Die Verwaltung einer karolingischen Pfalz
Bevor ich mich wieder in die Sachkultur stürze muss mich mal wieder mit ein bisschen Theorie befassen, damit mein Buch ein paar Seiten mehr bekommt und damit meine Karolingerdarstellung auch den korrekten Background hat..
Ich rekapituliere einmal. Eine Pfalz bzw, Königshof ist ein Gut das rein zur Versorgung des Königs dient. Dieser Hof (curtis / curtis regia) steht nicht alleine in der Landschaft, sondern ist umgeben von weiteren Höfen(villa) in einem Fiskalbezirk/ fiskus die diesem Haupthof ( caput fisci) zuarbeiten. Primär ist das Ganze ein Königshof oder Krongut, das es dafür nun verschiedene Namen gibt hat den Hintergrund das die Urkunden die darüber berichten verschieden Teile der Anlage in den Vordergrund stellen. Zum Beispiel palatium für den eigentlichen Palast, woraus sich das Wort Pfalz ableitet, den Hof als Ganzes (curtis regia) usw.
Irgendwann hat man sich in der Forschung entschieden den Titel “Pfalz” Orten zu verleihen an denen etwas besonderes geschehen ist und den Rest zur Unterscheidung mit Königshof zu betiteln, wobei das in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit ein bisschen aufgeweicht ist. Der Begriff “Kaiserpfalz” , wie etwa für Ingelheim, ist eher als Marketinggeschichte zu verstehen bzw, als Eigenname und spielt in der Forschung so keine große Rolle. So weit, so bekannt.
Doch wie funktioniert so ein Laden und wer hat das Sagen?
Zunächst einmal gehören die Königshöfe dem König, was schon der Name sagt. Wie bereits erwähnt gab es einen Haupthof (caput fisci/ villa capitanea ) die den anderen Orten (villa) vorstand. Diese villa bestand jeweils wiederum aus Fronhöfen , sogenannte Hufen (mansus), welche von freien und unfreien Bauern bewirtschaftet wurden.Alle diese Arbeiter bezeichnet man als familia regalis, die “königliche Familie”… *hüstel*
Das sich diese familia nicht von selbst verwaltet ist klar. Oberste Person in diesen Höfen war der iudex, auch als exactor oder actor dominici bezeichnet. Ganz allgemein wird diese Funktion als Amtmann übersetzt. Die einzelnen Begriffe beziehen sich auf Funktionen die diese Person hatte. iudex etwa bezeichnete seine Funktion als Richter. In der Abwesenheit des Königs hatte der Amtmann vollständige, richterliche Gewalt im Namen des Königs innerhalb des Fiskalbezirks und der familia, wobei diese immer noch beim König Einspruch gegen Urteile einlegen konnte. actor dominici bezeichnet seine Stellvertretung des Königs und der exactor seine militärische, bzw ausführende Funktion.
Aber neben dem König gibt es noch zwei weitere Personen die dem Amtmann in seine Tätigkeit hinein quasseln. Es sind der Seneschall (senescalcus) und Mundschenk (buticularius), aus dem Hofstaat des Königs. Das die Zwei sich hin und wieder melden hat seinen Sinn. Der Seneschall etwa ist als oberster Verwalter unter anderem mit dem Qartiermeister (mansionarius) für die Unterbringung des Königs und seines Gefolges verantwortlich wenn dieser plant den Hof zu besuchen. Er informierte also den Amtmann (oder lässt informieren) über den bevorstehenden Besuch des Hofstaats, bzw plante die Reiseroute..Der Mundschenk ist wiederum für das leibliche Wohl zuständig. Das kann aber auch bedeuten das dieser sich meldet und dem Amtmann des Hofs Tribur verkündet das der König demnächst in Frankfurt ist und das Tribur gefälligst Lebensmittel dorthin schaffen soll.
Unser Amtmann hat aber weitere Probleme an der Backe. Der Fiskus Tribur etwa lag im Oberrheingau. Ein Gau hatte immer einen Gaugrafen. Im Oberrheingau waren das zunächst die Robertiner, die auch das Kloster Lorsch gegründet hatten und aus denen das französische Königshaus der Kapetinger werden sollte.
Die Gaugrafen sollten aber den Amtmännern nicht rein quasseln. Auch sollte Vetternwirtschaft vermieden werden. Unter Ludwig dem Frommen hatte man spätestens einen Trick dagegen. Man setzte vollkommen ortsfremde Personen in die Funktion des Amtmannes ein. So konnte im fränkischen Kerngebiet dieses Amt von einem Sachsen bekleidet werden. Oder etwa ein Mährer der als Geisel am Hof weilte. ( Bitte hier das Wort Geisel nicht mit dem Opfer einer räuberischen Entführung gleichsetzen. Geiseln weilten als Pfand und als Zeichen der Freundschaft am Hof und mitunter riss man sich um den Job als Geisel, konnte man doch viel am modernen fränkischen Hof lernen).
Wir wissen übrigens wahrscheinlich wie so ein Amtmann aussah. Theorien gehen davon aus das der fränkische Grundherr, der in St. Benedikt in Mals in einem Fresko verewigt wurde, ein solcher ist. Als Zeichen seines Richteramtes trägt er das Schwert. Für dieses Amt bräuchte er übrigens noch ein Utensil. Einen Klappstuhl. Eine Tradition die man vom römischen sella curulis, dem Richterstuhl, bzw. des salla castrensis (Feldherrnstuhl) übernommen hatte.Also das was man allgemein auch Scherenstuhl nennt. Der recht bekannte Dagobertsthron fällt etwa in diese Kategorie, auch wenn seine Ausführung aus vergoldeter Bronze wesentlich elaborierter ist als die hölzerne Ausführung die für den Richter einer Pfalz üblich gewesen sein sollte. Ein mögliches weiteres Utensil könnte auch ein Richterstab gewesen sein, wie er manchmal auf Miniaturen zu sehen ist, wie etwa bei Karl dem Großen und Pippin im Codex Modena, (Biblioteca Capitolare, O. I. 2, f. 154v) Auch Namen haben wir. Etwa Nantcharius und seinen Nachfolger Gerold aus Frankfurt sind bekannt. Erster hatte sich übrigens fremde Güter einverleibt, die sein Nachfolger wieder abgeben musste. Soviel zur Vetternwirschaft.
Nun gab es aber in einem Königshof eine Vielzahl von Gewerken und Aufgaben die bewältigt sein wollten und das auch noch über eine große Fläche verteilt. Folglich unterstanden dem Amtmann weitere, niedere Adelige.
Zunächst sind da die Meier (majores), zu erwähnen und der Vogt (decanus). Die Meier waren die Verwalter der umliegenden und zum Fiskus gehörenden Orten, den villae. Der Vogt war der Mittelsmann und Koordinator zwischen Amtmann und allen anderen. Sozusagen seine rechte Hand. In Trebur waren dies zu späterer Zeit die Münzenberger.
Gefolgt vom Forstverwalter (forestarius) der die Wälder im Bezug auf Jagd und Einschlag verwaltete.Da Trebur zum Beispiel Anteile am Wildbann Dreieich hatte, war dies durchaus wichtig. Zu dem gab es einen Falkner (falconarius) der sich um die Falken für die Jagd zu kümmern hatte. In Trebur wird in einer Textquelle ein Falkner erwähnt. Letzer ist der Kellermeister (cellerarius), der sich um die auszuliefernden und einzulagernden Güter zu kümmern hatte.
Tatsächlich war so eine Pfalz ein ausgeklügelter Verwaltungsapparat mit einer Vielzahl von Personen und strenger Hierarchie.
Hat mir sehr gefallen und ich habe mich immer auf den nächsten Teil gefreut. Der Text schuf wirklich eine intensive…
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…