.
Wenn es so ist wie die Nauheimer es beschreiben, nämlich das die Kirche den Herren von Hagen-Münzenberg gehört haben soll (muss man mal richtig recherchieren, den das Lagis gibt an das Nauheim bis 1317 kaiserliches Lehen derer von Heusenstam war ), könnte es genau andersherum passierte sein. Hagen Münzenberg kam aus der Dreieich. Nach dem Pfalz und Fiskus Trebur aufgehört hatte aktiv (als Unterbringungsort des Königs) zu existieren, befinden sie die Hagen Münzenberger in irgendeiner Weise in all jenen Orten die einst zum Fiskus gehörten. Angenommen sie besaßen hier eine Meierei oder ähnliches mit einer Kirche/Kapelle. Nun starben die Herren von Hagen Münzenberg mitte des 13 Jahrhunderts aus, da sie selbst nur dieses Gute verwalteten geht das Gut als Lehen an Heusenstam bis es die Falkensteiner kaufen . Das Interesse schwand jedoch, vielleicht weil die Falkensteiner ab 1330 in Hassloch eine Burg bauten und weil Nauheim zu nah bei den „doofen“ Katzenelnbogenern lag. Der Hof geht ab, übrig bleibt die Kirche, während der Ort in Nauheim östlich der Schwarzbach lag. Und schon steht die Kirche alleine da.
Man müsste das mal alles überprüfen. Ich denke da auch an alte Flurnamen im Gebiet um die nicht mehr existierende Nauheimer Kirche und ihren abgetragenen Hügel. Die Straßennamen geben bis auf „Kirchstraße“ und „Weingartenstraße“ nichts her.
Flurnamen, die auf ein Dorf um die ehemelige Kirche St. Jakob hinweisen gibts leider nicht. Die Wüstung Stockheim nahe der Kratzenau steht aber auch in irgendeinem Zusammenhang mit Nauheim, da die Gemarkung zum Großteil in dem Ort aufging. Eine Flur unmittelbar südlich anschließend neben dem alten Standort des Gotteshauses trägt den Namen „In der Stockheimer Irre“. Du kannst dir das auch auf „Nauheim.de“ anschauen. Außer mehreren Flurnamen ist ja leider nichts weiter über Stockheim bekannt, außer dass es seit dem 8. Jh. erwähnt wird. Heute erinnert an diese Siedlung nur noch der Stockheimer Hof zwischen Nauheim und Groß-Gerau.
Mit Wigandus de Nuheim (1211), Eberwinus de Nuheim (1283) und Berenstengel von Nuuheim und seinem Sohn (1356) existierte dort auch ein Ortsadel und somit auch ein Adelssitz.
In der nordöstlichen Nauheimer Gemarkung ging ebenfalls ein Teil einer nie urkundlich genannten weiteren Wüstung auf, die anscheinend den Namen Ostheim trug. Sie lag am nördlichen Ufer des Schwarzbachs, wovon noch die beiden Flurnamen „Dörre Gemeinde“ und „Altmühl“ auf den Schwarzbachwiesen zeugen.
Vielleicht kannst du ja in Zukunft noch weiteres darüber in Erfahrung bringen, was mich sehr freuen würde!