Die salische Turmburg Niederwalluf
Es ist fast verrückt das ich in dem Text von gestern über die salische Turmburg bei Hungen auch die Burg Niederwalluf erwähnte ohne darüber nach zu denken, denn schließlich arbeite ich jetzt dort.
500m vom heutigen Ortskern entfernt, westlich der Hauptstraße liegt das sogenannte Johannisfeld. Es hat seinen Namen von der Johanniskirche. Diese Kirche war bis ins 17. Jahrhundert das religiöse Zentrum Niederwallufs und das obwohl zu diesem Zeitpunkt das Dorf das sie umgab bereist seit dem 13. Jahrhundert 500m nach Westen gewandert war um sich in den Schutz des Rheingauer Gebücks zu begeben (über das Gebück schreib ich auch noch mal gesondert), eine Art rheingauer Danewerk.
Die Kirchenruine die heute noch steht hat ihre Erhaltung einem findigen Pfarrer zu verdanken, denn als man sie 1783 abreißen wollte mahnte er an das sie als Station der Fronleichnamsprozession nicht abgerissen werden dürfe.
Der erste Bau der Kirche datiert wohl ins 10. Jahrhundert und war eine kleine Saalkirche mit eingezogenem Rechteckchor. Keine 15m östlich jedoch befand sich noch etwas anderes. Eine salische Turmburg, deren Stumpf durch Ausgrabungen freigelegt ist.
Der Steinturm besaß einen Grundriss von 10,4 x 10,4m und war etwa 1m in den gewachsenen Grund eingetieft. Mit dem anfallenden Erdreich aus dem Aushub des Grabens war er eingemottet. Auf dem Hügel fand sich zudem auch noch eine quadratische Ringmauer mit 90cm Stärke umwehrt. Die Kirche befand sich somit genau am Rand, aber auf der anderen Seite des Grabens. Zusammen mit dem Turm bildete sie den Teil einer Kleinburg zu der noch ein Herrenhof und eine Kemenate gehörten .
Besitzer der Burg wahr wahrscheinlich ein Reichsministerialer, der das Gut für im Königssondergau verwaltete. Später fiel es an das Kloster Kornelienmünster.
Die Lage der Burg war mit Sorgfalt gewählt. Zum einen lag sie am Westende des Königsondergaus, dessen Grenze vom Wallufbach gebildet wurde. Die Rhein beendete an dieser Stelle seine Biegung um Mainz und ermöglichte so der Besatzung einen weiten Blick den Rhein entlang und zu dem Befand sich an dieser Stelle die Kreuzung wichtiger Handelsstraßen. Zum einen Verlif hier die Rheinuferstraße, zum anderen der Handelsweg von der Lahn kommen , die sich über eine Furt über den Rhein nach Süden fortsetzte.
Wann die Burg genau entstand ist allerdings nicht bekannt. Eine Siedlung bestand nachweislich seit dem 6. Jahrhundert an der Stelle des Turmes. Es gibt Vermutungen das sich unter der merowingischen Schicht auch eine römische Siedlungsschicht befindet. Man muss dazu wissen das die Ausgrabengen in Walluf in den 30er Jahren recht sporadisch waren.
Dazu wurde eine Theorie an mich heran getragen, die die Möglichkeit nicht ausschließt das die salischen Turmburgen in der Tradition des römischen Burgus stehen. Dies beinhaltet einer gewissen Logik, wenn man bedenkt das gerad im romanisch geprägten Frankreich die Turmburg mit dem Dojon eine noch länger andauernde Tradition besitzt als im germanisch geprägten Deutschland. Dazu wurde ich noch darauf hingewiesen das der Standort des Burgus Mannheim-Neckarau Johann-Kirchof heißt, während es in Walluf ein Johannisfeld ist. Bei frühen Johanniskirchen handelt es sich in der Regel um Taufkirchen, nach Johannes dem Täufer. Es stellt sich also die Frage ob es hier kleine Taufkirchen der Spätantike gab.
Quellen: Die Salier – Burgen der Salierzeit Band 2 S. 20-22, Sowie : http://www.elmar-lorey.de/Kultur_Initiative.htm
Schaut man sich die spätantike vermutliche Burgus-Kette ab der Mainmündung über Kostheim, Kastel, Wiesbaden-Pionierübungsplatz, Biebrich und Schierstein mal von den Abständen an, dann würde sich ein nächstliegendes Kastell tatsächlich in Niederwalluf verorten lassen. Nächste Station wäre dann in Eltville, auch wenn der Name der Wüstung Steinheim, westlich von Niederwalluf, sich dafür anbietet. Sehr interessant!