Der Transport des Bonifatius
Willibald von Mainz, Bonfatius Biograph, berichtet das Bonifatius mit über 80 Jahren aufbricht um den Märtyrertod erleiden zu wollen. Ja, er deutet tatsächlich an das Bonifatius mit voller Absicht aufbrach um zu sterben! Die erscheint uns heute etwas seltsam, gibt aber Einblick in die Gedankenwelt der Christen jener Tage!
Bonifatius war zu Lebzeiten um seine Kirche bemüht, das wollte er auch im Tode sein. Wäre er einfach im Bett eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht, wäre er einfach Tod gewesen, handlungsunfähig und hätte auf die Apokalypse, die Wiederkehr des Herrn, das Weltengericht usw. warten müssen. Als Märtyrer jedoch erleidet er den Tod Christi nach und erlangt sofortige Auferstehung. Instant Karma!
Mit dieser Sofortauferstehung war es Bonifatius möglich auch nach seinem Tod in die Geschicke seiner Bistümer und Gründungen einbzugreifen.
Wer dabei nun an Walhalla, Schutzgeister usw. denkt kann sich da ja mal so seine Gedanken in den Parallelen der Religionen machen.
Wilibald berichtet nun das Bonfiatius am 5. Juni 754 (od. 755) und seine Begleiter bei Dokkum ermordet werden. Das dies nun durch Räuber geschah, also nicht während des eigentliche missionierens, ist lediglich eine kleinere theologische Diskussion wert.
Willibald von Mainz berichtet uns nun über die weiteren Ereignisse nach Bonfiatius tot. Der zeitlich recht enggesteckte Rahmen, lässt allerdings Zweifel an den Daten aufkommen.
Fast zeitglich mit dem Tod des Bonifatius soll durch König Pippin eine Strafexpedition losgesand worden sein. Sie birgt die Leichen und bringt sie per Schiff über die Zuidersee nach Utrecht. Dort würde man den Leichnam gerne selbst bestatten, war Bonifatius doch auch Bischof von Utrecht. Parallel fährt Bischof Lullus von Mainz mit dem Schiff nach Utrecht um den verstorbenen Amtsvorgänger in Mainz beizusetzten. Alleine diese Kommunikationskette wäre schon sher beachtenswert, zumal berichtet wird das von Bonifatius Missionstrupp keiner überlebt haben soll, der Bericht hätte erstatten können.
Erst als sich ein Glockenwunder (Eine nicht läutbare Glocke leutet selbsständig) ereignet, beschließen die Utrechter die Leiche an Lullus herauszugeben. Dieser fährt mit dem Schiff und der Leiche an Bord nach Mainz wo man am 4. Juli ankommt.
Tod, Strafexpedition, Bergung des Toten, Transport nach Utrecht, Glockenwunder, Weitertransport nach Mainz, ca. 600km Gesamtweg in 30 Tagen. Eine durchaus bemerkenswerte Leistung.
Auch in Mainz möchte man den Toten gerne bestatten, doch auch hier stellt sich ein Wunder ein. Dem Diakon Otpert erscheint der verstorbene im Traum und mahnt seinen Transport nach Fulda an, so wie er es bereits vor seinem Tod selbst bestimmt hatte. Lullus beschließt also dem Wunsch des Toten zu entsprechen.
Am 9. Juli erreicht Bonfiatius Fulda.
Die Berichte über die eigentliche Beisetzung sind kurz. Von den üblichen, bzw. angemessenen Rieten und der Beisetzung in einem Steinsarg ist die Rede. Einer “gewöhnlichen” Bestattung schenkten die Chronisten kaum Aufmerksamkeit. Zu alltäglich war das Geschehene.
Interessant ist jedoch noch das Vorgehen in Mainz mit dem Toten. Lullus lies den toten Bischof aufbahren und seine Leiche waschen. Blut und Wasser lies er zusammen mit den zum Waschen genutzten Tüchern in einem Tongefäß auffangen. Die Leiche mit Öl salben.
Das sich im Auffangen von Blut und Wasser Parallelen zum Blut und Wasser zeigen , welches aus der Seite Christi am Kreuz austreten, dürfte verständlich sein. Auch ist es eher unwahrscheinlich, das sich noch verkrustetes Blut an der Leiche des Bonifatius befunden haben sollte. Bereits vor dem Transport des Toten von Utrecht nach Mainz ist es wahrscheinlich das die Leiche zumindest gewaschen wurde, wenn nicht sogar mit in irgendeiner Weise für einen längeren Transport vorbereitet wurde um den Verwesungsprozess hinaus zu zögern. Schließlich war es Sommer.
Es ist also wahrscheinlich das bei der Waschung in Mainz bereits austreten Flüssigkeiten des Verwesungsprozesses aufgefangen wurden und kein reines Blut.
Die Waschung des Körpers selbst hatte mehrere Gründe. Zum einen ist es natürlich eine symbolische Handlung in der die Erinnerung an die Taufe wachgerufen wird und eine Ehrerbietung dem Toten gegenüber. Zum Anderen ist natürlich auch der Weitertransport nach Fulda zu beachten, für den die Leiche noch einmal hergerichtet wurde um den weiteren Verwesungsprozess hinauszuzögern.
Unter ähnlich Aspekten ist auch die Verwendung von Öl zu sehen. Zum Einen der Salbungsaspekt, zum Anderern eine konservierende Maßnahme.
Das Tongefäß mit den Waschungsüberresten wurden zunächst in einer Marienkapelle als Reliquiengrab beigesetzt. Wo sich diese befand ist unklar. In betracht kommen eine Stelle nördlich eines Vorgängerbaus der Johanniskirche, oder sogar im Vorgängerbau der Johanniskirche, also des unbekannten noch älteren Doms in einer Seitenkapelle.
100 Jahre nach diesen Ereignissen lies Hrabanus Maurus über der Stelle einen Kalksteinblock erreichten, der einen Bischof zeigt und zum Gebet für Bonfiatius aufruft. (vgl. Inschriften.net)
Der Archäologe Georg Wolff hat in einem Aufsatz in „Alt-Frankfurt“ über „Bonifatius‘ letzte Fahrt durch die Wetterau“ berichtet und die Strecke bis zum Frankfurter Riedberg bei der Kruzenkirche verfolgt.
Hier noch ein Beitrag zum Eschborner Bonifatiuskreuz: http://www.historische-eschborn.de/kataloge/buecher/Steinkreuz_Eschborn/Legende_ohne_Ende/legende_ohne_ende.html.
Zumindest die „Quellen-Legende“ lässt sich erklären, wonach an den letzten Ruhestätten des Missionars Quellen entsprungen sein sollen: Logischerweise stellt man einen (schon stark verwesenden) Leichnam dorthin, wo es feucht und kühl ist !
Der Kopf des Bonifatius soll allerdings noch in Utrecht liegen – in Fulda liegt wohl nur der (restliche) Körper des Heiligen.
Der Verlauf des historischen Leichenzuges ab Kalbach ist umstritten – die Route (http://www.bonifatius-route.de/) orientiert sich lediglich an einem Korridor, den historischen Bonifatiusweg hat Christian Vogel (http://www.bonifatiusweg.eu/) untersucht.
Mit bestem Gruß – Harry
Kurze Anmerkung, Die Schädelreliquie des Bonifatius befindet sich in Fulda. Schädelfragmente in Dokkum. Utrecht erhielt aber zumindest 1518 Reliquien im Tausch durch Kurfürst Friedrich III von Sachsen aus Wittenberg im Tausch mit Reliquienpartikeln für dessen Sammlung.
Dass Bonifatius überhaupt heilig gesprochen wurde, ist an sich schon eine etwas eigenartige Geschichte. Das gesucht Martyrium war seit den Zeiten des Augustinus nämlich verpönt. Aber das Gezerre um den Leichnam ist andererseits durchaus entlarvend: Es ging um das Geld potentieller Pilger. Ein Heiliger war, im wahrsten Sinn des Wortes, goldeswert.
Ja, das war wirklich „Goldwert“- aber soviele Knochen kann der gute Mann gar nicht besessen haben: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c3/Reliekschrijnbinnen.jpg – mindestens so „echt“ wie die Bibel, die sich Bonifatius schützend vor den Kopf gehalten haben soll, um die Schwerter der Sachsen abzuwehren; man beachte die Einschnitte: http://www.foticon.de/pixtacy/index.php?/Bilder/sammlung+carl+simon/religion/der+heilige+bonifatius+-+saint+boniface/foticon-600-simon-bonifatius-266-042.jpg
Zu der Bibel hatte ich auch was gefunden, muss mal schauen ob ich das nochmal finde. Sie weist ein Loch durch einen Vierkantnagel auf. Die Schnitte liegen derart vor das sich Bonifatius verrenkt haben muss um das Buch zu drehen. Man vermutet daher das das Buch eher von den Friesen aufgenagelt wurde und dann draufgedroschen wurde. Die Funktion der Nagelung von Gegenständen ist von anderen Gegenständen bekannt. Sie dient der Bannung. Die Friesen hätten damit den Christlichen Inhalt bannen wollen.