Die Entwicklung der Spatha von ca600 bis zur Zeit der Karolinger
Im Moment habe ich das verrückteste meiner Projekte in Arbeit! Ich bastele mir eine spätmerowingische Spatha und weiß nicht mal genau wieso, auch wenn ich gefühlt 5000 Gründe habe. Aber das schöne ist das man sich mal mit einigen Dingen in dieser Richtung beschäftigt. Und zwar der Entwicklung der Spatha ab ca. 600.
Ein wenig problematisch finde ich es die üblichen Stufen Einteilungen der Merowingerzeit zu verwenden, denn hier gibt es gleich eine ganze Handvoll, je nachdem wo wir uns befinden. Die bekannteste ist sicherlich die von Ursula Koch entwickelte SD-Chronologie, wobei SD für Süddeutschland steht. Neben einigen Kritiken, was die Einteilung angeht1, ist natürlich das Hauptptoblem das die Einteilung auf Süddeutschland und Nordschweiz gemünzt ist. Ich versuche daher eine absolute Chronologie zu verwenden und richte mich bei den Jahresangaben an nach Mathias Friedrich.
Mit der ausgehenden mittleren Merowingerzeit ab ca. 580 , kommt es zu Veränderungen der Gefäße der Spathae. Zwar gibt es noch immer Ringknaufschwerter. Jene Knäufe an denen ein Ring in einem Ring befestigt ist und in denen Heiko Steuer die Schwerter von Personen in besonderen Verhältnis zum Herrscher, den Antrustiones, sieht und auch die einfachen Pyramidenknäufe aus Bronze kommen noch vor. Ebenso gibt es noch Spathae mit komplett organischen Griffen, bei denen der Erl nur über einer Metallplatte auf dem organischen oberen Parier vernietet ist, aber neue Formen stehen in den Startlöchern.
Die ersten Veränderungen liegen in den Parieren. Waren diese zuvor organisch, also aus Holz oder Bein, bei den Ringknaufspathae meist auch mit mit einer aufgenieteten Schicht eines Buntmetallblechs oder Eisens auf den Außenseiten, geht der Trend nun hin zu Eisen, das im Sandwich zwischen zwei organischen Platten liegt. Oftmals ist die Eisenplatte tauschiert und ebenso finden sich als Bonus auf den Holzlagen gelegentlich Buntmetallbleche.
Aber auch bei den Knäufen gibt es Veränderungen.Ein zentrales Motiv bei Knäufen werden stilisierte Tierköpfe an den Enden.
Die frühe Gruppe der Knäufe besteht aus Eisen, oftmals streifentauschiert, flache Dreiecke meist weiteres Profil. Leitfunde für den neuen Typ von Knäufen sind Donzdorf Grab 80 (ca. 640-660) und Wallerstädten Grab 4 (um 600) , weshalb diese Knäufe auch den Namen Typ Donzdorf-Wallerstädten tragen.Die Laufzeit dieses Typus ist enorm lange und reicht bis nach 650. Weitere Funde sind Altenerding, Marktoberdorf 85 und 131, Weingarten 616.
Das Grab aus Wallerstädten, auch als “das Grab des Goldschmieds” bekannt, ist natürlich von besonderem Interesse für mich. Liegt es doch räumlich zwischen Trebur und Wallerstädten, ganz in der Nähe eines frühen Römerlagers, dass zu diesem Zeitpunkt schon lange keine Rolle mehr spielte und auch erst 2012 ergraben wurde.2 Den Namen “Grab des Goldschmieds” erhielt es wegen einer im Grab enthaltenen Feinwaage und eines Golprüfsteins.
Auch wenn im Wallerstädter Grab keine Pyramidenknöpfe vorhanden waren, finden sich doch Pyramidenknöpfe mit Beschlagplatte im Donzdorfer Grab. Sie leuten die Phase des Schwertgurtes mit Pyramidenknöpfen und Schleppgurt ein.
ca. 600–630 n. Chr. Diese frühen Knäufe überschneiden sich mit dem späteren Typ Niedertraubling-Schretzheim. Ebenfalls aus tauschiertem Eisen, besitzen diese Knäufe die ausgeprägten Tierkopfenden und geometrische Tauschierungen, wobei Vorder- und Rückseite unterschiedlich ornamentiert sind . Weitere Funde stammen aus Giengen 26, Schretzheim 535 und 556.
Aus der selben Phase stammt der Typ Andernach-Hintschingen die ebenfalls Tierkopfenden besitzen, jedoch weniger dreieckig als eher flach-rechteckig daher kommen. Sie sind in fünf Segmente gegliedert und besitzen Tauschierungen oder Plattierungen. Funde sind hier: Altenerding 712, Donzdorf 66 und 75, Hintschingen 14
ca. 630–670 n. Chr. Neben den eisernen Knäufen treten aber auch dreieckig profilierte Bronzeknäufe auf, die ebenfalls Tierkopfenden besitzen.Sie sind meist stark stilisiert und fünffach Gegliedert. Sie laufen unter der Bezeichnung Typ Marktoberdorf-Mindelheim. Funde sind dabei aus Kirchheim/Ries 118, Marktoberdorf 97 und 214, Schretzheim 394 und 622
Es gibt jedoch weitere Typen von Bronzekäufen, die ich aber hier weglasse.
Am Ende dieser Phase kommen hohe dreieckige, geometrisch tauschierte Eisenknäufe ohne Tierenden auf, die in ihrer Form ein wenig an die Knäufe der späteren Petersen H Spatha erinnern. Die Nieten die vorher nur die obere Parierplatte zusammenhielt ist nun auch mit dem Knauf verbunden und führen somit durch Knauf und Platten. Dieser Typ wird als Eisenach-Sontheim bezeichnet. Funde stammen aus Aubing 581; Donzdorf 48; Eichstetten 179; Marktoberdorf 141; Weingarten 62
Mit in die letzte Phase gehören kleinere Eisenknäufe mit Tierkopfenden und Silbertauschierung des Typs Weillohe-Untermassing. Weitere Funde sind Marktoberdorf 183, Schretzheim 345. Ein aus Nürtingen stammendes Exemplar3 unterscheidet schon sich in seiner Form von einem Petersen A Knauf nur durch die kleinen, unscheinbaren Tierkopfenden.
Am Ende des 7. Jahrhundert kommt es zu gesellschaftlichen Veränderungen und auch zu Veränderungen der Spathae. Zwar bedingt das Eine nicht das Andere, aber dennoch schlagen sich diese Veränderungen in den Funden nieder.
Die Sitte, die Toten mit Beigaben zu bestatten, endete und somit auch die Funde von Spathae in Gräbern. Aber keine Regel ohne eine Ausnahme!
Normalerweise werden die Toten nun bei einer Kirche bestattet, jedoch scheint sich eine kleine Gruppe Alteingesessener, sogenannter Ortsadel, der neuen Sitte zu verweigern, bzw. deren Anhänger bestattet diese nach altem Brauch.4 Die neue Mode ging wahrscheinlich von den pippinidischen Hausmeiern (den späteren Karolingern) aus. Diese hatten ihre eigenen Leute in den Regionen verteilt, um bessere Kontrolle ausüben zu können.
Die sich den neuen Regeln verweigernden Personen lassen sich bei ihrer Hofgruppe bestatten und das noch mit Beigaben, als wollten sie noch im Tode gegen die Veränderung protestieren.
Ein solches Grab befindet sich sinnigerweise wieder in der Nähe von Trebur, um genau zu sein bei Trebur-Astheim. Datiert auf um 700, war der Tote in einem Grabtumulus in einer Grabkammer, mit Lanze, Sax, Schild und Schwert beigesetzt worden.
Und tatsächlich stellt das Schwert etwas Besonderes dar. Das Parier besitzt nun, außer der Handhabe selbst, keine organischen Bestandteile mehr. Es ist komplett aus Eisen oder Stahl gefertigt, doch besitzen die Parierstangen noch Nieten, als wären mehrere Schichten verbunden . Die Scheide besaß Randleisten und Mundblech im Tierstil verziert und komplett aus Silber gefertigt. Die Konstruktion der Scheidenzier mit Mundblech ist ähnlich Truchtelfingen Grab 246 und für diese Zeit ungewöhnlich.
Auch der Knauf der Astheimer Spatha war komplett in Silber tauschiert. Er ist dreieckig und 3fach profiliert. Der Erl der Klinge scheint nicht mehr durch den Knauf hindurch zu führen, wobei durch die Silberplattierung des Knauf dies ohne eine Röntgenaufnahme nicht festzustellen ist.
Der Knauf ähnelt somit dem Typ Weillohe-Untermassing bzw. Petersen A, oder steht irgendwo dazwischen. Sichtbare Tierkopfenden gibt es nicht , auch wenn sich an dieser Stelle noch profilierende Rillen zeigen. Die stilisierten Tiere auf dem Knauf weisen mit ihrem Kopf in Richtung des Erls und somit nicht mehr auf die Außenseiten.
Die Hofstelle des hier beigesetzten war übrigens ein römischer Burgus, der, wenn er denn noch stand und genutzt wurde, bald komplett abgebrochen wurde. Eine Theorie geht davon aus, dass es für den Bau der Pfalz Tribur sein Baumaterial gab.
Wo Steuer beschreibt dass diese Gräber zum Teil ihrer Waffenbeigaben beraubt wurden, die Schwertgurte aber zurückbleiben, scheint es entweder in Astheim andersherum gewesen zu sein, oder man gab dem Toten keinen Spathagurt mit ins Grab. Meines Wissens nach, leider ist der Fund nicht aufgearbeitet, wurde kein Gurt zur Spatha gefunden. Auch fehlen Bestandteile wie Pyramidenknöpfe. Zwar könnten diese organisch gewesen sein, aber das Fehlen der Gurtteile legt nahe, dass auch diese als Bestandteil des Gehänges nicht mit ins Grab gegeben wurden.
Die nächste Stufe der Spathae gilt bereits als karolingisch und treten um 750 auf. Es sind Spathae des Typs Mannheim-Speyer. Genau wie in Astheim ist das untere Parier aus massiven Metall, besitzt aber noch die nun funktionslosen Ziernieten. Die Knaufkrone ist dreigeteilt und bedeckt das komplette obere Parier. Zudem findet die Vernietung der Angel nicht mehr auf der Knaufkrone statt, sondern auf dem oberen Parier. Die Knaufkrone ist hohl und deckt diesen Bereich ab und ist über Nieten mit dem Parier verbunden. Die Dreiteilung des Knaufes scheint ein überbleibsel aus den Tierköpfen zu sein. Funde diesen Typs sind etwa Souffelweyersheim, aus dem Fluss Thielle, Auehenheim,
Daneben taucht nun auch der Petersen Typ B auf, dem die Ziernieten bereits fehlen und der optisch wie eine Vorstufe des Typ H wirkt. Aber auch Typ H taucht bereits auf, so etwa im sächsischen Salzkotten.
Allgemein finden sich die Profilierungen der merowingischen Spathae auch an den karolingischen Schwertern wieder. Nur sind sie inzwischen ausgeprägter. Au der dreifach Gliederung mit den ausgeprägten Tierenden scheinen sich neben dem bereist erwähnten Typen Mannheim-Speyer auch die späteren Petersen D bis hin zu Typ T entwickelt zu haben. Die fünfache Gliederung wie etwa bei Typ Marktoberdorf-Mindelheim und anderen Typen vorkommt entwickelt sich zu Peterson K und weiter zu O.
siehe z.B. M. Friedrich, Archäologische Chronologie und historische Interpretation ↩
https://www.tribur.de/blog/2012/09/03/lehrgrabung-im-romerlager-wallerstadten/ ↩
Elis Behmer, Das zweischneidige Schwert der germanischen Völkerwanderungszeit Tafel 57.8 ↩
Heiko Steuer Adelsgräber, Hofgrablegen und Grabraub um 700 im östlichen Merowingerreichs – Wiederspiegelung eines gesellschaftlichen Umbruchs in Der Südwesten im 8. Jahrhundert aus historischer und archäologischer Sicht. S 204 ↩
Intressante Gegenüberstellung der Merowingisch-karolingischen und Petersen Typologie der nordischen Schwerter.
Für alle Interessenten: Zur Zeit läuft bis zum 24. August in Ingelheim eine sehenswerte Ausstellung über den „Krieger“ aus dem Grab 447, das hier ungestört gefunden wurde.. Mit Spatha und anderen Beigaben.
Siehe: https://www.king-ingelheim.de/grab-447/
H. Geißler
Wie immer fundiert und erhellend.
Passt wunder bar zu unserer Ingelheimer Ausstellung, die noch zwei Wochen in der kING zu sehen ist, bis zum 24.08.2025, „Ein fränkische Krieger auf dem Weg ins Jenseits“.
KOMMEN UND STAUNEN!
Freunde von mir waren schon da. Ich weiß nur nicht ob ich selbst schaffen werde 🙁