792 – Die Verschwörung Pippins
Pippin war Karls erster Sohn. 769 oder 770 geboren von Karls erster Frau Himiltrud. Und damit hören die sicheren Informationen über Pippin den Buckligen fast schon auf.
Bereits durch Einhard erhielt er den Beinamen “der Bucklige”. Wieso, ist unklar. Es könnte sich um eine Skoliose gehandelt haben, die sich erst in späterer Zeit ausgeprägte. 1 Einhard hatte ihn in Kapitel 20 seiner Karlsbiographie als “facie quidem pulcher, sed gibbo deformis” bezeichnet. Übersetzt etwa: Äußerlich ist er zwar durchaus gutaussehend, aber mit seinem Buckel ist er hässlich.. Notker der Stammler bezeichnete ihn knapp 100 Jahre später als “nanus et gripperosus” – kleinwüchsig und bucklig. Hier ist wieder mal zu beachten, dass Notker der “Geschichtenerzähler” der Karolingerzeit schlechthin ist.
Was Pippins Legitimation als möglicher Thronfolger angeht wird aber auch angenommen, dass Himiltrud nur eine Konkubine Karls war und Pippin somit unehelich geboren wurde. Zumindest notiert das Einhard so. Dem widerspricht allerdings eine Aussage Papst Stephan III. der gegen Karls folgende Heirat mit einer Tochter des Desiderius eintrat, die Ermangelung des richtigen Namens Desideria genannt wird Seine Begründung war das Karl bereits mit Hilmintrud verheiratet sei.2
Auch Gerberga, die Frau von Karls Bruder Karlmann, gebar 770 einen Sohn, der ebenfalls Pippin genannt wurde. Diese Namenspolitik ist wohl als Provokation Karlmanns gegen Karl zu verstehen.3 Wohl im Sinne eine ganzheitlichen Erbanspruch auf das Reich des Vaters, Pippin III. dem Jüngeren.
777 hatte Karl mit Hildegard einen weiteren Sohn, der zunächst den Namen Karlmann erhält. Später wird dieser Sohn als erster Sohn einer legitimen Ehe betrachtet. Erst 781 wird Karlmann in Rom durch Papst Hadrian getauft. Jedoch nicht auf den Namen Karlmann, sondern auf den Namen Pippin und sogleich zum König von Italien gesalbt. Becher vermutet das der Name Pippin gewählt wurde , da Karls Vater Pippin 738 vom König der Langobarden Luitbrand symbolisch adoptiert worden war und sich dem Papsttum zugewandt hatte. Demnach war Karlmann/Pippin ab seiner Taufe 781 direkt für das Teilreich Italien vorgesehen gewesen, während der Erstgeborene Pippin , gemeinsam mit dem 772/773 geborenem Karl dem Jüngeren für die Thronfolge im eigentlichen Franken vorgesehen waren.4
McKitterick verweist darauf das es eigenartig ist, das sowohl Pippin dem Buckligen, als auch seinem Halbbruder Karl dem Jüngeren vor dem Hintergrund hoher Kindersterblichkeit und kriegerischer Auseinandersetzungen, scheinbar eine Eheschließung untersagt wurde, während Pippin von Italien und Ludwig der Fromme dies bereits in jungen Jahren tun. ( Pippin war eine 795 Beziehung eingegangen deren Status unklar ist und der 797 mit 20 Jahren Bernhard entsprang ,Ludwig heiratete 794, mit etwa 16 Jahren, hatte aber wohl ein Jahr zuvor schon ein uneheliches Kind gezeugt ) 5
Was Pippins Stellung bei Hof gibt gibt es weitere Hinweise. So wird er etwa in der Litanei, Album paléogr. pl‘. 17, gleichberechtig mit seinem Halbbruder Karl und dem Vater Karl genannt wird und im Verbrüderungsbuch von St. Peter noch vor seinem Halbbruder Karl.
Zu Beginn 790 scheint sich jedoch herauskristallisiert zu haben, das Pippin der Bucklige nicht König werden wird. Ein Grund könnte gewesen sein, das Karl nun doch mehr Wert auf die Legitimierung möglicher Erben legt, wobei dies durchaus am Papsttum liegen. Die Kirche mahnte Karl durchaus wegen seiner Heiratspolitik an ( siehe oben) und falls Karl bereits zu diesem Zeitpunkt auf die Krone des Weströmischen Kaiserreichs geschielt hatte, könnte dies durchaus einen Einfluss auf die Wahl eines Thronfolgers gegeben habe. Hinzu kommt der Buckel aus dem Beinamen. Er könnte als Verlust der körperlichen Unversehrtheit aufgefasst worden sein. Da Pippin den Namen Karls Vaters erhielt und ja, wie bereits geschrieben wurde, auch scheinbar zunächst als Thronfolger vorgesehen war, ergibt sich eben die Überlegung Bechers, dass der Buckel sich erst später sichtbar ausgeprägte.
Pippin konnte, so scheint es, sich mit dieser Situation wohl eher nicht anfreunden können. Er plant eine Revolte gegen den Vater. Etwas, das unter den Merowingern nicht ungewöhnlich war und scheinbar auch bei den Karolingern zum guten Ton gehören wird.
Für seine Revolte hatte sich Pippin Unterstützer aus dem Adel gesucht. Becher geht davon aus dass diese aus Baiern stammten und es wohl darauf anlegten Tassilo aus dem Kloster zurück nach Bayern zu holen6 Einhard notiert dazu auch das Pippin 791/2 vorgegeben hatte Krank gewesen zu sein und den Winter in Bayern, wohl Regensenburg verbrachte, während sein Vater gegen die Awaren gezogen war.
Die Verschwörung wurde schließlich durch den Kaplan Fardulf aufgedeckt. Möglicherweise war es die langobardische Herkunft Fardulfs, die bei der Enttarnung der Verschwörung half, denn den Baiern wird eine gute Verbindung zu den Langobarden nachgesagt, die ja auch Teil der Vorwürfe gegen Tassilo gewesen waren. Als Dank für die Aufdeckung wird Fardulf zum Abt von St. Denis ernannt. Eine Position, die er bis zu seinem Tod 806 inne hat und wo er Gebäude für eine Klosterpfalz Karls des Großen errichten ließ7
Hier ist wieder Notker, der uns sagenhaft von Aufdeckung der Verschwörung berichtet: Pippin habe sich mit seinen Mitverschwörern in einer Kirche getroffen, um den Mordplan an Karl zu besprechen. Nach dem Treffen hatte Pippin befürchtet, belauscht worden zu sein und ließ die Kirche durchsuchen. Ein Priester, wohl Fardulf, wurde unter dem Altar entdeckt und zur Rede gestellt, schwor aber nichts zu verraten, weshalb Pippin in gehen ließ. Fardulf brach seinen Schwur jedoch und rannte schnurstracks zu Karl. Doch das gelang ihm nicht, denn Karl wurde abgeschirmt vom Erzkaplan und dem Pfalzgrafen, damit der König nicht von allen genervt würde. Doch Karl hatte das heftige Klopfen von Fardulf selbst gehört, was sein Interesse geweckt hatte.
Übrigens zeigt sicht das Notker nicht ganz so gut informiert ist wie er gerne tut. Zu Karls Zeiten gab es keinen Erzkaplan, den gab es erst unter Ludwig, sondern nur Kapläne und Fardulf war eben einer dieser!
In Regensburg aber widmet sich Karl den Verschwörern. Einige werden mit dem Schwert gerichtet, andere Aufgehängt, wieder andere geblendet. Ein Graf Theobald reinigt sich durch ein Gottesurteil, kommt aber erst wieder 797 in Amt und Würden als Kämmer Maginfrid bei Karl für ihn vorspricht.8
Pippin kommt jedoch mit dem Leben davon, wird aber geschoren und ins Kloster Prümm geschickt wo er 811, nur knapp über 40 Jahre alt, stirbt.Nur Notker ist es wieder, der ihn nochmal zu Wort kommen lässt in einer seiner Geschichten. Demnach habe Karl bei einer weiteren Verschwörung einen Boten nach Prümm geschickt, um den Sohn zu bitten, ihm zu sagen, wie man mit den Verschwörern verfahren solle. Der Bote fand Pippin im kargen Klostergarten vor, wo er Nesseln schnitt. Er weigerte sich, mit dem Vater zusammenzuarbeiten, wies den Boten jedoch ihm mitzuteilen, was er hier im Kloster tue: “Unkraut jäten, damit die guten Pflanzen wachsen könnten”. Karl verstand die Botschaft: Er ließ die Verschwörer hinrichten und belohnte die Gläubigen mit ihren Ländereien.
Einhard schreibt im Übrigen, dass es Pippins Verschwörung, nicht die erste gegen Karl war. Sie also zeitlich zwischen 783 und 792 gelegen haben, denn Einhard nennt als Grund die “Grausamkeiten” seiner Frau Fastrada, denn Karl selbst soll nie wegen ungerechter Strenge aufgefallen sein. Wahrscheinlich nimmt er hier Bezug auf die Verschwörung der Thüringer unter Führung Hardrads 786, deren Schuld er damit ebenfalls Fastrada in die Schuhe schiebt.
Becher S.48 , Charlemagne (hab leider nur die von Bachrach übersetzte englische Version…) ↩
Becher Charlemagne S122 )
Die Vergabe des Namens von Karls Vater an Karls Sohn, würde eigentlich dafür sprechen das Karl ihn ihm zunächst seinen designierten und legitimen Nachfolger sah. McKitterick weist darauf hin das Karl die Legitimität der Erben als eher unwesentlich erschien, was wohl auch familiär bedingt war, denn auch Karl Martell war unehelicher Sohn Pippin des Mittleren. (( R. McKitterick – Charlemagne – The Formation of European Identity S94 ↩
Becher S.48 , Charlemagne (hab leider nur die von Bachrach übersetzte englische Version…) ↩
Becher, Charlemagne S.127 ↩
R. McKitterick – Charlemagne – The Formation of European Identity S94 ↩
Becher Charlemagne, S.103 ↩
J. Barbier, Machtzentren des fränkischen Königtums im >>alten<< Frankenreich in Karl der Große Orte der Macht S178 und H. R. Sennhauser , Vom palatium zur Bischofspfalz: Zusammenschau in Historische und archäologische Fragen. Tagung 20.- 22.9 2009 in Mustair / Berichte und Vorträge S292 ↩
RI I n. 336, in: Regesta Imperii Online,URI: https://www.regesta-imperii.de/id/0797-03-31_1_0_1_1_0_920_336 ↩


Oh ja gerne!
Hallo, Bei Recherchen zur Tunika Heinrich des Zänkers bin ich auf eine ähnlich Lösung gekommen, ich habe mir das Stifterbild…
Hab jetzt gerade Terra X schauen wollen. Seit neusten mit KI generierten Stimmen. Diese Entwicklung gefällt mir nicht. Ich muss…
Gut gelungen. Dieses Miniriemchen im Riemendurchzug der Scheide hält das Ganze.
Freunde von mir waren schon da. Ich weiß nur nicht ob ich selbst schaffen werde :-(