Vortrag: Die Burgundionen und Worms – Abschied vom Königreich der Burgunden
Nachdem ich am Freitag Abend feststellen musste das mein Kühlschrank den Geist aufgegeben hatte und bereits vor einigen Tagen die Entscheidung traf meine Tiefkühlgüter aufzutauen, was sich nach dem Öffnen in einem furchtbahrem Gestank niederschlug, beschloss ich meine Wohnung zu verlassen und den Vortrag in Biebesheim zu besuchen.
Dieser fand passend im „Nibelungensaal“ des Altenwohnheimes Biebesheim statt. Ich war natürlich viel zu früh, wie das meine Angewohnheit ist, seit dem ich einmal zu einem Vortrag zu spät kam und dann auf dem Boden sitzen musste.
Der kleine Saal war mit 31 Plätzen übersichtlich bestuhlt, die sich jedoch einige Minuten vor Beginn des Vortrages zügig füllten.
Nach einer kleinen Einführung mit Biographie von Dr. Jung begann der Vortrag.
Dr. Jung bezog sich zunächst auf einen Vortrag von Dr. Castritius vom Vorjahr, der bereits ein ähnlichs Thema hatte, weshalb er sich auf neuen Erkenntnisse beziehen wollte.
Als Einstig kam das Nibelungenlied zur Sprache, mit Bezug auf „Loche“ (Lochheim bei Biebesheim) und Worms als Herrschaftsort der Burgunden.
Gab es ein Burgunderreich in Worms ist aber die Hauptfrage des Vortrags. So schrieb 2006 M.Grünewald den Burgenden Worms ab, Castritius sie zu (2008) Und Knöchlein und Ruprecht 1998 halten es für möglich. Also 3 verschiedene Meinung beim Zusammentreffen von Archäologen und Historikern.
Die Frage ist nun wem man mehr glauben schenkt: Funden oder Schriftquellen.Das ermitteln absoluter Wahrheiten ist dabei nicht möglich, so Jung
Jung präsentierte die schriftlichen Zeugnisse nach dem er die politische Situation um 400 erläuterte. Erste Textquelle ist Sophronius Eusebius Hieronymus der in Bethlemen um 409 die Ereignisse zw. 406 und 407 als große barbarische Invasion darstellt. Sein Text stellt eine moralische Aussage dar, er war kein Historiker sondern Kirchenmann, konnte er die Völker überhaupt kennen die er aufzählte, darunter die Burgunden oder war der Vorgang so katastrophal das er sich soweit im römischen Reich verbreitete? Man kann auf diese Frage keine befriedigende Antwort finden, so Jung.
Olympiodor von Theben ist die nächste Quelle aus der Mitte des 5.Jh. In der dann auch ein Guntiarios erwähnt wird. Hier wird aber die Stadt Mundiacum und Germania Secunda, statt Germania Prima und Moguntiacum erwähnt, weshalb mancher glaubt das es vielleicht Unwissen des Autors war.
Prosper Tiro von Aquitanien schrieb „Die Burgunder nahmen einen am Rhein gelegenen Teil Galliens in Besitzt“, doch welcher Teil gemeint ist, geht aus der Quelle nicht hervor.
Bis vor einigen Jahren ging man von einer Ansiedlung der Burgunden als Foederati aus, doch aus einer Neuübersetztung des Textetes der sich darauf bezog, kam man zum Entschluss das es sich um eine gewaltsame übernahme der Burgunder des Landes kam.
Hydatius, Prosper und Chronica gallica berichten über das Ende der Burgunder. Hier finden sowohl Hunnen Erwähnung als auch die Umsiedlung der Burgunden, so das Ihre Anwesenheit im Rheinland nur etwa 30 Jahre währte.
Nach Jung ist das Fundament der Schriftquellen recht schwammig, nur Rheinübergang und Untergang sind sicher.
Nun kam Jung zu den archäologischen Funden.
Aus Rheinhessen und gibt es einige Funde die immer wieder mit den Burgunden in Verbindung gebracht werden. So sollten im Kastell Alzey in dem 3 Phasen nachgewiesen worden sein. Die erste valentinianisch, nach 406/407 germanisch bis 425 und danach wieder römisch bis Mitte des 5. Jahrhunderts, so schrieb es Oldenstein 1994. Jedoch geht man inzwischen davon aus das nach 405 nur noch Germanen in diesem Lager lebten, die sich den römischen Lebenstil zu eigen machten. (Siehe Wikipedia hierzu, die mal auf dem aktuellen Stand ist)
Die Interpretation der Funde war, dass sich der Rheinübergang der bei Hironumis erwähnt wurde, sich in diesem Kastell wieder findet. Jedoch weist Jung, selbst Archäologe, immer auf das Problem hin eine Brandschicht exakt einem Ereigniss zu zuordnen, da es immer wieder brannte, sei es wegen einem außer Kontrolle geratenem Herdfeuer oder einer Räuberbande.
Eine dort gefundenen Schnalle wird ein „donauländischer Charakter““ zugeschrieben, eine germanische Perle, ein Kamm der wahlweise donauländisch oder als germanisch charakterisiert wird. Auch bei Keramik wird eine Richtung donauländisch und nordseegermanische Einflüssen zugegeschrieben.
Eine bei Worms gefundene Schnalle wurde von Schulze-Dörlamm mit ähnlichen Schnallen verglichen. Diese Äqivalente stammen aus dem Oder-Raum weshalb sie zum Schluss kommt sie sei burgundisch, da Ptolemäus die Burgunden in diese Richtung verortete.
Jung verfolgt nun die Wanderung der Burgunder anhand der Textquellen von Brandenburg, zur Donau, hin zu Valentinian, der die Burgunden zum „Verderben der Alamannnen“ eingesetzt haben soll, so das sie sich dann an Oberrhein und Main befanden.
Er geht nun auf die Bezeichnung „Stamm oder Volk“ der Burgunder ein und weist darauf hin, das es eine Schöpfung des Nationalgedankens der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts ist. Auch die Personen die wir als „Römer“ bezeichnen kommen auch nicht alle aus Rom , sondern sind Vermischungen mit Einheimischen. Er zieht Parallelen zu Personen mit Migrationshintergrund um darauf hinzuweisen das man Ethnien nicht anhand von Grabfunden nachweisen kann. Mit Ausnahme von Waffenbeigaben.
Wer waren diese Burgunder? Die Wanderungen der Burgunder könnten bedeuten das sich Gruppen absplitterten oder auch andere Gruppen hinzukamen. Absichtlich verwendet er hier den Begriff des Sozialverband statt Volk. Man sollte sich freimachen von den Gedanken eines echten Königreichs, so Jung, weshalb er als Überschrift für diesen Vortrag den Begriff Burgundionen (lat. burgundiones) statt Burgunden des Nibelungenliedes verwendet. Er weist daraufhin das es nicht „die“ Burgunder gab sondern mehrere Gruppen, wie bei den Alamamannen mit mehreren Kleinkönigen.
Er zeigt den Grabstein des Hariulfus aus dem 4.Jh. In Trier, der aus einem burgundischem Königsgeschlecht stammte und Leibgardist des röm. Kaisers in Trier war. Er ist der einzig fassbare Burgundione, neben seinem Onkel und Vater die auf dem Stein erwähnt werden. Was auch zeigt das es zumindest zwei Gruppen von Burgundionen gab. So können auch Burgundionen am Oberrhein geben so wie es Olympiodor schrieb.
Er weist auf Böhmer (Erst in diesem Jahr veröffentlicht) hin und zwar auf die Neuauswertung der Wiesbadener Fibeln, die als Hinweis auf die Burgundionen galten. Nach dieser Auswertung stammen viele Funde vom Fibeltyp „Wiesbaden“ von der Elbe, das als Gebiet aber nie mit den Burgundionen verknüpft war. Dieser Fibeltyp ist daher kein Nachweis mehr für die Anwesenheit von Burgunden.
Nach dem Notitia Dignitatum wird in der Zeit des vermeintlichen Burgunderreichs ein Präfekt für Worms verzeichnet. Ein Burgunderreich in Worms würde sich aber mit einem römischen Präfekten ausschließen . Wahrscheinlich hatten sich die Burgunder auf der rechten Rheinseite zwischen Mainz und Worms festgesetzt, wohl auch schon vor dem Rheinübergung in Form von kleineren Verbänden. Diese Burgundionen hatten einen starken Traditionskern, der dann Nachhall bis ins Hochmittelalter reichte und Einzug in das Nibelungenlied hielt.
Eine Antwort
[…] Gräber anhand des Wiesbadener Fibelltyps hinfällig ist, wie Böhme erst in diesem Jahr nachwies. (siehe hier). Hier treten dann auch die von Jung in dem verlinkten Vortrag erwähnten Kämme auf, die […]